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Zur
Oentscli UiMTiscIien GescIiiGbte
XV. Jahrhunderts
G. Frhr. von der Ropp.
LEIPZIG.
Verlag von Duiicker & Huinblot.
1876,
^^0 . e . 2-?.
I
Die erste der nachfolgenden Abhandlungen wurde bereits
im Sommer 1875 mit Zustimmung der philosophischen Fakultät
der Universität Leipzig ais Habilitationsschrift unter dem Titel
„König Erich der Pommer und die skandinavische Union"
gedruckt. Sie schildert den Verlauf der Begebenheiten, welche
das durch die kalmarische Union bedrohte Uebergewicht der
deutschen Hanse im europäischen Norden für die Dauer des
15. Jahrhundeits sicherten. Ein reiches handschriftliches Material
gewährte einen vielfach klareren Einblick in diese Verhält-
nisse als es vordem möglich war, doch konnte von der Mit-
theilung des Wortlauts der wichtigeren Urkunden und Akten
hier völlig Abstand genommen werden, da der Abdruck in
den von mir im Auftrage des hansischen Geachiuhtsvereins
herauszugebenden Hanserecessen theils bereits erfolgt ist, theils
bevorsteht. Der erste Band wird, wie ich hoffe, binnen kuraer
Frist erscheinen. Dagegen stellte sich mir gleich bei der
ersten Inangiiffnahnie der Arbeit die Nothwendigkeit heraus,
die von der Kritik bisher so gut wie völlig veraachlässigten
schwedischen Geschichtsquellen des 15. Jahrhunderts einer ein-
gehenden Prüfung und Sichtung zu unterwerfen. Die Ergeb-
nisse dieser Untersuchung standen im wesentlichen zur Zeit
des DruQkeä der ersten Hälfte bereits fest, doch verzögerte
— IV -
sich ihr Abschluss durch mannigfache Behinderungen bis zum
Beginn des neuen Jahres.
Meinem lieben Freunde Dr. K. Höhlbaum in Göttingen
sage ich schliesslich auch öffentlich herzlichen Dank für so
manche Förderung, die er dieser Arbeit in Rath und That
angedeihen liess.
Leipzig, am 7. Februar 1876.
Eine der iinerquicldiclisten Ersclieiniingen auf (lein Throne
der durch die Union verbunilenen skandinavischen Reiche ist
König Erich der Pomiiier. Im sechsten Lebensjahre zur Nach-
folge in Norwegen berufen, iin vierzehnten auch in Dänemark
und Schweden zum König erwählt, trägt er, nach füntzehn-
■jiShriger gemeinsamer Regierung niit seiner Grosstante Mar-
garetha, noch siebenundzwanzig Jahre allein die drei Kronen,
um verlassen und verbittert seine Tage im Stammlande zu
beschliessen. Hatte die Klugheit und Umsicht Margaretbas
am Ausgang des 14. Jahrhunderts die drei Reiche zum eiTsten
Mol unter einem Scepter vereinigt und nach Kräften das ein-
mal erweclite Gefühl der Gemeinschaft und Einheit in ihnen
Tvach zu erhalten und zu stärken gesucht : ihr Nachfolger that
Bein möglichstes, um das Band zu vemichten und seine
eigene Stellung zu untergraben. Seiner verfehlten Politik ist
es zuzuschreiben, dass von dem durch ihn bevorzugten Lande,
von Dänemark aus, der Antrag gestellt werden konnte, den
Grundsatz der kalmarischen Union, ein Herrscher in den drei
Reichen, wieder aufzugeben. Welche Seite seiner Regierangs-
tliätigkeit man aucb hervorsucht, liberall begegnen dieselben
Charaktereigenschaften des Königs, eigensinniges Festbaltea
an einer vorgefassten Meinung und Mangel an jeder Einsicht
in die Aufgaben, welche Skandinavien ihm stellte. Zu Gun-
sten einea Landstrichs im äussersten Süden seines weiten
Reiches verwendet er alle ihm zur Verfügung stehenden
Kräfte auf einen unglücklich und unglaublich fehlerhaft ge-
führten Krieg, ohne auf die Bedürfnisse und Anforderungen
.seiner übrigen Länder irgend Rücksicht zu nehmen. Ohne
Wiilerstand mussteu diese iuzwisdien im Norden und Osten
Raub und Plünderung ertragen, kalten Blutes sollte der Land-
mann Hab und Gut daiüber verlieren, unerhört verhallten
seine Klagen. Kaum hat der Krieg uin Schleswig ein Endej
kaum ist seine unmittelbare Folge, der Aufstand Schwede!
mit Mühe überwunden, so stellt das ungescliiekte Besteht
Enchs auf der Wahl eines unbeliebten und bereits vielfacl
zurttckgewiesenen Vetters zu seinem Nachfolger von neuem
alles in Frage. Dünemark widersetzt sich diesem Eingriff in
sein freies Wahlrecht und die Losung, das bestehende Rech|
unverlezt zu erhalten , vereinigt alle vorhandenen Eleiaenl
der Unzufriedenheit. Schwellen klagt Über den Bruch di
Bedingungen, unter welchen es mit dem Könige seinen Frii
den geschlossen und kündet ihm abermals den Gehorsam ai
In Norw^en erhebt sich das Volk und verlangt nach einei
sichtbaren, im Lande weilenden Herrseher, von dem es
hülfe der Missstände erhoffen könne. Viel stand auf
Spiel. Trat Erich der Gefahr entschlossen entgegen, geneij
den gerechten Beschwerden Abhülfe zu verschaffen, er hä1
die Kronen gerettet. Das Gegentheil geschah : missmutl
und verdrossen verschloss er jeder Vorstellung sein Ohr
wandte dem Lande den Rücken. Er hofl'te, der Sturm werde Sil
von selbst legen und fällte damit sein eigenes politisches Todi
ui-theil. Dänemark durchbricht die Union und ruft, unbi
kümmert um die andern Reiche, den nächstberechtigten BlutS'
verwandten seines alten Herrscherhauses, Christoph, aus ili
Pfalz herbei und diesem gelingt es nach mancherlei Wechs«
fällen auch Schweden und Norwegen zur Anerkennung
Königthums zu bewegen. Die durch das Vorgehen Däni
marks zeiTissene Union ward somit äusserlich nochmals hei
gestellt, ihr Grundgesetz aber konnte fortan bei jedem Thron*
Wechsel von jedem einzelnen Reiche mit vollem Recht vi
worfen werden, da die Wiedervereinigung nicht auf Gruiw
des Traktates von 1397, sondern in Folge von Einzelwahlen^
in den drei Reichen eiiolgte. Die A'on Margarethe auge-
strebte innige Vei-schmelzung der drei stanmiverwandten
Völker zu einem Ganzen wnr endgültig aufgegeben, während'
ten
dej
M
das Königthum eine Reihe der wichtigsten Herrscherrechte
zu Gunsten der dänischen und schwedischen]! Aristokratien
eingebüsst hatte.
Erichs Anstrengungen, das Verlorene zurückzugewinnen,
scheiterten vor allem an seiner eigenen Unfähigkeit, den ent-
scheidenden Augenblick kühn zu benutzen. Nurjdem fried-
lichen Kaufmann und Schiffer blieb er durch Seeraub gefähr-
lich, dem er seine Tage widmete.
Die nachfolgenden Zeilen sollen das hier kurz Skizzirte
des näheren ausführen. An die Schilderung der letzten Re-
gierungsjahre Erichs, welche den Gedanken, ihn des Thrones
zu entsetzen, reifen liessen, schliesst sich die Darlegung der
Vorgänge von seiner Entthronung bis zur Wiederherstellung
der Union durch Christoph.
1*
. it
I.
Wider aller Erwarten endete Margaretlia, die Stifterin
der Union, in der Nacht vom 27. auf 28. Oct. 1412 im flens-
bui'ger Hafen ihr thatenreiches Leben. König Erich war nun
Alleinherrscher der drei nordischen Reiche. Obgleich er längst
der Vormundschaft entwachsen wai', hatte Margaretha doch
bis zu ihrem letzten Athemzuge die Zügel der Regierang mit
fester Hand geführt, jet^t sollte der Erbe selbststiindig seine
Bahn wandeln und die auf ihn gefallene Wahl der Dahinge-
schiedenen, die ihm den Weg geebnet, rechtfertigen.
Unter den Aufgaben, die der Lösung durch ihn harrten,
stand der unausgetragene Streit mit dem holsteinschen Grafen-
hause um den Besitz Schleswigs an erster Stelle 0- Meister-
haft hatte Margaretha ihn eingeleitet. Wenige Wochen nach
der Wahl Erichs zum König in Dänemark lud Margaretha
die Grafen von Holstein ein, dem neuen Herrscher zu huldigen
und das Herzogthuni Südjiltland oder Schleswig von ihm zu
Lehn zu empfangen. Die Grafen stellten sich an dem be-
stimmten Tage in Assens ein in der Anschauung, dass durch
den 1392 zu Wordingborg geschlossenen Frieden, welcher die
Grenzen des Herzogthums bestimmt und die Erblichkeit des
Lehns von neuem anerkannt hatte, aller Streit erledigt sei,
die Lehnsübertragung daher keine Schwierigkeit bereiten
werde. Als aber die Königin die Lehnsfolge heischte, ver-
I) Tgl. im allgemeinen Dahlmami, Gesch. von Dänemark 3, 8. 87 ff.;
Jahn, Danmarks histor. under ünionskongerne S. 41 ff., Huitfeld, Danin.
ligis krunicke S, 608ff. (ich eitire nach der Folioausgahe von llJ-52) ii. a.
weigerten die Grafen sie mit Hinweis auf die königlichen
Handfesten, welche ihre Leistung auf den Vertheidigungskiieg
beschi-änkten , erboten sich jedoch zum Dienste gegen Sold.
Dieses wurde angenommen, die Grafen legten öffentlich den
Huldigungseid ab, wurden aber nicht in aller Form durch
tIebeiTeichung einer Fahne mit dem Herzogthura belehnt. Von
dänischer Seite wurde daher sogleich behauptet und beurkundet,
es sei hier nicht mehr als ein Dienstveilrag abgeschlossen
worden, nach dem Dafürhalten der Holsten war tbatsilchlich
die Belehnung erfolgt ^). Vorläufig ruhte die Frage, Mar-
garetha wartete ihre Zeit ab. Nach dem Tode des ältesten
Grafen Gerhard, 1404, gi-itf sie sofort in die holateinschen
Verhältnisse ein und nutzte sie so trefflich aus, dass sie
wähnen durfte, Schleswig ohne Schwertschlag Dänemark wieder
einverleiben zu können. Doch venieth Erich den Plan zu
früh, mit unbedachter Hast schlug er los, als die Vormünder
der unmündigen Söhne Gerhards ihm die Rechenschaftsablage
verweigerten. Mit der oäenen Erklärung, das Herzogthum
sei verwirktes Lehn, weil die Mutung nicht hinnen Jahr und
Tag nachgesucht sei, rückte er in Schleswig ein. Da legte
sich Margaretha ins Mittel und brachte einen fün^ährigen
Waffenstillstand zuwege , dessen Bedingungen ihre geistige
Ueberlegenheit von neuem bekundeten. Die klare Rechts-
frage, ob Schleswig erbliches Lehn sei und als solches dem
holsteinschen Grafenhause zustehe oder nicht, verdunkelte sie,
indem die Entscheidung einem Genchte übertragen wurde,
welches nach dänischem Rechte zu urtheilen hatte. Die
früheren königlichen Belehnungsurkunden, durch welche die
Frage bereits zu Gunsten der Grafen entschieden war, wurden
damit ausser Kraft gesetzt und beseitigt. Das Endurtheil
aber sollte König Sigismund fällen, dessen Mutter die Schwester
von Erichs Vater war ^). Es war der letzte diplomatische Sieg
'} Tgl. die dänische Vik. von laSf! Fasten bei Hiütfeld 608 und die
Zeugenaussagen dei- IIolBteiner von 1424 Mai 11 iii den Processakten
Evriachen Erich und Holstein, Langebek Ss. rer. Dan, 7. 335, 3i"?, 1
dera 8. 850 f.
-} Vertrag zu KbUhif- Uli März 24, Jahn 499.
I
i
>
Margarethens. Ihr frühzeitiger Tod liess Eiich freie Hand 1
und er zögerte lieineii Augenblick , jede Hoffnung auf eine
friedliche Beilegung des Streites von vornherein zu vernichten.
Auf dem Rechtstage zu Nyborg, 1413 Juli, gab er durch die
bündige Verweigerung der Lehnsübertragung an den sechs-
zehnjkhrigen Grafen Heinrich, den ältesten Sohn des von den
Dithmarschen erschlagenen Gerhard, die Losung zum vollen
Ausbruch des Kampfes, der ihm den Thron und die Herr-
schaft über die drei Reiche kosten sollte ')■ I^ei" Krieg ver-
lief im offenen Felde meist unglücklich für Erich, ohne dasg
seine Gegner bei der Uehermacht des Königs entscheidende
Erfolge aufweisen konnten. Der financielle Druck , den die
Kriegslasten ausübten, wurde auf beiden Seiten mit Jedem
Jahre schwerer und tiefer empfunden, doch eri'reute sich der
Krieg besonders in Dänemark einer gewissen Gunst, die über
die echädlichen Wirkungen leichter hinwegsehen liess. So
lange überdies die Verhandlungen, welche fast ununterbi-ochen
daneben einhergiengen , einen günstigen Erfolg zu versprechen
geeignet waren , ertrug man hier willig die Last. An Ver-
mittlungsversuchen fehlte es nicht. Die Hanse wurde dazu
gedrängt, die Aussöhnung der Gegner zu betreiben, da sie
durch den Krieg am meisten in Mitleidenschaft gezogen wurde.
5 Meer war durch die Kaper beider Theilc unsicher ge-
macht *), der Handel gestört, die Behauptung einer neutralen
Stellung auf die Dauer unmöglich. Kaiser Sigismund er-
kannte seinem königlichen Vetter in der Besitzfrage über
Schleswig das Recht zu, ohne den Hotsteinern Gehör zu
schenken, und entsandte, als sein Spruch die Waffenruhe nicht
herbeiführte, den Herzog Rumpold von Glogau, welcher beide
Parteien zu eiüem Compromiss auf den Kaiser zu bewegen
vei-mochte. Das kaiserliche ürtheil fiel, wie nicht anders zu
') Den Hergang auf dem Tage scliildern die Urk. vom 29. Juli 1413, '
Huitfeld 645— 6S2 und Korner bei Eccard, Corp. Hst. 2, 1218.
') Graf Heinrich, Bruder des erschlagenen Gerhard, bis 1404 B. von
Osnabrück und in diesen Jahren die Seele des Widerstandes, hatte die
Vitalienbrüder aus der Westsee herbeigerufen, Komer 1218, darnach
Graatoff, Lüb. Chr. 2, 489 (Rufua).
— 7 -
ei'warten, gegen Holstein aus; dieses appellirte an den Papst
und nach kui'zem Stillstände erschienen beide Theile stärker
als zuTor gerüstet im Felde. Jetzt trat aber ein neuer Umstand
hinzu, welcher den Kampf endgültig zu Ungunsten Erichs ent-
schied. Die Hansestädte erklarten dem Könige den Krieg.
Bereits 1417 verpflichtete sich Hamlmrg zur Unterattttzung
Holsteins gegen Dänemark und grifl" eifrig in den Krieg
ein ')■ I" Lübeck dagegen war der 1408 vertriebene Rath
erst 1416 durch das dii-ekte Einschreiten Erichs wieder in
den Besitz seiner Würden gelaugt, die Dankbarkeit überwog
zunächst das politische Interesse. Es scliloss sogar 1417 im
Namen der wendischen Stüdte ein Bündniss mit Erich zu
wechselseitigem Beistand mit 1000 Mann, doch verlautet nichts
über eine Äusfübrnng des Vertrages *). Dies Gefühl der
DankbaJ'keit schwand jedoch bald, ja es erfolgte eiu voll-
ständiger Umschlag der Stimmung, als Erich die deutschen
Häringsfischereien auf Schonen bedrohte und den Holländern
den Zugang in die Ostsee gestattete. Schon wurden die
dänischen Inseln von hansischen Schiffen geplündert und eine
holländische Flotte, deren sich der König gegen die Hanseaten
bedienen wollte, durch die Wegnahme alles Takelwerks un-
brauchbar gemacht, schon schritt man auf den Hansetagen
zu Lübeck und Rostock 1422 noch weiter, verbot allen Handel
nach den nordisclien Reichen und untersagte allen Verkehr
bei Verlust von Gut und Leben, da trat noch zu rechter Zeit
der erwähnte Herzog Itunipold vermittelnd dazwischen, uud
seinen Bemühungen gelang es, den Bund zwischen dem Könige
und den Slädteu nochmals aufzurichten ^).
Dennoch hatte er keinen langen Bestand. Die drohende
I) Der JäumlesT ertrag von lilT, Juli 20. ist gedr. in Abdruck der das
Recht von Llibeck und Hamburg auf zoUfreien Transitverkehr durch Hol-
ilein betr. Urk. 1838, S. 150, vgl, Koppmann, Hamb, Kämme reirechii.
2, 27 ff.
■') Körner 1222 f.; GrautoiT 2, 12 ff.; Presbyter Bremeusis ed. Lappen-
berg (Quellens, der Sclil.-Holst.-Lauenb. Gesellsdi. 1) S. 121.
') Sattorius , Gesch. d. lians. Bundes 2, 2'A nach lisl. QueUen,
Buitfeld 690 ff.
J
— 8 —
Ma<^ht der vereinigten drei Reiciie, welcher aus der Besiegung
Holsteins eine den Städten jedenfalls unerwünschte Kräftigung
erwachsen rausste, die naheliegende Befürchtung, dass der
nordische Herrscher unmittelbarer Nachbar werden könnte,
der Haudelsneid endlich gegen die unter dem Schutze des
Könige in der Ostsee immer mehr sich ausbreitenden westei-
SCeiBchen Städte, welche das Handelsilbergewicht an sich zu
reisaen drohten : dies alles, unterstützt von den Voi-stellungen
Hamburgs, führte die Städte bald iu das Fahrwasser der tra-
ditionellen Politik der Hanse zurück '). Um den Schein des
Angriff;^ von sich fern zu halten und die Urhebei-schaft auf
die Schultern des Königs zu wälzen, ei"3uchten sie ihn noch-
mals, mit Holstein Frieden zu schliessen, zurückgewiesen
giengen sie mit den Grafen ein Bündniss gegen Erich ein.
Am 18. Oct. 1426 Hessen die gesammten Hansestädte, eine
jede durch ihren eigenen Boten, ihre Absagebriefe dem KOnig
selbst tiberreichen*). Der Krieg erhielt nun einen andern
Charakter. Bisher war der König angriffsweise verfaliren,
von diesem Augenbücke an beschränkte er sich auf die Ter-
tlieidigung. Die hansischen Flotten beherrschten die See und
plünderten auf den dänischen Inseln, die Missgiiffe aber, diej
aucli auf dieser Seite nicht fehlten, schoben die Entscheidung^^
immer weiter hinaus. Voreilig wurde nach dem Falle
marinhaften Herzog Heinrich die Belagerung von Fiensbui'g
aufgegeben, und bald hfmach Hess sieh die Flotte im Sunde
von den Dänen empfindlich aufs Haupt schlagen. Eine grosse
Handelsflotte aus der Baie, welche wenige Stunden nach der
Niederlage im Vertrauen auf den entgegengesandten Schutz
die Meerenge dui'chfahren wollte, fiel nach erbittertem Kampfe
mit reicher Beute in die Hände der Dänen. Die Holländer,
1
i
') Der erwähnte Presb. Brem. 153 Bchliesst Bein Werk mit don J
"Worten; Kam optime sciunt Lubicenses, si porta Hollzacie eis feer*g
tarn in mari quam in terra clausa, quod male starent et quod temun pre^- J
dictJtm habeot sicut propriiira allodium simm, quo destrncto et cintawl
iliorum jirotul dubio non diu Btare posaet.
■') Komer 1273, Tgl. dazu den Brief des dilniBclicn ReiclisrathB nnl
den Bchwedischen, 1421) Dec. 10, Styffo, Bidrag t. Skandin. bist, 2,
»
I
welche seit 1423 ohue Absage auf dem Kriegsfusse mit den
Hansestädten standen, unterstützten hierbei die Flotte Erichs
und waren schnell bereit, ihren Vortheil auszubeuten, der den
hansischen Kaufleuten von ihnen zugefügte Schaden erreichte
eine ausserordentliche Höhe ')- D'e schweren Verluste, die
Steigerung der Auflagen in Folge des liiieges, die dauernde
Störung des Handels, erzeugten in den Bürgerschaften der
kriegführenden Städte eine grosse Erbitterung gegen die
Käthe. Noch waren allen Betheiligten die demokratischen
Bewegungen aus dem Anfang des Jahrhunderts in frischer
Erinnerung, es bedurfte nur eines leisen Windstosses, um den
in der Masse verborgen glimmenden Funken des Misstrauens
zur hellen Flamme anzufachen. Erich beutete dies geschickt
aus. So unfähig er zur Kriegsführung war, so sehr verstand
er es jetzt in den Städten Zwietracht zu säen und die Ge-
meinden gegen den Eath zu reizen. Die Führer der hani-
biu^er und lübecker Flotten fielen unter dem Beil oder wan-
derten ins Gefangniss, in Wismar wurden zwei Ratbsmit-
glieder ohne Urtheil hmgerichtet, in Eostock musste fast der
ganze Rath aus der Stadt weichen, nur in Stralsund wurde
die Verschwörung rechtzeitig entdeckt und durch die Ent-
Bchlossenheit des doitipen Bürgermeisters sofort unterdiückt *).
Die Folgen, welche der König erwartet, blieben jedoch aus.
Im Jahre darauf wurde Kopenhagen angegriffen und der
wenn auch missglückte Versuch unternommen, den dortigen
Hafen unbrauchbar zu machen, die Raub- und Plünderungs-
züge gegen die Inseln und die dänischen Küsten wurden
wiederholt und bis nach Bergen in Norwegen ausgedehnt,
ein kaiserlicher Gesandter fand mit seinen Vermittiungs-
anträgen bei den Verbündeten kein Gehör. Vergeblich waren
die Anstrengungen, welche die energische Gemahlin Erichs,
^Philippa, Schwester des englischen Königs Heinrich V, machte;
ij Grautoff 2, 32; 1447 gab Wismar allein seinen ilun von den
Holländern 1427 zugefiigten Schaden auf 32,000 rh. Gulden an, mit AuB-
Dohme der Todten, igl. Burmeiater, Beilr, z. Gesch. Europas im Vi. Jahr-
^, Lundert, 107.
^^U -) Körner 1282, vgl. Kantzow e
sie sah sich auf die Vertheidigong beschränkt, als ein von
ihr veranlasster I'eberfall auf Stralsund glänzend abgewiesen
wurde und eine ansehnliche Kriegsflotte, welche die in Schweden
eingesammelten königlichen Gelder nach Dänemark geleiten
sollte, in die Hände der Verbündeten fiel. Das MissgescMek
der Dänen und das üebergewicht der Städte war entschieden.
Unfähig im offenen Felde Wideretand zu leisten und den-
noch eigensinnig genug, um an allen seinen Ansprüchen un-
nachgiebig festzuhalten, suchte Erich auf diplomatischem
Wege das Ziel seiner Wünsche zu erreichen. Ihm war es
bekannt, dass die sechs wendischen Städte von den übrigen
Genossinnen so gut wie gar nicht unterstützt wurden und die
Lasten des Krieges mit jedem Jahre schwerer ertmgen
Bewog er erst einige, das Sonderinteresse über das allgemeinj
zu stellen, so durfte er mit Sicherheit darauf rechnen, di
in den Gemeinden der übrigen der Missmuth sich Lul
schaffen und auch auf den Frieden dringen werde. Die dann
alleinstehenden Grafen konnte er leicht zu überwinden hoffen.
Uostock, von den Städten seit der Vertreibung des patricischeo.
Käthes scheel angesehen , warf sich bereitwllhgst Erich
die Arme, als dieser ihm Schutz des Handels und ünti
Stützung des neuen Käthes ^) verhiess , und Stralsund
seinem Erich blutsverwandten Herzoge gedrängt, folgte dei
Beispiel, um einer Wiederholung der inneren Unruhen vi
zubeugen. Beide schlössen 1430 ihre Separatfrieden uni
sonderten sich somit von den Städten ab. Die vier übrig*
Städte, in gleichem Grade nach Frieden trachtend
die Anerbietungen Erichs zurück, da er den ihnen verbündeten
Holsten nur einen zweijährigen Stillstand gewähren wollte,
nach dessen Ablauf die Städte sich auf Grund des 1423 ge-
schlossenen Bündnisses zum Beistand wider die Grafen zu.
die
') TeieiDzelte Zeugnisse dafOr, dass die sächsischen Städte 1431 bet.l
dor Belagerung von Flensliurg Unterstützung gewährten, a. i
Hanserecessen 1, Nr. 22. 59.
') Er behauptete sich in der That nur durcli den Rftckhalt,
Erich ihm gewährte, bis zu d.ssen Thronenteetzung , wenige Wochani-'j
darauf, 1439 Sept., musste er weichen.
\
— u —
verpflichtea hatten '). Sie erkannten , dass ihr Ziel nur"
durch Festhalten am Bunde mit den Grafen zu erreichen
war und verdoppelten Ihre Anstrengungen, Wenige Monate
nach dem Abbruch jener Verhandlungen standen sie den
Grafen bei der Eroberung von Flensburg treuhch bei und
mit der Bezwingung auch der zugehörigen Burg war die
letzte grössere Stadt in Schleswig dem Könige entrissen. Nun
lenkte auch Erich ein, drang nicht mehr auf die buchstäb-
liche Ei-füllung des ihm günstigen kaiserlichen Urtheüs und
bevoilmächtigte die Gesandten des Hochmeisters Paul von
Eusdorf, welche von diesem im Auftrage des Kaisers ab-
geordnet waren , den Grafen zu erklären , dass er auf seinem
Rechte nicht mehr bestehen wolle und zu freundschaftlicher
Uebereinkunft geneigt sei ^). Ilocii nm- mit grosser Mühe
brachten die Gesandten einen Wafl'enstillstandsentwurf zu
Stande, der den Stildten den Genuss ihrer Privilegien und
den Holsteinern den friedlichen Besitz des Eroberten bis zur
Erledigung des Streites zusagte. Unter dem frischen Ein-
druck des Falles von Flenshurg ertheilte Erich seine Zu-
stimmung ohne Siiumen, dagegen waren die stadtischen und
herzoghehen Gesandten gezwungen, den Entwurf zunächst ihren
nftraggebern mitzutheilen s). Als diese ihre Bereitwilligkeit
•klarten und zum formeilen Abschluss des Stillstandes um
[Geleite für eine neue Gesandtschaft nach Dänemark nach-
) fiericht über die Yerhandlungen zj Helaingbarg 1430 Bec (StA,
^beck). Erich Krammeiük, der zu Erich übergetretene Hoisteineri
UBserte im Verlauf der Verhau dlimgen : he iinde her Benedictua (Pogwisch)
landen de Bolsten wol , se en kouen sik byuiien landes nicht bergen,
hand vul hörnten, wan men de vlegen lete, Be wolden
^TDitan tasten.
*) Duchte Eejnen widdersachen, das ea das recht czu awer «arde
läea, so wolde her gerne mit en angeben eyne mageliche frundscbafL
^) Berichte der preiisaischen Gesandten, Stjffe 2, 241 — 257; vermehrt
um mgehörige j»Vten in meinen Hanserecessen 1, Nr. 64—72, bereits an-
ftÜirt von Jahn 105 und darnach Dablmnnn 3, 139. Jahn muea sie nicht
ganz durchgelesen haben, da er von einem einseitigen zwischen Erich und
p Holstein mit Ausscliluss der Städte zu Stande gekommenen Stillstände
I
1
^M tioistem mit
^H'Bpricbt.
suchten, sandte Erich wie zum Hohn einen auf 14 Tage
lautenden Geleitsbrief'), Der Stillstand unterblieb, die gegen-
seitigen Kapereien auf der See wurden von neuem liegonnen,
doch bereitete schon im folgenden Jahre der fiinQährige
Waffenstillstand zu Horsens den öffentlichen Feindseligkeiten
ein Ende'). Bei (1er Hartnäckigkeit, mit welcher der König
den Stfldten ■ gegenüber auf Genugthuung für den Bruch des
Vertrages von 1423 drang, und bei der nicht minder grossen
Zähigkeit, mit welcher die Städte an der Forderung des Er-
satzes für die nach dem Tage zu Horsens ihren Kautieuten
in Dänemark zugefügten Schäden festhielten, konnte keine
der zahlreichen Verhandlungen, welche diesem Tage folgten, zu
dem endgültigen Frieden führen. Erst als auf dem wordingborg^
Rechtstage, 1434 Juni, nach langwierigem fruchtlosen 1
und Herreden über die von den Städten erhobene Forf^
rung, dass der eigentlichen Frage die Äburtheilung über f
von königlicher Seite begangenen Friedbrüche voraufeel:
niüsste, plötzlich die Nachricht eintraf, dass Schweden ^
vollem Aufstande begiiffen sei, geriethen die Verhandlungf
in Fluss^). Der ßechtstag gieng freilieh ohne Ergehniss ad
einander, keine der Parteien gab nach, aber eine uninitt^
bar darauf von der gleichzeitig tagenden und zahlreich l
suchten Versammlung der Hansestädte zu Lübeck abgi
Gesandtschaft, zu welcher mit Vorbedacht die Verttetl
solcher Städte gewählt wurden, welche vom Kriege ferngf
blieben waren. Stettin und Dauzig, fand schon geneigter^
Gehör, und bald konnte Lübeck nach Danzig melden, dat
auf einem dritten Tage zu Hadersleben die Friedensartila
aufgesetzt und beide Theile bis zum Mai 1435 über derj
Annahme sich zu entscheiden hätten. Am 1 7. Juli
wurde dann der Friede zwischen dem Könige und seid
Widersachern endlich besiegelt und verkündet. Der Kfti
') Vgl. Hanserecesse 1, Nr. 77. lOS.
•') Vgl. HanBereoease 1, Nr. 135—145.
") Vgl. den Brief der Bischöfe von
Amtfllirüder in Schweden, Diplom. Norveg.
Nr. 374.
und Skara aa 2
453; Banserecessel
— 13 —
hatte nichts erreicht. Herzog Adolf, der einzig noch übrige
Spross des Giafenhaiises , erhält Schleswig zu friedlichem Be-
sitz auf Lebenszeit, und noch zwei Jahre darüber hinaus sollen
seine Erben ihn ungestört geniessen, alsdann mag jeder Theil
sich seines Rechtes bedienen, doch muss der Kneg ein halbes
Jahr zuvor angezeigt werden. Hierfür hat der Herzog dem
Könige insoweit Dienste zu leisten, dass er mit den drei
Reichen Friede hält und die Unterthanen des Königs in sei-
nem Lande in Schutz nimmt, desgleichen hat der König sei-
nerseits zu verfahren. Wertere Dienste blieben einer fried-
lichen Vereinbarung vorbehalten, ebenso die Entscheidung
aber die dem Könige noch verbleibenden Gebiete in Schles-
wig. Die Städte erhalten die Bestätigung ihrer Privilegien,
die von Erich eingeführte Erhöhung des Sundzolls fällt ftlr
sie hinweg, auf den Ersatz für (lle Kricgsscliilden verzichten
beide Theile, doch wird den Städten für die Fiiedbrüche nach
dem Tage zu Horsens Genugthuuug geleistet. Zum Zweck
einer endlichen Ausgleichung allen Streites sollen die Städte
jährlich um Johannis Rathssendeboteu nach Kopenhagen
schicken, welche noch vor der Schonenfahrt dort einzutreffen
haben. Der Bund von 1423 wird für null und nichtig er-
klärt, die Siegel an den betreffenden Urkunden sollen beide
Theile in Kopenhagen zerbrechen, sobald Erich aus Schweden
zurückkehren werde ').
Schweden hatte recht eigentlich das Zustandekommen
des Friedens bewirkt. Dort stand für Erich, welcher unmit-
telbar nach AbschluSK der Verhandlungen mit dem Herzoge
und den Stildten hinübergieng , mehr auf dem Spiel als in
Südjütland, welches ihm bereits entrissen war. Er musste
der langji'ihrigeu Zwietracht mit den überlegenen Gegnern ein
Ende bereiten, wollte er nicht seine eigenen Unterthanen
jenen in die Arme treiben^) und seinen Eigensinn bereits
jetzt mit dem Verlust der Krone busaen.
angefiliirten Verhandlimgen zu "Wording-
nen Hanaeracessen I, Nr. 364^375. 381 f.,
I) Die Akten Ülier alle
borg und Hadersleben s. in
387—391, 424, 446-^58.
') Schweden halte bereits öfters
versucht, b. unten S. 24. 27.
; den Hansestädten anzuknüpfeu
I
J
Der mehr als zwanzigjährige Krieg hatte allen drei Rei-
chen schwere Wunden geschhigen, veiiehlte Massnahmen des
Königs hatten sie noch fühlbarer werden lassen und er-
weitert. Die fißaticiellen Berträngnisse, in welche Erich wäh-
rend des Kampfes gerieth , Messen ihn zu Mitteln greifen,
welche nur vorübergehend dem Mangel abhelfen konnten,
dauernd aber das Gemeinwohl schadigten und in allen Schich-
ten der Bevölkerung gerechten Unwillen wnchriefen. Die
Münzverschlechterung und der Zwangscours, deren er sich in
der Noth bediente ^) , zogen nur Asß Gegentheil des ei-wünsch-
ten Erfolges nach sich. Die Unterthanen, welche bei Strafe
das neue um drei Viertel geringer ausgeprägte Geld gegea
das bisherige umwechseln niussten, sahen sich mit einem
Schlage eines beträchtlichen Theiles ihrer Habe beraubt, die
auswärtigen Kaufleute verweigerten die Annahme und tausch-
ten nur Waare gegen Waare , allseitig stockte der Handel,
wurde der Verkehr im bürgerlichen Leben erschwert. Die
Klagen hierüber missen bereits zu Anfang der zwanziger
Jahre eine bedenkliche Höhe erreicht haben, denn die Köni-
gin Pbilippa wagte 1423 in Abwesenheit Erichs, der bei Sigis-
mund seinen Process gegen die Holsteiner persönlich zu för-
dern suchte, mit den vier wendischen Städten, Lübeck.
Hamburg, Lüneburg und "Wismar, ein Abkommen zu treffen,
wonach die bisherige dänische Münze auf die Hälfte herabge-
setzt und künftighin übereinstimmend mit der städtischea
ausgeprägt werden sollte *). Die Rückkehr Erichs führte je-
doch die Wiederkehr des alten Unwesens herbei, der Vertrag
wurde nicht beobachtet und das Uebel begann von neuem.
Es wurde noch drückender empfunden, als Erich die bisheri-
gen Naturalleistungen der Landleute zum Behuf
in Geldabgaben verwandelte und eine Iteihe ausserordei
lieber Auflagen ausschrieb, welche die Steuerlast zu
de^H
') Noch vor dem Eiotritt der Hanseaten in den Krieg.
') üeber die MünzverBchlechterung und ihre Folgen berichtet am
ausführlichsten Korner 12(>f), der Vertrag mit den Städten bei Grauto ff,
Histor. Schrift. 3, 213—218.
I
— 15 —
bisher uDgealiuten Hohe hinauftrieben'). Baares Geld war
schwer zu beschafl'en und die königlichen Vogte zwangen den
kleinen Grundbesitzer unerbittlich zum Verkauf seiner be-
wegliehen Habe, welche für jeden Preis hingegeben werden
iriusste. Als die Steuerrückstäiide sich mehrten und die könig-
lichen Beamten sich ausser Stande sahen, sie einzutreiben,
wurde jede Stadt und jeder Gerichtsbezirk für einen gewissen
Steuerbetrag verantwortlich gemacht, welcher unter allen Um-
ständen zu leisten war, die Art der Beschaffung bildete die
Sorge der Gemeinden. Nicht minder tief verletzte besonders
den Adel die anfangs freigestellte ") , späterhin geforderte, Ab-
lösung der persönlichen Heeresfolge durch eine bestimmte
Baarsumme, deren Höhe schwankte. Der Dienst des Mannes
eröf&iete wenigstens die Aussicht auf einen möglichen Gewinn
aus der Beute und fiel auch dem Einzelnen weniger schwer
als die häufigen Geldleistungen. Die Geistlichkeit, hierzu
gleichfalls herangezogen, erhob 1427 vergeblich nachdrück-
lichen Widerspruch ^) , ilie. Ablösung wurde in eine Kriegs-
Bteuer verwandelt und damit jede Einrede abgeschnitten.
Die im Laufe der Jahre immer mehr schwindende Popularität
des Krieges musste unter diesen Verhältnissen einen völligen
Umschlag erfahren und sich in Hass gegen den Urheber
verwandeln, obgleich es ausser aller Frage steht, dass die
drei Reichsräthe zu allem ihre Einwilligung ertheüt hatten.
Zieht man noch Erichs allgemein bekannte Unfähigkeit in
der Kriegsleitung , die dauernden Störungen, welchen Handel
und Verkehr unterliegen mussten, die Verwüstung der frucht-
') Ericli Olai (Fant, Ss. rer. Suecic. 2, 1, 12.j) schildert diese Verhält-
nisse in lebendiger Weise. Er behauptet, es eei unmöglich gewesen, tanta
pMuma reperiri in regno i[uanta erat per annos aingulos exponenda,
mancher Landmann habe von einer Mark angebauten Landes in tributo
m4iori bis zu 20 Ji zableu müssen; er iährt dann fort; dixi in tributo
miyori, sie enlui dii;eb»tur ad diffcrentiam alionitn multormn tributorum
et exaclionum, ifuae annis singulis solvebantur. Einige Xamen der andern
Sleoern fiihrt er S. 129 auf, Seine Angaben werden bestätigt und ergänzt
durch die KlagEchriften, auf die wir weiter unten zurUclcKuliomnien liabeu.
Lagerbring Swea rikes histor. 4, 5L
")1
I. Jahn 127.
bai'en Inseln und weiter Küstenstrecken durch feindlici«
Raubzüge in Betracht , so kann man ermessen, wie hoch i
Mass der Unzufriedenheit mit dem Kriege und mit d(
Könige in den Reichen steigen musste.
In Schweden hatte sie die tiefsten Wurzeln gesehla^ei
da man hier am wenigsten die Bedeutung des Kampfes u
Schleswig für das eigene Heimathland sieh zu vergegenwärtt
gen vermochte. Unwillig sah man Jahr um Jahr die Schata
ung aus dem Reiche nach Dänemark wandern, schwedisch
Unterthanen zur DienstpÖieht nach dem Festlande berufe!
So lange die hochherzige und um ihrer Menschenfreundlid
keit willen geschätzte Königin Philippa noch lebte, gelang t
dieser die Beschwerden theils zu erledigen, thells beschwid
tigend zurückzuweisen, nach ihrem Tode sahen sich die Schwi
den gleichsam des letzten Halts bei dem Könige beraub
Bereits 1420 schaute man besorgt auf die Bewohner i
kupfer- und erzreichen Thäler Schwedens, welche durch li
Aufschub der Bestätigung ihrer l'rivilegien durch den Köa
tief verletzt waren. Erich konnte sich auch dann nicht dai
entschliessen , die althergebrachten Freiheiten der Thalleul
anzuerkennen, entschuldigte sich mit der Abwesenheit sein*
Reichsrathe und versicherte, seinem Vogte die Beobachte
der Freibriefe eingeschärft zu haben ')■ Aber gerade um dt
Vögte willen forderte man so nachdrücklich die Bestätigun
aller Rechte, da sie vor allem Gegenstand des bitterste
Hasses waren. Erich entnahm sie zumeist aus der Zahl aö
ner dänischen und deutschen Unterthanen, betraute som!
Ausländer mit den einträglichsten und wichtigsten Aemten
Mit den Sitten und Gebräueben des Landes unbekannt, unte
warfen sie sich nicht dem schwedischen Rechte, sondern ve
fuhren aus eigener Machtvollkommenheit und nach eigene
Gutdünken. Vorzüglich gegen sie richtete sieh der Unwilla
des Volkes, sie hatten die Steuern einzutreiben, überschritta
hierbei leicht ihre Befugnisse und hielten sich wohl nid
von Härte und Gewaltthat frei. Die Klagen und Vorstellunge
■ ) Diplom. Dalekarlic. 1, Nr. 74.
— 17 —
'der Betroffenen waren fruchtlos, da Erich nur selten and
immer vorübergehend in Schweden vei'weilte, der schwedische
Beichsvath, unter dessen Mitgliedern sich gleichfalls Nicht-
fichweden befanden, nicht häufig vollzählig versammelt war
and mit dem Könige nur in loser Verbindung stand. Drang
eine Beschwerde über den Sund, so war der Angeklagte leicht
im Stande , an entscheidender Stelle durchzudringen und das
Urtheil des Königs zu seinen Gunsten gefangen zu nehmen.
;Bo lange die hohe Geistlichkeit dem Könige ergeben war und
der Adel dem Kriegsrufe willig Folge leistete , war die
drohende Gefahr noch in Schranken zu halten, zumal beide
Stände von Erich zu Anfang seiner Regierung durch Einstel-
'hing der von seiner Vorgängerin veranstalteten Reduktionen
gewonnen waren. Als Margaretha Schweden übernahm, be-
eCte sie sich, alle Schatzgüter, welche seit 1363, dem Jahre
:der Thronbesteigung Albrechts , in andere Hände überge-
gangen und steuerfrei geworden, zurückzufordern, um sie den
iorsprünglichen Eignern oder deren Erben, beziehungsweise
■ Krone, zurückzustellen und die Abgabenpflicht wieder-
«nzuführen. Bei ihrem Tode war die Reduktion grössten
Theils vollendet, obgleich immer noch eine beträchthche An-
zahl von Gütern unbeanstandet sich in den Händen der augeu-
l&licklichen Besitzer befand. Die reichen und vornehmen
Hflupter schwedischer Familien, welche sieh ihres langjährigen
Eigenthums beraubt sahen, wurden von der kraftvollen Herr-
scherin leicht im Zamii gehalten und mussten sich beugen.
Kaum war Erich von der Vormundschaft befreit, so hörten
je Reduktionen auf und es trat namentlich zu Gunsten der
ieistlichkeit ein starker Umschwung ein, welcher das An-
Bhen des Herrschers schwächen musste, ohne ihm die Zu-
neigung der dadurch Bevorzugten dauernd zu gewinnen. Er
[(ewirkte sogar, dass bereits eingezogene Güter nochmals
Uckgeliefert wurflen '). Die Bevorzugung der Dänen und
) lieber die Seduktioiien und ihre Ausdehnung liat am eingeliendsicn
^ a. a. 0. in der Einl. zum 2. Bde., S. LXft'. gehandelt, gestützt vor-
nehmlich auf die daselbst Nr. ;J4ff. ziim ei-sten Male mitgetlieilten
'Ürliundeti.
d, Kdvji, Znr (l(.,-,'M[:lits. 2
I
J
— 18 —
Deutsehen vor den schwedischen und norwegischen Unter-
thanen, welche die ganze Regiening Erichs in auffallender
Weise kennzeichnet , störte bald das gute Verhältniss. Der
Adel fühlte sich vernachlässigt bei der Besetzung der Aem-
ter und «ler Austheilung der Lehen, die Geistlichkeit wurde
gekränkt durch die vielfachen Eingriffe des Königs in das
Wahlrecht der Kapitel. Vorzüglich das Erzstift Upsala hatte
darunter zu leiden, wiederholt drängte Erich demselben seine
Kreaturen auf 0. Johann Gerekini, einen Dänen, welcher der
unsaubersten Laster beschuldigt wurde, ernannte er zum Erz-
bischof, nachdem die Wahl des Domkapitels bereits auf einen
anderen Geistlichen, den Dompropst Andreas, gefallen war.
Auf die Klagen der Diöeesanen erhielt der Erzbisehof von
Riga vom Papste den Befehl, die Untersuchung zu fuhren
und sie endete damit . dass Johann ins Getangniss wandern
musste - )- Sein Nachfolger, gleichfalls unter dem Drucke des
königlichen Einflusses erwählt, starb nach wenigen Jahren,
worauf das Kapitel, ohne den Könis zu fragen, einen ange-
sehenen schwedischen Geistlichen. Olaf Larsson, erkor. Erich
versagte ihm die Anerkennung, liess ihn nicht zum Besitz
seiner Würde jzelan^zen und ernannte aus eisener ilacht hin-
tereinander zwei Dänen zu Erzbischofen, obgleich Olaf die
Bestätigung vom Papste und Concil erlangt hatte. Beim bald
darauf erfolgten AiLsbruch des Aufstandes kehrte Olaf aus
Rom zurück uü<l nahm unangefochten Besitz vom Ei-zstift^).
1^ Ghron. de aep. UpsaL, Ss. rer. Suec. 3, 2. 101, Diar. Wadsten. a.
a. 0. 1, 1, 143, Erich Olai l-Uff.
-) Erich sandte ihn bald darauf als Bischof nach Island, wo er sich
dermassen verfaasst zu machen verstand, dass die erbitterten Isländer ihn
vom Altare zerrten und auf die grausamste Weise Volksjustiz an rhm
übten.
^) Bezeichnend für das kritische Vertahren Jahns ist seine Behand-
lung des Processes zwischen Olat und dem Konige, S. 132. Olaf hatte in
Korn verlauten lassen, dass Erich non forec verus rex natus ad regnum
Saecie. Erich liess sich darauf in Kopenhagen von einigen Bischöfen aus
aUea drei Reichen bescheinigen, dass er de regali horum trium regnonim
fcosmie abstamme, einmüthig gewählt, die erledigten Bischofesitze seit
dtnch dött König besetzt oder dieser mindestens zuvor betragt wor^
- 19 —
Sehnlich griff der König in Strengnäs ein, beförderte \
,um einen Dänen, Andreas, gegen den Willen des Kapitels
xuni Bischof, wofür dieser vom V'olksniunde mit dein Bei-
Damen Smeek beehrt wurde. Ungeachtet des päpstlichen
Bannes behauptete er sich auf dem Sitze, den er obendrein
*Jurch einen ärgerlichen Lebenswandel besudelte.
Diese Missgriffe des Königs , verbunden mit den Wir-
kungen des Krieges, riefen in allen Ständen Unwillen hervor,
welcher sich lun so mehr steigeile, als die Hoffnung auf eine
Wendung zum bessern Jahr um Jahr vereitelt wurde, Natur-
geuiäss schaffte er sich zuei-st in der von den Uebelständeu
am härtesten betroffenen Schicht der Bevölkerung Luft,
fahrte aber auch hier ei-st dann zum gewaltsamen Aus-
brach , nachdem der gesetzliche Weg vergeblich beschrit-
ten war.
Keiner der verhassten königlichen Vögte hatte so arg
gehaust, als Jens Erichsson. welcher von Westeräs aus West-
Bianuland und die erzreichen Thallande Dalekarliens ver-
waltete. Seine Harte beim Eintreiben der Steuern nud die
Grausamkeiten, die man ihm in einzelnen Fällen zur Last
legte, werden von den schwedisi^hen Chronisten mit behag-
licher Breite bis ins Detail geschildert. Mag auch die Nach-
richt, dass er Bauern im Rauch aufhängen liess, hochschwan-
jgere Weiber vor Lastwagen spannte u. s. w. übertriebe» sein,
eines thatsäclilichen Grundes können die Gerüchte nicht ent-
behrt haben 'J. Die freien Bauern in den Thülern ertnigen
das Joch nicht lange. Sie traten zusammen, wählten einen
sei, bei Olaf wäre es nicht geschehen, die WaJil sei daher uugUltig.
ä433 Jul. 9. So weit herücksichtigt Ja,hn die Urkunde, verscliweigt aher
pnslich, dnsa die hier aufgeführten schwedischen Prälaten am 4. Aug. die
Orkimde transsumireii, — sie ist nur in diesem Transsmnt erhalten — mn
na erklären, dass der Inhalt unTrahr sei, sie dieselbe nur propter graves
ifl ^usdem domini regis nohie illatas, vi et metii ducti besiegelt hätten
^md nicht anerkennen könnten. Radorph, Rymchronikur 3, 71.
')Die Besckuldigungen werden nicht nw von der Karlschj-onik (ich citire
4iaob der Ausguhe von Klcmtning in Samlingar utg, af ßvenska Fornakrift
Bällskapet), Erich Olai n. a., sondern auuh vom ReicbBrath in den Rund-
Bchreiben an dea Hochmeister, Hansestädte u, s. w. (vgl. unten) von 14^34
— 20 -
anfiesehenen Bergwerksbesitzer Eiiftelbreeht EngelbrechtMWB "j
zu ihrem Vertreter und entsandten ihn nach Kopenhagen, aal
vor tiem Könige über den Vogt Kla<re zu führen. Engd
brecht, ein Mann von kleiner Statur, beredt und tapfer, aof-J
gewachsen an verschiedenen Füi-stenböfen und kundig derl
Hnfart, entledigte sich seiner Aufgabe und erbot sich zum
weis der Wahrheit, werde er als Lügner erkannt, so treffe
ihn die Strafe des Galgens, im entgegengesetzten Fall fordere
er den Tod des Vogtes. Der König übertrug dem Reichsrath
die Untersuchung, behielt sich jedoch die Fällung des UrtheiteJ
vor. Der Reichsi-ath berichtete der Wahrheit gemäss, wasa
er gesehen und vernommen, während der Vogt einen BeridtO
mit Anschuldigungen gegen Engelbrecht übersandte. AI«
dieser sich mit dem reichsriitlilicben Bescheide beim König«
einstellte, wurde er schlechthin abgewiesen. Damit war datfa
Zeichen gegeben: das Volk stand auf, wählte Engelbrechta
zum Anfülner und zog vor Westeräs, um den Vogt zu tOdtenl
oder zu vertreiben, doch legte sich der Reichsrath ins Mitt^fl
und beruhigte die Bauern durch das Versprechen, Jens voin
seinem Posten zu entfernen. Als aber der Vogt im nächstens
Frühjahr durch seine Uuterbearaten aller Orten in gewohnten
Weise die Steuern eintreiben liess, erhoben sich die Dale^
karlier von neuem. Eine rasch gesammelte Schaar zog aber^
mals vor Westeräs und umlagerte es. Wiederum trat detM
Reichsrath dazwischen und bewirkte noch einmal einen SüU-V
stand des Waffenlärms, Jens wm-de entfenit, das Scbloss voi^l
läufig dem Grafen Hans von Eberstein anvertraut. Allein diflfl
Ruhe währte nicht lange, die einmal eiTegten Leidenschaften
wurden — wie es lieisst — auf das blosse Gerücht, dass de»
vertriebene Jens den König vermocht habe, einen noch här^
teren Vogt zu senden, vollständig" entfesselt. Im Juni 1434 '>■
Sept. ö, erhoben. In dem letzteren lieisst es allgetiiein; besunderljkeiM
hebbeo sine vogede gebrant, entljret, npgehenget in den rook nnde ge^
schyndet u. s. w.; wilbrend der lieimchronist alles auf Jens überliSgL I
') ingenuus sea libertus nennt ihn Erich ülai, frälsemen := adeUgfr^fl
stenerirei. Seine Stammtafel ist im Dipl. Dalek. Suppiem. Taf. 13 nütgethältfl
ä) Nicht 143:) wie Dabhuann :i, 155 Geüer 1, 201 Terbesaem Wi^l
Tgl. den S. 12, Änm. 3 angeführten Briet' der I
— 21 —
brach der Aufruhr aus, wilder und nachdrücklicher als zuvor,
Engelbrecht trat an die Spitze und gab unter lautem Beifall
des Volks die Vertreibung aller Ausländer aus Schweden als
Losung aus. In kurzer Zeit fiel ganz Westniannland ihm bei
und auf den ei-sten Anlauf fielen sänimtliche königliche Festen
^dieses Landstriches in seine Hände. Geschickt') wusste er
den umwohnenden Adel zum Beitritt zu bewegen, indem er
i^eu der angesehensten Edeln, Nikolaus Gustavssou Puke,
Westeräs, die Residenz des Vogtes, übertrug, unbehindert
ionnte er bis Upsala vordringen. Hierher, an die alther-
'kömniliehe Wahlstätte der schwedischen Könige'), beschied er
die Bewohner von Upland, erklärte in kräftiger Rede, dass
er sich erhoben habe, um Schweden von der Knechtschaft zu
befreien, und erliess, als das Volk ihm zujauchzte, auf der
Stelle ein Drittel aller Abgaben*). Gleiclizeitig versandte er
. Rundschreiben in alle Districte und forderte besonders Erich
ifuke, einen Sohn des Vogtes von Westeräs, einen jungen,
tliatkräftigen aber heisshlütigenMann, zum Anschluss und zur
Befolgung seines Beispiels auf. Dieser zauderte keinen Augen-
iblick, überzog Helsingland und die Alandsinseln, besetzte die
.»leisten Schlösser und vertrieb nach dem Muster von Engel-
brecht überall die Ausländer. Engelbrecht selbst war unter-
'dessen vor Stockholm gerückt, begegnete aber hier zum ersten
Male einem Widerstände, den er nicht zu brechen vermochte.
jSoh&nn KrÖpeliu, der sowohl von dänischer wie schwedischer
Seite hochgeachtete und seiner offenen Redlichkeit wegen all-
gemein beliebte Hauptmann dieser Stadt, vries die Auffor-
derung zur Uehergabe gänzlich von der Hand und schloss
mit Engelbrecht nach einigen Verhandlungen einen Waffen-
istillstand bis zum 11. November, welcher sich jedoch nur auf
'Stockholm selbst bezog, im übrigen beiden Theiten freie Hand
') Wenn auch aiclit oLne sehr verständliche Drohfingen.
') Quiisj in i:entro et regni medio, Erich Olai 1-3S (er war Domherr
üpeala).
') Conseneu nobilmm apud eimi praesentium scbnltet Erich Olai nicht
ohne Absicht ein; seine Vorlage, die KarUclironik, erwälint dessen nicht
:ht M
— 22 —
liecH'i. EnRelbreclit benutzte ihn, um in GemeinschÄft mit
Krirli Pukc aiu'h die südlichen Provinzen von Scliweden,
wek'lic vom Aufstände noch nicht IterUhrt waren, zu erobern
und an sii'h zu ziehen.
I»ie erste Nadiricht von der Erhebung gelangte nach
Wordiiifiborn, als die fruchtlosen Unterhandlungen zwischen
dem KÖnijro, den Holsteinern und den Städten im Gange
waren, muss aber noch wenig beunruhigend gelautet haben,
Die doli anwesenden schwedischen Reichsräthe erklihten noch
am 20. Juli, dass sie dem vor Ausbruch des Aufstandes nach
Wadwtena ausgcsebriebenen Reichstage nicht beiwohnen könn-
ten, citheilten ihren Genossen Instruktionen für die Verhand-
lunK und erwilhnten nur ganz beihiufig der Erhebung der
blinden Masse des Reiches^). Die Unglücksposten müssen
rancli gefolgt sein, im August begegnen wir denselben Räthen
tnrtz der Ablehnung doch auf dem Tage zu Wadatena. Hier
UhcrraDchti! Engelhreclit , an der Spitze einer ansehnlichen
Schnai', den Keichsrath vollständig. Als dieser sich weigerte,
Ihm zu willfahren, b^aul^hte er Gewalt und nach kui'zem Be-
shineii iinterechriehcti die eingeschüchterten Käthe den von
Engelbrecht fertig vorgelegten Absagebrief an König Erich,
welcher ihn kurz und hünilig des schwedischen Thrones ver-
Iiwtig erkltlrto"). Gleichzeitig aber berichteten sie dem König,
nur die Notli hflttc sie hierzu gezwungen, und fügten den
Wink hinzu, das» die Absage erst in vierzehn Tagen in Kraft
') Vgl. Jen Bericht Osenbrilggea an Danzigs, Stj-ftc 2, 360; Hanse-
recoiie 1, Nr. 887.
') ccea ciimmunitaB r^ni nostri, vgl. S. 12, Änm. 3.
'l Die lubendlge Unterredung zwischen B. Knut von Linböpiag nnd
Engellirecht, welche Jahn 141 (darnacli auch Dahlmann 3, 155) mittbeilt,
beruht iiuf einer freien Combination Jahns aus Tuneid, Engelbrecht Engel-
brechtflBona hiatoria S. 147 und der Karlachronik t. 1127tf. Die Earle-
chronlk, auf welcher nuch Tuneid beruht, berichtet lediglich, dasa Engel-
brecht, durch den Widerspruch des Bischöfe gereizt, ihn beim Halse er-
grilf und ihn unter das VoUi atoascn wollte, sowie dasa die beiden Bi-
schöfe von Strengnäs und Skara in gleichen Nötlien geschwebt h&tten.
Auch in der Zeit iirt Jahn, die Absage traf in Dänemark erst nach
Schlass der Verhandlungen mit den Haneestädten cib.
— 23 —
trete 'I. lu Kopenhagen waren die beiüen amlern Reiclisrütlie
noch versammelt, auf deren Einschreiten der Hinweis berech-
net war, durch sie liess Erich die Antwort ertheilen. Er-
halten ist uns ein Schreiben der Norweger, dessen Abfassung
Erich nicht fern gestanden hat. Er räth zum sofortigen Wi-
, derruf der Absage, da sie doch erzwungen worden und der
• Streit leiclit das Band zwischen den drei ßeichen zerreissen
könnte. Habe der König gefehlt, so sei es nicht in böser
Absieht gesclieheo, sondern aus Unwissenheit, auch sei er ge-
neigt, sich allen gegründeten Klagen gegenüber zu verant-
, Worten ^). Die in Wadstena versammelten Räthe hatten in-
zwischen einen Herrentag nach Stockholm ausgeschrieben, um
hier unter dem Schutze Kröpelius die Antwort Erichs ent-
gegenzunehmen, doch durchkreuzte Engelbrecht, dem es mit
I der Absage an Erich Ernst war, den Plan und stellte sich
gleiclifalls mit zahlreichen Parteigängern ein. Er wusste, dass
der bei weitem grösste Theil des Reichsraths nur widerwillig,
unter dem Druck der offenen Gewalt dem schroffen Auftreten
gegen den König zugestimmt hatte und gern bereit war, den
Schritt zurückzunehmen. Er niusste schon um seines eigenen
Heils willen die Kluft zwischen Erich und Schweden zu erwei-
tern, eine Aussöhnung unmöglich zu machen suchen. Und es
gelang ihm. Vereint mit Erich Puke setzte er durch, dass
an Norwegen und an alle Gewalten an der Ostsee, mit wel-
■chen Schweden in näheren Beziehungen stand, Ausschreiben
gleichen Inhalts und gleichen Lautes ergiengen, welche die
Ursachen und Gründe des Abfalls von Erich kundgaben.
Kurz und bündig werden die Anschuldigungen gegen den
König der Reihe nach aufgezählt und erläutert. Den KrÖ-
lalungseid habe er gebrochen. Rechte und Privilegien des
{leiches verletzt, die Kirchen verdorben, rechtmässig gewählte
feschöfe vertrieben, Kirchenbann, Papst und Coneil unbe-
' ) Dipl. Norveg 5, 45.^.
') Es datirt vom neunten Tage nach dem Datom der Absage, Aug. 27 ;
swei Tage vorher, am 25. Aug., erlässt Erich dem Erzbischof Aslak von
Drotttheim eine Schuld von 2100 Nobelr. Dipl. Son'eg. 5, 4-57.
— 24 —
lierechtigkeit sei ihm unbekannt. Seine 1
VSifbt hUtea die Untergebenen geschunden, gebrannt, ge-l
lAdtet und in den Raucli gehängt, um obendrein Belobnungeal
roB Krich davonzutrapen; Ausiflnder erhielten alle Schlösser, ,
an desto leichter das Reich Beines fi-eien Wahlrechts berauben
zu können und es Herzofr Bogislaw von Pommern auszalie-
fern; der unnütze Krieg habe die Ritterschaft au den Bettel-
Btab gebracht, die Gefangenen ') wolle der König nicht lösen.
Bie könnten aus allem nichts anderes entnehmen , als dass
er die Scliweden xu Gunsten Dänemarks zu Sklaven erniedri-
gen wolle. Alle Briefe schliessen mit der Bitte um Unter-
«tötzung und verheissen den Städten insbesondere die Ab-^
Schaffung aller unrechtmässig eingeführten Zölle*).
Ks schien in der That, als ob der Reichsrath nun filrj
immer mit Krich brechen wolle. Bischof Knut von Linkö-1
ping, in Wadstena Führer der königlichen Partei, richtetj
wenige Wochen später, als Erich bereits in Stockholm einge-,
troffen war , an den Hochmeister nochmals die dringende J
Bitte um UnterstütJiung gegen den König ^), Seinen Amtsbra-^
der und Gesinnungsgenossen, Bischof Thomas von Streugnäs,!
finden wir in vollständigem Einvernehmen mit Engelbrecht, J
als dieser unmittelbar nach dem Stockholmer Tage die Boch.1
tkbrigen Gebiete in raschem Siegesxuge von den dänischen J
I) Wie die apätereii Klagschriiten und Verträge ergeben, sind damit!
vorzOglirJi die von Lübeck iu der Schlacht im Sunde 1427 gefangenen |
Schweden gemeint
') 1434 Sept. 5. Das AuBschreiben an den norwegischen Eeichsrath, Dipl. 1
Horveg. .5, 469 besser als Hadorph, Rymclironiltor 2, 77, doch druckt letzterer J
daneben auch den Brief an die Hanaestädte. Gleichlautend sind die 1
Schreiben an den Hochmeister, die preusaischen und livländi sehen Städte \
(Königsberg, Eeval). Jahn und Dahlmanii behaupten, niu' 10 Reicharäthe
hiltten Bie unteraeiclinet, allein schon die ihnen geilruckt vorli^enden Ur-
kunden bei Hadorph weisen im ganzen 38 auf. Woher Jahn S. 142 die
Zahl von 59 schwedischen Reichsi^then hat, kann ich nicht nachweisen;
Lagerbring 4, 8li und Dalin 2, 4.50 kennen nur etwa halb so Tiele. £e~ J
fehlten jedenfalls nicht über zwei Drittel des Rathes, wie Jahn will, son- .
dem höchstens ein Drittel.
■-) 1434 Okt. 3, Stytfe 2, 261.
Hauptieuteii befreite '). Bald gieng er auf dänisches Gebiet
hinüber, Kalland fiel in seine Hand und erst in Schonen ge-
bot ein in der Eile zusammengerafl'tea Heer seinem Sieges-
läufe bei Labolm Halt. Ein Waffenstillstand auf unbestinuiite
Zeit Hess beide Tbeile ihre Kräfte sammeln.
Erich hatte die Zwischenzeit benutzt, um eine ansehn-
liche Heeresmaclit zu bilden und begab sich mit ihr Ende
September zu Schiffe, Sturm und widrige Winde zerstörten
oder zerstreuten jedoch einen grossen Theil der Flotte, mit
dem Reste stieg er in Stockholm ans Land. Engelbrecht, aus
Schonen zuvückgekehrt, warf sich sofort mit seiner Mannschaft
vor die Stadt und entbot auch die anderen Gebiete dahin*),
bald war der König eng umschlossen. Gleichzeitig begannen die
Verhandlungen. Bereits am 14. Oct. finden wir in Stockholm
11 Bischöfe aus allen drei lleichen, an ihrer Spitze den von
Erich verfolgten Erzbischof Olaf von Upsala*). Ihm, wie den
meisten schwedischen Grossen, war der demokratische Zug,
der dem Unternehmen Engelbrechts unzweifelhaft anhaftete,
im innersten zuwider und trieb ihn auf die Seite rler könig-
lich gesinnten, zumal auch diese aus der Volkserhebung die
Ueberzeugung gewonnen hatten, dass Erich nicht ohne Zuge-
ständnisse an seine augenblicklichen Gegner zum Ziele ge-
langen könne, nur müssten sie dem Reichsrathe zu gute
kommen. Die Verhandlungen, über die nichts näheres ver-
lautet, zogen sich über einen Monat hin. Erst am 15. Nov.
kam ein Vertrag zu Stande . dessen Bedingungen unter den
obwaltenden Verhältnissen als Erich günstig bezeichnet wer-
den müssen. Eis zum Nov. 1435 sind alle Feinilseligkeiten
') Engelbrecht an Thomas, Handlingar rörande f^kandin. hiat. 8, 3.
' l)a& im Abdruck weggelassene Datum des Briefes ergänzt Jahn 140,
Anm. 1 zum 10. .'^ept, 1434 aus einer Absclmft im DipL Langebek. zu
Kopenhagen. Bischof Thomas ist auch Verfesser der hübschen Elage-
gedichte auf Engelbrecht und Erich Puke, Ss. rer. Suei:. I, 2, 161. 1G5.
t^) Erich Olai 132 berichtet, die Mannen wären de omni angulo
egoi in. hellen Haufen herbeigeströmt <iuasi ad epulas invitati.
') AblasB für die Olafskirche in Eidsberg, Dipl. Norveg. 2, .540. Jahn
45 lSl£Et Erich erst im November nach Stockhohn kommen, da ihm
imge Belagerung durchaus missfillt.
I
r
— 26 —
ifiii/iiHt<tll(»n, Hchoii zum 8. Sept. soll ein Reichstag nach Stock-
liolin t)(»nif(Mi W(5r(leii, auf welchem zwölf Reichsräthe, aus
yuWiu UfticlM^ vier, alhm Zwist zu entscheiden haben. Findet
HJrh tUtv KöiiiK /um Tajre nicht ein oder sendet er keinen
H<*vollniiicliti^^t('u, so verliert er alle Ansprüche')- Erich ge-
wiinii V(»r allem Zoit und wurde aus seiner Bedrängniss in
Slorkholm lM'fn»it. Kr kehrte unmittelbar nach Dänemark
/urhck, nicht olme in der schwedischen Hauptstadt eine starke
iW^halziui^^ zuriick/uhissen, nahm die Verhandlungen mit den
IlariHirntildtc»!! witMh>r auf und kam nun mit ihnen rasch auf
i'hw.u FH(Ml(iiis(Mitwurf Uborein^).
Auch KuK^iilhnu'.ht suchte die Zeit auszunützen und
mich Möglichkeit der zukünftigen Gestaltung der Vei-hält-
iiiHHe Hi*\u (Jepriij^c^ aufzudrücken. Er liess durch das vor
Stockholm vcM'sammolto Heer einen allgemeinen Landtag
luich Arbo^ni zum 10. Jan. 1435 ausschreiben und auf
dieriem sich zum KcMchshauptmann ^) ernennen. Gleichzeitig
erhic^lt J(mI(^ Provinz einen Vorsteher, welcher die Ange-
leK<'»»h(Mten (l(»s Reiches in Obacht nehmen sollte. Die
(lieHem Schritten zu Grunde liegende Absicht lief darauf
hinauH, die ^nvsammte Verwaltung des Landes in den alten,
von Krich nicht beobachteten Formen wiederherzustellen und
(li(;s(i Umbildung soweit zu fördern, dass sie vollendet dem
•) lladorj)!! H5, untersiegclt von 29 dänischen Käthen, darunter nur
einer von den oben erwähnton Bischöfen.
'') Vgl. S. 12.
^) rikets höfvitzman, gubernator. Sein Amt unterscheidet sich ver-
fassungsmässig dadurch von dem erst seit 1438 vorkommenden Eeichs-
Vorsteher, dass er den Drost nicht beseitigt, sondern nur beschränkt. Er
entspricht dem Anführer der bewaffneten Macht im Frieden, dem Marschall,
welcher dem Drost im Range nachsteht, dessen Befugnisse nun aber
jedenfalls erweitert werden, ohne dass man dies im einzelnen nachweisen
könnte. Der Reichsvorsteher vereinigt die Befugnisse des Drosten und
des Marschalls in einer Hand und ist bis auf den Titel im Besitz aller
Rechte des Königs.
— 27 —
i£önige zur Aimahiiie vorgelegt wenleu köuute und ihm, der
doch nicht aus dem Reiche zu vertreiben war, die Hilnde
binde. Engelhrecht konnte jedoch sein Vorhaben nicht voll-
, Ständig durchführen. Der Hochmeister Paul von Rusdoif,
^on längst in freundschaftlichem Verhilltniss zu Erich ura
ler Gunst Kaiser Sigisniunds willen, legte sich jetzt ins
llittel, ob aus eigenem Antriebe oder vom Kftnige darum er-
iucbt, muss daliingestellt bleiben. Er entsandte den Kom-
Sbur Heinrich Rowerder von Althaus nach Schweden mit dem
auftrüge, auf eine gütliche Beilegung des Zwistes zu dringen.
Meser vereinigte sich mit Hans Kröpelin, beide erhielten von
ler Vei'samuiIuDg zu Arboga Geleite nnd bewogen sie, sich
i gütlicher Verhandlung mit Erich bereit zu erklären. Un-
jaumt eilten sie durch Schweden zum Könige und erlangten
ssen Zustimmung. Unter dem Eindruck dieses Vermittlungs-
fersuclies erliess der Reichsrath wiederum Ausschreiben, welche
W^ Anklagen wie früher auizählten, zugleich aber erklärten,
iss man bereit sei, Erich anzuerkennen, wenn er dem Uebel
«itgegentreteu und die Rechte Schwedens beobachten wolle.
ben Städten wurde jetzt sogar vollständige Zollfreiheit ver-
leissen. Gleichzeitig wurde eiu Bote nach Löbeek abgeord-
ffit, um mündliehe Erklärungen zu überbringen, jedoch wies
' sein vom 31. März datiites Beglaubigungsschreiben erst
Mai in Lübeck vor, nachdem die Zustimmung des
Königs zu dem Antrage des Komthurs längst in Schweden
bekannt und die halmstäder Verhandlungen bereits beendet
waren ').
nämlich die Einwilligung Erichs vom Komthur er-
mr, traten alsbald in Halmstad Bevollmächtigte beider
teile zusammen, welche dem Anschein nach rasch über die
ledingungen sich einigten, unter welchen die vollkommene
ihnuBg vollzogen werden sollte. Bereits am 29. Juli*)
I) Die Rundsclireibeo und die Vollmacht bei Styffe 3, 2(i3ff., bei
r letzteren, S. 26(i, hat er presentatum fiiit sabb. infra jubilate gelesen,
a Original liest deutlich ante.
') Der Termin war oft'enliar im Hinblick auf die gleichzeitigen Ver-
— 28 —
hatte hiemach Erich sich in Stockholm einzufinden, worauf
erkorne zwölf Rjttlie gütlich alle Streitfragen erledipen und
damit aller gegenseitig zugefügte Schaden ausgeglichen sein
sollte. Jedoch Übernimmt der König die Lösung der im han-
sischen Kriege gefangenen Schweden, kann aher dafür von
seinen Amtsleuten Rechenschaft über die vor Aushnich des
Aufstandes eingelaufenen Steuern fordern und erhält die seit
Johanni 1434 einbehaltenen Einnahmen aus den Krongütern
erstattet. Engelbrecht und Erich Puke werden mit Lehen
abgefunden und schwören dem Könige Treue. Um der förm-
lichen Wiederauerkennung Erichs, für welche besonders Erz-
bischof Olaf von Upsaia eintrat ') , eine sichere Grundlage zu
geben, und in dii-ektem Widerspruch zu den separatistischen
Bestrebungen Engelbrechts wird zuletzt noch die Union von
1397 für zu Recht bestehend erklärt. Die Urkunde daiüber
soll im Original oder in Transsumten der Stockholmer Ver-
sammlung vorgelegt werden. Damit aber Schweden nicht
verkürzt werde, muss Erich in Uebereiiistimmung mit dem
Reichsratbe in Stockholm sofort einen Drost und einen Mar-
schall für Schweden ernennen '). Beides Bestimmungen,
welche unmittelbar nur dem Reichsrath, d. h. der Aristokratie,
zu gute kamen und dem Könige wie Engelbrecht die fak-
tische Macht entzogen.
War dieser Vertrag ein Werk hauptsächlich der schwe-
dischen Grossen, so war Engelbrecht, im Besitz der Hei(
hanptmannsehaft und seiner Macht sich bewusst, nicht
sonnen, seine Pläne so leichten Kaufes aufzugeben, auch
iu Ausstellt genommene Oligarchie des Reichsraths fand nii
iwe- i'
1
handlangen Elrichs mit den Hansestädten zu Hadersleben, Mai IfT
die HansereceBse zu diesem Jahre, so spät angesetzt. Da indesGen hier
keine Einigung erhielt und eine neue Tagfahrt nach Wordingborg auch in
den Jali verlegt wurde, eo entstand eine jedenfalls unbealisichtigte Collisi
welche von Engelbrecht au^ebeutet wurde.
') Erich Olai 144.
=) Hadorph SÜ.
ers
Wi
wo
— 29 --
seinen BeifeH, sein Sturz wai' dann pur eine Zeitfrage. Sn~
Zusammenhang hiemit tauchten abermals beunruhigende Ge-
rtlchte anf : Erich sei gesonnen, mit Heeresniacht seine Aner-
kennung in Schweden durchzusetzen, der hahnstäder Ver-
gleich sei nur falsches Spie] gewesen. Einen thatsächliehen
Anhalt hierfili' gaben nur einige Re|)araturbauten der däni-
schen- Besatzung in Stockholm und die Befestigung schwächerer
Punkte. Engelbreeht gedachte damit auf die nach üpsala be-
rufene Reichsversamnilung zu wirken, welche über die An-
nahme oder Verwerfung der halmstiider Artikel zu entschei-
den hatte, zeigte aber, dass er auf dem diplomatischen Felde
seinen Gegnern nicht gewachsen war, und schreckte vor der
Möglichkeit eines Bürgerkrieges zurück. Der Reichsrath
nahm den Vertrag ohne weiteres an ■) und willfahrte Engel-
brecht nur insoweit, dass er wiederum Rundschreiben aus-
sandte, welche über die Verbandlungen mit Erich berichteten,
die umlaufenden Gerüchte verzeichneten und um Unterstützung
ersuchten, falls Erich sich mit Gewalt des Reiches bemäch-
igen wolle, da man in Schweden fest entschlossen sei, dem
'iderstand zu leisten. Wie nicht anders zu erwai'ten , ant-
wortete der Hochmeister umgehend, dass nach seinen Erkun-
digungen alle Befürchtungen grundlos seien, der Reichsrath
möge sich gefügig erzeigen und den Krieg auf alle Falle ver-
'). Der festgesetzte Tag nahte heran, zahlreich stell-
sich die Schweden in der Hauptstadt ein, allein Erich
liieb aus. Elien erst war der Friede zwischen ihm und den
geschlossen, er konnte unmöglich rechtzeitig
ich Stockholm gelangen^). So missvergnügt mau in Sehwe-
') 1435 Juni 2, Hadorph 90.
') Das Schreiben an die Hansestädte dätirt vom 5. Juni (Wismar), an
e Kvländischen Städte vom 10. (Reval); das an den Hochmeister ergiebt
■ sich aus seiner Antwort vom 14. Juli (Königsberg, Miseive TIf. 290).
') StyfFe2, CIV macht Erich mit Unrecht den TorwTirl, dass ei' den Termin
labe verstreichen lasBec. Am 17. Juli wurde der Friede zu Wordingborg
Ciiet, er hatte mithin nicht mehr als 12 Tage übrig. Dagegen
iTsäumt, sein Nichterscheinen zu entschuldigen, vgl. die Urkunde
»
den WAT, Kröpelin wTisste den König genügend zu vevtheidigt
lind bewirkte die Verlegung des Tages auf den 8. SeptembäJ
Zu diesem fand Erich sich denn auch rechtzeitig ein, obgleiq
er unterwegs einen schweren Sturm zu bestellen hatt« an
19 Schifle dabei einbüsste'). In seiner Begleitung befand sid
der schon erwähnte Komthnu von Althaus, den er sich vo|
Hochmeister erbeten 'J. Dagegen entsprachen die HansestädCB
vor allem Lübeck, nicht dem Gesuche des dänischen Heicl
raths. auch ihrerseits Gesandte zur Vermittlung im Streit i
Stockholm abzuordnen.
Der schwedische Reichsrath ühei-gab sofort nach döj
Eintreffen des Königs eine Besehwerdescbi-ift , welche
Klagen übersichtlich zusammenstellte und in der Behauptung""
gipfelte, dass nur durch die Nichtbesetzung der Stellen eines
Drostes und Marschalls die Uebelstände eine solche Höhe er-
reicht hätten *). Nach längeren mitunter bewegten Verhand-
lungen erfolgte am 14. Okt. der Friedensschluss. Erich wurde
als König anerkannt, die Union der drei Reiche nochmals
bestätigt und bestimmt, dass in jedem Reiche ein vidiniii-tes
Transsumt der Urkunde von 1397 hinterlegt werden sollte.
Der König verspricht nach Uebereinkunft mit dem Reichsrath,
einen Drost und einen Marschall zu ernennen und die schw^~
i 7. August über die Vei'legung des Ta[
der dänisclien Besatzung ^
Hiidorpli m.
') Die Karlsclironik v. n46ff. nennt den M. Okt. als Tag e
Ankunft, Styfie »ill ea in den !^. Sept, verbessern, Jahn macht ia
1. Okt. daraus. Am t, Sept. meldet der lübisclie Yogt auf Sckonen,
Heinrich Gripeshom. dass Erich mit 62 Sckift'en abgesegelt sei, Sturm
gehabt und mit 43 Segeln Kalmar passirt habe. Seineu drei Briefen a
Lübeck vom I., 4. und 12. Sept (Lübeck) ist die Nachricht ■?
dänischerseits gewUnschtea Betheiliguag der Hansestädte an den Y^
handlungeil in Schweden e
^) Vgl. den Daukbrief Erichs an den Hochmeister vom 14. Oktober,*
Klyffe 2, 271.
=) Huitfeld 781—83. daran schliessen sich der Friedensvertrag
der Spruch der Schiedsrichter. Die beiden letzteren auch bei Hadorph
tKi— 99. ' "■
hwe^
1
t desH
len,
ei
— 31 —
discheu Schlösser nur an Eiiigeborne zu verleimen, daftlr
'ird ihm gestattet Stockholm, Kalmar und Nyköping nach
:ßelieben zu vergeben und verbleibt er im Besitz aller der
■von Margaretba eingelösten oder aufgekauften Pfaiidgdter.
kPie weiteren strittigen Punkte wurden au die zwölf Schieds-
■ricbter verwiesen, welche bereits nach vier Tagen ihren Spruch
(gefällt hatten. Er bestätigt die meisten der zu Halmstad
.Vereinbarten Artikel und billigt namentlich die frtlher be-
iBtimmte Abfindung Engelbrechls und Erichs Puke. Hailand
wurde Erich zugesprochen und fiel au Dänemark zurück, die
Entscheidung über die Zugehörigkeit Gothlauds blieb dem
norwegischen Reichsrath vorbehalten. Die vom schwedischen
Reichsrath erlasseneu Rundschreiben sollen \'on allen drei
Räthen ihrem Inhalt nach gepiüft werden und Eridi Genug-
tiiuimg erlialten, falls sie ungehöriges enthielteu.
Unverzüglich gieng man an die Ausführung der Bestim-
ungen. Engelbrecht und Erich Puke unterwarfen sich,
letzterer erschien sogar pei'sönhch in Stockholm, beide wurden
amaestiit und mit bedeutenden Lehen ausgestattet. Die
Wahlen des Drostes, dessen Amt im wesentlichen in der
Oberaufsicht über die gesammte innere Verwaltung bestand,
und des Mai'schalls oder Oberbefehlshabers der niilitairisehen
Macht, kamen unter erträfilicliem Entgegenkommen beider
Theile zu Stande, da sowohl Erich wie der Reichsrath sich
Ifffin einig waren, dass Engelbrecht, der als Reichsbauptniauu
ne beide Aemter Überragende Stellung einnahm, zu besei-
;en sei. Cliristiern Kilsson AVasa, ein hochbejahrter Mann,
bereits seit 1397 dem Reichsrath angehörte und als
.wiegersohn des königlichen Hofmeisters Erich Krunime-
') dem König warm empfohlen war, wurde Drost, Karl
lutsson Bonde, einer der begütersten Herren im Lande,
iarschall. Karl, erst 27 Jahre alt, von hoher mächtigeV Ge-
lt und einnehmendem Aenssem. ehrgeizig und energisch,
labei von gewinnender Leutseligkeit und fürstlich freigebig.
I) Vgl. S. 11, Amii. :
- 32 —
schien vor allen andeieii geeignet, den Liebling des Volks;'
Engelbret-ht, niederzuhalten und vergessen zu machen.
Die Furcht vor dem gewaltigen Anhange Engelbrechls
mass den um seiner Macht besorgten Reichsrath, dem
der Aussöhnung mit Erich der bei weitem grösste Voi
erwuchs, bewogen haben, den Uebergriffen, welche Erich
unmittelbar nach der Aussöhnung erlaubte, nur zögernd
gegenzutreten. Engelbrecht hatte aus fast allen der zahl-
reichen königlichen Schlösser und Aemter <lie alten Vögte
vertrieben und neue eingesetzt, deutsche und dänische Eigen-
tbOmer waren ihres Grund und Bodens beraubt imd dieser
an Schweden verlehnt worden, in all diesen Verhältnissen
trat nun ein tief einschneidender Umschwung ein '). Erich
begnügte sich aber nicht mit der Absetzung dieser neuer-
nannten Beamten, er Hess sich von seiner alten Vorliebe
leiten und verlieh, ausser den drei ihm vorbehaltenen Städi
auch andere wichtige Festen dänischen Edelleuten. Dadi
eiTefjte er doppeltes Missvergnügen , sowohl unter den ihi
Amtes Entsetzten als auch bei den Mitgliedern des Reichs-
raths, welche die Äenderung der Dinge mit Hoffnungen auf
eigenen Gewinn hegleitet hatten. Sogar der in Schweden
allgemein beliebte Kröpelin musste seinen Posten an einen
danisii-ten Hoisteiner, Erich Ronnow, abgeben, weil ihm un-
gebührliche Hinneigung zu den eingebüiiien Schweden vorge-
worfen wurde. Die von schwedischer Seite angerufene
mittlung des dilnisclien Reichsraths blieb fruchtlos und direl
Vorstellungen erweiterten nui- die Spaltung. Erich lies»
hinveissen, gerade heraus den schwedischen Räthen den
begrttndeten Vorwurf zu machen, dass nur ilirer ünterstützi
die gi'ossen Erfolge Engelbreehts zuzuschreiben seien,
einem unwilligen: ich will nicht euer Jaherr sein'), w
jeden Hinweis auf den Vertrag zurück. Anstatt den Bitti
rechls
1 eut^^
liebe I
Itei^HJ
■) Den vertriebenen EigenthUmern sollte nach dem Frieden das I
zurQckersiattet werden, sobald sie ihren Anspruch, genügend b
könnten.
=) Idbei' JaalieiTa wil jak ey wara, Karlachronik v. 1 80S. Erich Olai 1:
- 33 — ■
Öes Reiclisraths um längeres Verweilen in Schwedea nachzu-
geben, damit fUe Neuordnung der Verhältnisse befestigt und
das erwachte Misstrauen eretickt werde, glaubte er hinter
äiesem Verlangen neue Umtriebe erblicken zu müssen und
ichifFte sich allen Wünschen zum Trotz nach Dänemark ein.
Jnterwegs hatte er das jVIissgeschick , welches fast immer
reiner Spur folgte, einen heftigen Sturm zu bestehen und
wurde gezwungen an der schwedischen Küste zu landen. Als
äie Seinen hierbei von den Anwohnern in gewaltsamer Weise
Lebensmittel herbeischafften, erscholl sofort, von den Partei-
Angern Engelbrechts augenscheinlich sorgsam verbreitet und
fergrftssert ^) , durch das ganze Reich der Ruf über Gewalt-
/hätigkeit. Engelbrecht war der Entwicklung aufmerksam
jefolgt und glaubte seine Stunde bereits gekommen, täuschte
Dich jedoch in Karl Knutsson, der aus seiner Unzufriedenheit
nit den Massnahmen des Königs kein Hehl gemacht hatte
ind jetzt rasch einen Herrentag nach Arboga aussehrieb.
Bu Erichs Unheil war unmittelbar vorher der ihm treuer-
gebene Bischof Siggo von Skara gestorben, das Haupt der
dingt königliehen Partei, so dass diese unvertreten Mieb*).
für die Erschienenen, Karl und den Erzhischof vou Upsala
Vi der Spitze, galt es rasch zu handeln, da die Pläne Engel-
jrechts zu offenkundig waren. Sie stellten dem Könige eine
rierwöchentliche Frist zur vollkonunenen Erfüllung des stock-
bolmer Vertrages und erklärten, sich nach ihrem Ablauf in
(eine weiteren Verhandlungen einlassen zu können^). So
altschieden der Ton, man hoffte doch zugleich den vollstän-
digen Bruch vermeiden zu können , und beeilte sich das
) Nach Erich Olai 185 wandten sich die von den Requisitionen be-
fenen Landleute an Engelbreclit:, nicht an die gesetzliche Beliorde den
') Am 31. Dec. 14-ä5, Diar. Wadsten 152, Nach dem Chron. rhythm.
I. Scnrens,, Sa. rer. Suec S, 2, lia, war er klok i dektingen oc alakions
l^b, thi warth han forgiftwen uppa en herredagli.
") Hadorph 103. Unter den Anachuldigungen wird besonders berror-
ehoben, dssa Erich dem Drost und Marachall keine Vollraachten über-
agen und sie ahne Unterweisung gelassen habe.
d
— 34 —
Schriftstück mit einem Begleitschreiben an den dänischen
Reichsrath abzusenden, bevor Engelbrecht inArboga erschien
und mit kühner Hand dazwischenfuhr. Kaum traf er ein, so
riss er das Volk durch die Vorspiegelung hin, dass der neue
dänische Hauptmann auf Stockholm Erich zugeschworen habe,
die Stadt nur an Herzog Bogislaw von Pommern auszuliefern.
Der Reichsrath musste ihm folgen, wollte er nicht die Zügel
gänzlich aus der Hand geben. Die Befreiung Stockholms,
die Engelbrecht als Losung ausgab, rief alle Anhänger wach
und führte die ganze Versammlung von Arboga vor die
Mauern der Hauptstadt, deren Thore sich vor dem Heere
schlössen. Nach einigen Verhandlungen mit den beiden deut-
schen Bürgermeistern der Stadt, wurden diese gefangen, die
Stadt überrumpelt, doch hielt sich das Schloss. Die Belage-
rung wurde Karl Knutsson und Erich Puke gemeinsam über-
tragen, während Engelbrecht sich die Eroberung der im
Lande belegenen königlichen Festen vorbehielt. Engelbrecht
hatte seihe Absicht erreicht, der offene Krieg war erklärt.
Viele Mitglieder des Reichsraths, von den Vorgängen über-
rascht, fanden sich allmählich in Stockholm ein, um der vor-
aussichtlichen Wiederwahl Engelbrechts zum Reichshauptmann
durch das Volk zuvorzukommen und das Heft der Regierung
dem eigenen Kreise nicht entwinden zu lassen. Alsbald eilte
auch Engelbrecht, von Erich Puke unterrichtet, herbei, um
selbst für sich zu wirken. Allein diesmal zog er den kürzern,
da die Wahl ganz in den Händen des Reichsraths lag. Von
den dreissig Stimmen, welche abgegeben wurden, entfielen
fünfundzwanzig auf Karl, nur drei auf Engelbrecht und zwei
auf Erich Puke. Doch jetzt war Engelbrecht nicht gewillt
zu weichen. Obgleich die Geistlichkeit und der Adel sich
sofort auf die Seite Karls schlugen, setzte er mit Hülfe des
Volks durch, dass er gleichfalls zum Hauptmann ernannt
wurde.
Um Erichs Sache stand es trotz alledem keineswegs ganz
schlimm. Wenn auch der Zwiespalt anscheinend noch schärfer
und offenkundiger hervortrat, als vor Eingehung der letzten
Verträge, erleichterten doch die unmittelbaren Wirkungen der
w
— 35 -
Wahlen die Wiederannäherung in hohem Masse. Die drei
Parteien, welche bereits einander gegenllberstanden '), zer-
splitterten sifh jetzt noch mehr. Nicht nur nahm Engelhrecht
aJle seine durch den Stockholmer Vertrag' zurückgedrängten
lind unterdrückten Pläne in erweitertem Umfange auf, er
entsagte nunmehr auch aller Rücksithtsnahme anf seine Gegner
Lande und entscliloss sich zu selhststäudigeni Handeln.
an Ämtsgenosse Karl, bisher mit dem Erzbischof von Upsala
ihrer der aristokratischen Partei, griff, an die Spitze des
iiches geslellt, ehrgeizig und hochstrebend, den Gedanken
Ingelbredits, Schweden zu einem .selhstständigeu Königi'eiche
machen, auch seinerseits auf, nur sah er in sich selbst den
'berufenen Herrseher desselben, ohne dass er die volksthüm-
|_^chen Neigungen seines Nebenbuhlers sieh angeeignet hfltte.
i^ei Lebzeiten Engelbrechts musste er seine Hoffnungen ver-
titergen, wollte er nicht Gefahr laufen, es mit allen Parteien
iU verderben und von der Höhe, die er rasch erklommen,
'hinabgestürzt zu werden. Er war gezwungen, sich auf den
Reichsrath zu stützen und mit diesem, der trotz der Mit-
regentschaft Engelhrechts sich den Sieg zuschreiben durfte,
Hand in Hand den separatistischen Plänen Engelbreclits ent-
gegenzutreten. Der Drost, durch die Vorgänge in Stockholm
zurückgedrängt, übernahm die Führerschaft der unbedingt
KÖnighchen , nur durch Festhalten am Künigthume Erichs
Jconnte er die Würden der beiden Hauptlente zu beseitigen
fOnd seinem Amte die frühere Stellung zurückzugewiuuen hoffen.
'Seiner Anregung ist es zuzuschreiben, dass der Reichsrath
sofort nach dem Wahlakte Kröpelin nach Dänemark entsandte,
um Erich fortdauenide Treue zu versprechen, falls er dem
Etockholmer Vertrage gerecht werde. Engelbrecht dagegen,
m Augenmerk liauptsächHch auf die endgültige Vertreibung
ichs richtend, liess sich die Auseinandersetzung mit den
[om Könige neuemannten Vögten übertragen, um auf dem
') Die königliche, aristokratische nnd demokratiache,
seicbnen Die ersten beiiien unterschieden sich nur
V&Sfinngsfriigen, der dritten gegenüber hielten sie beide an Erich fcsL
u Ver- H
J
Lande unter dem ihm ei^iebenea Volke ungestört schalten
und walt«n zu können. Er überliess Kaii, dem er Erich Puke
zur Ueherwachung zugesellte, die Bezwinguog des festea
Schlosses von Stockholm, und sammelte wie vor zwei Jahren
vor den einzeln zerstreuten und ungenügend befestigten
Schlössern im Lande wohlfeile Lorbeeren, die ihn in den Augen
des Volkes auf Kosten des nichts ausrichtenden Nebenbuhlers
um so herrlicher schmückten. Sein Siegeszug erstreckte sich
abermals Über die schwedischen Grenzen hinaus, Holland fiel
in seine Gewalt. Kalmar umlagerte er, musste jedoch' vor
einem dänischen Heere unter Anfühnmg Peter Oxes zurück-
weichen und mit lüesera einen Waffenstillstand schliessen.
Gleichzeitig knüpfte er ohne Rücksicht auf Karl oder den
Eeichsrath Verbindungen an, welche einen Bund Schwedens
mit Norwegen und den üansestaiUen bezweckten, um Erich
auf diese Weise von allen Seiten zu umgarnen und zu er-
drücken. Er bewies dabei wie schon früher seine Unfähigkeit
zum Politiker und ein gänzliches Verkennen der an der Ostsee
obwaltenden Verhältnisse. Seinen Plan baute er auf das Be-
stehen einer mit Erich unzufriedenen Partei im südlichen
Norwegen und schickte gleichzeitig dahin und nach Lübeck
Gesandtschaften ab, welche sein Verhalten gegen Erich aqf
klären und auf schleunigen Abschluss einer näheren Vere
gung gegen den König dringen sollten. Als von Norwe^
bald ein günstiger Bescheid einlief - ohne Zweifel von (
Männern ausgehend, welche wir später im Aufstände verwid
finden — meldete er ihn umgehend seinen Gesandten naf
Lübeck und stellte den Bund zwischen Gesammtschweden unff
Gesammtnor wegen als vollendet dar'). Bevor jedoch diese
hinter dem Rttckeu des Reichsratha eingeleiteten Verhand-
lungen zu einem Ergebnisse führen konnten, wurden sie durch
die Ermordung des intellectuellen Urhebers jäh abgeschnitten.
Engelbrecht war nach dem mit Peter Oxe geschlossenen Ab-_
') Eögelbrecht, Nikolaus Stensson und Gustav Lorenzsson a
Kalmar [1436] März 19. (Danzig). Magnus BflngtSBon, der Mörder E
brectita, ist ein Neffe dieses Nikolaus.
■ - 37 —
bommen krank auf sein Schloss zurückgekehrt, um von hier
auf den Ruf des Reiehsvaths nach Stockholm zu eilen. Auf
dem Wege dahin wurde er von dem Sohne eines Feindes, mit
Idem er eben zuvor seinen Frieden gemacht hatte, meuchlings
ermordet ^).
Das Volk hielt das Andenken Engelbrechts als eines
Vorkämpfers für die Freiheit des Landes gegen die Fremd-
herrschaft in hohen Ehren, man sprach sogar von Wundem
an seinem Grabe ^). Unter dem Einflüsse dieser in Lied und
Wort von Geschlecht zu Geschlecht sich fortpflanzenden An-
schauung, bestärkt durch die beistimmenden Urtheile und
Aufzeichnungen gleichzeitiger und wenig jüngerer Schriftsteller,
sahen und sehen seine Landsleute ^) in ihm einen Volkshelden
in dem edelsten Sinne des Wortes. Von gegnerischer Seite
giebt man seine gi-ossen Gaben und Fähigkeiten wohl zu, will
aber in ihm doch mehr den unruhigen und aufrührerischen
Unterthan erblicken, den Heri-schsucht und Ehrgeiz zur Auf-
lehnung gegen seinen Herrn verleitet hätten *). In der kurzen
^Zeit seines Wirkens sind zwei Peiioden Zu unterscheiden,
Bein erstes Auftreten ist ohne Zweifel durch edle BeweggiTinde
veranlasst, warmes und lebhaftes Mitgefühl für die Leiden
seines Volkes Hess ihn für dessen Rechte vor dem Herrscher
eintreten und entflammte glühenden Hass, als er auf Eigen-
sinn und Unredlichkeit stiess und in seinem Reehtsbewusstsein
verletzt wurde. Ohne Besinnen rief er das Volk zur Selbst-
hülfe auf und glaubte im wolilverstandenen Interesse seines
J^andes zu handeln, wenn er die ihm unnatürlich erscheinen-
jen Bande der Union zu zeneissen trachtete. Ohne erkenn-
Wren Endzweck verfolgte er zunächst nui' das Ziel , . den
') Am 27. April 1430, vgl. Styffe 2, CVI.
*) prout dicilur, plurimiä miraculig chorascat in eccleaia Orabro, qua
est sepnltuE. Diar. Wadaten. 151. Uebrigens scheint in Schweden im
15, Jahrh. die Wundergliubigkeit gar wg gewesen zu sein, selbst von dem
TerabBcheuten B. Jehann Gerekini, vgl. S. IS, heisst es dicitur coruacare
mtraculis.
■) So zuletzt noch Styffe 2, CVI.
•) Vgl. Jahn 163,
— 38 —
fremden Herrscher vom schwedischen Boden zu vertreiben,
beugt sich aber der gesetzlichen heimischen Gewalt, dem
schwedischen Reichsrath, als sie sich mit Erich aussöhnt
Wenn auch widerwillig und den Anblick des verhassten Herr-
schers meidend, legt er doch zu dessen Gunsten die unum-
schränkt ausgeübte Gewalt nieder. Als aber der König die
durch den Stockholmer Vertrag gezogenen Grenzen über-
schreitet, da fühlt auch er sich keinen Augenblick länger
durch seinen Treueid gebunden, zumal auch sein Ehrgeiz ihn
durch die Erinnerung an den verlorenen Besitz der Vollgewalt
vorwärts treibt. Das Heft der Regierung will er keinem an-
dern überlassen. Nicht nur der König, auch die einheimischen
Grossen sind ihm jetzt Feinde, und eben rüstet er sich, den
einen mit auswärtiger Beihülfe vollständig niederzuschlagen,
um inzwischen im Lande sich Luft zu schaffen, da zei-stöit
der Mordstahl alle hochfliegenden Pläne und bedeckt sie für
immer mit dem Schweigen des Grabes. Ueberwiegen somit
zuerst sachliche Beweggründe, so treten hinterdrein die per-
sönlichen in den Vordergrund. Nicht mehr das Wohl des
Volkes war der Zweck, dem er seine Kräfte widmete, es
wurde ihm Mittel, um sich im Besitz der Herrschaft zu sichern.
Sein gewaltsames Ende Hess diesen Umschwung seines Cha-
rakters nicht zum vollständigen Ausdruck gelangen und trug
mit dazu bei, ihm den unverdienten Ruf eines Märtyrers zu
verschafl'en.
Die grause That wurde allgemein auf Karl Knutsson
zurückgeführt, da er wenige Tage darauf das Verbot ergehen
liess, an dem Mörder Rache zu nehmen. Den grössten un-
mittelbaren Gewinn zog davon die königliche Partei, der
schwerste Stein des Anstosses bei der in Aussicht genommenen
Ausgleichung des Zwistes war entfernt. Karl war freilich von
seinem gefährlichsten Nebenbuhler befreit, wurde aber durch
den Hass, der ihm von Seiten der Anhänger Engelbrechts
erwuchs, gezwungen, sich den Anhängern Erichs noch mehr
zu nähern und bei ihnen einen Rückhalt zu suchen. In die
Erbschaft des Ermordeten trat Erich Puke ein, sein frühester
— So-
und treuster Genosse, seinem Vorgänger an Gaben nach-
stehend, an Leidenschaftlichkeit ihn übertreifend.
Inzwischen hatte Kröpelin sich seiner Aufgabe entledigt.
Der König ^), welcher auf die kurze von Arboga aus ihm ge-
stellte Frist gar nicht hatte Rücksicht nehmen können, ent-
sandte zwei Vertrauensmänner, den Grafen Hans von Neugard
und Erich Krummedik, nach Lübeck und ging die Hansestädte
um Vermittlung an 2). Nach dem wordingborger Friedens-
schlüsse waren sie in der That die einzige Macht im Norden,
welche im Stande war, durch offene Parteinahme für Erich
den Aufstand mit einem Schlage zu bewältigen. Nicht um-
sonst wiederholte der schwedische Reichsrath in allen seinen
Schreiben an die Städte die Bitte, die schwedischen Häfen
zu besuchen. So reich das Land an Erzen und Mineralien
war, so arm und unergiebig war der Boden an Feldfrüchten,
auch hinderten die jetzigen Unruhen vielfach ihren Anbau.
Ein Handelsverbot der Städte, in deren Händen sich der ge-
sammte Umsatz der Produkte Schwedens gegen Nahrungs-
und Lebensmittel concentrirte ^), gab das Land dem Hunger
preis und machte es widerstandslos. Bei diesem wie bei allen
späteren Kämpfen Schwedens mit den Unionskönigen kann
man das Schauspiel beobachten, dass die offene oder heim-
liche Unterstützung der Hansestädte, d. h. die Fortdauer des
Handels, Schweden unbezwinglich macht. Es war der Kern-
punkt, mit dem die dänische Politik stets zu rechnen hatte,
der sie zeitweise den Städten gegenüber gänzlich machtlos
werden Hess. Hier kam noch ein anderes Moment hinzu,
welches Erich geradezu zwang, die Städte um Unterstützung
^) Huitfeld 795, Jahn 161 und mit ihnen auch Dahlmann 3, 160 lassen
den König ganz unmotivirter Weise jetzt nach Preussen fahren, indem sie
aus seiner Reise 1437 zwei machen. Jahn hat freilich Bedenken. Die
Nachricht geht auf Kranz, Dania 8, 20 zurück und beruht auf einer
Verwechslung.
2) Contin. Körner. Leibnitz Ss. rer. Brunsw. 3, 210; Grautoif, Lüb«
Chr. 2, 71.
3) Vgl. Geyer, Gesch. Schwedens 1, 289 f.; Sillön, Svenska handelns
och närringames historia ist für die älteren Zeiten (Bd. 3 behandelt das
Jahrh. d. Union) ungenügend.
- 40 -
"aBzugehen. Sowohl in Norwegen wie in Dänemark mehrten
sieh die Anzeichen, welche eine Nachahmung des von Schwe-
den gesehenen Beispiels in Aussicht stellten, falls dem nicht
rechtzeitig vorgebeugt \vurde, und überdies waren beide Reiche
eben aus einem mehr als zwanzigjährigen Kriegszuslande
herausgetreten und durchaus nicht geneigt, neue Lasten auf.
sich zu nehmen.
Die Städte entsprachen dem Wunsche des Königs, fer-
tigten eine Gesandtschaft nach Kopenhagen ab, welcher Erich^
seine Bereitwilligkeit zu erkennen gab, vor dem dänischei
und norwegischen Beichsrathe und den Rathssendebofen von.
Lübeck, Hamburg, Lüneburg und Wismar zu Recht zu stehen.
Mit dieser Erklärung giengen die Gesandten, begleitet von
Kröpelin, nach Schweden hinüber und vermochten den Reichs-
rath, dem die Ermordung Engelbrechts ft'eie Hand gegeben,
zur Zustimmung. Die Feindseligkeiten wurden eingestellt
vorläufig bis zum 29. Julij zum 15. dieses Monats wi
Tagfahrt nach Kalmar angesetzt, auf welcher der Streit bi
gelegt werden sollte. Kann der eine orter andere Theil nicht
ei'scheinen, so soll der Stillstand verlängert werden^). Mit
diesem von 27 schwedischen Iläithen unterzeichneten Becesse.^
kehrte ein Theil der dünischen und stildtischen Gesandtet
nach Kopenhagen zuiilck, nur der Eürgei-meister von Wismarj
und Hans Kröpelin giengen nach Stockholm, um auch hier
Stillstand zu verkünden und die Ratifikation des gesammtt
Beichsraths einzuholen ").
Die Städte beeilten sich, den übernommenen Verpflicl
tungen nachzukommen. Bereits am ei-steii Juli gieng ein<
neue Gesandtschaft nach Kopenhagen ab und begleitete dt
König nach Kalmar, wo die Abgeordneten des schwedische!
Beichsraths seiner schon harrten. Die Einigung kam mühsam
it
le J
1
m
') Nach ilera schwed. Orig. bei Hadorph 116, eine deutsche Aus'fl
fertigiinginLüljeck; aiigesclilossen ist letzterer die zustimmende Erkl4
des Bchwed. Reichsraths, gedr. Styffe 2, 272.
■) Karlschronilf v. 3010—73, sie mactt im Verseheu Peter Wilde
Bürgermeister von Hamburg statt Wismar.
i
za Stande^). Die Schweden wollten sich auf einen Rechtsgang
nicht einlassen, meinten, die Schiedsrichter seien nur zum güt-
lichen Vemiittehi zwischen den streitenden Theilen erwählt *).
Erich beharrte auf seinem Reehtsstandpunkte, wollte alles
nach dem Rechte entschieden sehen. Klage und Gegenklage,
Replik und Duplik wurden ausgetauscht, ohne dass die Par-
teien sich niiherten; ein Vennittlungsvorsclilag der Schieds-
richter missfiel heiden Seiten. Endlich Hess sich Erich, vor-
nehmlich durch den Bürgemieister von Lübeck , Heinrich
Rapesulver, und Erich Ki-ummedik, zur Nachgiebigkeit be-
wegen. Das Haupthedenken des Königs, welcher sieh nicht
entsclüiessen konnte, die einmal ernannten ausliindischen Vögte
in Schweden preiszugehen, wurde durch die anwesende dänische
Ritterschaft beseitigt. Da die meisten königlichen Amtsleute
'Dänen waren und unter der Mannschaft Verwandte und Freunde
hatten, befragte Erich schliesslich diese, ob sie einwillige, dass
.er dem Begehren der Schweden willfahre und alle Ausländer
aus dem Reiche entferne. Als die Schweden, aufgefordert,
iSch über den Begriff ausländisch zu erklären, gegen die Voi'-
■aussetzung, dass sie nichteingehorne Grundeigenthümer ihrer
Habe berauhen wollten, energisch protestirten, ihnen das Ab-
genommene zurückzuerstatten versprachen und nur darauf
bestanden, dass die könighchen Schlösser nach schwedischem
Rechte ausschliesslich an Einheimische verliehen würden *),
ertheilte die Ritterschaft dem Könige den entschiedenen Ratli,
die Forderungen der Schweden zu eifflllen. Sie srhloss ihr
Gutachten mit der nicht misszuverstehenden Aufforderung,
auch in Dänemark und Norwegen den Uebelständen abzu-
helfen, die Pflichten eines Königs zu erftülen und die Hanse-
.■Btädte zufrieden zu stellen*). Die Ueberzeugung, dass dem
') Dem Folgenden liegt haupteächlicli der Bericht der stäÄtiBchen RaÜiB-
PMndeboteii zu Grunde, dem eine Reilie der hier ausgewechselten Scluiften
[t ist {Wiaraar). Er gelangt zum AhdrucTt in meinen Hanaerecesaen 1
') Auch war der norwegische Reichsrath nicht erschienen.
•) Vgl. auch die Erklärung des Wortes inländisch, Hadorph 115.
') ünde dat jwe gnade des vordenke in Dennemarken to schikkende
iTinide to regerende, alse wi unde andere nier inwanres gheraden hebben,
I
\
— 42 —
sichtlicheil Verderben aller drei Reiche entgegengetreten ^feT
den müsste, vereinigte die beiden Reichsräthe zu gemeinsamem
Handeln und trat in den Berathungen öfters zu Tage. Die
schwedischen Abgeordneten, an deren Spitze sich der Drost
Christiern NilBson befand, betonten nadidi'ücklichst der
nischen Ritterschaft gegenüber den Unionsstandpunkt um
gewannen sie vollständig durch die Berufung auf das Gefühl'
der Zusammengehörigkeit. Erich war zur Nachgiebigkeit ge-'
zwuDgen. Bevor noch die Schiedsrichter ihren Sprach geeilt, ,
wurde auf offenem Markte zu Kalmar die feierliche Versöh-
nung gefeiert. Die Vertreter des schwedischen ReichsrathS'
fielen in Gegenwart des durch Glockenschlag zusammen-
gerufenen Volkes vor dem Könige auf die Knie und batea-,
um Gnade. „Da wollte er sie bei den Händen in die Höh(
ziehen," fähit der Bericht fort, „doch sträubten sie sich, auf-
zustehen, da setzte sich der König selbst in das Knie und
hob sie also empor und vieler Augen füllten sich bei dem
Anblick mit Tbr'änen" '■). Wenige Tage darauf gaben die
Schiedsrichter ihren Sprach ab, weldier im wesentlichen die-
■ Bestimmungen des Stockholmer Vei'trages nochmals bestätigte.
Bemerkenswert!! ist der Schluss, wonach sowolü der dänische
Reichsrath, als auch die Hansestädte sich veipflichteten, t
Theile, welcher das Abkotiimen nicht hielte, Widerstaod
leisten und ihn nöthigenfalls zu dessen Beobachtung zu zwingen*),.
Die Vertreter des schwedischen Reiclisraths kehilen mit
den Beschlüssen nach Stockholm zurück, um ihren Auftrag-
gebern Bericht zu erstatten. Ein allgemeiner Reichstag in
unde laten dat rike nicht staen in sulker vaer luide vorderff, tds id noch,
steid, als jw wol underwised is — ok so yorghetet Norwegben nidit, dat
gii dar scMkken amtlude unde vogede, als eik dat bort, uppe dat id
betere regeringhe muglie kamen, wan m vornemen, als id dar Gteid, unde
uppe dat dat hür neniand kamen is van Norwegben, ebeaeo möge er seine
Verpflichtungen gegen die Hansestädte erfüUen und seinen Vögten dahii
gebende Instruktionen ertbeilen. Beficht der Dänen an den König.
') Dar sillen mennigben de tränen ut den oghi
modighen gheschefte.
*) Schwedisch bei Hadorph JIO, eine etwas bereicherte deutsche
fertigung in Danzig, Recesslis. A f. S2lj.
e
I
König. ^^1
Bodanen otli-^^^|
ij
I
— 43 -
SOderkoping sollte d.en Schlussstein bilden und die gemein-
samen Angelegenheiten aller drei Reiche ordnen. Erich gieng
mittlerweile nach dem nahen Gothland hinUber in der festen
Absicht, sich zu rleni auf den 29. September angesetzten Tage
einzufinden, sandte auch rechtzeitig Boten hinüber, welche
sein Eintreffen anmelden sollten. Allein sein Unglück zur
See bricht auch diesmal über ihn ein. Beim üebersetzen
zerstreute ein heftiger Sturm die ganze Flotte, Erich selbst
wurde nach Gothland zurückgetrieben und scheiterte auf einer
kleinen lusel in der Nabe, Mit Mühe rettete er das nackte
Leben, sein Schiff vergieng vor seinen Augen, Der versam-
melte Reichstag veinahm von den Mannschaften einiger an der
schwedischen Küste gestrandeten Schiffe bald den Sachverhalt,
jedoch war Monate lang nichts hestiniintes Über das Schicksal
des Königs zu erfahren. Der eigentliche Zweck des Tages
war somit vereitelt, doch schied man nicht von dannen, ohne
die vorbereitenden Schritte zu einer Ergänzung und Umge-
staltung der Unionsurlninde von 1397 gethan zu haben, deren
Unzulänglichkeit sich iu den Wirren offenbart hatte. Die
drei Erzbischöfe von Lund, Upsala und Drontheim und je ein
weltliches Reichsratiismitglied der drei Reiche, unter ihnen
der Drost Christiern für Schweden, traten zusammen und
vereinbarten einen Entwurf', welcher als Gnmdgesetz an die
Stelle der Urkunde von 1397 zu treten bestimmt war'). Ob-
wohl hier gleich im Beginn die rückhalt^lose Anerkennung
Erichs als König und der Union von 1397 ausgesprochen
wird, zeigen doch sdion die ersten Bestimmungen über die
Machtbefugnisse des Königs, dass der Schwerpunkt der Re-
gierung verrückt und in die Hände der Relchsr'athe verlegt,
der von Margaretha erstrebte Einheitsstaat in einen Verband
der drei Staaten mit einheitlicher Spitze verwandelt werden
') Er ist nndatirt und ohne Ort, Hadorph 117 datirt ihn zum kal-
![ Tage 1436 und dem sind alle, die neueaten Herausgeber einbegrifTen,
gefolgt, übgleieli Norwegen auf dem Tage nicht vertreten war. Die Urkunde
kann nur hier eingereiht werden, da im folgenden Jahre in Norwegen der
Aufruhr ausbricht und Erzh. Olaf von Upsala ItöS stirbt. Der beste Ab-
druck in Äarsberetniuger fra det kgl. geheime archiv 2, 2, 31.
I
1
\
— 44 —
soll. Jedes Reicli verbleibt bei eigenem Recht und Gteseiz
bei Erlass neuer Gesetze ist der König an die Einwilligung
jedes einzelnen Reiches gebunden. Nach dem Voi-schlag des
einzelnen Reichsraths wählt der König für jedes Reich einen 1
Drosten und einen Marschall, evsterer vertritt den Herrseher |
bei seiner Abwesenheit in allen Beziehungen, ist für (
Zeit mit königliehen Befugnissen ausgestattet. Der Marschall
unterstützt den Drosten bei der Ausführung seiner Befehle,
doch liegt ihm insbesondere die Vertheidigung des Reiches
nach aussen ob, er hat daher den Oberbefehl über die ge-
sammte Kriegsmacht. Das financielle Interesse des Königs
wahrt ein Hofmeister, welcher die Krongüter verwaltet und
die Einkünfte dem Könige zuführt. Das gi'osse Insiegel führt. J
in jedem Reiche ein oberster Kanzler, unterstützt von einem 1
Hofkanzler'). Der König muss jährlich in jedem Reiche vier i
Monate zubnngen, nur Nothsachen entheben ihn dessen, eteta j
aber müssen zwei Räthe der andern beiden Reiche um ihn.l
sein, an deren Beirath er gebunden ist. Krieg oder Frieden i
darf der König oder das einzelne Reich nicht beginnen oder I
schliessen, ohne die andern befragt zu haben, im Kriegsfalle i
stehen sie sich gegenseitig bei. Die Bestimmungen über die J
Wahl eines neuen Unionskönigs gehen ganz besonders tief!
ins Detail ein und entfernen sich am meisten von der ur-
sprünglichen Unionsakte. Auch ohne Anspielung oder gar ]
Nennung des Namens weisen sie deutlieh auf Bogislaw hin, 1
dessen Nachfolge auf jede erdenkliche Art und Weise vor-
gebeugt werden soll. Der Drost und der Marechall desjenigeß 1
Reichs, in welchem der König gestorben ist, erlassen die (
Einladungen zur Wahlversammlung, stets nach Halmstad in. 1
Hailand; jedes Reich entsendet vierzig Wahlmänner, Vertreter i
aller Stände, diese hundertundzwanzig müssen zuerst unter-l
den Söhnen des verstorbenen Königs eine Wahl treffen, können 1
aber auch alle verwerfen. Wollen sie dann keinen ausländischen. ]
Fürsten wählen, so zieht ein Kind aus drei mit den Nai
■ vgl
') Die beBsern IIss. lesen alle gardzcantzeler nicht en god cantzeler,
vgl Dahlmann 3, 161, 2.
der drei Reiche beschriebenen Zetteln einen heraus uuii von
diesem wird dann der König genommen. Das Ganze war er-
sichtlich (luf die im Augenblick vorliegenden Verhältnisse be-
rechnet, fernere Vereinbarungen in Betreff der Münze, Zoll,
Gültigkeit der Verfeatungen durch alle drei Reiche u. s. w,
wurden vorbehalten. Bei Erich muss der Entwurf, wenn er
ihm vorgelegt worden ist, auf entschiedenen Wideretand ge-
stossen sein, und in der Tiiat leidet er an all zu grosser Um-
ständlichkeit, als dass er zum Gesetz hätte erhoben werden
können. Er ist nur ein sprechendes Zeugniss dafür, von
weldien Gesinnungen gegen Erich auch seine verti'autesten
Räthe aus Dänemark und Norwegen bereits erfüllt waren,
wie viel das Königthum an Achtung eingebtlsst hatte.
Auf dem Tage zu Süderköping traten in Abwesenheit
Erichs Christiern als Drost und Karl als Marschall nach den
Bestimmungen des kalmarer Recesses in ihre Funktionen ein.
Da von Erich nichts verlautete, kam Karl bald auf seinen
nur ungern zurückgelegten Plan zurück und strebte offen nach
der Krone. Er verstand es, den Drost aus der Reichsverwal-
tung so gut wie ganz zu verdrängen und namentlich das
Verfügungsrecht über die königlichen Schlösser für sich zu
behalten. Er verfuhr hierbei mit solcher Willkühr, dass er
öflentlich des Nepotismus beschuldigt wurde und wiederholte
Aufstände gegen ihn ausbrachen % benutzte aber diese ge-
schickt, um seine eigene Macht zu verstärken und als Hüter
des büi^erlichen Friedens zu glänzen. Die Bauerschaft hatte
ihren Liebling Engelbrecht noch nicht vergessen und war
stets geueigt, hei der ersten Gelegenheit zu den Waffen zu
greifen. Sie sah jetzt auf Erich Puke, den einzigen bedeu-
tenden Gefährten Kngelbreclits , der aus seiner Abneigung
gegen den Marschall nie ein Hehl gemacht und sich mehrfach
mit ihm überwerfen hatte. Als er sich und seine Freunde
bei den Belehnungen zurückgesetzt sah, kannte sein Zorn
') Unmittelbar nach dem SchliiBEe des Tages erhob sich Broder
STensson, einer der angesehensten Ritter, bekannt aus dem hansiachen
Kriege, liesa eich aber UQVorsichtiger Weise von Karl fangeu und wurde
Lingeriolitet, Diar. Wadälen. 153, Erich Ülai US.
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i.i;:lr:"- ~:cL X_Lr: -i'il'ri:«^: za:! '^li^reij, rti:-eizi€ii war.
r.''.l:.^r. ii i:-r Z-i.:i-E:r:: iz^ i-rJi rerrjelfTcü KjjliCer hervor
V.kr. r.'r.r.iv- li— »r lizJ:: -■•^i ^jr JilrrSs«iIoss ach
':,^ -,*r7.-:,i-- -r:i:i«:'c^ -57 T— EizItitzi^ ifT Ver^i&ihiiigen mit
-Cr;;. rJ .:.:i'^ «^:r.j:'=:r.:r:.z:-r— izi TreMrCii^'rC i;ir^ck;2ewoiiiieo
-;.'-: c,-^ -i-iXlÄi'^ Iäüi. jekl-Lr:- iisi e? sfd jecr;. nach dem
i.ir,/,>;;.r::. »V<:v:ä~ ä^r e:i::er::-^:h:5i:hez v.:.is:hteilicheii Be-
ly<t y,fx'.. >/,:,'/. vs^izn rAcl ?-:!!. ::n A: <■:■'.- :i:r-
*, */>, y.,'',\*jf:7^.z.zsi\=:z. iii-i & eizzir-r— ür üzi f^T Bäleil bezeugen,
Iv,*, '^„::, >p^;w«IL- iz:,:r:rzr zz.r^z&r.nrÄ e: C':r.i:i;: nijiin testamentom
— '47 -
Strebungen nur noch um eine Entscheidung zwischen ihm und
dem königlichen Anhang handeln konnte. Die hohe Geist-
lichkeit hatte sich nach den süderköpinger Beschlüssen fast
vollzählig der unionsfreundlichen Partei angeschlossen, da der
lose Verband der drei Reiche unter einem Oberhaupte ihr
mehr Vortheile in Aussicht stellte, als ein einheimisches straffes
Königthum Karls. Schlecht verhehlte Eifersucht und Neid
bewogen auch die meisten weltlichen Grossen Schwedens zum
Anschluss, an ihre Spitze stellte sich der Drost, der sich von
Karl um alle Macht gebracht sah. Die Unterschiede zwischen
den Erich zu- und abgeneigten Elementen im Reichsrath traten
vor dem gemeinsamen Gegensatz gegen Karl zurück, jedoch
nahm, auch als die Rettung Erichs bekannt wurde, nur der
Drost um seiner eigenen Stellung willen dessen Interessen
ernstlich wahr, ohne irgend wesentliche Erfolge zu erzielen.
Diese Verschiebung der Parteien erreichte erst im folgenden
Jahre unter dem Einfluss der Begebenheiten, welche die Thron-
entsetzung Erichs herbeiführten, ihren Abschluss, doch be-
dingen jene ein vorheriges Eingehen auf die Verhältnisse Nor-
wegens und Dänemarks unter und zu Erich.
Norwegen war unter den Reichen das einzige, welches
Erich kraft Erbrechts beherrschte, obgleich bei seiner Wahl
die näher berechtigten Meklenburger übergangen wurden.
Die hier dem Herrscher gestellte Aufgabe war leichter als in
den andern Landen. Die mächtigen und geschlossenen Aristo-
kratien Dänemarks und Schwedens waren in Norwegen un-
bekannt, die Bischofssitze wurden dem Herkommen nach fast
durchgängig, wenn nicht ausschliesslich mit den vom Könige
dazu Bezeichneten besetzt, das Volk im ganzen nicht wohl-
habend, aber kraftvoll und festen Willens, war in Ermange-
lung allgemeiner Reichstage gewohnt, in dem Könige die Ver-
körperung seiner Einheit zu sehen und diesen in eigener
Person alle Verhältnisse und Angelegenheiten des Reiches
ordnen zu lassen. Die stete Abwesenheit Erichs vom Reiche
wurde deshalb hier um so schmerzlicher empfunden. Die
Handhabung der Justiz war theilweise unterbrochen, da das
königliche Siegel mit dem Herrscher ausser Landes gewandert.
die höcliste Instanz somit nur schwer erreichbar war, die
Vögte aber, auf welche sich der gemeine Mann angewiesen
sah, hier wie in Schweden zu gerechten Klagen hinreichenden
Anlass gaben '). Noch früher als im NachbaiTeiche begeg
wir in Norwegen den Beschwerden über Missregierung; un-
ablässig ergehen sie bald aus den nördlich , bald aus
südlich gelegenen Theilen des Reichs, zu einer Erhebung aber
kommt es erst, als die Schweden ihren Willen bereits durch-
gesetzt hatten und Erich auf Gothland weilte, ohne dass man
wusste, ob er überhaupt noch am Leben sei. Der verderb-
liche Einfluss des Schleswig - hansischen Krieges machte
sich in dem ärmeren Norwegen am frühesten geltend. Bevor
noch die Hansestädte mit in den Krieg eintraten, bereits
1420 klagen die Einwohner von Helgeland und Finmarken
über die unbestraften Einfälle der Russen und Heiden in die
Grenzgebiete und bitten um Zusendung von Hülfstruppei^
allein könnten sie ihnen nicht widerstehen ^). Gleichzeitig
ersuchen die südlicher gelegenen Landestheile den König, sie
von der Ablösung der persönlichen Heeresfolge durch eine
Geldabgabe zu befreien und sie lieber zum Kampfe einzub&-
rufen ^), Womöglich noch schwerer als diese Zahlungen wur-
den in dem pferdearmen Lande die Fordening auf Stellung^
von Pferden zum Kriegs- und Vorspanndienst empfunden^
dei'en an sich schon grosse Härte von den Vögten hie und da.
noch gesteigert wurde. So lange aber der König nur an-
griffsweise verfuhr, d. h. bis zur Kriegserklärung der Hanse-
etädte, wurde hierin nichts geändert. Die tunsberger Lag-
mannBchaft, eine der wohlhabendsten in Norwegen, ist 1424
soweit gebracht, dass sie dem Könige unverhohlen erkläii,.
') U87 verspricht der Eeichsrath, den König zu ersuchen, das Siegd
einem Norweger amuvertriiuen bwo at NorigHs men thriengis ej Ise
st laupa atan rikia effter they incigle Dipl. Norr. 2, 544. Vgl. S. 49
Ann. 2. Audererseita wird ein besonderer Kanzler für Norwegen öfters
erw&bnl; 1426 — 34 ist es B. Jene von Oslo, ein Däne. a. a. 0. 1, 537;
3, W.i. 497,
*) Dipl, Nnrv. 1, 482, vgl- Stjffe, Skandin. under ünionstiden 355t.
•) V({l. Jftlin 127, 1.
— 49 —
ae könne den anfangs freiwillig übernommenen Vorspann-
fdienst nicht liinger leisten, da die ausserdem gefordei-ten
■Geldabgaben zu hoch seien, und viele durch die Vögte ge-
Jawungen würden, Haus und Hof zu verlassen und aufzugeben,
|A!s freie und stolze Bauern protestiren sie gleichzeitig ener-
Kgisch gegen die vom Könige geforderte Auslieferung aller
■'Waffen an die Vögte , welche von diesen dazu benutzt werde,
Jöra in alle Heimlichkeiten einzudringen und Recht und Gesetz
»igänzlich bei Seite zu setzen. Käme der König oder min-
jdestens die Königin persönHch nach Norwegen, so werde man
jgem allen gesetzmässigen Pflichten genügen. Willfähriger
»eigt sich das Volk im benachbarten Oslo, welches an dem-
Eselben Tage sich bereit erklärt, die Vorspann- und Fuhr-
idienste noch weiter zu leisten, freilich aber gleich den Vor-
f behalt hinzuiügt, soweit dies das Gesetz erlaube und niemand
dadui'ch Unrecht geschehe *). Die Bewegung scheint in allen
Theilen Norwegens um sich gegriffen zu haben. Die Bauern
in Skaun verjagten ihren Vogt, einen Deutschen, Hemnann
L.Moltke, ohne weiteres und erklärten dein Könige, er möge
Llhnen einen andern senden, mit diesem könnten sie es nicht
"bänger aushalten. Als Moltke in Begleitung zweier neuen
jTögte^) zurückkehrte und ein Gelübde ablegte, sich dem Ge-
setz untei-werfen zu wollen, zog die Ordnung dem Scheine
^ach ein, doch währte sie nicht lange, da er seinem Eide
intreu wurde. Vor seinem Grimm liesaen die Bauern von
l&kaun ihre gesammte Habe im Stich und flüchteten sich in
indere Lehne; nach Jahresfrist wiederholten sie ihr Gesuch
Entfernung des Vogtes, indem sie zugleich das gesetz-
tuässige Verhalten der andern beiden von Erich gesandten
^Amtsleute dankbar anerkannten '}. So lange der Gang des
^Handels während des Krieges nicht unterbrochen wurde,
') Dipl. Norv. 1, i99, 500; beide Urk. vom 12. Aiig. 1424.
*) Hält man diese ThatEache mit der S. 41 Änm. 4 nitgetheilten Stelle
so Bcheint gleichzeitig ein Mangel au königlichen Amtsleuten
geherrscht zu hahen.
■) Dipl. Norv. 2, 506—508. Auch aus den OrknejinBehi kommt
le Zeit schwere Kl^e a. a. 0. 514.
T. <L Bdpp. Zur Ooscbichto, 4
I
J
— 50 —
stammten die Klagen bald, da die aus dem kaufmännisclieD
Verkelir reichlich fliessenden Einnahmequellen die ungewöhn-
liche Höhe der Lasten Uberwinden Hessen. Als diese ahei-
mit der Kriegserklärung der Hansestädte zu versiegen an-
fingen, die Niederlagen der Deutschen in Bergen, in Oslo, in
Tunsberg geräumt wui'den, die Hauptabnehmer der nordischen
Waaren ausblieben und die andern Nationen durch hansische
Schiffer verjagt wurden, da schoss die allgemeine Missstim-
mung rasch in die Höhe. Auf die Anzeige, dass die Städte
dem Könige abgesagt, gieng nicht nur der königliche Vogt
in Bergen mit dem deutschen Kaufmann einen Vertrag ein,
der es diesem gestattete, seine Handelsgeschäfte abzuwickeln,
sondern der Bischof, der Rath der Stadt Bergen und die
Lagmannschaft sandten überdies Gesandte an den König, um
Voi'stelinngen zu machen und nachdrücklichst auf Erledigung
ihrer sonstigen Beschwerden zu dringen i). Ein Erfolg war
natürlich nicht zu erziele» und gerade Bergen musste am
ärgsten unter dem Eigensinn des Herrschers leiden. Sein
Handel wurde zerstört, die Stadt zweimal von hansischen
Freibeutern unter Anführung von Bartliolomeus Voet und
Glockener erobert und ausgeplündert. Der Bischof flüchtete
sich auf die englische Flotte, welche vor Schrecken bei der
Abfahrt sogar ihre Ladung mitzunehmen vergass, obgleich sie
allein den 600 hansischen Mannen Oberlegen war. Beim
zweiten Ueberfall wurde die Stadt niellergebraont und ihr
"Wohlstand auf Jahrhunderte untergraben, die Beute über-
schwemmte den wismarer Markt ^). Der Eifer der Engländer,
welcher diesen Augenblick zu ihrem Vortheil auszubeuten
suchte und hierin bei Erich günstiges Entgegenkommen fand,
hatte für Stadt und Land nicht die Wirkungen, welche die
Verluste und den Ausfall an Einnahmen zu ersetzen im Stande
wären. Der Handelstractat, den Erich mit England
, gewährte den englischen Kaufleuten dieselben Pii
vilegien, wie sie die Hanseaten in Bergei
') Dipl. Norv. 7, 376.
') Körner 1288, 1290 f.
a dieselben Fii^H
J
— 51 —
allein der Vertrag änderte an dem Benehmen der neu Be-
vorzugten mt:hts. Nach wie vor vernachlassijjten sie den
ihnen zum ausschliesslichen Besuch angewiesenen Hafen von
Bergen, entbanden sich selbst von der Pflicht den dortigen
Stapel neu aufzurichten und suchten gegen das ausdrückliche
Verbot aller norwegischen Könige deren Schatzlande, Finn-
marken, Island, die Orkneyinseln direkt auf, um sich von dem
Zwischenhandel der Norweger selbst zu befreien. Die Folge
waren regelmässig wiederkehrende Beschwerden , dass der
König die Grundbedingungen der Wohlfahrt in Norwegen
verkenne, das Land der Verarmung und Aussaugung durch
die Fremden preisgebe^). Dennoch vermied der streng ge-
setzliche Sinn der Norweger jede gewaltsame Auflehnung
gegen diese Verhältnisse "). Erst als man von aussen her
auf die Selbsthülfe unmittelbar hingewiesen und dazu ange-
BpoiTit wurde, entschloss man sich, zu den Waft'en zu greifen.
Als Engelbrecht zum letzten Male die Fahne des Aufruhrs
erhob und kurz vor seiner Ermordung weitaussehende Pläne
!2U verwirklichen sich anschickte, fand er im südlichen Nor-
'wegen in den an Schweden angrenzenden Gebieten Anklang
und Entgegenkommen. Sein plötzlicher Tod zerschnitt die
ilcaum geknüpften Bande, doch hatte der einmal gegebene
Anstoss die Folge, dass noch vor der abermaligen Anerken-
nung der Forderungen Schwedens die lang verhaltene Be-
wegung zum Ausbruch kam. Amund Sigurdsson, ein begü-
terter Mann, stellte sich an die Spitze, schiieb nach dem
Vorgange Engelbrechts die Erledigung der vieU'achen Be-
schwerden über die Missregierung auf sein Bauner und liess
sich von den Bauern zum Hauptmann erwählen. Es galt
') Vg!. Ri-mer Foedera 10, 481, 503, 520 t; Dipl. Norv. 6, 464-^71;
1, 488; 7, HG. Die Klagen über den Besuch verbotener flatze durch die
Engländer werden bis ans Ende dieses Jalirh. und darüber hmaus stets
von neuem kut, besonders nach 1435, als sie duruh die Hanseaten ans
I Bereen fast ganz verdrängt wurdea
t) So wird z. B. 1433 ein Vogt vor dem nächstbelegenen kunigiichpn ^M
) nnd der Lagmannschaft verklagt. Dipl. Norv. 3, 51ö ^M
- i
I
— 52 —
KnoAcb*t dem verhassten Bischof Jens von Oslo ^) ,
IfAnKO, welcher, als Kanzler Erichs ftti- Norwegen, auf die Ent-
KclilUktie und Entscheide des Königs bedeutenden Einfluss
hiitt«, ilaneben auch den ausländischen Vögten, welche man J
wie in Schweden durch Eingeborne ersetzen wollte. Der I
porwegische Reichsrath schritt jedoch energischer als seiner 1
Zeit der schwedische ein, und es gelang ihm die Erhebung
auf ihren Heerd zu beschränken, nur die beiden Distrikte
von Bahus und Oslo wurden davon ergriffen. Der befestigte
BiKcliofesitz zu Oslo wurde freilich von Ämund erobert und
besetzt, ein weiteres Vordringen aber ihm unmöglich gemacht.
I>ie natlirhchen Verhältnisse Norwegens kamen dem Reichs-
rath zu Hülfe, die fruchtbaren südlichen Theile des 1
liandelten für sich , ohne Verbindung mit ihren nördlichen^l
Stammesbrüdern, welche ohne Theilnahme der Bewegung zu-l
schauten. Bis Tunsberg war Amund mit seiner Schaar ge-1
langt, als er sich nach kurzer Verhandlung mit den könig'
liehen Hauptleuten bewegen liess, einen WaSenstillstaadJ
einzugehen und den Weg der gütlichen Verhandlung zu be-3
treten. Auf einem Tage zu Oslo sollten der Reichsrath undj
fünf vQm Könige dazu ausersehene Richter Recht sprechei
und die Beschwerden abstellen. Die dänischen Vögte da^
gegen erhielten, mit Ausnahme von zweien, eine ■vierwöchent-
liche Frist zur Entfernung aus ilem Reiche. Noch vor Schlua
des Jahres legte Amund die Waffen vollständig nieder, ge-l
lobte dem Könige unverbrüchliche Treue und gab das Er-fl
oberte heraus. Die eigentlichen Friedensbedingungen wurdenS
ei^st Erich zur Begutachtung unterbreitet und darauf
24 Bauern, Bevollmächtigten der Lagmannschaft zu Oslo^fl
am 18. Februar 1437 beurkundet. Sie geloben, künftig nifl^
ohne Zustimmung und Zuthun des Reichsraths einen Haupte
') Damit hängt ein Gesnch an das Concü (von Basel) zusammen, den
Bischof (Thorlak von Wiborg), einen Norweger, und den Bischof (Jena
von Oslo), einen Dänen, ihre Sitze mit einander tauschen zu lassen, d&
sie ala Ausländer ihren beiderseitigen Diöcesanen nicht hehlten. Dipl.
Norv. 7, 406 undatirt, die Namen nicht auegefüllt; die Ergänzungen
men von den Herausgebern her.
tam-^H
I
— 53 —
mann zu wählen, Erich stets als König anzuerlcennen und
erhalten vom Reichsrath im Namen des Königs vollstitndige
Verzeihung mit dem Versprechen, Reclit und Gesetz in Zu-
kunft streng zu beobachten. Gemeinsam wollen Reichsratli
und Volk den König um die Ernennung eines Drosten an-
gehen und um Belassung des königlichen Siegels in Norwegen
bitten. Kein Ausländer wird fortan zum Vogt in Norwegen
ernannt, die Leistung der von den bisherigen Vögten erpress-
ten und eingeforderten schweren Schätzungen wird erlas-
sen. Amund, den Hauptmann, vergisst das dankbare Volk
nicht, der Reichsrath verheisst, ihm vom Könige die Beleh-
Bung mit den Faröerinseln zu erwirken ')■ Ein kurzes Nach-
spiel war die Erhebung Halvard Grautops, welche gleichfalls
den Südosten des Reichs zum Schauplatz hatte. Auch dies-
mal galt es Oslo, doch wurde der Aufstand rasch unterdiUckt
und hatte keine weiteren Folgen. Die Haupttheilnehmer er-
baten und erhielten Verzeihung, einige Private, deren Güter
verwüstet waren, darunter auch ein dänischer Hauptmann,
wurden zufriedengestellt '). Die Gähmng dauerte freilich
noch einige Jahre fort, aber Erich lenkte rechtzeitig ein,
stellte einige Steuern ab^) und zeigte überhaupt eine Nach-
giebigkeit, die sonst selten begegnet. Diese versöhnliche Po-
litik, welche zum guten Theil auf Rechnung des Erzbischof
Aslak von Drontheim zu schreiben ist, hatte für ihn die
günstigsten Folgen, trotzdem er in den sehnlichsten Wunseh
des Volkes, in die Ernennung eines Drosten, zu welchem Amt
der Reichsrath drei aus seiner Mitte zur Auswahl voi'schlug,
ei'st einwilligte, nachdem seine Thronentsetzung in Dänemark
bereits vollzogen war und Schweden abermals und endgültig
ihn abgesetzt hatte *). Norwegen vergalt ihm die Gewährung
der Bitten mit unerschütterlicher Treue, gehorsam seinem
') Eb war gleichzeitig eine Entfernung vom Scliaui)latz seiner Wirk-
Bnmkeit Die Akten über den Aufstand Amunds in Dipl. Norv. S, 544,
548; 3, 525—534; 6, 492.
•) Dipl. Norv. 5, 535 ff.
•) Dipl. Norv. 5, 543, 549.
') 1439 Sept S, Jahn 5Ul.
I
— 54 —
langt es mit Schweden Krieg an, erst an
Stelle, widerwillig und zögemd, unter dem Druck der Ver-
hältnisse stimmt es seiner Entsetzung und der Naehfolge-I
Christophs zu.
Anscheinend ruhiger waren die Verhältnisse in Dänemark.;
Erich hatte eine ausgesprochene Vorliebe für das Land, ver-'
legte hierher seinen stehenden Aufenthalt, so dass der dänische
Reichsrath seinen Einfluss auf die Verwaltung und den Gang
der Politik nach allen Itichtungen hin stets gelten<l machen
konnte. Dänemark wurde in noch höherem Grade als bereits,
unter Margaretha zum Mittelpunkt aller drei Reiche, deren.]
öffentliches politisches Leben hier allein zum Ausdruck kam.
Der lange schleswig-hansische Krieg konnte die Ausschliessung
der andern beiden Reiche von der Theilnahme an der Re-
■ gierung nur befördern, versagte ihnen jedenfalls die Möglich-
keit des Anspmchs hierauf. In Dänemark erregte die in
Aussicht gestellte Ruckerwerhung eines lang entfremdeten
Landstrichs freudige Hoffnungen, welche den einzelnen die
schweren Lasten des Kampfes leichter ertragen Hessen. Die^
lange Dauer und sein unglücklicher A'erlauf ktlhlte allerdin^'
die Stimmung bedeutend ah, man begann den möglichen Ge-
winn und die thatsächliclien Verluste gegeneinander abzu-
wägen, sah auch wohl ein, dass die Herzöge mit ihrer For-
derung nicht im Unrecht waren, konnte aber nicht zurück-
bleiben, so lange die andern beiden Reiche, willig oder un-
willig, dem Könige Gehorsam leisteten und ihm ihre Kräfte
zur Verfügung stellten. Auch war das Verhältniss Erichs zu
Geistlichkeit und Adel erträglich. Die Domkapitel besehwer-
ten sich freilich auch hier über die Eingriffe des Königs
in ihr Wahlrecht und über seine Taktik bei Sedisvakan-
zen von den zu Erwählenden besondere Zugeständnisse zu
erzwingen, folgten aber nichtsdestoweniger willig den Winken
des Heri'schers, ohne ernstere Einwände zu erheben. So ent-
zog er 1416 nach dem Tode des Bischof Peter von Roi
skild Kopenhagen abermals dem Stifte, verweigerte aui
jede Entschädigung. Der Nachfolger Johannes liess sich dl
für seine Stimme von Christoph durch die Abtretung dei
r
»
I
Stadt Stege auf Moen abkaufen'). Ernste Verwicklungen
■wie in Sdiweden konnten hier vermieden werden. Die Edel-
leute wurden überall bevorzugt, erhielten die einträglichsten
Stellen in allen drei Reichen und hatten durchaus keine Nei-
gung, diese Zustände abzuändern. Nur die Einführung der
pommerschen Vetter ins Reich, ihre Ausstattung mit den
namhaftesten Schlössern, die Begünstigungen, welche ihren
Lehnsleuten zu Theil wurden , gaben Ursache zur Unzufrie-
(lenheit. Da sie während des Krieges mannhaft mitfochten
und ihres Lebens und Gutes nicht schonten ^) , sah man an-
fänglich darüber hinweg und protestirte erst, als Erich mit
Plane hervortrat, seinem Vaterbruderssohn, Herzog Bogis-
law, die Nachfolge in den Reichen zu sichern. Die Ehe
Erichs mit Philippa war kinderlos und in der kalmarischen
Union von 1397 für diesen Fall nur die Bestimmung getroffen,
dass die drei Reiche alsdann einen König zu wählen hätten,
den sie für den am meisten Geeigneten hielten. Weder war
vorgesehen, wer das Wahlrecht ausüben, noch wer die Wahl
leiten, noch wo und wann sie stattfinden sollte "). Es war
daher gewissermassen Pflicht Erichs wie seiner Räthe, Mass-
regeln zu trefi'en, welche einer Verwirmng und Erschütterung
nach seinem Tode vorbeugten. In Norwegen war bereits
1388 bei Erichs Wahl die Thronfolge dahin festgesetzt wor-
!
') quia .ilias in eiectionem hi^nsmodi consentire nollet. Vgl. die Urk.
1 1496 März 16 über den Ansprucli des Bischofs auf EopeDhagen,
■ BanBke Magaz. 4. R., 2, 65 £f. üebrigens hatte liereita IS.'iO Waldemar IV
sich Kopeoh^en abtreten lassen, doch protestirten die Bischöfe bei jedem
neuen Könige von neuem dagegen. B. Peter musa nach der angefÜirten
TJrk. sich in den Besitz der Stadt gesetzt haben. Kopenhagen verdankt
, Erich Bein Stadtrecht von 1422.
•) Herzog Barnim wtirde verwandet, vgl. die Vertheidigungsachrift
f .Erias, Huitfeld 813 § 5.
1 oc koningen bamlos frafalle , thet Gudh forbyudbe , at
tha rikeaens radhgevere oc men en annen weliae oc takae, then thom'Gudh
gif vor tU nadhe, thei the etler therae bestae samwit oc the wethae für
gudh raetist oc akellixt oc riken nyttesC waerae met eu raet sanidreclit
^^alle thry^e rikenae, oc at engin sich heremot_setter eller annet i dragher,
^LAarBberetn. f. d. geheimarch. 2, 28.
— 56 —
den , dass nach dem kinderlosen Tode des Herrschers sein *
Vatersbruder die Eegierung übernehmen sollte ^) , somit war
hier in Herzog Eogislaw bereits ein rechtmässiger Erbe vor-
handen und nichts war nattlrlicher , als dass Erich ihn auch
in den beiden andern Reichen in Vorschlag brachte, im In-
teresse der Union und ihres Fortbestandes musste er es thim.
Dieses geschah , wie Erich selbst versichert *) , zu einer Z^j
als Christoph von Baiem, der Sohn seiner Schwester, nochrJ
nicht geboren war, nähere Ansprüche also als die Bogislaws^
nicht bestanden. Als die Rüthe schon am Anfang dem Plane
sich abgeneigt zeigten, Hess Erich sich zu den unvorsichtig-
sten Schritten verleiten, welche den Widerwillen gegen Bo-
pslaw und die Pommern überhaupt immer weiter verbreiteo
mussten. Bevor er 1420 in den Krieg zog, um Fehmern 2U
plündern, bestellte er Philippa zur Regentin, traf Anordnungen
ftlr ihr Leibgeding auf seineu Todesfall, und glaubte seine!
Absicht bereits soweit gefördert zu haben, dass er in dera
darüber aufgenommenen und von mehreren Reichsräthen |
untersietfelten Urkunde von der Nachfolge Bogislaws oder
eines andern Verwandten väterlicher Seits als so gut wie
feststellend sprechen konnte ^). In Norwegen Hess er sich
mit Fug und Recht von den neuei-nannten oder belehnten
Bischöfen und königlichen Amtsleuten das Versprechen leisten,
nach seinem Tode das Lehn nur an Philippa oder Herzog
Bogislaw von Pommern auszuantworten*) , in Dänemark und
Schweden widersprach dem das Wahlrecht beider Reiche. Er
sann auf Ersatz und lührte nach seiner Rückkehr vom Kaiser
Sigismund, auf Grund eines von diesem ihm ertheilten Privi-
legs, den Briefadel ein und nahm den neu Ernannten den
Treueid für Bogislaw ab-''). Natürlich erregte dies mehr a
>) Vgl. die Urk. bei Huitfeld 577.
') oc dette yaor lenge tilfonie for de eller vi viste nogct at sige omM
ir Bysterson Christoffer, ad hand voat food, VerCbeidigiisgssulirift Ericha]
2, Huitfeld 812.
=) Huitfeld 679.
I) So z. B. von Bischof Thomas U32, Dipl. Norv. 2, 498,
') Danke Magaz. 1, 99; 2, 35; Jahn 508, Ss. rer. Suec. 2, 1, 136 p>l
»
— 57 —
BeÄerarfen. Als vollends Christoph 1434 nach Dänemark
kam und während der wordingborger Verhandlungen mit den
Hansestädten zu den Reichsräthen in Beziehung trat, erschien
er dem Onkel bald gefährlich genug, dass er ihn des Landes
verwies mit dem Bedeuten, ohne sein Wissen und Wollen
nicht zuillckzukehren '). Der Reichsrath durfte sich aber
durch diesen nicht undeutlichen Fingerzeig um so weniger
belehren lassen , da der gleich darauf in Kopenhagen ein-
treffende schwedische Absagebrief ihm otfeobai'te, wie man in
Schweden über die Nachfolge des Pommern dachte. Die
Proklamation Bogislaws zum Thronerben , welche Erich jetzt
dem Reichsrath ansann, wäre in Schweden gleichbedeutend
mit einer Absage Dänemarks aufgefasst worden. Ueberhaupt
hatte die schwedische Erhebung wie in Norwegen so auch
in Dänemark für Erich die bedenklichsten Folgen, Für viele
war das gegebene Beispiel ein Sporn, die Unzufriedenheit
laut zu äussern ; die Uebelstände selbst wurden fühlbarer und
stachen, seitdem die allgemeine Aufmerksamkeit auf sie ge-
lenkt war, um so mehr in die Augen. Der dänische Reichs-
rath befand sich in einer peinlichen Lage. Gegenstand der
schwedischen Beschwerden waren zumeist Dänen und Deutsche,
Verwandte und Freunde , welche niclit nur ihrer Aemter,
sondern auch ihrer liegenden Habe beraubt wurden, die
barsche Absage zerriss die Union und untergrub die herr-
schende Stellung der dänischen Grossen gegenüber den schwe-
dischen, gab man Jetzt den König preis, so war alles in Frage
gestellt. Denn auch im eigenen Lande wurde die Gährung
dei' Massen gefährlich, schon regten sich die Bauern in See-
land, um wie in Schweden über die Vögte, so hier über die
Herren zu stürzen. Sonach war besonders Schweden gegen-
L Über die grösste Vorsicht geboten, man durfte sich der Ein-
R sieht nicht verschliessen , dass seine Fordeiiingen zu einem
H guten Theil wohl begründet waren und musste zunächst Zeit
B zu gewinnen suchen, um nach Ordnung der eigenen Ange-
■ Hai
'j Erich behauptete, Christopli hätte es ihm sogar eidlich versprochen,
Hnitfeld 816.
L
legenheiten dem droliendeu Auseinaniieil'ail der drei Reiche ■
entgegentreten zu können. Als Erich im entscheidenden
Augenblick seine Mitwirkung versagt und auf seinen An-
si)rüchen und Forderungen beharrt, führt er selbst ein oft
gesehenes Schauspiel herbei. Die beiden höchsten Stände
des Gesamratreichs , vertreten durch den schwedischen und ,
dänischen Beichsrath, schliessen über den König hinweg ihren
Frieden und lassen dem Herrscher nur die Wahl, das Geschehene
auzuerkennen und sich darein zu sclucken oder den Thron zu
räumen. Es stellt sich heraus, dass der König nicht mehr^
zugleich Trilger und Inliaber der wirklichen Macht ist, son^^
dern die geschlossene oligarchische Aristokratie, welchel
ihrem eigenen Interesse und dem Wohle des Reichs auch den
König opfert.
Es war nicht nur Selbstsucht, welche die Reicl
riithe hierzu bewog. Erich verstand es meisterhaft, ebei
gewonnene Freunde fallen zu lassen und neue Verwick-l
lungen zu schaffen. Im Frieden zu Wordingborg 1435 wurdeuS
den HansesUldten alle Privilegien restitutrt und die von Erich
im Kriege eingeführte Erhöbung des Sundzolls aufgehoben,
Rostock dagegen, welches seit 1430 ausser aUer Verbindung
mit den Städten war, sollte aller Verkehr in den drei Rei-
chen untersagt werden. Auf dem kalmarer Tage erhielten
die städtischen Rathssendeboten von beiden Parteien die
bündigsten Versprechungen wegen des Sundzolls, von dem
alle Hansestädte befreit sein sollten, so dass sie die preussi-
schen und livländischen Städte, welche die Beschränkung der
Freiheit auf die wendischen Städte befürchteten, beruhigen
zu können glaubten ^). Als aber dann eine starke preussiscJie
Hotte im Vertrauen hierauf den Sund passiren wollte, er-
zwang der könighche Vogt, Peter Oxe, ein Günstling Erichs, ,J
') Die stjldtischen Rathssendebotea an Lübeck und Daiuig I43ti Aug. 1 j
(beide in Danzig, der erste auch in Re»al). Man mar dahin überein-
gekommen dat ejn JGzlik Bcliipher, de ute den steden ia, de in nnseme
priiilegio begrepen sint, siner stat wapen acliter uttisteke iippe dem castele
eyner Stangen efte gletjen, wanne be vor Orekrok henne seglield unde ~
legele darmede vir Eines weges.
— 59 —
die Leistung des Zolls. Es war ein neuer Schachzug des
Königs, um die Städte zu veruneinigen, und fast wollte er
ihm gelingen. Gleichzeitig gewährte er Rostock allen Schutz,
den es verlangte, und knüpfte nähere Verbindungen mit
Holland an, dessen Streitigkeiten mit den wendischen Städten
und dem Herzöge von Schleswig eben einen ernsteren Cha-
rakter erhielten i). So kam es dahin , dass kurz nach dem
kalmarer Tage auch in den Städten eine gereizte Stimmung
gegen Erich Platz griff und die vielen ihm unzweifelhaft ge-
neigten Elemente in eine bedenkliche Lage geriethen. Da
der Friede zwischen der Hanse und England zu Anfang 1437
den Städten vollkommen freie Hand gab, der Verbindung
Eriqjis mit Holland entgegenzutreten, so entgalten sie, ge-
zwungen in die Politik der nordischen Reiche kräftiger ein-
zugreifen, Erich die versteckten Angriffe in vollem Masse.
^) £s handelte sich um gegenseitig zugefugte Schäden während des
dänisch-hansischen Krieges. Nach vielfachen Verhandlungen kam 1485
zu Brügge ein Stillstand auf ein Jahr zu Stande, welcher zweimal ver-
längert 1437 zum Tage in Deventer führte, auf welchem beide Parteien
in grösster Zwietracht von einander schieden. Die Fehde brach gleich
darauf aus.
Wir vevliessen Erich auf Gothland , wo er in der von
ihm 1411 erbauten Feste Wisborg*) eineu anscheioend un-
thätigen Winter verbrachte. Allenthalben und bis an ^ea
kaiserlichen Hof verbreitete sich das Gerücht, er sei abge-
setzt und von den Unterthaneo aus dem Reiche vertrieben.
Um das Schicksal seines ihm persönlich nahestehenden Vet-
ters besorgt, gieng Sigismund, wie er zu thun pflegte, dea^
Hochmeister von Preussen um Nachrichten an: eie lauteten
wenig erfreulich"). Beim Eintritt (les Frühlings, kurz nach
Ostern, traf Erich unvermuthet in Danzig ein, beschied seine
8ämmtlii:hen pomraerschen Vettern herbei und verweilte fast.
Tolle drei Monate in Preussen, allen Wiixen zum Trotz, unter
denen seine Reiche seufzten^). Der Hochmeister erfüllte die
Pflichten eines liebenswürdigen Wirthes, war aber wie über
die plötzliche Ankunft so über den langen Aufenthalt
Königs im Lande nicht wenig erstaunt, und machte dai-aus
') Sie beherrBchte Wiaby und damit die Insel; der Vogt Tnid Ease^
welcher den Bau ausflilirte, starb 1437, vgl. Langobelt Ss. rer. Dan. 1,
265 (Ann. min. Wisb.J.
^) HM, an Sigismund 1487 Aug. 7. Der HochmeiBter erklärt, er
gern schon lange geantwortet, auf Bitten Ericha habe er es
müssen (Königsberg). Vgl. Voigt, Gesch. Preussens 7, 694 ff.
") Der Fortsetzer d. Detmar (Grautoff 2, 76) urtheilt über den
Aufenthalt Erichs in Preussen in drastischer Kürze: he beydede inFmsQD
nnde in Pomeren to euer tyd unde wolde vorheiden unde seen, wat de
ende werde van deme regemente, dat sjne guden lüde hegnnt hadden is
den ryken; he vormodede sik, dat dar twydracht af komen scholde, alBQ
id geschach.
I
I
— 61 —
Itein Hehl, als Etich alle gescbäftlicheD Angelegenheiten,
ihm vorgetragen wurden, seinen Reichsräthen zuwies und
endlich nur die Begleitung des danziger KomtLurs und einiger
Mannschaft nach Dänemark sich aushat, welche ihm die Verhand-
lungen mit seinen Unterthanen erleichtem sollte. Den preussi-
schen Städten gegenüber , die ihm die Sundzollfi'age auf
Grund des Berichts der städtischen Rathaaendeboten von dem
kalmarer Tage vorlegten, lehnte er unwillig die Verbindlich-
keit jener Aussagen ab, behauptete nur den vier wendischen
Städten Zollfreiheit zugestanden zu haben und beharile auf
seinem königlichen Wort, welches durch seine persönliche
Gegenwart in Kalmar gestützt werde, im übrigen könne er
ohne den dänischen Reichsrath an dem Bestehenden nichts
ändern. Lübeck, von Danzig um Auskunft ersucht, wider-
sprach lebhaft, erklärte ausdrücklich, dass der König allen
Hansestädten die Zollfreiheit zugesagt habe, allerdings mit
dem Hinzufügen, dass ihm von dem Hochmeister die Zoll-
erhebung von den preussisch-liviändischen Städten vor Jahi-ea
gewährt worden sei. Dem Hochmeister freilieh war diese
Sache neu ')• Knch bestand aber um so fester auf seiner
Behauptung, da nach seiner Auffassung die vier Städte ihm
eben einen Schimpf angethau hatten und er die Eiregung
Danzigs in der Zollfrage zur Trübung des seit dem Hanse-
tage von 1434 unter den Städten wiederhergestellten guten
Einvernehmens benutzen wollte, um Lübeck und seine näheren
Genossinnen abermals zu vereinzeln.
Am 24. März hatte ein schwedischer Herrentag zu Stren-
gnäs beschlossen, zum 24. Juni den König und den dänischen
Efiichsrath nach Kalmar zu laden, um die Beschlüsse des
letzten kalmarer Tages zu vollfiiliren und das in Süderköping
begonnene Werk zu beenden *). Auch Karl Kuuteson liatte
') Danzig an den Hochmeister Juni 15, an Lübeck Juni 16, auszüglich
bei Hirscii, Danzige Handelsgesch. 137, Antwort Lübecks Juli 5 (Danzig),
HirBch hat den letzten Brief übersehen und kennt den tansischen Bericht
über die Verhandlungen zu Ealmar nicht, daher ist Beine DarBteUtmg
<
^^ ungenau-
L
') Karlschron. v. 4404 ff.
Tarn
rtete^l
■ei-
ge-
hrtiH
diei^l
— 62 —
scheinbar freiwillig dem Beschlüsse zugffitimmt, obgleich die
Spitze, wie er sah, gegen ihn selbst gerichtet war. Auf Nor-
wegen nahm mau keine Rücksicht, da hier der Reichsrath
den Aufstand Aniunds eben bereits bewältigt hatte, und nacl
einer friedfertigen Auseinandersetzung nut Erich, :
Vorgehen gegen ihn keinen Änlass sah, Erich beantwortete]
die Ladung unverzüglich mit der eben geschilderten Uebei^
fahrt nach Danzig, wo er den bestimmten Zeitpunkt verstrei-
chen hess, ohne irgend eine Erklärung nach Schweden ge-
langen zu lassen. Der dälnische Reichsrath , dem die FahrÜ
des Königs nach Preussen unbekannt war, sagte uragehen<tf^
sein Erscheinen auf dem Tage zu in der Hoffnung, dort dieS
allseitig unbefriedigende Lage der Dinge auszugleichen. Kaum
war er aber von Schweden aus über das Verfahren Erichs
unterrichtet, so forderte er ihn zur Rückkehr nach Dänemai'k
auf und entsandte gleichzeitig zwei angesehene Männer aus
seiner Mitte, Erich Kmmmedik und Esge Brok, nach Lübeck,
um auch die Städte um Veimittlung anzugehen und sie zum
Einschreiten zu bewegen. Sie wilhgten ein und ermahnten
ihrerseits den König, die ßegierung zu übernehmen, da aus.
seiner Abwesenheit sowohl ihm selbst wie dem Reichsrath
nur übles erwachse und dieser die Nachrede nicht dulden
könne, dass der König um seiner ünbotmässigkeit willen aus
dem Lande gezogen sei '). Eiicli fuhr auf beim Empfang des-^
Schreibens, betrachtete die Malmung als persönliche Beleidi-^
gung und verklagte die Städte beim Hochmeister, so dass s
sich genötliigt sahen auseinanderzusetzen, dass sie nicht uii-3
berufen, sondern nur auf Ansuchen der Dänen in der Sach^
mitgewirkt hätten*). Das Schreiben hatte den Erfolg, dass
nun auch der Hochmeister ernstlicher in Eneh drang
den auf die Dauer doch lästigen Gast, dem die Städte i
Lande Doppelzüngigkeit vorwarfen, zur Willfährigkeit gegenri
L
'] Lübeck, Hamburg, LUnebui^ und Wismar au Erich 1437 Mai 2
(Danzig).
') Lübeck an Danzig Juli 5 (Danzig), widerlegt zugleich die ]
hauptuDgen Erichs wegen des SundzoIIa, s. oben.
— Ö3 —
Über dem Reiehsrath bewog"). Erich entschloss sich zur
Rückkehr, kündigte nach Schweden seine Ankunft in Kalmar
zum 8. September an und schiffte sich im Anfang Juli nach
Gothland ein, um hier die vom Hochmeister ihm zugesagte
Begleitung, bestehend aus einem Ordensgebietiger und einigen
Schiffen, abzuwarten*). Als sie eintraf, begab er sich nach
Dänemark, wohin ihm, ohne Zweifel nach Verabredung, seine
säramtlichen pommerschen Vettern folgten. Der dänische
Reiehsrath hatte unterdessen auf die ersten Nachrichten aus
Preussen über die Wirkung der an Erich gerichteten Sehrei-
hen, sieh der Hoffnung auf das Erscheinen des Königs in
Schweden hingegeben und bereits eine Gesandtschaft nach
Kalmar abgefertigt. Unweit des Bestimmungsortes wurde sie
durch die Botschaft überrascht, dass Erich seine Absicht ge-
ändert, erst im September nach Schweden kommen wolle und
zunächst nach Dänemark zu gehen beabsichtige. Sie musste
unverrichteter Sache heimkehren, da auch von schwedischer
Seite in Kalmar niemand sich eingefunden hatte.
Karl Knutsson triumphirte. Bis zum September konnte
Erich seine Absichten und Pläne noch vielfach veriindem und
vor allem war Zeit gewonnen. Auf jenem Tage zu Strengnäs
hatte er sich vom Drosten Stockholm gegen Nyköping ein-
getauscht und damit die Haupstadt in seine Hand bekommen^),
<
') Am 2. Juni, bevor das iQbische Schreiben au Erich dem Hochiaeister
bekanst geworden Bein konnte, meldete er u. a. ziemlich missmuthig dem
Herzoge von Burgund, dass Erich seit fUnf Wochen in Prenssen weile,
und !alB wir ona vorsehen, so wirt her noch etczliche tzeit alhie bleyben,
wie er sich mit seinen Unlerthanen anseinandersetzen werde, sei ^nzlich
ungewisa (Königsberg).
") Von Gothland aus sandte er am 15. Juli Dankschreiben au den
Hochmeister, die Eomthure (Königsberg), Danzig und die Bilrger&auen in
Dauzig. Letztere weisen in der Antwort vom 2. Aug. seinen Dank iilr
die gute Aufaiahme [zurück, verheissen tur daa nächste Mal eine bessere
und wünschen ihm zum Schluss, etwas zu wohlmeinend, so vele gluks
I
und wünschen ihm zum Schluss, etwas zu wohlmeinend, so vele glukselige h
mennicfi duaent jare, alse wy alle mittenauder hebben hare. Danzig sandte H
seinen Rathmann Bertold Buramer nach Dänemark, um die SundzoU&^e H
zu er]edigen,{Juli ül (Dauzig). H
I') Es war gewissennassen der Preis tUr seine Zustimmung zu den ^M
BescÜUssen des Tages, Earlschron. v. 4518 CF. H
Dehutsam aber sicher schritt er jetzt vorwärts. Die (
pai-tei, welche an Erich vergeblich eine Stufte suchte, da er
durch nichtsthun am besten zum Ziele zu gelangen hoffte,
gieng darauf aus, den Marschall iu den Augen des Volke zu J
verdächtigen. Die alten Regungen unter den Bauern ina
Dalekarlien und den angränzenden Gebieten wurden geschickt!
benutzt, um sie, die von dem Gedanken der völligen Äbgaben-
freiheit und Selbsthen-lichkeit ^) erfüllt waren, gegen die voa
Karl eingesetzten Beamten aufzustaclieln. In kurzem stand
Dalekarlien und Wermland gegen ihn in Waffen, einzelne
Vögte fielen dem Volkahass zum Opfer, Während des ganzen
Sommers und bis zum Beginn des neuen Jahres war dieser
dergestalt gefesselt und unvermögend seinen Gegnern, deren
geheimes Wirken ihm nicht verborgen blieb, direkt entgegen-
zutreten. Doch ebensowenig konnten der Drost und seine
Anhänger ihre Absichten vollständig verwirklichen. Da die
prenssische Begleitung erst im August zu Erich stiess und er
auf dem Zuge nach Dänemark bestand, so kam der von ihm
nach Kalmar angesetzte Tag abermals nicht zu Stande. Die
dort bereits versammelten schwedischen Räthe sahen sich in
ihren Hoffnungen getäuscht, benutzten aber die Abwesenheit
Karls, um die Äussendung einer Gesandtschaft nach Dänemark
an den König zu beschüessen, deren Zusammensetzung keinen
Zweifel an der Absicht aufkommen lässt. Sie sollte aus dem
Erzbischof von Upsala, dem Bischof Magnus von Abo, dem
Drosten und Johann Kröpelin bestehen. Karl eilte herbei,
kam jedoch zu spät, bevor er die Stadt erreichen konnte,,
wurde ihm der Beschluss mitgetheüt, er musste sich fügena
Erich selbst half ihm iodess aus der verwickelten Lage.
Hess die Gesandtschaft in Lund, wohin sie sich zunftchst b«^
geben, ohne Antwort so lange warten, bis der Erzhischof i;
der Brost missmuthig umkehrten*). Die beiden ander
>) alla loönder mente egna herre wara, KarlBchron, v. 4546. '
») Jahn 175 folgt hier Huitfeld 801 und Olaus Petri (+ 1543), Fant
Ss, r. Suec. I, 2, 284, im WiderGpruch mit deo gleichzeitigen Quellen.
Er behauptet, in Lund hätten die dänischen Räthe den schwedischen bereits
den fertigen Plan, Christoph zu wählen und Erich z
Lirfi ^^
— 65 -
'lidraogen zwar zum Könige vor, allein ungeachtet aller Mühe
Termocliteu auch sie den Zweck ihrer Sendung nur so weit
zu erreichen, dass Erich in einen allgemeinen Reichstag
nach Kalmar im Juli des folgenden Jahres willigte. Als sie
mit diesem Bescheide zurückgekehrt einem nach Ärboga ein-
berufenen Herrentage Bericht erstatteten, gab Karl getrost
auch seine Zustimmung zur Besendung des Reichstages von
schwedischer Seite, da ihm nun die Gegner die Beihült'e zur
Unterdrückung des Bürgerkrieges nicht mehr verweigern
konnten, ohne sich selbst zu gefährden. Sie versuchten frei-
lich, den Aufstand der Bauem aus einer rein persönlichen
Abneigung gegen Karl und seine Beamten zu erklären und
verwarfen den von ihm entwickelten Kriegsplan, mussten aber
dennoch den Drost beauftragen , mit den Bauern zu unter-
handeln. Damit war das Schicksal des Aufstandes bestimmt.
Trotz aller Schlangen Windungen und Sehachzüge des Drosten,
der die Verhandlungen bis in den März des folgenden Jahres
verzögerte, wurden zunächst die Dalekarlier zur Niederlegung
der WaiFen gebracht , und die Wermländer , nachdem der
Marschall vergebhch den Drost um Hülfe ersucht hatte, von
dem tüchtigen Unterbefehlshaber Karls, Arvid Svan, in blu-
tigem Treffen besiegt, die beiden Hauptauführer der Bauern
auf dem Scheiterhaufen verbrannt und die ganze Bewegung
Tollständig niedergeschlagen. Keinen Augenblick zögerte er
jetzt, die Gegner ihr Verhalten hüssen zu lassen. Auf einem
sofort berufenen Landtage zu Arboga erschien er Bieggekrönt
■quA im Vollbesitz der Macht, beschwerte sich über die Lasten
seines Amtes und erklarte, es zu Gunsten eines zu erwählenden
Beiehshauptmanns niederlegen zu wollen. So bitter es vor-
ilici dem Drosten ward, er und sein Anhang hatten sich
selbst zu Falle gebracht, Karl wurde zum Reichshauptmann
erwählt , bis Schweden einen König haben werde '). Für
und damit seien die Boten nach Schweden zurück gekehrt. Er hätte sich
ichon aus Lagerbriug 4, 169 belehren lassen können, der, obgleich ihm
väie Nachricht gaiu gut passen würde, doch aufrichtig genug ist, an ihrer
Wahrheit zu zweifeln.
') Naty Bchliesst die Karlschron., welche über das hier mitgetheilte
a. Kopp, Zur GescLichte, 5
I
I
J
Karl war dies ein doppelter Sieg. Der Drost war zuriickgedi&igt
und Erich gegenüber kehrte man damit auch ohne öffentliche
Absage auf den vor dem kalmarer Tage von 1436 eingenom-
menen Standpunkt zurück.
Wenige Wochen später, unter dem Einfiuss dieser Vor--
gänge in Schweden, erlitt das Königthum Erichs in Dänemark
den letzten entscheidenden Stoss. Im Herbst 1437 war Erich
endhch nach Dänemark zurückgekehrt^). Sein einziger Zweck
war, die Wahl Bogislaws zum Nachfolger durchzusetzen und
jenem dann die Lösung aller Verwicklungen zu über1a£s«i.
Er hofi'te durch Unterhandlungen mit den einzelnen Reichs-
räthen eher zum Ziele zu gelangen und liess darüber den
ganzen Winter verstreichen, ohne einen Schritt vorwärts zu
Itommen. Der danziger Rathmann, der den König von Goth-
land nach Dänemark begleitet hatte, um in der Sundzoll-
angelegenheit einen günstigen Bescheid zu erlangen, wollte
fast verzweifeln. Regelmässig verwies Erich ihn
Reichsrath, den er nie vollziihlig berief. Endlich ward ein
Reichstag auf den 20. April ausgeschrieben, obgleich Erich
den Widerstand, den man seinem Plane entgegensetzte, bereits
empfand und nur durch die Vermittlung der Herzöge von
Barth und Wolgast soweit eine Einigung erzielt war, daas
den drei pommerschen Herzögen je ein ansehnliches Schloss
zugetheilt war'). Als aber Erich, ohne Rücksicht auf diese
1
V. 4556 — 5016 bericbtet, ihre BeBcbreibung dieses Tages mit den Worten;
jact v&nter droztin gladdea ey mästa tha the marsken swa stadhfäste.
Vgl. Styffe 2, CIX Anm. 2.
1) Am 20. Sept, urk. er £u Olstnip auf Seeland, Reg. Dan. 3602, am j
24. u. 25. Not. in 'WordingborE, Jahn 175 n. Stjfle 2, CX, 2, beide nach J
Archivalien in Kopenhagen. Die Urk. vom 34, gewälirte Greifewald die 1
Freiheit vom SimdzoU. |
*) Bertold Buramer au Danzig, 1438 Apr. 18, berichtet über aeine Ver-
handlungen wegen des SundzolU, muss auf den Eeichsrath warten, ein
Theil ist beim Köuige gewesen, doch nicht alle unde hebben enen nigen
dach beghrepen, de nue wesen sal eu Bundaghe (Apr. 20) to Werdinghe-
borch, dar alle de ut Jutlande unde ut Dennemarken bi em komen iinde ^^
L solen dar endreghen umme den van Pomem, den wolde sine gnade gheme .^^M
^B to koniche na em hebben, dar heß he mit sinem rade to unwUlen umme ^^M
I
I
— 67 —
ÄbmachimgeD und die aus Schweden eingelaufenen Berichte
über den Tag zu Arboga, von dem versammelten Reichstage
die unverzügiiehe Vornahme der Wahl Bogislaws verlangte,
band sich auch der Reichsrath, unter Führung des Erzbischofs
von Lund, nicht mehr an die Zusagen, bezeichnete nicht nur
die Aufstellung eines Throncandidaten durch den König als,
Eingriff in das fi'eie Wahlrecht, sondern drang sogar auf die
gänzliche Entfernung aller deutschen Fürsten und Herren aus
dem Reiche. Erich war gezwungen nachzugeben, er liess die
Wahl fallen und forderte jetzt die Ernennung des Herzogs
zum Reicliahauptmann '), sowie Sicherheit für die übrigen Lehns-
träger, allein auch hiennit drang er nicht mehr durch. Der
Reichstag wollte den offenen Bruch noch verhüten, bestätigte
deshalb Bogislaw zwei Schlösser und gewährte ihm sogar den
Zutritt zu allen Burgen und Städten Dänemarks, bestand
aber zugleich nachdi'üeklichst auf der Entfernung sämmüicher
andern Pommei-n und setzte ihnen einen Termin von zwei
Monaten zur Rüehgabe der Lehen, welche sofort in dänische
Hände übergehen sollten'). Erich verschloss sich vollständig
der Einsicht, dass eine Proklamation Bogislaws in diesem
Augenblicke ebenso wie 1434 den gänzlichen Abfall Schwedens
von der Union herbeigeführt und dort die Ausruiung Karls
zum Könige zur Folge gehabt hiitte. Er fiel in den alten
Fehler seiner Politik zurück, soviel wie möglich Zwietracht
zu säen, um in zuwartender Stellung aus dem Hader für sich
Nutzen zu ziehen. Unwillig entliess er den Reichstag, be-
achtete dessen Beschlüsse über die Lehen der Pommern in
keiner Weise, übertrug Bogislaw zu dem bisherigen noch drei
I
I
wezen, also heliben de heren yan Wolghast unde van Bart ene wuntliten
vorlikeat myt Einem rade unde se hebbcu malk en gliut Bciot unde liebben
orioff.
') hofvitzmand, nicht Mitregent.
») Man IQUS3 hierbei im Auge behalten, dass eine grosse Anzahl
dilniflcher Edelleiite nach der Vertreibung aus ihren Aemtem in Schweden
nach Dänemark zurückkehrte und hier durch eine Schweden nachgeahmte
Entfernung aUer Nichteingebomen aus dem Lande sich schadlos zu halten
Buchte.
l
weitere Schlösser auf Flllinen, welche di^e Insel voDstSndig
in dessen Hände gaben, berief das seeländer Landsthing und
stellte ihm den Herzog als Herrn vor, gewährte den Bauern
dafüi" Freiheiten und reizte sie hierdurch gegen ihre HenenJ
auf. Auf der anderen Seite versicherte er sich der Treaefl
seiner letzten Anhänger, vor allem des Vogtes von Hel8ingör,1
Peter Oxe, und ertheilte ihnen Instructionen', die den vom
Reichsrath gefassten Beschlüssen direkt zuwiderliefen. Um
die Verwirrung noch zu steigeni, hatte er dem Reiehsrathe
scheinbar aufrichtig beigestimmt, den kalmarer Tag zu be-
senden, versah auch einige Räthe mit schriftlichen Aufträgen.
Uach ihrem Abzug gieng er in der That zu Schiffe, fuhr aber
an Kalmar vorbei und nach Gothlaud zurück, indem er ohne
Wissen des Keichsraths den gesaramten Eeichsschatz und die
von den Königen im Laufe der Zeit aufgesammelten Kleinodien
mit sich fortführte^).
Als die dänischen Gesandten , an ihrer Spitze der Erz-
bisehof von Lund und Erich Krummedik, in Kalmar eintrafen,
fanden sie die Schweden in ansehnlicher Zahl bereits vor.J
Auch Kar! lüiutsson hatte sich eingefunden neben dem Drosteu,!
dfösen hervorragendster Parteigenosse, Erzbischof Olaf voqJ
Upsala, auf dem Wege dahin, durch Mandelmilch vergiftet,!
verschied^). Beide Theile scheinen zu Anfang auf das ErrT
scheinen Erichs mit Bestimmtheit gerechnet und erst nachj
erlangter Gewissheit, dass Erich nach Gothland gesegelt, sieh 1
verständigt zu haben. Die Dänen entledigten sich zunächst 1
der ihnen von Erich zu Theil gewordenen Aufgabe uiid'J
') Ueber die Vorpnge auf und nach dem Heichstage bis zur Abreiaej
Erichs unterrichten vorzüglich die [AnlilageschriA dea Beichsrathe .ftOV
Ericli, die Eiuladeschrift an Christopli und die Vertheidigung ErichB,J|
EuiÜeld 805 ff.
*J Juni 25. Diar. Wadaten. 154; Brich Olai 144 drückt Bioh sehr top- J
eichtigaus: archiepiscopua — obütNjcopiaeintoxicatusinlacteamygdalaruiü, F
eibi a quodam principante iu regno feria sexta pro feroulo pretioao trana-f
mJBso. Lagerbring 4, 177 will den Verdacht des Mordes, unter gtozlicIiÄB
Terkennung der Parteiverhältnisse, die er überhaupt nicht beachtet, ■
Karl ab und auf den Drosten lenken, Jahn 177 weist der Sachlage ent-J
sprechender auf Earl hin.
— G9 —
reichten seine Forderungen an Schweden schrittlich ein. Sie
zielten im wesentlichen auf Herausgabe der seit dem Aufstande
zurückbehaltenen königlichen Einkünfte und Belassung der
von ihm ernannten Vögte in ihren Aemtem und Lehen und
■wurden von den Schweden einzeln und mit stetem Hinweis
auf den zu Kalmar 1436 geschlossenen Vertrag beantwortet.
Er hätte alle Punkte bereits erledigt, an ihm hielten sie noch
fest, wolle Erich desgleichen tliun, so wären sie erbötig, ihn
als König anzuerkennen, war der Sehluss ihrer Eeplik. Nur
Bogislaw dürfe er ihnen nicht aufdrangen wollen, nimmer
könnten sie es dulden, dass er die Lehnsleute in Schweden
dem Herzoge schwören Messe, wie es in Dänemark und Nor-
wegen geschehen sei. Die Entgegnung war weniger auf den
König als auf die Dünen berechnet, welche peinlich berührt
werden mussten, als die Schweden im Eingange ihrer Er-
widerung erklärten, dass sie keineswegs berechtigt wären, im
Auftrage und Namen Erichs zu handeln, da ei- sie nicht iiir
seine, sondern für Gesandte des Eeichsraths ausgegeben habe,
und ihnen gleichzeitig den Brief des Herrschers vorlegten, in
welchem er den Dünen die Eigenschaft als königliche Ge-
sandte absprach'). Wenn Erich mit diesem Verfahren ledig-
lich der Möglichkeit, dass ihm von den beiden Reichsrilthen
Verhaltungsbefehie vorgeschrieben würden, vorbeugen wollte,
so war seine Absicht erreicht. Seiner wurde nicht mehr ge-
dacht. Hatte er aber die Abgesandten heider Reiche zu
entzweien gehofft, so befand er sich im Irrthum über die in
den Reichen herrschende öffentliche Meinung, welche seine
Unfähigkeit ,'zum Thron einstimmig verkündete. Im Schosse
des dänischen Reichsraths muss die mögliche Berufung
Christophs von Baiem, des nächsten Anverwandten des alt-
heimischen HeiTscherhauses, vielfach erwogen worden sein.
I
') DipL Norv. 5,478—480. Die schwedische Eeplik beginnt; om the
aerenden Bom ^i oas oppa war nadughe herra konungene vegna i scriffvet
haven lata forata, aom tians nade idher scuUe hafiva om uthsendh, tha
&mom wy thet ekke i hans nadliea breff, tket Lan liaffver idher uthaendh,
men hiui scriffver at rikesens radh afT Danmarke haffver idher utaendh,
BODi i her maghin see ivti hans nadhes brefF ose therom tilscrifiS'et.
eite ■
ler- B
den J
lion
mit
ein
— 70 —
zunäclist in der Absicht, ilm Erich als Mitregent an die Seite
zu stellen und dadurch Bogislaw zu verdrängen. Mit Sicier-
lieit ist anzunehmen, dass der Reichstag zu Wordingborg c
Plan hatte reifen lassen — ob auch entstehen, muss dahin- j
gestellt bleiben — die Folgen traten jetzt zu Tage.
Die Dänen liesseo Erich l'alieo und traten mit eineot
Vorschlage hervor, welcher auf eine Abänderung der Union'
von 1397 hinauslief und von Karl und seinen Anhängern mit
Freuden aufgenommen werden musste. Ihm wird auch ein
bedeutender Einfluss auf die Abfassung des Aktenstückes
welches über das Ergebniss der Verhandlungen berichtet, ZU'^
zuschreiben sein.
Der kalraarer Vertrag vom 9. Juli 1438, bisher stets als ~
die Erneuerang der Union bezeichnet, hebt diese vielmehr auf.
Zwar wird im Eingange die Anerkennung Erichs als König
ausgesprochen, die Bestimmung, dass zwischen den Reichen
ein ewiger Bund, Friede und Eintracht herrschen solle, aus
der Union von 1397 herübergenommen, am Schluss jedoch
eine Bestimmung hinzugefügt, welche alle vorhergehenden in
Frage stellt. Ihre gewundene Fassung entspricht dem Wider-
streit der Meinungen, die gerade an diesem Punkte am hef-
tigsten aufeinander gestossen waren und auch femer sicW
begegnen sollten. Da Norwegen nicht vertreten sei'), heiSfl
es, und die Schweden keine Vollmachten haben, so sei es '
der Hand unmöglich, über den Fortbestand der Vorschri
der Union von 1397, dass die drei Reiche auf immer untei
einem gemeinsamen Könige stehen sollten, endgültig zu b^
ächliessen. Wolle aber ein Reich einen König wählen,
mlisse es seine Absicht vor der Wahl den beiden ander^
Reichen kund thun und mit diesen Über den Vorzug eine^
oder mehrerer Herrscher zu Rathe gehen; unter allen Um-
ständen, wie die Entscheidung auch ausfiele, soll der alte
Bund der drei Reiche jedenfalls fortbestehen^. Entkleid^^
^) ok engin äff Norghe
met them aSSoiges righe,
ma vel imdersta.
") Aarsberetn. f, d. k. geheimarcliiv 2,
: 033, ok er thet ey bwo leye^
meth 0S3 um the Stücke som ni
— 71 —
inaii die Bestimmungen aller UmschreiVjung , so ergiebt sich
als KeiTi, dass jedem Reich das Recht nach bestem Ermessen
für sich zu handeln zuiiiUt und auf die Personalunion keine
Rückeicht mehr genommen wird. Nur im Hinblick auf Nor-
wegen und auf die Unmöglichkeit, sofort an Ort und Stelle
die Königswahlen voi-zunehmen , wurde die Anerkennung
Erichs ausgesprochen, seine Entsetzung war nur noch eine
Trage der Zeit.
Am raschesten drängten sich die Ereignisse in Schweden.
Koch von Kalmar aus beeilte man sich, jeder Gefahr von
aussen her die Spitze abzubrechen, indem man den Hoch-
meister von Preussen von dem geschehenen unterrichtete mit
der Bitte, keinen falschen Gerüchten zu trauen, mau wolle
■ Erich immer noch als König anerkennen, sobald er sich dem
Palmarer Vertrage von 1436 füge ^j. Die Besorgniss war
grundlos, der Zwiespalt im Orden, das Zerwürfniss zwischen
dem Lande und den HeiTcn benahmen dem Meister alle
Macht und setzten ihn ausser Stand, Erich nach wie vor
■wirksam zu unterstützen. Einem Handelsverbote hätten die
Städte sich kaum gefügt und seit dem Tode Sigismunds war
auch jeder unmittelbare Trieb, dem Könige beizustehen, für
den Orden weggefallen. Im Reiche selbst suchte Karl die
jüngsten kalmarer Beschlüsse sogleich zu verwertlien. Er
l>erief einen Herrentag nach Teige, dem auch der neuerwählte
Erzbischof Nikolaus von Upsala beiwohnte, und setzte es
durch, dass an Erich die Ladung ergieng, binnen zwölf Wochen
am Wahlorte der Könige beim Morastein zu TJpsala zu er-
ischeinen, um sich auf alle gegen ihn erhobenen Anschuldi-
gungen zu verantworten. Doch auch der Drost säumte nicht
'und suchte sich in einem Bunde fast des gesammten schwe-
dischen Adels, welcher die Theilnehmer zur Aufrechthaltung
aller schwedischen Rechte und Freiheiten sowie zum gegen-
seitigen Beistande in allen Eigenthumsfragen verpflichtete,
'•ein Gegengewicht gegen Karis Uebermaclit zu vei-schaffen ^).
•) StyEfe 2, 231.
*} Hadorph 126, untersiegelt von 7 Bischöfeii und 94 weltlichen Herren,
— 72 —
"Während Karl hierauf mit fast königlicher Pracht seine zweite J
Hochzeit in Stockholm feierte, benutzte der Drost den um- |
stand, dass Karl ihm in Teige seinen Schreiber mit dem 1
Siegel zurückgelassen hatte, um in den äusseren Bezieliungen 1
des Reichs gegenüber den Hansestädten und Ditnemark die J
erforderlichen Schreiben erlassen zu können, um ihn blo9- 1
zustellen, sich selbst mit Gütern zu bereichern und den Ver-
such zu machen, Karl durch eine Vei-schwörung mit einem d
Schlage zu stürzen. Er Hess sich von zwölf Reichsräthen einl
Dokument ausstellen, durch welches ihm die gesaminte Re- I
gieruug des Reiches übertragen und Karl ihm unterstellt- 1
wurde, und warb um weitere Unterschiiften '). Die Bischöfe- 1
fielen ihm zu, doch misslang der Anschlag durch das rechte- 1
zeitige Einschreiten des Betroffenen. Ein schleunigst ein— J
berufener Herrentag erklärte die Urkunde für ungültig, wählte'J
Karl zum Reichs Vorsteher — es ist das erste Mal, dass dieses-'J
die Befugnisse des Drosten und des Marschalls in einer Hand 1
vereinigende Amt geschaffen wird — und beraubte damit -^
den Drosten aller seiner MacJit'}. Dieser wurde gezwungen,
seine Burgen dem Gegner zu öffnen, einige Leben zurück-
zugeben und seinem Amte zu entsagen. Karl musste sich
mit diesem, wenn auch bedeutenden, so doch nur halben Siege
begnügen. Die neue in Dänemark eingetretene Wendung
der Dinge fieng schon an, sich in Schweden bemerkbar zu
machen und hatte hier eine Umgestaltung der ParteiverbiUt-
nisse zur Folge, die nicht nur eine weitere Ausbeutung des
Sieges unmöglich machte, sondern Karl auch Anhänger ent>:o^,.
darunter auch Karl, Jen man UDmüglich übergehen kooiite, Tgl. Kiirlä-
chron, y. 5093 ff.
') Das Dokument ist leider nicht erhalten, sonst müBste es die Frage
enlBcheiden , von welcher Seite zuerst die Errichtung der Reichsvorstand-
Bchaft angeregt worden ist. Yermuthiiuh vom Drosten, der dem lieiehs-
hauptmann den in seinen Befugnissen unumechränkteren lieioiiB Tora (eher
entgegensetzen wollte. Die Unionspartei griff den Gedanken auf und be-
kleidete Karl mit der Würde, um sich vor seinem Königthum zu bewahren.
') Oct. 1438. Die erste Urk., in welcher der Titel vorkommt, datirt
vom 17. Oct-, vgl, Styffe 2, CXn.
Fa
i
— 73 —
ie bisher theils aus Dankbarkeit, theils aus Abneigung gegen
Irich zu ihm gehalten hatten.
Bald nach der Abreise Erichs nach Gothland war iit
lanemark ein Bauernaufstand ausgebrochen, welcher be-
inders in Jütland rasch in gefahrdrohender Weise um sich
Der Grund zur Unzufriedenheit der dänischen Bauern
'ar derselbe wie in den andern Reichen, jedoch richtete sich
!er der Volkshass nicht gegen die königlichen Vögte, sondern
■en die Geistlichkeit und den Adel, welche in der Unter-
drückung der Bauernfreiheit mehr geleistet hatten, als ihre
Amtsbrüder und Standesgeiiossen in Schweden und Norwegen.
Falsche Gerüchte über die reformatorischen Absichten des
»asler Concils hatten im Landvolke den Glauben erweckt,
es von den Abgaben an die Geistlichkeit befreit werde,
iermit yerraischten sich Klagen über den übermässigen Steuer-
druck, den die adligen Herren verhängten. Erich soll hierauf
die Gemeinden schriftlich zur Ruhe ermahnt haben, seine Gegner
behaupteten , er habe sie noch mehr aufgestachelt , brachten
damit sein Verhalten auf dem seeläoder Landsthing in Ver-
bindung und gaben ihrem Verdacht offenen Ausdruck'). Am
schlimmsten gieng es in Jutland her. Ein grosser Theil der
südlichen Gemeinden huldigten dem Herzog Adolf von
Schleswig, dem sieh jetzt die im wordingborger Frieden vor-
enthaltenen nördhchen Gebietstheile Schleswigs freiwillig er-
gaben. Aber auch die Bauein anderer Landschaften riefen
ihn herbei, wandten sich mit ihren Klagen über die Unbillig-
keit ihrer Hei"ren an ihn und nöthigten diese, auch ihrerseits
den Herzog um Vermittlung anzugehen. Adolf gi'iff in diese
Wiixen ein nur so weit es nicht zu umgehen war, stellte die
Rulie in einigen Theilen des Landes her, wurde aber trotzdem
Lyom Verdachte Eroberungspläne zu hegen betrofl'en. Die
lere Noth und die scheinbare Gefahr von aussen zwangen
idlich den Reichsrath zum Handeln. Am 28. October trat
in Korsöer zusammen und unterzeichnete im Nameu der
') In der Anklageschrift gegen Erich, Huitfeld 807 f., Erich weist diese
VSeschuldigung wie jede andere zuiiick, a. a. O. S. 814 § T.
J
— 74 —
Käthe aus allen drei Keichen ') eine Einladung an Herzog
Christoph von Baiem, das verwaiste Kelch zu übernehmen.
Zur Begillndung ihrer Aufforderung schilderten sie in starken
Zügen die Missregiemng Erichs und sein eigensinniges Be-
haiTen auf der Nachfolge Bogislaws, während Christoph wegOT.
seiner Verwandtschaft mit den Königshäusern aller drei Reiche
doch am besten im Stande sei, an die Stelle König Erichs za
treten. Die ungerechte Bevorzugung der Pommeni, die eigen-
mächtige Entfernung des Königs aus dem Reiche, der Aufetand
der Bauern und die damit verbundene Gefahr nöthigten sie
ihn herbeizurufen. Sollte Erich zurückkommen, so werde das
Reich wohl vermögen den Herzog in der gegenwärtigen Stellung
Bogislaws zu halten. Leiste er dem Ruf nicht Folge, so
müssten sie bei der kritischen Lage, in welcher sich das
Reich befiinde, einen andern König wählen, dann aber habe
€r den Verlust der Krone sich selbst zuzuschreiben. Ein
Verzeichniss aller von Erich begangenen Fehler und Missgiiffe
war dem Briefe beigeschlossen, damit Christoph sich über die
Regierungsweise seines Oheims unterrichten und das Ver-
fahren des Reichsraths richtig beurtheilen könne. Zwei Tage
später entsandten sie den Bisehof Thorlak von Wiborg, der
die Einladung an Christoph nicht mit unterzeichnet hatte *),
an Erich, um ihn noch eiumal zur Rückkehr zu belegen.
Der Versuch misslang, der Bischof erwirkte nur Briefe an
die aufrührerischen Baueni, welclie sie zur Ruhe ermahnten
und an den Bischof als Bevollmächtigten Erichs verwiesen').
Christoph folgte dem Ruf ohne Zögern. Die Botschaft
konnte erst wenige Tage ihren Auftrag ausgerichtet haben,
als er bereits dem schwedischen Reichsrathe, ohne der däni-
schen Einladung zu gedenken, seine Bereitwilligkeit ankündigte,
ihm gegen Erich Hülfe zu leisten. Sollte Erich in der That
auf seinem Willen bestehen , Schweden dem Herzogthmn
Pommern einzuverleiben und wolle man deshalb in Schweden
i
') BieB erregte besonders in Schweden böses Blnt, vgl. Eridi Olai li
') Auch Erich Kmramedilra Name fehlt unter dem AMenatück,
^0 Hnitfeld 805 ff.
— 75 -
.eineii neuen König witlilen, so fühle er sieli verpflicfitet , sicli
rzum Beschützer und Herrn anzubieten, da alle Uebelthaten
■Erichs gegen seine Unterthanen dem Hasse gegen die Schwester
■entsprossen seien und dieser Hass auf den Neffen übertragen
■"Werde. Freihch habe er auf Schweden keinen erb rechtlichen
■Anspruch wie auf Norwegen, doch entstamme er gleichfalls
dem schwedischen königlichen Geschlechte \md zweifele nicht,
i er gemüss der Bestimmung der Union von 1397 in Däne-
.tnark und Norwegen werde anerkannt werden, sobald er in
jSchweden gewühlt sei •).
Das Schreiben traf in Schweden ein, als die Streitigkeiten
«wischen dem ehemaligen Drosten und Karl in vollem Gange
iWaren. Es hatte mittelbar den Ausbruch des Bürgerkrieges
,»ur Folge. Die bisher ziemlich geeint Karl gegenüberstehende
Paiiei wurde gespalten, der Brost und einige wenige Grossen,
. welche von Erich nicht lassen wollten , zerfielen mit den
imeisten Gesinnungsgenossen, die sich dem neuen, Befreiung
von Erich und Karl zugleich verheissenden, Sterne zuwandten,
>Kicht weniger als der Drost verlor Karl. Ein gi'osser, wenn
illicht der grösste Theil seiner Anhänger aus dem Adel ergriff
toit Begierde den Ausweg, sieh von den beiden liebeln, Karl
.und Erich, zugleich zu befreien, und schloss sich unverhohlen
tier rasch sich heranbildenden Unionspartei, wie man sie wohl
fbezeichnen kann, an. Die Führung übernahm der kürzlich
■«rwählte Erzbischof Nikolaus von Upsala'), worauf die ganze
J-Geistlichkeit die gleiche Schwenkung vollzog. Die Veränderung
^offenbai'te sich vollständig erst in den Verhandlungen mit
(Christoph, doch gebührt den Getreuen Erichs das Verdienst,
■durch ihr Vorgehen den engeren Aneinanderschluss der neuen
Parteigenossen beschleunigt zu haben. Der Drost und seine
jSefährten erkannten die Gefahr, die ihnen aus der Bewerbung
Christophs um den Thron erwuchs und suchten ihr vor-
I) Neumarkt 15. Sov. 1438, Dipl. Norv. 5, 481. Das Schreiben aus
Korsöer datirt vom 28. Oct., offenbar ist es veranlasst vom daniscten
Keichsrath, welelier erkannte, dass in Schweden Gefahr in Verzug aei.
') Vgl. Erich Olai 148.
I
- 7Ö —
mit Waffengewalt untemahineQ sie Erich zurück-
zuführen, so lange Karl noch auf sich allein angewiesen und
Ton Christoph nichts zu befürchten war. Auch Karl war
keineswegs gesonnen, die einmal errungenen Vortheile ohne
"Widerstand aufeugeben, wurde aber an entscheidenden Mass-
nahmen durch die Anhänger Erichs gehindert, bis Christoph
durch Wort und Schrift seinen Eiufluss soweit gekräftigt hatte,
dass Karl nach der Niederweilung des einen Gegnei-s sich
einem zweiten und überlegeneren gegenüber sah, der die
Früchte seines Thuns einerntete und ihn beseitigte.
Der Drost hatte nach seinem verunglückten Versuch f
die Eeichsvorstandschaft sich mit Erich in Verbindung gese
und die gegen Karl herrschende Abneigung einiger Grossenj
welche bei den Lehnsvertheilungen übergangen waren'), 1
nutzt, um sie zu sich hinüberzuziehen. Zu ihnen gehört
vornehmlich der Schwager Karls, Nils und dessen Bruder I
Stenason sowie Magnus Green. Gleichsam als Einleitunj
wurde ein Aufstand in Dalekarlien in Scene gesetzt in dal
Hoffnung auf eine weitere Ausdehnung. Mit der Verweigerung
von Abgabenzahlungen wurde der Anfang gemacht. Als Karl
die Erhebung schnell und erfolgreich niederschlug, gerieth
man ins Schwanken, allein die Leiter waren zu sehi- blos-
gestellt und ein Rückzug unmöglich. Nils Stensaon hatte in
Ostergothland losgeschlagen ohne den Erfolg in Dalekarlien
abzuwarten, und verkündete die Absicht, Erich die Krone
zurückzuerobei-n , bevor die zahlreichen Gegner Karls, für
welche Erich seit dem Auftreten Christophs nicht mehr io
Frage kam, hätten Stellung nehmen können. Jetzt brachen
sie alle Verbindungen mit ihrem alten Führer dem Drost und
seinem Anhang ab und gaben dem Reichsvorsteher freie Hand,
gegen sie einzuschreiten. Der Erzbischof und Bischof Thomas
von Strengnäs liessen sogar Karl Warnungen zugehen und
beschränkten sich im übrigen auf eine fruchtlose Ermahnung.^
an den Drost, vom Bürgerkriege abzustehen. Der Drost be*
antwortete nun die Aufforderung mit einem offenen Fehde-
') Tgl. die getilgten Verse der Earlscliron. 5317, 1—23 (S, 350).
— 77 -
'"briefe, den er im Namen Enclis und seiner Genossen Karl
übersandte. Er hoffte durch die persönliche Fassung desselben
zu wirken, hatte aber die eigene Macht überschätzt und mit
Xarl falsch gerechnet. In der Wahl seiner Mittel nie ver-
nahm dieser auch jetzt zur List seine Zuflucht, über-
rumpelte den Drost in seinem eigenen Schlosse und nahm ihn
gefangen bevor er im Stande gewesen wäre, seinen Worten
^ie That folgen za lassen. Er verlor seinen gesammten Besitz
in Schweden und musste sich nach Wiborg in die äusserste
-Ecke Finnlands begeben, welches ihm zum Unterhalt an-
'gewiesen wurde. Sein Gefährte N'ils warf sich auf Stekeborg,
eroberte es im ersten Anlauf, wurile aber bald daselbst ein-
geschlossen und umlagert. Kalmar, welches sich gleichfalls
für Erich erklart hatte, wurde genommen, und vor Ablauf
Äweier Monate sahen sich die Häupter i), der erichschen
.Partei, darunter auch Nils, gezwungen zum Konige nach
<Jothland zu flüchten. Unter dem Einfluss dieser Schutz- und
Hülfesuchenden ermannte sich Erich, wenn aucli nicht zu
■pei'sönlichem Eingreifen doch zu dem Plane wenigstens,
Schweden zurückzugewinnen. Durch einen von zwei Seiten
amternommenen Angriff hoffte man die Kriegsmacht Karls zu
zersplittern und zu sclilagen, liess aber die durch Erichs Re-
gierung vornehmlich wachgerufene nationale Eifersucht der
4rei Reiche auf einander ganz ausser Rechnung. Nach Nor-
.iregen ergieng der Befehl in Schweden einzufallen und Nils
Stensson gegen Karl zu unterstützen. An alle Herren, Städte
und Gemeinden in Schweden dagegen wurde ein Rundschreiben
erlasse«, durch welches Karl wegen seines Ungehorsams gegen
^en König seines Amtes entsetzt und Nils zum Marschall er-
Bannt wurde ^). Als die Norweger dem Geheiss Erichs in der
') Ver gleich zu erwähnende Brief Erichs, Hadorph 128, zaMt ihre
(amen auf nnd führt' hittcre Klage über die schlechte Behandlung, welche
Sri ihren Frauen und Kindern, die Bie wegen der Gchnelleu Flucht
mrücklasaea mussten, angedeihen liesG.
s) iSäiz 19 1439, Hadoqih 128; das Diar, Wadsten. 165 Terzeichnet,
i am 12. Apr. im Kloster lecie sunt litere domini regis Gotlilandie
BtiBtenüs, quibus constituit Nicolaum Stenssoo marEchalcum regni, preci-
J
- 78 -
That nachkamen und sich zum Einfall in Scliwedeo liisteten,
kehrte Nils, von Erich mit Titel, -Mannschaft und Geld ver-
sehen, nach Stekeboi-g zurück, um von diesem Stützpunlvte
aus die Vereinigung mit ihnen anzustreben. Doch wurde es
Kar! leicht angesichts dieser Handlungen Erichs auf einem
nach Stockholm einberufenen Hen'entage seine Absetzung flir
ungültig und Kils zum Landesverräther erklären zu lassen'),
und ungesäumt trat er dem Geächteten entgegen, als er
durch Ostergothland auf das von den Norwegern belagerte
Elfsborg zueilte. Nils wurde abgeschnitten und gezwungen
abermals nach Gothland zu flüchten. Die Norweger, welche
sich wochenlang mit der Belagerung der Grenzfeste abmühten,
glaubten unter diesen Umständen ihrer Pflicht genügt zu
haben und schlössen mit dem zum Entsatz herannahenden
Karl einen Wafilenstillstand , der von beiden Theilen still-
schweigend auch nach Ablauf des Termins innegehalten wurde.
Die Abwesenheit Karls im Felde benutzte die XJnions-
partei, von der Ankunft Christophs in Lübeck untemchtet,
zum ersten offenen Auftreten. Sie versammelte sich im An-
fang Juni in Stockholm und beschloss kurz und bündig: er-
kennt Erich den kalmarer Vertrag von 143G an, so bleibt
ihm der königliche Titel und er erhält ein Jahrgeld, die Re-
gierung übernimmt dann Christoph; will Erich zu Gunsten.
des Neffen zurücktreten, so wird ihm eine Abstandssumme
gezahlt, will er sich dagegen durchaus nicht fügen, so vrird
sofort zur Wahl eines andern Königs geschritten. Um Karl
durch diesen Beschluss nicht zu sehr zu verletzen, begleiteten
sie ihn mit einer weitläufigen Ausführung, dass die Wahl eines
eingebomen Königs zwar den grössten Vorzug verdiene, dass
sie aber unter den gegenwärtigen Verhältnissen nicht thun-
lich und für Schweden ein Grund des Unsegens sein würde.
piens eisdem sibi in oranibua obedire ot adhaerere, fügt aber hinen, äaaa
die Ueberbringer, unter Anflürung Erich Stenssons, das üeiligthi
Klosters nicht achteten und es plünderten.
') Rundschreiben vom 25. Apr. 1439, Hadorph 132. Hervoigehoben
wird, dass NUa mit der entfalteten Danebrogfahne ins Land gefall»
um die drei schwedischen Kronen za unterdrücken.
I
— 79 —
Zwietracht im Innern und Krieg nicht nur mit Dänemark
und Norwegen, sondern auch mit der Hanse und Preussen
sei zu erwarten, da man gegen die Städte durch die Be-
siegehingder kalmarer Union von 1436 gebunden sei, Preussen
und der Kaiser aber sicher Christoph unterstützen würden.
Auf die Richtigkeit dieser Erwägungen kommt es nicht an, der
ganze Eecess war ein so deuthcher "Wink für Karl, wie er
ihn sich nicht besser wünschen konnte. Hans Kröpelin, die
I lauterste und uneigennützigste Erscheinung in all diesen
"Wirren, hatte bereits den ganzen Winter über mit Karl
wegen Erichs verhandelt und war auch auf diesem Tage für
ihn eingetreten. Jetzt erhielt er von der Stockholmer Ver-
sammlung den Auftrag, den ßecess Karl mitzutheilen und
dann mit dessen Einwilligung nach Gothland zu segeln, schein-
bar aus eigenem Antriebe und nicht als Gesandter, um Erich
■■auszukundschaften ^). Karl war tief betroffen, rausste aber
Vor der Hand auf allen Widerstand verzichten, da er durch
die Belagerung der letzten Erich ergebenen Schlösser, vor
.allem Stekeborgs, gefesselt war und die beiden Gegner sich
jiicht über seinen Kopf hinweg einander nahem lassen durfte.
Ungehindert konnte daher Kröpetin nach Gothland ziehen,
EU den letzten Versuch einer gütlichen Vermittlung zu wagen.
r fand in Nils Stensson einen eifrigen Widersacher, der in
richtiger Erkenntniss der Fruchtlosigkeit eines nochmaligen
^affengatges mit Karl , darauf drang, dass Erich in eigener
Person nach Schweden gehe und durch direkte Verhand-
lungen zu retten versuche, was noch zu retten sei- Der
von Lübeck einlaufende Absagebrief der Dänen gab den Aus-
schlag, im ersten Zorn entschloss sich Erich kurz und schiffte
Öch nach Stekeborg ein *). Es war zu spät. Als er gleich
nach seiner Ankunft einige Getreue an den nach Wadstena
ßofort berufenen Reichstag entsandte, fanden seine Ver-
sicherungen und Versprechen insgesanimt kein Gehör, die
Absage Dänemarks war bereits bekannt geworden und damit
') Kec«SB zu Stocliliolm, 5.— 11. Juni 1437, Dipl Norv. 5, 489.
'0 Er traf hier am 25. Juli ein, Kar. Wadst 155.
auch der XJnionspartei jede Rücksicht auf ihn benommen.
Karl beschränkte Erich auf Stekeborg und engte ihn immer
mehr ein, so dass er mit einem ihm durüh Kröpelin erwirkten
Waffenstillstand zufrieden sein musste, der seinen Anhiüigeni
mindestens nicht alles nahm und ihm nach kaum vierwöchent-
]ichen Aufenthalt in Schweden den freien Rückzug nach Goth-
land gestattete ^). Karl stellt« ihm eine Gesandtschaft des
Reichstags in Aussicht, welche den endgültigen Bescheid auf
seine Anerbietungen überbringen sollte, da er selbst auf eine
persönliche Verhandlung mit Erich, trotz aller Bitten Kröpe-
lins, sich nicht einlassen wollte. Hierdurch hatte er zugleich
freie Hand gewonnen und Müsse, seinen Einfluss auf den
Reichsrath durchaus geltend zu machen und der Candidatur
Christophs entgegenzutreten. Er eilte nach Stockholm zurück
und berief einen Reichstag nach Teige, um die Entscheidung
herbeizuführen. Leicht kam der Beschluss zu Stande, Erich
statt der Unterhändler einen in förmlichster "Weise abgefasten
Absagebrief zu übersenden *), dagegen konnte in der heiklen
"Wahlfrage keine der beiden noch übrigen Parteien durch-
dringen. Von den Stockholmer Beschlüssen war keine Rede,
ein Conipromies vertagte die Entscheidung. Unter dem Vor-
wande, dass vor der vollständigen Befreiung des schwedischen
Gebiets von allen Feinden die Königswahl nicht möglich sei,
wurde Karl beauftragt, bis zu diesem Zeitpunkt als Reichs-
vorsteher die Regierung fortzuführen und die Feinde zu ver<d
treiben. Der Erzbischof, welcher die Wahl Christophs vor«
schlug, wurde hiemit abgewiesen, gleichzeitig aber an di^
Spitze einer Gesandtschaft gestellt, welche zu der von dänischer
Seite angeregten Versammlung von Vertretern aller drei Reichs-
räthe nach Jonköping abgehen sollte. Die Vollmacht erwähnt
der Königswahl mit keinem Worte und lässt sich nur im all-
gemeinen dahin aus, dass die Boten in allen Fragen, welche
die Wohlfahrt und den Frieden der drei Reiclie untereinandei
'1 1489 Aug. 21, Hadorpli 1
ä) Biar. Wadsten. 156.
— 81 —
berührten, zum AbscMuss befugt seien, unbeschadet jedoch
aller Rechte und Freiheiten Schwedens ^).
Von diesera Tage datirte Schweden sein lutenegnum,
Crich hat es nicht wiedergesehen.
In Dänemark waren inzwischen die Verhandlungen mit
Christoph den Winter über weitergeführt und zu einem gliu-
Btigen Abschluss gebracht worden, ohne dass etwas näheres
aber sie verlautet. Peutlich tritt aber aus dem späteren
Terlauf hervor, wie sehr das Verhaltiiiss zu den Hansestädten
^d zu Schleswig hier eingreift und seinen Einfluss geltend
imacht. Obgleich das formale Recht der Hanse, dass kein
König in Dänemark ohne ihre Zustimmung gewühlt werden
idttrfe, seit 1370 scheinbar ganz der Vergessenheit anheim-
gefallen war, faktisch trat es jetzt von neuem hervor. Unter
.den "Wirren in den Uiüonsreichen hatten die Städte kaum
weniger zu leiden, als diese. Der nach jahrelangem Stockeu
Beu auflebende Handel mit ihnen stiess auf Hindemisse und
Beschränkungen, die um so fühlbarer wurden, je unerwarteter
jEe eintraten. Die noch von Erich ernannten Vögte und Amts-
leute, welche in den Küstenortschaften zahlreich vertreten
waren, behandelten die hansischen Kaufleute nach wie vor
wenn nicht als Feinde so doch als sehr unwillkommene Gäste,
Ijelegten ihre Schiffe häufig mit Beschlag, um sie zu eigenem
Nutzen zu verwenden, und belästigten sie duixh fortgesetzte
kleine Unbilden, die mehr reizten als unmittelbaren Schaden
Zufügten. Einer der eifrigsten unter ihnen, Peter Oxe, be-
in Helsingör den Schlüssel zum Sunde und betrieb ein
Erpressungssystem in grossem Massstahe, in welchem er sich
lurch die blossen Vorstellungen der Städte oder dänischer
Beichsräthe, wie des Erzbischofs von Lund, keineswegs be-
irren Hess '). Vor allem aber wurden die offenen Feinde der
•) 1489 Oct. 1, Hadorph 138.
') Ein Beispiel möge geoügeii. Ein preussisclies Schiff wurde vor
Belaingör auf den Strand getrieben und von Ose mit Begchlng belegt.
Auf die Vorstellungen der Eigenthümer antwortete er, sie möchten ihm
tarn Beichsrath, Hochmeister u. b. w. so vele brieffe bringen, als der bolk
Kopp, Zor GesohioliL«. 15
Hanse, die Holländer und Seeländer, gegen die Städte }
schützt und gefördert, gewarnt, wenn ihnen Gefahr drohte,
benachrichtigt, wenn ihrer eine Beute harrte. Durch die
Gunst Oxea beherrschten sie den Sund und verschlossen den
Städten die Fahrt nach dem Westen. Der dänische Reichs-
rath wai- diesen Verhältnissen gegenüber, wie er selbst ein-
gestand, machtlos, da ihn der Bauernaufstand verhindei"te,
gegen die Anhänger Erichs einzuschreiten, diese aber durch
Entschlossenheit und keckes Zugi'eifen ersetzten, was ihnen
an Zahl und Mitteln abgieng. Sie trieben die Partei Christophs
geradezu in die Arme der Hansestädte, wenn anders sie bei
den Zuständen in Schweden, Norwegen und im eigenen Reiche
auf der Wahl des neuen Königs bestehen wollte. Versagten
die Städte ihre Mitwirkung, so fehlte dem Reichsrath jeder
Rückhalt gegen Herzog Adolf und zunächst auch jedes Mittel,
die Anerkennung Christophs selbst in Dänemark nöthigea. .
Falls mit Waffengewalt durchzusetzen. Auf der andern Seite: j
war das Interesse der Städte an der Herstellung der Ord-l
nung in Dänemark nicht minder gross. Die Befriedigung '
ihres Verlangens nach dem Inkrafttreten aller Privilegien
und die Entferaung der Holländer aus den östlichen Ge-
wässern konnten sie von dem neuen mit ihrer Hülfe zum .
Thi-on gelangten Könige erzwingen, von einem zurückkehren- 1
den Erich nur mit Opfern erkaufen. Das beiderseitige Intei
esse führte so rasch eine Annähemng der Betheiligten her-J
bei, die ihren Ausdruck darin fand, dass Christoph bald nad
Ostern 1439 in Lübeck eintraf und hier über das Schielföall
ftiren mag, sie würden nichts erhalten, wente ich weis wol, wie ich mitf
meyme hern koninge dorane bin. Die Kaufleute wandten sich ai
Erzbischof von Lund, der sie zur Selbsthülfe aufforderte, er und diej
Bäthe könnten nicht helfen, wären aber zur UnterBtütznng bereit, wente T
der man wirt uns tzu mechtig mit dem gutte, das he euch nympt von jare
tzu jare, wente her nympts dem eynen und gibls dem andern, ihm allein
seien 40 Mann zu Oxe entlaufen; wollten die Kaufleute Gew^l Miwenden,
P. Oxe wäre reich genug, allea ai bezaUen, auch wenn der Schaden
100,000 Gulden betrage. Beschwerde vom 31. Mai 1439 panzig).
" der drei Reiche entschieden wurde '). Eine stattliche Schaar
dänischer Räthe, an ihrer Spitze der Erzbischof von Lund
und die Bischöfe von Odensee, Ripen undBorglum, erwarteten
den neuen Herren, die nahebelegenen Hansestädte entsandten
Vertreter, während der schleswigsche Herzog in der Nähe der
Entwicklung der Dinge folgte. Den abschliessenden öffent-
IUchen Akten giengen Verhandlungen vorauf, welche über zwei
^onate in Änspnich nahmen, ihren "Wirkungen sind wir oben
bereits begegnet, der Recess der schwedischen Grossen vom
Juni steht unter ihrem Einflnss. Wenige Wochen darauf, als
$e Resultate des Stockholmer Tages in Lübeck bekannt
wurden, sehtoss man ab. Am 24. Juni sagten die in Lübeck
weilenden dänischen Räthe, 37 an der Zahl, Erich fömdich
Treue und Gehorsam auf, indem sie ihre Handlungsweise genau
begründeten'), und zwei Tage darauf unterzeichneten sie
I einen Vertrag mit den Städten, weichet den Preis, um welchen
) Christoph ihren Beistand liehen, feststellte'). Zufolge
lÄer Erklärung der Reichsräthe, dem in Dänemark heiTschen-
Käen Unwesen ohne Beistand der Städte nicht abhelfen zu
Kikönnen, kommen beide Theile überein, einander nöthigen Falls
diit Wehr und Waffen beizustehen, damit das herrenlose Reich
I einem guten Regimente und die Städte zu sicherem Handels-
I "betriebe gelangten, doch müsse der hülfsbedtirftige Theil den
andern erst ausdrücklich um Hülfe angehen. Wird das Reich
■von einem auswärtigen Fürsten angegrilfen, so sind die Städte
vei-pfliehtet, dem Reiche bei der Abwehr beizuspringen, ebenso
P """gekehrt, wenn gegen die Städte ein Angriff unternommen
de. Dafür verbleiben die Städte im Genuss ihrer Pri-
pen, welche ihnen noch besonders bestätigt werden sollen.
) Vgl. Grautoff, Lüb. Chr. 2, 80.
') Huitfeld 807 nicht ganz zuverlässige üebersetzujig ins Danische,
nacb dem niederdeutschen Urtest in Danske IMagazin 3 R. ], 223—26.
£zQi^lare der Absage wurden an die Eirchenüiären in Lübeck ange-
scblagen.
') Ürk. vom 26. Juni 1439 (Lüneburg).
■ •■') Ürk.
— 84 —
wenn das Reich einen neuen König ') erliielte. Den Holländern
■wird während ilirer Fehde mit den Städten jeder Verkehr in
Dänemark untersagt, ebenso auch Rostock, wenn es sich nicht
bis zum 10. Äug. mit semem vertriebenen Rathe ausgesöhnt
habe. Der Sumizoll soll künftig nicht mehr erhoben und
Peter Oxe gezwungen werden, alle aufgebrachten Gelder her-
auszugeben, über den von anderen Vögten Erichs zu leisten- <
den Ersatz an geschädigte Kaufleute wird eine spätere Ver-I
einbarung vorbehalten. Gleichzeitig wurde ein noch weiter-'
gehender Vertrag zwischen Herzog Christoph und den Städten
abgeschlossen, in welchem diese sich verpflichteten, Erich ab-
zusagen und Christoph im Fall der Noth mit Waffengewalt
im Besitz des Thrones zu erhalten *), Herzog Adolf fand sich
nun auch in Lübeck ein und erreichte durch seine Zustimmung
zur Walil Christophs die vollständige Erledigung des Kampfes
zwischen Holstein und Dänemark um Schleswig. Der Reichs-
rath verbürgte sich dafür, dass der neue König ihn und seine
Erben mit den Herzogthümern belehnen werde, sagte ihm die
endgültige Uebergabe der nordschleswigschen Landschaften
bis zum 15, Aug. zu und räumte ihm sogar bis zur Königs-
wahl das Recht ein, die königlichen Bauern in Jütland gegen
Vergewaltigung zu schützen ; einige Herren , die sich durch
Bedrückung ihrer Untergebenen , besonders hervorgethan ,
mussten gelobenj, die Bauern hinfort nicht über das frühere
Recht hinaus zu heschatzen. Sind die Landschaften bis zu
dem Zeitpunkt einer neuen Königswahl ausgeliefert, so darf
der Herzog sich in diese unaufgefordert nicht einmischen und
nur auf Ansuchen den Dänen mit seinem Rathe zu Hülft
kommen ^).
r dieses Vertrages ~-r,
Existenz und üih<
') enen vulmechtigen konyDg.
^) Bisher ist es mir nicht gelungen, ein Exempti
in Fonn einer «thgesnedenen scrift — aulzufiniien.
«■gehen sich aus einer Instruktion Lübecks fiir '
•welche im Apr. 1441 zu Christoph abgiengen, vgl. unten S. 93.
ä) 1439 Jnli 2, Lübeck, Jahn 509. Im Texte 180 lässt Jahn ift,
seinem Aerger die Chronologie ausser Acbt'und stellt den Sachverhalt
1
lachverhalt wi^^l
— 85 —
Mit diesen Verträgen war die Grundmauer des neuauf-
zuführenden Gebäudes gesichert, es galt nun noch dasselbe
unter Dach zu bringen, die Wahl Christophs auch in Schweden
und Norwegen durchzusetzen. Das Königthum Erichs hatte
seinen Abschluss gefunden.
dar, als ob dieser Vertrag dem kalmarer Tage und den korsöer Be-
schlüssen voiaufgegangen wäre, der Reichsrath mithin Landesverrath be-
gangen hätte.
Erst als an dem Verlust der KroBCn kein Zweifel möglicli 1
war, gewann ihr Besitz für Erich einen Werth. Die Gewiss- -1
heit trieb ihn aus der Unthätigkeit zu mehrfachen Versuchen J
an, den noch unbesetzten Thron zurückzugewinnen. Fi-eilich '
raubte das Scheitern des Anachlaga auf Schweden, der unter
dem frischen Eindruck der dänischen Äufeage unternommen
war, ihm alle Neigung zu weiteren persönlichen Anstrengungen,
um so mehr suchte er nun fremde Kräfte für sich ins Feld J
zu führen. Er wurde dabei wesentlich beeinflusst von seinen 1
pommerschen Vettern, welche, nach Ablauf der lllbecker Ver-i
handlungen ihre Besitzungen in Dänemark alsbald räumen
mussten und sich nach Gothland begaben. Unmittelbar dar-
auf beginnt eine nachdrückliche Wirksamkeit von Erichs Seite.
Am Tage nach seiner Ankunft in Stekeborg beantwortete
Erich die Aufsage des dänischen Reichsraths in einer nicht
ungeschickten Entgegnung, die an die Hansestädte und die
einzelnen Landgebiete Dänemarks versandt wurde. Er konnte J
sich von ihr recht wohl eine Wirkung versprechen, da er I
noch über eine ansehnliche Schaar Getreuer gebot und auch .-^
mit den aufständischen Bauern durch den Bischof Thorlak von
Wiborg in Verbindung stand. Sie war darum zunächst auf
die Fassungsgabe des gemeinen Mannes berechnet und suchte
die Schuld an dem Verderben des Reichs auf die Keichsräthe
zurückzuwälzen, die ihre Pflicht nicht erfüllt und dem Könige
die Missstände nicht rechtzeitig aufgedeckt hätten. Mit ihrer
Einwilligung, so führte er aus, habe er die pommerschen..
i^ettern mit Lehen ausgestattet und zwar zu einer Zeit, als
Christoph noch nicht geboren war; die Feindschaft seiner Ver-
■wandten gegen das Reich sei ein Hirngespinst, wie das Ver-
halten aller Pommem während des Krieges mit der Hanse
«rwiesen habe. Er selbst habe stets das gemeine Wohl aller
-drei Reiche im Auge gehabt, sei aber durch die Ungenüg-
«ainkeit und das Ungestüm ') der Dänen, vor allem auf dem
Stockholmer Tage (1434), an seiner Verwirklichung gehindert
worden, sie treffe daher die Schuld, wenn die drei Reiche
auseinander fielen. Ebenso wies er den Vorwurf, dass er den
Reichsschatz mit sich genommen, als unwahr zurück und erbot
sich, einer Kommission die Prüfung des Eigeuthunisreclits an
den von ilini fortgeführten Kleinodien, welche grossen Theils
AUS der Aussteuer Philippas heriUhrten , anheim zu geben.
Die Anklagen in dem Aufsagebriefe seien daher unbegründet,
•^ie Aufsage selbst unredlich, Christoph aber hahe durch die
■Befolgung des an ihn ergangenen Rufes seinen dem Oheim
geleisteten Schwur, ohne dessen Erlaubniss nicht nach Dänemark
aurückzukommen, gebrochen. Dem entsprechend schliessen die
'Schreiben theils mit der Ermahnimg an den Rath, Ihm Eid
and Treue zu bewahren, theils mit der Aufibrderung an die
iCemeinden, den Reichsrath eines besseren zu belehren und
'CS nicht zu gestatten, dass der König auf so schmähliche Weise
meines Thrones beraubt werde, da er die Aufkündigung des
-Dienstes und Gehorsams nicht annehmen könne ^). Die Schrei-
■ben verfehlten nicht, in den Gemeinden die gegen die Herren be-
stehende Aufregung zu mehren, die Folgen aber traten für den
Augenblick noch nicht zu Tage, zum Theil auch, weil der Reichs-
Tath seinerseits nicht säumte, die Rechtfertigung seiner Hand-
Qangsweise allgemein kund zu thun. Gleichzeitig knüpfte Erich
oit den HoUilndera an, in deren Fehde mit den Hansestädten
') Um ihrer unmilden ghyrighet willen,
*) Huitfeld 809—817 druckt die Schreiben Erichs an den I
B Gemeinden in Sclionen nnd Fühnen und an ChriGtoph in dänischer
kicht fehlerfreier Üebersetzung ab; Aas auaführlicbste , an Fahnen ge-
richtete, ist nach dem niederdeutschen Originale gedruckt in Danske Ma-
il 3 B. 1, 226—237.
sich ihm ein neuer Hoffiiungsschimmer zeigte. ünterstHtat
von Peter Ose, beherrschten sie auch in diesem Jahre den
Sund. Während in Lübeck Über die Verträge zwischen Däne-
mark, den Städten und dem Herzoge von Schleswig verhan-
delt wurde, gieng eine starke holländische Flotte bei Maar-
strand vor Anker und Hess kein hansisches SchiÄ' unbehelligt
vorüber segeln '-). Die Ädmirale, in Norwegen sicher geleitet,
giengen Verbindungen mit Erich ein, welche zu einer gemein-
samen Botschaft an den Herzog Philipp von Burgund führten.
Erich entsandte den Grafen Alhrecht von Eberstein und Neu-
gard und den Ritter Otto Snaff*). Sie sollten ein festes
Bündniss zu Schutz und Trutz ahschliessen und bewirken,
dass im folgenden Jahre eine wohlbemannte holländische Flotte
Erich von Gothland nach Dänemark zurückführe. Hierfür
wurden Handelsfreiheiten und Vortheile gegenüber den Han-
seaten in Aussicht gestellt und deren nachdrückliche Be-
kämpfimg verheissen, Philipp, des Sachverhalts unkundig,
wurde durch die Darstellung, dass Christoph mit Hülfe der
Hansestädte Erich zu verdrängen suche und es sich hier nur
um einen Kampf gegen gemeinsame Feinde handele, leicht
gewonnen und beauftragte den Rath von Holland, ausreichende
Mannschaft nach Gothland zu* senden, welche mit Erich einen
Hülfsvertrag abschliessen und gleichzeitig die Elire und den
Nutzen Hollands im Äuge behalten sollte. Am burgundischen
Hofe war man über die Lage der Dinge in Skandinavien
offenbar nicht unteiTichtet und hoffte mit leichtem Spiel die
Handelsconcurrenz der wendischen Städte tödtlich zu treffen,
zumal Erich die beiden Sundschlösser Helsingör und Helsing-
borg der Hülfsflotte als Unterpfand einzuräumen versprach
und ihr in eigener Person bis Helsingör entgegenkommen
wollte. Der Rath von Holland und die Städte, voran Amster^
dam, giengen bereitwilligst auf den Plan ein, bewilUgten sofort
die erforderlichen Geldmittel und entsandten im Frühjahr 1440
') Lübeck an Wismar 1439 Juli II (Wismar).
'*) Die Aktea aber diese Geeandtschaft enthält das 4. Memor. Bos&i
f. 48 b, and 5. Mem. Ros. f. ÖS ff. im Reichaarchiv im Haag* knni ver- I
zeichnet in Limborg-Bronwer, Boei^oenache Charters S. 55.
I
4
I
eine Btarkbemannte Flotte unter dem Oberbefehl des amBter-
damer Schultheissen, dem fünf angesehene Männer zur Seite
standen. Seine Instnilction wies ihn an, sich zunächst die
beiden SuudschlÖsser einräumen zu lassen, ohne jedoch dem
Lande dadurch Kosten zu vemrsnchen ; im anderen Falle möge
er von der Besetzung abstehen und mit Erich, nach Verein-
barung über die Hohe der auf seine Unterstützung verwandten
Summen, auf bestiinmte Abzahlungstermine übereinkommen.
Im übrigen sollte der Vertrag nur dahin lauten, dass Holland
Erich gegen Christoph und Erich Holland gegen die wendischen
Städte beizustehen sich verpflichteten') und die holländischen
Kaufleute die weitesten Privilegien erhielten. Bevor aber die
Flotte unter Segel gieng, war der Plan Lübeck entdeckt wor-
den, es konnte ihm entgegenwirken und der Gefährlichkeit
des Unternehmens die Spitze abbrechen. Für Christoph war
die Lage nichtsdestoweniger bedrohlich, nur der kräftige Bei-
stand der Städte und die unentschlossene Trägheit Erichs
half ihm Über die Schwierigkeiten hinweg.
Christoph war mit dem Reichsrath von Lübeck nach
Kopenhagen gegangen und hatte unter dem Titel eines Reichs-
vorstehers die Regierung angetreten. An die Vögte und Lehns-
leute, welche Erich noch nicht Mannschaft und Dienst gekün-
digt, ergieng sogleich das Gebot, binnen bestimmter Frist am
Hof persönlich ihre Lehen zu Händen ties Reichsraths aua-
zuliefem, um sie nach geschehener Aufsage an Erich zurück-
zaerapfangen '}. Es galt eben, erst die Parteistellung eines
Jeden in Dänemark zu prüfen und klarzulegen, bevor man
an die Erwerbung der anderen Reiche gieng. Die Vor-
bereitungen zu einer vollstilndigen Bewältigung der Bauern
und Unterhandlungen mit Schweden wurden daneben eifiig
gefördert, nur Norwegen scheint man vor der Hand gänzlich
i Seite gelassen zu haben, da es nach der Vereinigung der
beiden Hauptreiche sich von selbst ergeben musste. Hier
■) Nicht auch gegen die Reiche Dänemark und Schweden einer- und
die preoBischen Städte andrerseits.
') Huitfeld 824, 1439 Aug, 8.
d
— 90 -
übernahmen es die um ihren Handel besoi-gten Hansestädte,
den Boden für Christoph vorzubereiten. Besonders als Rostock,
nach dem lübecker Vertrage mit vollständigem Ausschluss
vom Handel bedroht, sicli jetzt bequemen musste, seinen alten
Rath wieder einzunehmen, konnte Norwegen im Norden durch
das hansische Comtoir in Bergen, im Süden durch die rostocker
Niederlassungen in Tnnsberg und Oslo, den Hauptsitzen
erichscher Gesinnungen, beeinflusst werden^). In Schweden
verursachte Karl Knutsson die meisten Schwierigkeiten. Seine
Partei bearbeitete erfolgreich die Massen des Volks mit der
Losung, keinen Ausländer zum König. Die Verhandlung in
Jonköping, welche von den beiden Erzbischöfen von Lund
und Upsala in Anwesenheit des Hofmeisters *} Herzog Chri-
stophs geleitet wurden, führten zu keinem Ergebniss, obgleich,
die Vertreter beider Reiche für Christoph gewönne^ waren.,
Der norwegische Reichsrath hatte den Tag nicht besandt und
damit die Versammlung gezwungen, die Berathungen über
die Königswahl abermals hinauszuschieben, wollte sie nicht
gleich im Beginn sich über die Bestimmungen der Union,,
um deren "Wiederherherstellung es sich handelte, hinwegaetzMU,]
Die zum Tage Erschienenen giengen daher soweit wie nur
möglich war, schrieben eine neue Tagfahrt nach Kalmar,
1440 Juni 24, aus und erkannten ihr auch für den Fall Be-
schlussfilhigkeit zu, dass der eine oder der andere Reichsrath
— gemeint war selbstverständlich Norwegen — dort nichl
vertreten sei. Folgerichtig bestätigten sie zugleich die Unioäj
von 1438 mit Ausnahme des ersten Satzes über die Aner-
kennung Erichs, und vereinbarten einen beständigen Frieden
zwischen Schweden und Dänemark '). Karl entledigte sich
uotei'dessen schnell und geschickt seiner Aufgabe, Schweden
von allen Feinden zu befreien. Nils Stensson, der Mai-schall
Ericlis, fiel in einem Treffen besiegt in die Gefangenschaft,
erlag aber bereits am dritten Tage der im Lande herrscheiuien
I
I
1
') 1439 Sept. 9, Rostocker wöchentl. Nachr. 1755, 1
') Albert Mohrer, ein Baier.
=) 1139 Not. 3, Hadorph 139.
I
— 91 —
(Fest, Magnus Green muEste sich auf Oeland und Borkbolm
-beschränken, kleinere Schaaren wurden auseinander getrieben
oder bewältigt. Der Schluss des Jahres braclite dem schwe-
dischen Festlande den Frieden. Als daher die Sendeboten
zum jonköpinger Tage einem nach Arboga, 1440 Jan. G, ein-
berufenen Reichstage Bericht erstatteten, konnte der siegreiche
Eeichsvorsteher ihnen nachdiückhch entgegentreten und den,
■wie esheisst'), einstimmigen Beschluss durchsetzen, dass kein
Auslander zum König gewählt werden dürfe. Gleichzeitig
wurde aber die Vornahme der Königswahl auf den 29. Sept.
angesetzt und diese lange Vertagung des Terrains, welche
der mit Dilnemark geschlossenen üebereinkunft ebenfalls direkt
widersprach, Hess Karl den gewonnenen Vorsprung verlieren.
"Während er Magnus Green in seinen Festen belagerte und
auf die Nachricht vom Tode lü-öpelins nach Abo hinüber-
gieng, um die finländischen Burgen zu besetzen, konnte die
unionistische Partei ungestört ihre Veranstaltungen treffen,
um, unterstützt von den gleichzeitigen Ereignissen in Däne-
mark, die Ausführung der arbogaer Beschlüsse unmöglich zu
machen *).
Christophs Stellung war unbefriedigend : fast ein Jahr
schon im Lande und dem Ziele anscheinend um keinen Schritt
näher gerückt. Auf der einen Seite die Bauern in Bewegung,
auf der anderen der Sund, die Provinz Halland und eine Reihe
wichtiger Plätze in Händen F,richs, die Holländer mit Heeres-
macht in naher Aussicht, Norwegen feindlich gesinnt und in
Schweden das Uebergewicht auf Seiten Karls. Die arbogaer
Beschlüsse mussten bei diesen allseitig bedrohlichen Verhält-
nissen in Dänemark, dem Hauptlancie der Union, die bisher
') ut dicehatur, unaniiuiter concluserimt, ut nunquam sibi alienigen
in regem praeflcereDt sed indigeoam, Diar. Wadsten. 1>56.
'} Das Diar. WadsC, urGprünglich Erich keineswegs abgeneigt, be-
richtet S. 156: it«m marBchalcus Karolua optinuit omnia castra in
potestate, rege Gotlilandie exiGtcnte et aliquando vagante in civitatibus
maritimis tanqiiam riro stolto. Es spricht sich liier die Gestunimg des
Reales der erichschen Anhänger in Schweden, die zum Anschluss au
Christoph gedrängt wurden, aus.
auf die Unionsidee genommene Rücksicht zumckdrängen und
den Entschluss, einseitig mit der Wahl eines Königs vorzu-
gehen, reifen lassen. Am 9. April 1440 wui-de Christoph auf
dem wiborger Landthinge feierlich zum Könige gewählt und
eidlich verpflichtet, eine von den Ständen des Reichs dem-
nächst aulzusetzende Handfeste zu unterzeichnen ^). Damit
war das Grundgesetz der kalmarischen Union von 1397 für
immer durchbrochen, der Gedanke an die Herbeiführung einer
Realunion vollständig aufgegeben und handelte es sich fortan
nur noch um eine lose Verbindung durch einen HeiTseher,
die bei jedem Thronwechsel neu errungen sein wollte. Man
war sich dessen in Diinemark vollständig bewusst, handelte
aber , anscheinend in vollkommener Uebereinstimmung mit
dem 1438 abgeschlossenen und jüngst in Jonköping erneuerten
Vertrage, unter dem Druck der Verhältnisse. Um dennoch
einigermassen den Schein zu wahren, verschob man die Krft- 1
nung bis nach eifolgter Anerkennung Christophs auch inM
Schweden und Norwegen, ^
Unmittelbar nach der Wahl stellten sich die Rathssende-
boten der Städte beim Könige ein, wohnten der feierlichen
Belehnung Adolfs mit Schleswig bei und unteiTichteteu
Christoph von den Untei'nehmungen der Holländer, Der zu
Lübeck geschlossene Vertrag trat nun in den Vordergrund.
Bereits im Februar hatten die mit Holland kriegenden Städte
auf die erste Nachricht von den grossen Rüstungen ihrer
Gegner sich auf ein vollständiges Handelsverbot nach dem
Westen geeinigt und in einem allgemeinen Rundschreiben die
anderen Hansestädte zur Nachahmung des Beispiels aufge-
fordert =). Bald darauf lud Christoph die Städte zu einem
Tage nach Kolding ein, ohne dass sie in die Vorgänge in
') AarBberetninger 2, 40. I
') EecBBS zu Lünebu]^ 1440 Febr. 27 (Lübeck, Wifimar); an die 1
preusEiEchen Sta<lte ergieng eine nachmalige Aufforderung März 15
(Daiizig). In Holland herrsclite bereits Getreidemangel, ao doss das Han-
delsverbot, Btreng durchgeführt, Erfolg haben musKte, ygl. Limburg-
Brouwer a. a. 0. S. 54 zu 1440 März 2, über den Aufstand in Rotter- j
dam in Aolass der Theuerung.
p
i
— m -
ichweiieii und iu deren Folgen für Dänemark eingeweiht
■). In Lübeck glaubte man, Cliristoph werde Hülfe
die Anhänger Erichs im Lande fordern und war
durchaus nicht geneigt, sie ohne weiteres zu leisten, indem
man den Hüli'svertrag nur auf die gemeinsame Abwehr dei-
Holländer bezog. Audi hatten die Städte bisher vermieden
Erich aufzusagen und besorgten Vorwürfe von Christoph, zu-
mal sie ihn vielmehr bewegen wollten, das Handelsverbot
nach dem Westen auch für Dänemark anzunehmen, und
seiner Zustimmung keineswegs sieher waren "O. Die Gesandten
■waren noch nicht in Kolding eingetroffen, als durch einen
aus Amsterdam kommenden Kaufmann nach Lübeck die
Nachricht gelangte, zwei Ritter Erichs, darunter der er-
irähnte Otto Snaff, seien voraufgefahren, um zu erkunden, ob
^e beiden Sundsthlösser noch im Besitz Erichs wären. So-
bald sie sich dessen versichert, sollte die holländische Flotte
folgen und, falls Erich nicht nach Helsingör gekommen sei,
nach Gothland segeln, um den König zurückzuführen. Lübeck
meldete dies schleunigst seinen Rathssendeboten nach Kol-
ding und eröffnete den gleichzeitig in Lübeck versammelten
Hansestädten den Sachverhalt. Ein Sekretair des Herzogs
von Burgund, Meister Andi-eas von dem Kreutze, um dessen
willen der Tag ausgeschrieben war, hatte einen schweren
Stand. Er war mit dem fertigen Entwurf eines Stillstandes
nach Lübeck gekommen und sollte um die Zustimmung der
Städte werben. Jetzt musste er sich die schwersten Vor-
"würfe gefallen lassen und zufrieden sein, als die Städte ihn
mit der Erklärung entliessen, dass sie eine bindende Ab-
') Der BeschlusB, Obiistophs Wahl TorKunehmen, musa ziemlicb plötz-
lich gefiisat worden sein ; in der Inatrnktion Lübecks für seine Gesandten,
die Ende März, Anfang April datirt, ist davon mit keinem Worte die
Bede, Christaph neimt sie stets den lierlich.
=) Ein kurzer Bericht der lübecker Rathssendeboten über ihre Ver-
lliandlnngen mit Christoph 1440 Apr. 24 — 30 wird wesentlich ergänzt
■durch ihre Instruktion und ein Schreiben Lübecks an die tiesandten
Apr. 23 (Lübeck), Hierzu treten Schreiben Lübecks an Danzig Mai 6, 2Ö
<Danzig). an Reval Apr, 10 und Stralsund an Eeval Apr. 24 iRetal).
— 94 —
machung erst aut Grund der Zustinimimg Hollands mit ihm I
eingehen könnten. So geneigt Fie zum Frieden auf dem Boden [
des Entwurfs waren >), die Thatsachen widersprachen zu stark J
den Worten des Sekretairs und schnell einigte man sieh auf!
die sofortige Ausrüstung einer Flotte, welche den Holländeni f
den Zugang zur Ostsee zu wehren hätte ^). Wiüirend noch |
die Versammlung in Lübeck tagte, traf die angemeldete erste I
holländische Flotte, 17 Schiffe mit 1000 Bewaffneten, im Sunde'l
ein und entsandte sogleich zwei Schiffe nach Gothlaud un* 1
Erich abzuholen ^}. Auch der Herzog von Barth hatte seinfr-l
Vorbereitungen getroffen und Schiffsmannschaft angeworben, f
weklie bald Seeraiib tiieh, doch schritten die Städte rechte \
zeitig ein und verhüteten ärgeres *). Lübeck zögerte nun
auch nicht länger und erklärte Erich offen, er möge es ihm
nicht verai'gen , wenn es bei dem vom Reichsrath erwählten
Christoph Schutz für seine Kaufleute suchte, sein Handel
habe unter dem herren- und rechtlosen Zustande Dänemarks
so arg gelitten, dass es jetzt so lange Erich auf Gothland
weile, sich dem im Reiche befindlichen HeiTen zuwenden .
müsse bis die Ordnung hergestellt sei. Zugleich erbot esfl
sich zur Vermittlung, falls Erich sich seiner bedienen wolle*}.!
In Kolding wui'de unter dem Eindruck der übereinstimmen- j
den Meldungen aus Lübeck und aus dem Sunde rasch einev
Einigung erzielt, die dem Könige freie Hand liess, seine Geg-T
ner im Lande zu bewältigen und den Städten die Bewach- |
') Nur Hambnrg verhielt iich ablehnend dagegen, villiclite umme
Profits des komB nt velen landen bj der Elve belegben to hebbeade, deiJ
doch in erem bewinde nicht en sin, Lübeck an seine Gesandten, April S3^ 4
') Eflcess zu Lübeck 1440 April 17 (Lübeck).
3) Stralsund an Reval Apr. 24, ere hovedlude gan up Helsingborg
dagelikeE eten.
') Stralsund beantragte auf dem lühecker Tage, man solle die Eanb-
schlöäser dea Herzogs, in welchen die Schiffe Zuflucht fanden, iserstören,
drang aber nicht durch, man begnügte sich mit Mahnschreiben, worauf die
Klagen verstummten.
') Lübeck an K. Erich, Apr. 20 (^Danzig). Erich liess den Boten ins
GefängniSB werfen, worauf Lübeck Daiizig ersuchte, seine FreilasBung m.
I
— 95 —
ung des Suüdes und die Abschneidung des Verkehrs zwi-
schen den Holländern und Encli auferlegte '). Die Sund-
schlösser wollte man gemeinsam erobern. Der Bischof von
Roeskild auf zwei Seiten bedrängt, da auch die seeländer
Bauern sich erhoben hatten , trieb in Lübeck zur rascheren
Ausrüstung der Flotte an und ehe noch der Monat zu Ende
gieng, war der Sund auch von städtischer Seite gesperrt und
allen Ostseestädten die Durchfahrt verboten. Die lübisclien
Flottenführer wurden angewiesen, die Kauffahrteiscliiffe der
am Kriege nicht betheiligten Länder und Städte an der Fahrt
durch den Sund zu hindern, dagegen die Beschlagnahme und
die damit verbundenen späteren Beschwerden und Ersatzan-
sprüche möglichst den Dänen zuzuwälzen. Erich und die
Seinen, Holländer und Seeländer zu fangen bleibt ihnen un-
henoramen, wenn sich die Gelegenheit dazu bieten sollte,
auch dürften sie im Sunde keinem Kampf mit den Hollän-
deiTi ausweichen, ziehen sich diese in das offene Meer zurück,
so haben sie ihr Verhalten nach Uebereinkunft mit den
Flottenführem 'der andern Städte zu regeln. Bei der Bela-
geiTing der Schlösser sei Christoph zu unterstützen , ihm auf
Ansuchen nöthigen Falls auch bis zu 200 Schützen gegen die
seeländer Bauern zur Verfügung zu stellen oder die Ver-
mittlung mit diesen zu übernehmen').
Die beiden Flotten im Sunde thaten einander nicht viel
Abbruch. Die Flotte der Verbündeten war anfangs zu
schwach , um zum Angriff vorgehen zu können , zwang alter
dennoch die bald verstärkten Holländer aus dem Sunde nach
Maarstraud zn weichen. Von hier aus plünderten sie in
Ermangelung lohnender Beschäftigung die norwegischen Küsten-
distrikte, so dass der norwegische Reichsrath Erich um Schutz
Tor den eigenen Verbündeten ersuchen musste^). Als Chri-
'Stoph die Ruhe auf Seeland hergestellt hatte, nahm die Flotte
<) Christoph beHoss keine Sdiiffe und arretirte scMiesslicli xvei eng-
l't isuhe Fahrzeuge, bemannte sie uod sandte sie in den Sund. In Danzig
/crsnohle er Tergeblich Schiffe aufzukaufen."
'-) Nach dem Concept der Instruktion (Lübeck).
«) 1440 Aug. 22, Jahn S18.
I
i
— 96 —
von dem Könige zu Lande unterstutzt die Belagerung dt
beidea Sundschlösser ernstlieli auf, doch schloss Peter Oxe
einem günstigen Moment mit Christoph seinen Frieden, <
ihm im wesentlichen das Seine liess '). Bald darauf bot die
städtische Flotte den Holländern eine Sclilaclit an, doch ent-
kamen diese, gewarnt wie es hiess durch den Erzbischof von
Lund *). Sie hatten die Lage der Dinge in Dänemark weseni
lieh andei-s gefunden als sie erwartet, Erich liess sie im Stii
und war zu einer persönlichen Führung nicht zu bewegen ^)\
von einem Ersatz ihrer Kosten war keine Kede. Auf d*
anderen Seite befestigte sich Christophs Stellung von Ta(
zu Tage und drohte üire Hoffnungen auf Vernichtung di
hansischen Nebenbuhler gänzlich zu zerstören- Wollten
ihre Handelsbeziehungen zu Dänemark nicht dauemd gefthi
den, so mussten sie dem thatsächlichen Heri'scher
einlenken. Leicht gewannen sie den Erzbischof von Lund
und einige Reichsräthe als Vermittler beim Könige , und
dieser kam ihren Wünschen um so bereitwilliger entgegen,
da er in der Ausgleichung mit ihnen das geeignetste Mittel
sah, das jedem dänischen Könige lästige Band mit den Städten
zu lockern und deren Uebergewicht Schranken zu setzen *)■
Doch war seine Stellung noch nicht so gesichert, dass er ei
seitig hiitte vorgehen dürfen. Er sandte daher die holläat
lin^^l
I) Vgl. Reg. Dan. 36S6. Der Forts, des Detmar berichtet die Er-
oberung der SchlösBcr Irrthömlich erst zu 1441, Graatoff, Lüb. Chr. 2, 83.
Seine Angabe, dasa CliriEtian die Städte um Hülfe gegen Erich und die,
EolliLnder ersucht habe, wird durch das Mitgetheilte vollständig best&t
wfihrend noch Styffe 2, CXVI. Anm. an ilu'er Wahrheit zweifelt
') Lübeck meldet Danzig am 15. und 23. Aug., dass die Flotte
Kaarstrand gesegelt sei um die Holländer autzuBuchen, am 24. Aug., dasa'
sie unTerricb teter Sache zurückgekehrt sei. Der König hatte hieran zwd
engUsche Schiffe hemannt, Lübeck sieben Eolke und eine grosse Bntie,
Stralsund und Wismar je drei Holke, auaserdem alle Städte
noch 35 Segel, grosse und kleine (Dan^ig).
") Er hatte sich darauf beschränkt, im Sommer nach
überzugehen, war aber bald nach Gothland zurückgekehrt.
äea dänischen Reichsrath 1440 Juli 30 (Danzig).
■) Dipl. Norv. 5, 504.
i die^^
&tist^H
Ja
ouiuH! zuBammen
ch Ponunem hü^^f
— 97 —
iEih Unterhändler mit einigen Räthen nach Lübeck, und
hier kam ein Vertrag zu Stanfle, nach dem Holland im fol-
genden Jahre Gesandte zum Abschluss des Friedens mit dem
König und den Städten nach Kopenhagen abordnen sollte.
Die Städte widerstrebten, giengen aber im Grande doch gern
hierauf ein '■). Ihnen waren aus dem Unterhalt der Flotte im
Simde , abgesehen von den nicht geringen Kosten , mannig-
fache Uebel erwachsen, die auf die Dauer ernstere Verwick-
lungen zur Folge haben konnten. Die preussischen Städte,
durch die inneren Kämpfe in Anspruch genommen, hatten
nicht nur die nachgesuchte Hülfe gegen die Holländer, welche
1438 mitten im Frieden eine reichbeladene preussisch-livlän-
dische Flotte weggenommen, abgelehnt, sondern beschwerten
sich auch über die Sperrung ihres Handels ^. Englische und
schottische Kaufleute, welche von der verbündeten Flotte
angehalten waren und ihre Schiffe dem Könige zum Gebrauch
überlassen mussten, leisteten bei der Freigebung regelmässig
bereitwilligst das Versprechen, nie eine Nachlbrderung geltend
zu machen, bald langten aber aus England Beschwerden über
Beschwerden an über die Behinderung des freien Verkehrs
und den Bruch des 1437 mühsam geschlossenen Friedens*).
Den grössten Gewinn trug Christoph davon. Jede ernstere
Gefahr von Seiten Erichs war beseitigt, auf die Städte
brauchte er nicht mehr in so hohem Grade Rücksicht zu
nehmen wie bisher und im Lande hatte er während des
Sommers seinem Königthum in weiteren Kreisen Anhang und
') Lübeck an Wismar Sept 12 (Wismar), an Danzig Okt 1 (Danzig).
^) ReceBse der preussischen Städte zu Elbing 1440 Juni 24, Marien-
tiurg Aug. 34, Danzig Okt. 19 (Danzig).
•) Dergleiclien Verzichte finden sich in Kopenhagen und Lübeck aus
den Monaten Juni — Sept.; Widersetzliche scheinen einlach gefangen
geaetzt zu sein, wenigstens zahlen die rostocker Wetteheiren 1440 32 ^
H /f für den Unterhalt englischer Gefangener (Stadtrechn. Rostock). Ein
am 1. Sept. zu Rostock abgehaltener Städt«tag beEchloss n. a., die eng-
lischen Schiffe freizugeben, doch sollten sie ihr Korn nur in die vier
vfendiachen Städte verkanfen dürfen (Wismar). Hinsichtlich der Eraatz-
Iansprüche Tgl. Proceedings of the privj Council 5, 1137, sie wiu'den bis ■
zum utrechter Frieden 1474 hin stets wieder geltend gemacht. H
y. A. Bopp, Znr Ooscbicliti!. T ^|
i
jierieimung erringen können; er erhielt nun freie Hanil,
seine Bewerbungen um die andern nordischen Kronen mit
grösserem Nachdruck aufzunehmen. Nach der Einnahme der
Sundschlösser, als alle Gefahr seitens der Holländer geschwun-
den und diese zu Verhandlungen genöthigt waren, entsandte
er den Erzhischof von Lund und Klaus ßonuow, den Schwager
Karl KnutBSOns, mit den ausgedehntesten Vollmachten nach
Schweden und ihnen gelang es Karl durch den Hinweis auf die
augenscheinliche Umgestaltung der Verliitltnisse im Laufe des
Sommers zum Verzicht auf seine Pliine zu bewegen. Der
Preis, den sie hierfür bewilligen mussten, war allerdings sehr
hoch. Ganz Finnland erhält Karl auf Lebenszeit, Oeland und
Borkholm als Unterpfaud für die Zahlung von 40,000 Mark,
die er angeblich zum besten des Reichs aus eigener Tasche '
verausgabt hatte, jede Rechenschaft über die Verwendung '
der Keichseinkünfte seit der Entfernung Erichs aus Schweden J
■wird ihm erlassen, Beistand gegen alle seine Widei'sacher
versprochen. Siegesgewiss konnten die Unterhändler hierauf '
vor dem versammelten Roichsrathe Christophs Herrscher-
tugenden anpreisen ') und einen Vertrag eingehen, nach wel- ■
chem die beiden Reiche auf alle Fälle Frieden halten sollten, ,
welchen König Schweden sich auch wählen würde; der Aus-
gang der Wahl konnte keinem Zweifel unterliegen. Obgleich ]
Karl noch nach dieser Uebereinkunft für die Verbreitung von
Prophezeiungen Sorge trug , welclie ihm die Krone ver-
hiessen, so erkor doch die bereits im Januar nach Ärboga
ausgeschriebene Wahlversammlung Ende September einstimmig
Christoph zum König und entschied sich für den Fortbe-
stand der Union "), Allerdings versäumte man nicht, sich das '
von Dänemark gegebene Beispiel zu Nutze zu machen, gieng
') jac kan thEn tyeaäe del ey scriva, thet stora loff the honom geft-a,
Karlschr. v. 6646f. ; Erich Olai 149, dem die Saclie nicht minder verdriess-
lith ist, übereetzt es aiif seine "Weise ins Latein, indem er aus 10 100 macht. ]
-) electio, ut dicitur, iacta est ex ordinatioae praelai
«liviuft bemerkt das Diar. Wadst. löG hierzu.
t
■^ «liviua ben
m ■
aü^^OTaMtiger zu Werke , als es dort geschehen war ').
Keine der vorhandenen Parteien wollte den neuen König be-
dingungslos und ohne Entgelt auf den Thron gelangen lassen.
Hatte Christoph seinen Nebenbuhler abgekauft, um wie viel
mehr hatten nicht die Verfechter seiner Wahl, voran die
Geistlichkeit, Anspruch auf Belohnung- Schärfer als in Däne-
mark trat das Bestreben hervor, den Herrscher seinei' wahren
Macht zu entkleiden und sie den Grossen des KeJclis zu-
zuwenden, dass der Geistlichkeit dabei der Löwenantheil zu-
fiele, dafür übernahm der Erzbischof zu sorgen. Christoph
wurde von seiner Wahl in Kenntniss gesetzt und zugleich be-
deutet, dass man die Krönung erst nach Unterzeichnung einer
Handfeste vorzunehmen gedenke. Um diese zu vereinbaren
und zugleich über einige das Verhältniss der Reiche zu einan-
der betreffende Artikel zu berathen, wünsche man am 2. Febr.
mit den Reichsräthen von Dänemark und Norwegen zu LÖ-
döse zusammen zu kommen, wohin auch er BevoDmäehtigte
senden möge; nach Ordnung dieser Verhflltnisse seien sie
bereit, ihn um Johannis von Halmstad nach Upsala zu führen
und ihm die Krone aufs Haupt zu setzen *). Um Christoph
dieses Vorgehen weniger anmassend erscheinen zu lassen,
ei-suchte man ihn, den norwegischen Reichsrath nach Lödöse
zu laden, und beschränkte sich selbst darauf, diesem den
Vollzug der Wahl anzuzeigen, mit der Aufforderung, sich in
Lödöse vertreten zu lassen, um alle Streitigkeiten beizulegen,
welche sich aus dem norwegischen Einfall in Schweden her-
schrieben '),
In Norwegen war das Missvergnügen über die Handlungs-
weise Erichs seit der Ankunft Christophs in Dänemark stetig
gewachsen, obgleich der jüngst ernannte Drost und die Geistlich-
keit zum Abfall von ihm durchaus nicht geneigt waren.
Allein man empfand die Unsicherheit der Stellung und
fiirchtete einen offenen Angriff Christoplis, sobald er sich be-
•') Dipl. Norv. 5, 5C
3) B. a. 0. S. 503.
— 100 —
festigt habe. Als Erich aach nach der Ankonft der bolländi-
schea Flotte seine UBthätigkeit nicht aufgab, enischloss sich
der Reichsrath zn einem entscheidenden Schritte, am der Un-
gewissheit der Lage ein Ende zu bereiten. Im Jnli 1440
entsandte er einige ans seiner Mitte an Erich, welche ihm
die ünhaltbiirkeit der gegenwirtigen Zustände aoseinander-
setzen . die Gefahren förs Reich vergegenwärtigen nnd vor-
halten sollten , wie man um seinetvillen die Fehde mit
Schweden angefangen, von Dänemark aus durch Christoph
bedroht sei . nie die Hansestädte diesen Gegnern sich
beigesellten, die Holländer bereits rncksiclitslos die nor-
wegischen Kasten plönderten. wAhrend von dem erhofften
Entsatz durch den König immer noch nichts verlaute. Die
Abreise der Gesandten, an deren Spitze Bisehof Jens von
Oslo stand , verzögerte sieh w^en der Sundsperre bis Ende
August, doch auch dann noch hatten sie das Missgeschick,
der verbttndeten Flotte in die Hände zu fallen und von
Christoph an der Weiterreise gehindert zu werden. Erst als
der AuFfall der schwedischen Köni^wahl bekannt WTirde,
schickte er die beiden Boten weltlichen Standes nach Nor-
wegen zurück , behielt dagegen den Bischof mit allen Brief-
schaften als Geissei hei sich ';, Der norwegische Reichsrath,
von aller Verbindung mit Erich abgeschnitten, ergab sich
ins Unvermeidliche und benutzte die Einladung Schwedens
nachLÖdöse. um mit Christoph anzuknüpfen; er meldete ihm,
da^ er den Tag besenden werde, und ersuchte ihn, sich auch
daselbst vertreten zu lassen.
Die schwedischen und norwegischen Abgeordneten fanden
sich am festgraetzten Tage in Lödose ein, waien aber nicht
wenig erstaunt, als zwei Rätbe Clu-istopbs ohne Vollmachten ■
erschienen und die Einsendung der von Schweden aufgesetzten
Ai'tikel an den König forderten, ohne sich auf die Verhand-
lungen selbst einzulassen. Die Schweden, voran der Erz-
bischof von Upsala, erklärten sich hierzu nicht befugt, be-
I
^g1- die Briefe des norw, Beichsraths an Erich, Jahn SlSf. und
1 B. Audöen von StaTangor, Dipl. Norv. 5, 506.
— 101 -
standen darauf, dass Christoph sich die Hände vorweg binden
lassen müsse und verwiesen die Angelegenheit zniiick an den
Reichsrath, indem sie Karl aufforderten als Reichsvorsteher
ihn zu berufen. Ihren Missrauth gaben sie Christoph wie
dem dänischen Reichsrath gegenüber unverhohlen Ausdruck
und letzterem besonders warfen sie Theilnahmlosigkeit in den
aUen drei Reichen gemeinsamen Fragen vor, sie missbilligten
in schärfster Weise die Gefangensetzung der norwegischen
Botachafter an Erich , beklagten , dass Norwegen weder vom
Könige noch vom Reichsrathe zum Tage geladen worden und
Schweden bei seinem auf die Herstellung der Union hin-
zielenden Wirken nicht unterstützt werde'). Die einzige er-
spriessliche Folge der Zusammenkunft war ein Vertrag zwischen
Schweden und Norwegen, welcher die Zwistigkeiten beider
Reiche im allgemeinen beilegte, ohne im einzelnen eine Ver-
ständigung zu Stande zu bringen, namentlich drang Schweden
auf die Äufliebung des Zolles zu Bahus, Korwegen auf die
unbedingte Freigebung aller Gefangenen, beides sollte auf
einem späteren Tage zu Kalmar entschieden werden ').
Christoph hatte sich mit Karl auf einer Zusammenkunft
zu Anfang des Jahres in allen Dingen geeinigt und auch
den letzten bedeutenden Parteigänger Erichs, Axel Petersson,
welcher bisher Hailand vollkommen selbstständig beheiTscht
batte , durch Bewilligung persönhcher Vortheile zu sich her-
übergezogen ä). Er konnte die schwedischen Vorwürfe mit
Gleichmuth hinnehmen und die Uebersendung der Handfeste
nacJi Kopenhagen zur endgültigen Feststellung des Textes
durchsetzen. Auch dann noch beschränkte sie seine Macht
in ausserordentlicher Weise. Die im Streit mit Erich geltend
gemachten Bedingungen, Beobachtung aller besondern schwe-
dischen Gesetze und Freiheiten, Verlehnung der Schlösser an
Einheimische, Ausschluss der NichtSchweden aus dem Reichs-
rathe , wurden selbstverständlich beibehalten , \ie\ weiter-
>) Dipl Norv. 5, 507. 511.
=) Hadorph S. 141, vgl. dazu Dipl. Horv. 5, 510.
^) Vgl. das Schreiben Asels bei Jalm 520,
— 102 —
gehende aufgestellt und ausgewirkt. Die meisten königlichen
Befugnisse wurden dem Erzbischof von Upsala, dem zu er-
nennenden Eeichsdrosten und dem Lagmann von Upland über-
tragen, welche als beständiges Triumvirat in die Stelle des
erst in den letzten königslosen Jahren geschaffenen Reichs-
vorstehers eintreten und ein Mittelglied zwischen König und
Keichsrath bilden sollten. An die Vorschläge dieser drei ist
der König bei der Besetzung erledigter Keichsrathstellen und
hei der Austheilung der königlichen Schlösser gebunden.
Der also abhängig gewordene Keichsrath hat die Hofämter
des Königs, wenn dieser sich in Schweden aufliielte — Hof-
meister, Kanzler, Kammermeister u. s. w. — zu ernennen und
das gesammte Münz- und Zollwesen des Reichs zu überwachen
und zu regeln. Die Einnahmen des Staates dürfen nicht
ausser Landes geführt werden, der aus den TJeherschüssen
gebildete Keichssehatz kann nur mit Zustimmung des Rathes.
in Nothfällen zum besten eines anderen Reiches verwandt
werden'). Dagegen muss Christoph Gothland an Schweden zu-
rückbringen und sollen alle Länder, welche durch die ver-
einigte Macht der drei Reiche den Russen abgewonnen
■würden, zu Schweden geschlagen werden. Die Bedingungen
mussten ihrem Wesen nach bald als unerfüllbar erkannt
werden und Christoph hat gewiss nicht die Absicht gehabt,
sie ihrem vollen Umfange nach zu halten. Er unterzeichnete- i
sie in der sicheren Voraussicht, dass die Schweden selbst sieb
an sie nicht binden würden ').
Schon die Bestimmung, dass Christoph am 24. Juni sich
in Kalmar einfinden und von hier durch die Schweden zur
Krönung nach Upsala abgeholt werden sollte, worauf die
Handfeste in Kraft trat, konnte vom Könige nicht beobachtet
werden , da innere und äussere Verwicklungen hindernd da-
') Aticli sollen die Abgaben hinfort wie vor dem bansiscLen Eriege-
Friciis nach Wahl der Steuerzahler in Geld oder in Naturalien geleistet i
Verden könnea.
3) 1441 Apr. 25, Eadorph 145. § 8 bestimint, da^ alle auf J
Schweden bezüglichen Dokumente, welche sich in Dänemark nnd Nor-
wegen vorfindeii, bis Juni 24 nach Schweden zurückgebracht werden sollen.
— 103 -
zwischen traten. Eiü neuer Aufstand der jütistlien Bauern,
heftiger und gewaltsamer als alle frtiheren, drohte sich ober
(las ganze Reich zu verbreiten, dem Anführer Heinrich
Tagesson wurden Beziehungen zu Erich nachgesagt. Das
erste ihnen entgegengesandte Heer wurde geschlagen, Esge
Brok und ein haierscher Oberst fielen, zwölf andere HeiTen,
welche in Gefangenschaft geriethen, wurden von den er-
bitterten Massen an den Galgen geknüpft. Christoph musste
selbst gegen sie ausiilcken, lockte sie mit List aus ihrer un-
angreifbaren "Wagenburg und schlug sie in blutiger Schlacht
am 26. Mai, der Best legte nach einigen Verhandlungen
gegen Zusicherung der Straflosigkeit die Waffen nieder').
Gleichzeitig mit diesen Bemühungen um [die Nachfolge
in Schweden und Norwegen und der Herstellung der Ruhe
im Innern entzog Christoph Erich die letzten Stützen ausser-
halb der Reiche und ebnete sich auch von dieser Seite den
Zugang zum Throne. Es handelte sich hauptsächlich um
Preussen, welches seit der Wahl Konrads von Erlichshausen
zum Hochmeister von dem innem Zwiespalt befreit, seinen
Einfluss auf die Geschicke der Ostseereiche in herkömmlicher
Weise geltend machte, Christophs Regierungsantritt fiel noch
in das letzte Jahr Paul von Rusdorfs, dessen Zuneigung zu
Erich durch fortwährende Hülfenife dieses und seiner Ver-
wandten, der nächsten Nachbarn des Ordens, bestilrkt wurde,
ohne dass er bei seiner eigenen Machtlosigkeit über fruchtlose
Verwendungen für den vertriebenen König hinausgehen konnte.
Die preussischen Städte, in der Sundzollfrage durch Erich
verletzt, neigten dem neuen Könige zu, von dem sie eine
günstigere Losung erhoffen konnten, wiihrend sich für Christoph
in ihren Verwicklungen mit Holland der erwünschte Anlass
darbot, mit dem Hochmeister in Beziehung zu treten. Sein
Gesuch um Unterstützung gegen die Hollünder musste frei-
lich unter allen Umstünden ugberücksichtigt bleiben, da die
I) Vgl. Langebek Ss. rer. Dan. 1, 142. 331. Die Karlsctir. v. 6840ff.
iiilirt den Aufstand auf die Forderung des achten PfennigB durch den
König zurück. Nach ihr fielen 1400 Bauern the imdra meBt fot oc hendher
forspille.
i
— 104 —
Ruhe in Preussen noch nicht hergestellt war und Erich so-
fort mit einer ülmlichen Aufforderung hervortrat, beide aber 1
zugleich den Hochmeister um Vermittlung angiengen ')■ Diß J
Gesandtschaft, welche sich hierauf über Gothland nach Kopen-
hagen begab, führte zu keinem Ergebniss, da mittlerweile
Paul von Rusdorf seines Amtes entsetzt wurde und starb,
Cliristoph aber nach abgewandter Gefahr seitens der Hol-
länder eine andere Sprache führte. Der geschäftsgewandte
und in diplomatischen Verhandlungen vielfach erprobte Stadt-
schreiber von Danzig, Nikolaus Wrecht, welcher die Befreiung
vom Suudzoll zu erwirken hatte, vermochte jetzt dem Könige
nur unbestimmte Erklärungen abzugewinnen, welche die Ent-
scheidung bis auf die Ankunft der holländischen Gesandten
in Kopenhagen verschoben und den neu zu erwählenden
Hochmeister im voraus beeinflussen sollten *). Die Gesandt-
schaft*) kehrte nach Gothland zurück, um Erich die Än-
ei'bietungen Christophs vorzulegen, doch müssen sie diesem
nicht annehmbar erschienen sein, denn er gieng mit nach
Preussen hinüber und suchte den neuen Hochmeister füi" die
Verfechtung seiner Ansprüche nach dem Beispiel seines Vor-
gängers zu gewinnen. Der umsichtige, stets mit den ge-
gebenen Vei"hältnissen rechnende Konrad versprach gern die
Vermittlung zwischen Onkel und Neft'en zu übernehmen,
wartete aber ein gleiches Ansuchen von der anderen Seite
ab, ehe er irgend welche Schritte that. Bald* nach Erich
lan,gte in der That eine Botschaft Christophs an, welche zur
Besendung einer Tagfahrt mit den Holländern in Kopenhagen
aufforderte , daneben aber den Hochmeister angieng , alle |
') Danzig an den dänischen Reicharath 1440 Juli 30 (Danzig); Erich
an Buramer Styffe S, 283.
■-) Receaa des Städtetages zu Danzig 1440 Okt 19, Vollmacht für J
Wrecht Nov. 1, Bericht Danzigs aber den Erfolg an seine RathaseDdc- . J
boten in Lübeck 1441 Febr. 21 (Danzig).
■') Nur Wrecht gieng direkt nach Danzig znrücli. Christoph beauE- j
tragte ihn mit dem Ankauf von Schiffen, welche er zu seiner Zi
kuntt mit Karl Knutsson und den Schweden in Kalmar benüthige. Chnstoplkt
an Danzig Febr. 13 (Danzig).
I
I
— 105 —
etwaigen Klagen Erichs nicht zu berücksichtigen, und ihm
einen Bund mit Dänemarli antrug. Den Abschluss des letztem
verschob Konrad mit Hinweis auf die Nothwendigkeit näherer
Mittheilungen, zu welchen der kopenhagener Tag, den er be-
schicken zu wollen erklärte, die beste Gelegenheit biete.
Erich aber, welcher von Gothland aus seine Unzufriedenheit
mit der ganzen Welt durch vielfache Klagen bezeugte, ver-
tröstete er mit Versicherungen seiner besten Absichten, Zu
einem emstei-en Vorgehen liess er sich nicht herbei ^). Als
später der dänische Reichsrath bei Konrad Beschwerde führte,
dass Erich dänische Käthe gefangen und gefesselt halte, er-
klärte sich der Meister bereit, den Unterhalt Erichs in Preussen
zu übernehmen, wenn Christoph ihm zu dem Behuf eine an-
nehmliche Geldsumme auf Gothland verschreibe, allein Christoph
wollte hierauf nicht eingehen ^) , und damit waren auch die
letzten schwachen Versuche Erichs, Christoph den Weg zum
Throne zu versperren, gescheitert.
Nicht 80 günstig gestaltete sich das Verhältniss Christophs
zu seinen ältesten Bundesgenossen, den HansestiSdten. Sein
entgegenkommendes Benehmen gegen die Hollilnder liess hier
schon fi-iih den Verdacht aufsteigen, dass er nach Abwendung
der Gefahr auf die Städte keine Rücksicht nehmen, mit deu
Holländern einen einseitigen Frieden schliessen und die Städte-
politik Erichs in vollem Umfange aufnehmen werde. Der
Verdacht wurde bestärkt durch die ungemein nachlässige Art
der Kriegführung von dänischer Seite und durch das Ent-
wischen der holländischen Flotte bei Maai-strand, welches auf
ein Einverständniss des dilnischen Reichsraths, besonders des
Erzbischofe von Lund, mit den Holländern zurückgeführt wurde.
Diese Gerüchte giengen von Mund zu Mund und traten mit
solcher Bestimmtheit auf, dass der Erzbisehof sich gezwungen
sah, Lübeck gegenüber den Reichsrath sowohl wie sich selbst
') Vgl. Voigt, Geach.Preufiseng8,2öfE. Zu den dort angeführten Belegen
gesellen sich noch die Eecesee der Tngfahrl^n zu Kulm Jui)i 3, Mewe
Juni 12 und einige Schreiben Danziga an Lübeck und seine dort weUen-
den Rathssendeboten (Danzig).
■'} Styfle 2, 289ff.
I
i
J
- 106 -
von jedem Verdacht zu entlasten'). Seinen Zweck erreichte*
er jedoch nicht. Auf einer Versammlung der kriegfiihrenden
Städte zu Wismar theilte Lübeck mit, es sei benachrichtigt
worden, dass Christoph sich demnächst mit Holland vertragen j
werde mit Ausschluss der Städte, und schlug dageg
den Sund zu speiTen, um die Holländer mit oder gegen den
Willen Christophs von der Ostsee fern zu halten. Das hiei
mit andeiTi Worten Dänemark die Fehde ankündigen
dazu konnten sich die anderen Städte nicht verstehen.
beschloss zunächst, durch eine Boteehaft von Christoph un-
umwundene Auskunft zu verlangen und danach die erforder-
lichen Massregeln zu treffen *). Die Befürchtungen scheinen
etwas übertrieben gewesen zu sein und die augenblicklich in
Dänemark weilende preussische Gesandtschaft mag im eigensten
Interesse vermittelnd eingegriffen haben, denn bald darauf
ersuchte Christoph die Städte um Geleitsbriefe für die hollän-
dischen Gesandten zum kopenhagener Tage und liess seinen
Boten mit den diesbezüglichen Aufträgen in demselben Augen-
blicke nach Lübeck abgehen, als preussische Bevollmächtigte,
auf der Reise nach Kampen zur Verhandlung mit Holland be-
griffen, einem zahlreich besuchten Hansetage in der Travestadt
beiwohnten. Die Städte gaben dem nicht sogleich Folge, zumal
da aus dem Belte die Nachricht kam, dass die Holländer hansische
Schiffe aufgefangen hätten und in den dänischen Häfen frei
und ungehindert verkehrten. Sie beschlossen, den Ausgang
der preussisch-holländischen Verhandlungen abzuwarten und
bereiteten sich zum Kriege vor. Der aus dem erichschea
Kriege her bekannte Flottenführer Bartholomeus Voet trat
nochmals hervor und seinem Rufe folgten viele seiner früheren
Genossen, bald waren 2000 Mann von Lübeck und Hamburg-
aufgebracht und bereit, jeden Augenblick in See zu stechen")
') [1440] Okt 9 (abschriftüch in Daiuig).
") Recesa 1441 Jan. 10 (Wismar).
") Nächst dem Receese zu liübeck 1441 März 13 (Lübeck t
sioil hierfür Hauptquellen die Berichte Tidemans vom Wege und Heii
BukB an Danzig 1441 März U, 19, 20, 26, April 2, Vi, 14, Mai 2
Vorrath an Donzig Mai 1, 5 (Danzig).
i
— 107 —
Erst als die preussi sehen Gesandten in Kampeti von den
Holländern nur das Versprechen erlangen konnten, in Kopen-
hagen über die Ersatzansprüche weiter zu verhandeln, sah
man den Tag für gesichert an und fertigte die Geleitsbriefe
risus^). Auch war Christoph genöthigt, sich den Städten zu
Isähem, weil beim Ausbruch des Bauernaufstandes in Jütland
auch mit Schweden, wie es scheint in Folge der Besiegelung^
der schwedischen Handfeste in der uns vorliegenden Form,
und mit Norwegen wegen der Uebemabme der Krone durch
iChristoph, Schwierigkeiten sich erhoben, welche eine Vermitt-
mg der Städte wünschenswerth erscheinen Hessen. Indem
■ ihnen seinen Geleitsbrief für die Holländer übersandte,
ersuchte er zugleich um die Begleitung einiger Rathssende-
boten nach Kalmar, welche nöthigen Falls die Anstände zwi-
bchen ihm, den Schweden und den fjleichfalls hinbeschiedenen
Sorwegem beilegen sollten. Die Städte entsprachen dem Wun-
Khe, stellten sich zum angegebenen Termine in Kopenhagen
HD, fanden aber die Sachlage geändert und die Reise des
[Önigs in Frage gestellt. I)er schwedische Reichsrath war,
rohl in Verbindung mit dem norwegischen, mit Forderungen
lervorgetreten, welche den König bewogen, die Begleitung der
Itädte dankend abzulehnen und die Fahrt zu verschieben *).
^^ ') Bericht aber die Verhandlungen zu Kämpen 1440 April lOff.
Danzig). Der Geleitshrief ChriBtophs datirt vom 30. April, der der StMte
[od Herzog Adolfc von Schleswig vom 21. Mni (Hai^).
') Der Briefwechsel zwischen den Schweden und Christoph ist niclit
Vrhanden. Der König legte ihn den Städten vor mit der Bitte um ein
Gutachten, diese gienireo aher nicht darauf ein, weil en darone nycht
e to ladende, [syn gnade hadde wiaen rat, de des riikes legenlieyt
Visten onde em darane wol wysten to redende. Darvor de here koning
len Bteden — leet danken unde haet de stede, dat Be unde en jewelik sodanne
schrifft ayuen oidesten wolde benalen, dat se doch mochten merken, wat
ledelichejt sodanne schryfft innehelde edder nicht. Receas zu Kopenhagen
Jon. soff. (Lüheck), Dass es Eich auch um Norwegen handelte, geht aus
S.dem Bchwedisch-norwegischen Vertrage und aus der Ernennung eines
■ Vogtes iör Bergen hervor. Seit dem Anfang August handelt Christoph,
WaÜA ob er bereits KOnig in Norwegen sei. Vgl. S. 110 Anm. 2. Die
nehwedifichen Quellen und darnach Lagerbring, Jahn u. a. führen das
ffite Eintreffen Christophs in Kalmar auf den Bauemaüfetand zurück.
Die sich anscIiHessondeii Verhandlungen zwischen dem Herr-
scher und den Städten litten unter dieser Verstiminung Chri-
stophs und entfernten beide Theile noch mehi' von einander.
Die Städte forderten einen Beitrag zu den Kosten für Aus-
lüstung der Flotte im Sunde, weil der Reichsrath sie
Bemfung auf den lübecker Vertrag um Uutersttltzung
gegangen sei, Christoph stellte jedes Gesuch in Abrede
wollte von keiner Zahlung wissen, vei'stand sich auch
nach langwierigen Verhandlungen zu einer vorläufigen
stätigung ') aller hansischen Freiheiten gegen den Worllaui
des Vertrages und vertagte die endgültige Anerkennung hia
nach erfolgter Einsicht und Kenntnissnahme des Inhalts der
Privilegien. Dann sollte auch über das Schicksal des Suni
Zolls entschieden werden, auf dessen Aufhebung die preussiscl
livländischen Gesandten, unterstützt von den andern, vergi
lieh drangen*). Als inzwischen von Schweden befriedigende
Erklärungen einliefen und Christoph sich entschloss, vor An-
Ifunft der Holländer nach Kalmar zu gehen, verlangten die
Städte vom Könige die Zusage, dass er die Holländer nicht
geleiten wolle, falls der Friede mit ihnen nicht zu Stande
käme, doch wich er allen bindenden Erklärungen aus und
vei"Stand sich nur dazu, einige Reichsräthe mit der Vermittlung
zwischen den streitenden Theilen zu beauftragen. Der her-
vorragendste unter ihnen war der Erzbischof von Luud, wel-
cher private Forderungen an die Holländer hatte. Diese
langten eben noch zur rechten Zeit an, um mit Christoph
persönlich verhandeln zu können, fanden ihn durch das Ver-
sprechen, für den unbegründeten Angriff eine Geldstrafe
erlegen, rasch ab und gewannen ebenso den Erzbischof dun
aer
ndF|^H
'^9
'} Abgedr. in RoBtodter wöch. Nachr. 1756, S. 1,
*) Als eine BeachwerdeBchrift der Städte zur Verleaung gelan
unterbrach der König die Lesung mit den Worten: na den worden t
bebben se mer Privilegien unde iTjgheit iji dem riilie, 'wen de konii^
aulven befll. Im folgenden Jalire wurden in dem städtiEcbeu Archiven
NacLsucliungeD angeordnet unch dänischen Priiilegien und diese dann zam
Behuf der Uebersendung an den König transsumirt, die TraDESLunte «"ut-
den auf einem Städtetage zu Stralsund zuerst verglichen.
¥
kein Geidangebot'). Hierauf gestützt, erwiesen sie sicli gegen
'die Stallte um so hartnäckiger. Bei den einander direkt
widersprechenden Fordeningen der weuilischen Städte und
ihrer Gegner wurde der Gedanke an einen vollkommenen Frie-
den zwischen beiden Theilen bald aufgegeben, und man war
beiderseits mit einem zehnjährigen Waffenstillstände zufi-ieden,
während dessen Dauer Schiedsrichter einen Ausgleich herbei-
führen sollten. Hierzu wurden, um fürstliche Einmischungen
fern zu halten, vier Städte gewählt. Am schwierigsten ge-
stalteten sich die Unterhandlungen mit den preussisch-livlän-
disclien Gesandten, welche auf ihren Ersatzansprüchen fest
bestanden und sich bereits eingeschifft hatten, um unverrich-
teter Sache heimzukehren, als noch in letzter Stunde die
Holländer auf die nachdrücklichen Vorstellungen der Dänen
sich zur Zahlung bequemten '). Der Tag führte somit die
Herstellung des Friedens auf der See herbei und erregte
insofera allseitige Befriedigung, dagegen steigerte er in dem
Verhältniss der Städte" zu Christoph das Misstrauen auf der
einen und die Abneigung auf der andern Seite. In den Städten
h^estigte sich die Ueberzeugung , dass der neue Herrscher
die allen dänischen Königen vorgezeicbnete Politik, die Handels-
Übermacht der Hanse durch Begünstigung und Zulassung auch
anderer Nationen zu brechen, uneingedenk ihrer ihm erwie-
senen Dienste durchzuführen entschlossen war und nur unter
dem Druck der Verhältnisse nicht bereits jetzt diesen Weg
eioEchlug. Der gänzliche Umschwung oftenbarte sich in vollem
^Jfasse. als Erich die verhassten Städte um Vermittlung bei
} Am 6. Aug. gieng Christopli nach Drakor, um sich nach Schweden
einzuschiffen, indessen hielt ihn widriger Wind hia nach dem 10. Aag. zurück,
am 16. traf er in Kalmar ein. Am 9. kamen die Holländer nach Kopen-
hagen, fuhren am 10. Vormittags mit dem Erzbischof von Lnnd zum
Könige, hatten Nachmittags bereits den Frieden abgeachloaaen und waren
Dach KopenhE^en zurückgekehrt, Chsistoph erhielt 5000, der Erübischof
1500 Giüden, allein in beiden Fällen war das Geld rascher versprochen
als gezoblL
') 90OO Gulden, die Zahlungstermine wnrden von den Holländern niclit
eingehalteD und die Streitigkeiten ober den Modus der Zahlung zogen
sich durch Jahrzehnte hin.
— 110 —
Christopli ei'auchte, dieser aber jegliche Füi'spi-ache der Städte"
sieh verbat. Dies gescliab jeiioch erst, als Christoph sich im
uuaiigefocliteiien Besitz der drei Kronen befand, bis dahin
war er gezwungen, den Städten gegenüber sich vorzusehea j
und Rücksichten zu nehmen, die ihm sonst fern lagen.
Der Zugang zu den Thronen Schwedens und Norwegen!
■war ilini unterdessen in Kalraai' vollständig geebnet wordei
Der schwedische Keichsrath hatte mit den Sendeboten
Korwegen den zu Lödöse geschlossenen Vertrag dahin et^
weitert, dass beide Reiche fortan unter einem Könige bleiben
sollten, und Christoph die Entscheidung aller Streitfi'agen,
besonders wegen des Zolles zn Bahus, übertragen, seine An-
erkennung in Norwegen war damit ausgesprochen'). Chri-
■stoph selbst zögerte keinen Augenblick noch vor dem offi-
ciellen Abschluß dieses Vertrages, dem die Königswahl erst
zu folgen hatte , die königlichen Rechte in Anspruch zu neli-
men. Vor seiner Abreise nach Kalmar ernannte er einen
neuen Vogt für Bergen und stellte ihn den Städten vor mit
dem Ersuchen, ihm Unterstützung zn gewähren *). Erich, dec^
von Gothland aus Protest über Protest nach Kalmar sandte
musste sich harte Abfertigungen durch die Schweden gefalleaT
lassen, die ihn belehrten, dass auch das letzte Reich sieh
seiner entledigt hatte*). Als Christoph am 16. Aug. in Kai- .
mar eintraft), waren von den schwedischen Reichsräthen die
meisten heimgekehrt, da die zweimonatliche Verzögerung d^
Reise des Königs ihre Geduld auf eine zu harte Probe j
stellt hatte, doch stand der Krönung nichts mehr im Wega.
Karl Knutssou bereitete ihm in Stockholm einen feierlichöiB
mit
deej
idt^S
illea^
^) Aug. 10, Hadorph 143.
') Item to der Bulven tiid (.Aug. 3) do bat de erbenomede liere koning
de Etede, dat se wolden scryyen dem copmanne, dat se Byrne Togede, de
dar jegenwardich stimt, to Bergen weren gunstich unde bistendich wor he
do beboff badde, deme de stede so gerae doeii wolden- Kopenh. Becess*
'J Jahn 52Si., besonders der erste Briet TOm 8. Juli lä£st an Deut-
licUieit nichts vermissen,
*) Die Karlschr. v. 6858 und darnach Erich Oloi geben irrig: den 8. SegL i
an, es beruht wohl auf einer Verwechslung von nativitaa und assomptio iC
: aen ». ä^, n
I
— 111 —
Empfang und uuter grossem Zulauf des Volkes wurde am
13. Sept. am Moi-astein die eigeutliche Wahl vollzogen , ihr
folgte am Tage darauf die Krönung auf dem Fusse nach ').
Am Ziele angelangt, scheute Christoph sich nicht, dem ein-
stigen Nebenbuhler um die Krone, Karl, den Unterschied
zwischen Versprechen und Halten klar zu machen. Zwar er-
nannte er ihn nach wenigen Tagen zum Drosten und bestä-
tigte ihm den Besitz Oelands, belehnte auch ihn und seine
Cemahlin mit einigen königlichen Schlössern ') , als aber der
alte Di-ost Chriatiern aus Wiborg herbeieilte und über die
ihm von Karl zu Theil gewordene Behandlung Klage fülirte,
fand er williges Gehör. Karl , bereits nach der Hauptstadt
Finnlands abgereist, wurde nach Stockholm beschieden und
hier trotz aller eigenen Vorsiclit überlistet '■'). Er musste Abo
herausgeben und sich mit dem durch den Tod des alten
Drosten frei werdenden Wiborg begnügen. Die Geistlichkeit
liess den Bischofssitz nicht in den Händen ihres Feindes und
«rleichterte Christoph den Wortbmch. Als dann der König
Schweden verliess und nach der Handfeste der Erzbischof,
der Brost Kar! und der Lagmann von Upland die Regierung
übernehmen sollten, wurde Karl ausgeschlossen und zwei seiner
alten Gegner, Magnus Green und Erengisl Nilsson, in seine
SteUe gebracht ■■). Nach alter Sitte ritt der König den Winter
über seine Erichsstrasse, überall die Privilegien bestätigend
und die königlichen Aemter und Schlösser vergebend. Er
verstand es, diese massenhaften Gnadenbeweise in ein seiner
Kasse einträgliches Geschäft zu verwandeln und ohne der
Handfeste zu nahe zu treten, doch baares Geld aus dem
Lande zu führen *). Das Reich von einem Ende zum andern
1 utlagde
*) Allen kost titer konuageQ haffde, marsken then all
bciiauptet dio Karbchr. v. 69041'.
') TgL d. Urk. bei Schröder, Mon. dipl. Suec. 7, 13.
Er Uess Eich von Christopti Geleite zasagea und kam in Begleitung
D 600 Mann.
*) Hadorpb U9.
*) Für jede VerleiliuBgsurk. oder Privüegienbestätigung musste an die
Kanzlei mindosteos 20 Xobeln gezahlt werden, hiervon behielt der König
I
— 112 —
•hwandernd und alle Verhältnisse ordnend , weilte er bis
zur Mitte des folgenden Jahres in Schweden bis die Vorbe-
reitungen zur Königswahl in Norwegen vollendet waren und
die einzelnen Landschaften theils ihre Vollmacht dem dor-
tigen Reichsrath übertragen, theils Abgeordnete zur Königs-
wahl entsandt hatten. Am 1. Juni 1442 erklärten die
letzteren, 36 an der Zahl, ihre Zustimmung zu allen Be-
schlüssen des Reiclisraths über die Wahl Christophs unter
Vorbehalt der unbedingten Anerkennung aller Rechte Nor-
wegens durch den neuen IleiTscher, und widerspruchslos
konnte wenige Tage darauf in Gegenwart der Vertreter der
schwedischen und dänischen Reichsräthe zu Lödöse Christoph
zum König tou Norwegen ausgerufen werden '). Die Krönung
wurde unmittelbar darauf in Oslo vollzogen und ChiTstoph
war Herr aller drei Reiche. Erst jetzt, um dem Ganzen die
abschliessende Weihe zu geben *) , gieng auch in Dlinemark
die Krönung vor sich. Bald nach der Rückkehr Christophs
aus Norwegen setzte der Erzbischof von Lund ihm zu Ribe
die Krone der dänischen Waldemare aufs Haupt, das Werk
Margarethas schien vollständig wiederhergestellt zu sein ^).
Und doch hatte man in Wahrheit dessen Fundamente
hinweggeschafft und das Gebäude mit einem leichten, unhalt-
dJB U&lfte. Die Karlschr, und Erich Olai Eagen ilun Gogar na.ch, dass er,
mn mehr Geld zu machen, dieselben Schlüsser an 3 oder 4 Leute
hintereinander verliehen habe, woraus eine Unzahl Streiligkeiten ent-
standen seien.
>) Tgl. Dipl. Norv. 3, 557; 5, 514. Die in Lödöse anweseade Geist-
lichkeit ist Tollständig aufgezählt in einem Ablasshriefe lom 9. Juni &
a. 0, 4, 647.
') Nicht ohne Absicht heisst es in der Über den Krönnngsakt ange-
nommenen Urkunde, derjErzb, von Land habe nach geleistetem ThroneidB
eundera dominum Christophoium in arcb'regem regni Daniae gekrönt.
Pontoppidan, Ann. eccl. Dan, 2, 587.
*) Am 1. Jim. 1443; am 7. erhielt die Geistlichkeit zur Belohnung
einen Schiedsspruch des Königs, wonach die missbräuchliche Misdening
-dea 10, zum 15. aufs Strengste untersagt und die Zehntahgobe in volleq
Umiange eingeschärfl wird, Pontoppidan a. a. 0. S. 589. Am 8. 'vrird
Sg. Otto von Brannschweig- Lüneburg zu unserm tegetichen Iio%estndä
nnd rate mit einem Jahrgelde von 300 .^ aufgenoinmen. Styffe 2, 397,
- 113 -
baren Dach gekrönt. Lediglich in der Person des Königs
und auf die Zeit seines Lebens war die Vereinigung der drei
Eeiche ei-neuert worden, weniger aus Vorliebe für den Ver-
band als aus gegenseitiger Abneigung und Neid der Grossen
den Reichen, Das neue Gnindgesefz , der Vertrag von
1438, gab jedem Reiche nach dem Tode Christophs sein fi-eies
.Wahlrecht zui'ück. Der König aber, der Repräsentant der
Union, hatte in wesentlichen Dingen an Machtfülle eingebüsst
nnd war an Handfesten gebunden, die ihm die Wahl liessen
unter OberaufsieJit der drei Reichsräthe zu regieren und sich
ihi-en Winken zu fügen oder mittelst Eidbruches selbst die
Leitung in die Hand zu nehmen. In dem Kampfe des dritten
Standes gegen den Adel und das Königthum hatte dieses den
Adel stützen und an der Vernichtung der bäuerlichen Frei-
heiten mitwirken müssen, um schliesslich dem Adel gegen-
über selbst einen Theil seiner Rechte einzubüssen. Der
Adel allein hatte dauernde Vortheile erworben, voran die
hohe Geistlichkeit, in welcher sich das ganze Jahrhundert
■ bindurch die modificirte Uuionsidee recht eigentlich verkör-
H^rte. An eine innere Verschmelzung der drei verwandten
H Völker dachte niemand mehr, im Gegentheil die grösstmög-
BjKche Absperrung gegen einander, die Femhaltung jedes
^piomentes, welches für die Vei-mischung ausgebeutet werden
|!lU)nnte, wurde dem gemeinsamen Könige vorgeschrieben.
Äengsthch achtete jedes Reich darauf, dasskein Ausheimischer
Lehn oder Aemter erhielt, er sei (ienn zugleich anderweitig
bereits mit liegender Habe im Lande ausgestattet. Ein allen
di'ei Reichen gemeinsamer Krieg, wie ihn Erich dreissig Jahre
hindurch geführt hatte, war fortan unmöglich, der König war
nicht mehr im Stande, zu Gunsten des einen Reiches die
andern zu den Lasten heranzuziehen, er war an die Zu-
stimmung der Reichsräthe gebunden. Je mehr und je lauter
in der Folgezeit von der Union gesprochen viirde, um so
weniger sah man auf ihren Kern ; erfolgreich war der Ueber-
gang von der durch Margaretha angestrebten Realunion zur
Ausbildung einer lockern und losen Vereinigung unter einem
■igemeinsamen Herrscher vollzogen worden, nunmehr musste
Hier Hintritt des jetzigen Herrschers entscheiden, ob man hier-
^B >. 3. Kopp, Zur GeB<:hiFlitv. %
1
I
I
I
I
- 114 -
bei stehen bleiben oder den Sonderbestrebungen noch weiter.!
bis zum Aiiseinanderfall in drei Einzelstaaten nachgeben |
werde.
Der mittelbare Urheber dieser Veränderungen. Erich,
fristete sein Leben auf Gothland mit der Beute, die seine
Schiffe von ihren Raubzügen auf der Ostsee, besonders in
den schwedischen Scheren , heimbrachten. Mannigfache Ver-
suche des Hochmeisters, der Hansestädte, Christophs, diesem
Treiben Einhalt zu gebieten, fruchteten wenig oder nichts,
da sie von Christoph, dessen Untertlianen in Schweden zu-
meist darunter litten, ohne Nachdruck angestellt wurden, die
ersteren von ihm keine Unterstützung erhielten. Als nach
dem Tode Christophs Karl Knutsson auf den schwedischen
Thron gelangte, erachtete er es für seine erste Regenten-
pflicht, Schweden die langentfremdete Insel zurück zu er-
obern. Dänischei' Entsatz bewahrte Erich vor der Gefangen-
schaft, doch musste er die Insel meiden und sie seinem Be-
freier Christian abtreten. Er gieng in die Heimath nach
R^enwalde und setzte sein gewohntes Leben fort, nur die
immer von neuem erschallenden Klagen über die Seenluberei
der Seinen bekunden sein Dasein. Bis an sein Lebensende
bewahrte er seine Gesinnungen gegen die Städte und gab
ihnen zuletzt noch dadurch Ausdruck, dass er dem grossen
Bunde deutscher Fürsten gegen das Bürgerthum beitrat und
wenigstens seinen Fehdebrief nach Nüi-nberg sandte. Bald
darauf starb er unbetrauert und verlassen, noch im Tode
Zwist erweckend zwischen den Erben seiner aus Dänemark
geretteten Schütze und seines Landes, den vorpommerschen J
und den stettiner Herzogen.
Er hatte das Werk Margarethas innerlich vernichtet, dasJ
Eönigthum geschwächt und in gleichem Masse die Macht der I
Aristokratie gehoben, zur Unterdrückung des Bauernstandes!
in Schweden und Dänemark seinen Antheil beigetragen!
und das Handels- und politische Uebergewicht der HanseJ
im Norden Europas für das ganze Jahrhundert bis zumJ
vollständigen Auseinanderfall der skandinavischen Reiche]
befestigt.
Anhang.
[Die schwedischen Geschichtsquellen des fünfzehnten
Jahrhunderts.
Die einli ei mischen Quellen zuv scliweilischeu Geschiclite
beginnen erst in der zweiten Hälfte des Mittelaltei's reicher
und voller zu fliessen. Während im benachbarten Dänemark
die mittelalterliche Historiographie gleichzeitig mit dem poli-
tischen Aufschwung des Reichs an der Scheide des 12. Jahr-
hunderts in Saxo Gramraaticus ihren Höhepunkt erreicht, er-
hält Schweden zur Zeit seiner Unabhängigkeitskampfe gegen
die Unionskönige die ersten zusammenhängenden Darstellungen
seiner Geschichte. Ein nationaler Held lockt freilich bereits
zu Beginn des 14. Jahrhunderts einen in der Muttersprache
geschriebenen biographischen Versuch oder besser eine Art
Familienchronik hervor, doch ist die Anregung zu diesem
Werke von aussen her erfolgt: das Beispiel des unter dem
Einäuss der geistig regeren Kreise am norwegischen Hofe
stehenden Dichters fand in seiner Heimath keine Nachahmung.
Die Annalenwerke der früheren Jahrhunderte — so werthvoll
Lauch ihr Inhalt ist — beruhen in ihren älteren Theilen durch-
■weg und fast ausschliesslicli auf dänischen Aufzeichnungen,
l-nur vereinzelt und spärlich begegnen wir zu Anfang schwe-
dischen Nachrichten. Allmählich mehren sie sich wohl, aber
geraume Zeit verftiesst, bevor die schwedische Annalistik sich
. freier und selbstständiger zu entwickeln beginnt und das enge
welches sie mit der dänischen verknüpft, lockert und
Auch dann aber treibt sie keine vollen reichen Blüthen,
I
— 116 -
bereits zu Beginn des 15. Jahrhundeils stirbt sie ab, einige
spärliche Schösslinge btos erreichen den Ausgang des Mittel-
alters. So viel auch verloren gegangen sein mag, die auf uns
gekommenen Reste zeigen zur Genüge, dass der Sinn für diese
Gattung historischer Auizeichoungen im schwedischen Lande
nicht sehr verbreitet gewesen ist. Besser erging es einem an-
deren Zweige der Geschichtsschreibung, welcher die beengen-
den Schranken der Annalistik überschreitend an den ersten
gelungenen Versuch einer Reimchronik in heimischer Sprache
anknüpfte. Mehr als hundert Jahre nach der Niederschrift
des ersten historischen Heldengedichts bewog die glänzende
Erscheinung Engelbrechts einen Sänger dazu, sich jenes zum
Muster zu nehmen und seinem Volke die Si^eslaufbahn des
aas dem Volke henorgegangenen und füi' das Volk kämpfen-
den Befreiei-s Schwedens vom dänischen Joche vorzuftlhren.
Zwar wurde die Absicht theilweise vereitelt oder nicht völlig
erreicht, doch war der Änstoss gegeben. Der glückliche
Nebenbuhler Engelbrechts und Erbe seiner Machtstellung,
Karl Knntsson. griff den Gedanken nach dem schmählichen
Falle des Seiden seinerseits auf und liess an das seinem G^ner
gesetzte biographische Denkmal eine Schilderung seiner eigenen
Thätigkeit anknüpfen. Auf sein Geheiss ward nun auch das
älteste Gedieht, die Erichschronik, mit diesen jüngeren za
einem ganzen verbunden und Schweden auf diese Weise mit
einer Reimchronik beschenkt, die volle 200 Jahre schwedischer
Geschichte behandelte und in der Verherrlichung Karls, des
angebliehen Nachkommen Erichs des Heiligen, gipfelte. Hier-
bei liess Karl es nicht bewenden. Ihm verdanken wir nach
allen Seiten hin eine erhöhte Thä^gkeit auf historiographi-
schem Gebiete, Abgesehen von den durch ihn veranlassten
Spielereien, wie die zum Memoriren der schwedischen Königs-
namen geeignete sog. kleine Reimchronik, oder historisch werth-
losen Arbeiten wie die kleine ebenfalls in heimischer Sprache
geschriebene Prosachronik, die sich gleicher Weise als ein Leit-
faden für den Unterricht in der vaterländischen Geschichte
betrachten lässt, verfasste vor allem der gewöhnlich als Vater
der schwedischen Geschichtsschreibung bezeichnete Erich
in Karls Auftrage die erste ausführliche Darstellung der
I
vaier ^h
i Olaifl
J
- 117 -
'Bammtgffichichte seines Vaterlandes. Karl hat sich um die
schwedische Historiographie seiner Zeit ein unleugbares Ver-
■dienst erworben, er vorzüglich hat die Fedeni in Bewegung
■gesetzt, Danlf welchen die Quellen zur Geschichte des 15. Jahr-
hunderts jene der vorhergehenden Zeiten so weit üben-agen.
Und der von ihm ausgehende Antrieb wirkte auch nach seinem
'Tode fort. Die grosse Heldenreimehronik, in der Muttersprache
abgefasst, forderte zu Fortsetzungen auf, an welchen die Stures.
die Verwandten und Erben Karls, nicht unbetheiligt sind. Ah
aber der letzte Arbeiter auf diesem Felde, ein wadstenaer Mönch
des 16, JaJirhuaderts, unwillig über das Vordringen des Luther-
tiiums die Feder niederlegte, da übernahm es Olaus Petri,
ein Schüler Luthers und Melanchthons , im Auftrage Gustav
Wasas seinem Volke von protestantischem Standpunkte aus
in ungebundener Rede die SchicksaJe seiner Vorfahren zu
schildern: sein Vorbild war die Chronik des Erich Olai.
Das enge Abhängigkeitsverhältniss der schwedischen An-
nalenwerke von den historiographischen Arbeiten im stamm-
verwandten Dänemark hat Dietrich Schäfer in seiner treff-
lichen Schrift „Dänische Chroniken und Annalen von der Mitte
des 13. bis zum Ende des 15. Jahrhunderts" S, 90 ff, des
'näheren nachgewiesen; er hat gezeigt, wie die Anfänge aller
'schwedischen Jahrbücher aus dänischen Quellen geschöpft sind,
, wie die gesammte schwedische Historiographie auf dänischer
■ Grundlage gleichsam erwachsen ist. Von Dänemark ausgehend
•und danach seine Aufgabe begrenzend, hat Schäfer die im
■nachfolgenden besprochenen Ereignisse der schwedischen Ge-
schichtsschreibung im 15. Jahrhundert nicht in den Kreis
.seiner Untersuchungen hineingezogen'). Auf schwedischer Seite
df^egen scheint man seit dem Erscheinen der Scriptores
irerum Suecicaruni von Fant (und seinen Fortsetzern) ^ der
Ansicht zu leben, als seien die Quellen der heimischen mittel-
alterlichen Geschichte soweit geläutert und rein, dass es ihrer
') Mit Ausnahme der unt«r Nr. 7 ziiaammeDgefassten Werke.
') Bd. 1 erschien 1818 nach dem Tode Fants herausgegeben von
Lindblom, Äuriville und Geijer : Bd. 2 1328 unter Redaktion von Geljer und
Schröder. Von dem 3. ist bisher die Sectio poBterior (I87I) erschienen,
'Me Herausgeher sind nicht genannt.
— 118 —
kritischen Sichtung nicht mehr bedürfe: in wie weit dies für
das 15. Jahrhundert zutrifft, mögen die folgenden Zeilen zeigen.
Die in Schweden vor der Ausgabe der Ss, rer, Suec. erschie-
nenen quellenkritischen Arbeiten richten ihr Augenmerk ent-
weder auf bestimmte einzelne Annalen oder Chroniken, deren
Inhalt ohne Rücksicht auf verwandte Vorlagen oder Ableitungen
geprüft wird, oder sie suchen den Entwicklungsgang der
schwedischen Historiographie übersichtlich darzustellen. Bei
den letzteren wird die Zeit bis zur Mitte des 16. Jahrb. regel-
mässig mit einigen Sätzen abgethan, die ersteren dagegen
leiden durchweg an ungenügender Berücksichtigung der Ueber-
lieferung und Mangel an kritischer Combination. Als Beispiel
der übersichtlichen Darstellungsweise mag die Abhandlung von
Shering Rosenhane genannt werden'), welche Rühs in der
Einleitung zum ersten Bande seiner schwedischen Geschichte
auBzüglich wiedergiebt; der bedeutendste Vertreter der anderen
Gattung ist zweifellos Erich Benzel d. J., der die erste ge-
lehrte Gesellschaft in TJpsala stiftete und u. a. die heute noch
nicht ganz werthlosen Acta literaria Sueciae herausgab *).
Von den neueren hat G. E. Klemming weitaus die gi-ösaten
Verdienste in Bezug auf Herstellung korrekter Texte mittel-
alterlicher Geschichtsquellen. Wird auch im folgenden häufig
seinen ßesultateii widersprochen, so hat doch erst seine Aus-
gabe der schwedischen Reimchroniken eine Untersuchung der-
selben ermöglicht.
1. Reimchroniken, Die gesammteu reimchronikaüschen
Aufzeichnungen aus dem schwedischen Mittelalter wurden seit
ihrer ersten unvollständigen Veröffentlichung durch J. Messenius
') Rede beim Kintritt in die kgl. vitterhets bistorie och antiquitete
äcademie, ImndliDgar 5 S. 223 — 285. Leider ist mir die anscheinend tüch-
tigere Arbeit Ton Stiernmaii, Tal om tarda weteuskaps tillütand i Svea rilte
ander patVedom, nicbt zugänghch.
') Die einleitenden Bemerkungea Senzela zu seinen Ausgaben, wie
z. B. zu den Mon. veL eccl, Sveo-Goth. Ups. 1709, sind weit klarer und
kritisch schärfer als die von Fant u. a. in den Ss. rer. Suec. Ein voll-
Btandiges Verzeichniss der Arbeiten dieser und anderer Männer giebt die
Bibliotheca Wst. Sveo-Goth. von Wamholiz, Stockh. 1782 — UpaaL 1817,
14 Bde.; vgl. besonders Nr. 2493 S., Nr. 9010—33 und dann unter deni
einzelnen KOnigen.
I
— 119 —
1615 bis auf die jüngste Zeit hinab rein äusserlich dem Um-
fange nach auf zwei Hauptgruppen : die grosse und die kleine
Reimchronik vertheilt. Bereits Hadorph (1674) und Fant
(1817) wiesen beiden Theilen mehrere Verfasser zu, ohne je-
doch die einzelnen Bestandtheile und deren Zusammensetzung
näher zu untersuchen. Die Glaubwürdigkeit vornehmlich dei-
grossen Reimchronik, der anerkannt ersten Quelle für die
schwedische Geschichte des 14. und 15. Jahrhunderts, stand
so unantastbar fest, dass jeder Einspruch gegen die Zuver-
lässigkeit einzelner Angaben nur schüchtern laut zu werden
wagte und jede Nachforschung nach Verfasser und Äbfassungs-
zeit unterblieb. Einen nicht geringen Theil der Schuld hier-
an trägt Fant. Er hat in seiner Ausgabe ') die Hand-
schriften in so durchaus ungenügender Weise behandelt, dass
jede Untersuchung über den Bau der Reimchroniken gleich
an der Frage nach der Ueberlieferung scheitern musste.
In gerechter Würdigung dieses Missstandes hat der verdiente
und bewährte Herausgeber altschwedischer Texte G. E. Klem-
ming die „Svenska medeltidens rimkrönikor" in den Samlingar
utg. af Svenska Fornskrift Sällskapet (Thl. 17, 3 Bde. Stock-
holm 1S65 — 1868) von neuem in vorzüglicher Weise edirt und
durch eine eingehende Beschreibung der Handschriften das
hier gerade wesentlichste Hinderniss jeder Untersuchung hin-
weggeräumt. Klemming hat zuerst mit der unhaltbaren her-
gebrachten Scheidung in grosse und kleine Reimchronik auf-
geräumt und die von ihm als selbstständige Werke behau-
delteu Theile mit entsprechenden Namen versehen. Im nach-
folgenden sind diese beibehalten worden, obschon unsere Er-
gebnisse nicht überall mit denjenigen von Klemming überein-
stimmen.
') Ss. rer. Suecic 1, 1 S. 251—262; 1, 2 S. 1—212, Wie untlarFant
das VerhältDJss der im jolgenden näher zu entwickelndea RedaktJoneD war,
möge ein Beispiel zeigen. In seinem ersten Prooemium zur sog. grosBen
Keimchr., a. a. 0, 1, 2 S. 3 verEchmelzt er die beiden Einleitungen von
1452 und 1520 dergestalt, dass er v. 1—4 der von 1452; v. 5— 12U der
von 1520 und die letzten 12 Verse wieder der von 1452 entnimmt und hier*
auf erst in zweiter Linie beiläufig die Vorrede mitlheilt, welche wir jetzt
als die uraprQngliche von 1320 erkennen, vgl. die angeAihrlen Verse bei
Klemming 1 S. 1Ü3, v. 1 -4; 193 v. 5—130; lü4 v, 45-56.
<
^
— 120 -
a. Erichschroniki), Die älteste schwedische Chronik
in dichterischem Gewände, die alte oder Erichschronik , be-
handelt in 4543 Versen die Jahre 1229 — 1319, will aber
keineswegs die gesammte schwedische Geschichte dieser Zeit
darstellen, sondern die Schicksale des folkunger Hauses und
speziell Hei-zog Erichs (f 1318), des zweiten Sohnes von König
Magnus Ladulas, schildern. In den Kämpfen des eriehschen
EÖQJgshauses mit dem swerkerschen gewann das Geschlecht der
Folkunger seine Machtstellung, setzte sich zu Beginn des 13.
Jahrhunderts in den Besitz der Jarlwürde und gelangte 1 229
durch die Empörung des folkunger Knut Johannsson anf den
Thron. Zwar entriss der vertriebene Erich Läspe bereits 1234
seinem Nebenbuhler die Krone, doch starb 1250 mit ihm das
Geschlecht Erichs des Heiligen aus und der folkunger Birger
Jarl erwarb nun dauernd seinem Hause die Herrschaft aber
Schweden. — Mit der Erhebung von 1229 setzt nun der Ver-
fasser der Erichschronik ein, berichtet kurz über die Kämpfe
Knuts mit Erich und die Regierung Birgers , etwas ausführ-
licher schon über die Streitigkeiten unter den Söhnen des
letzteren bis zum Siege des Magnus Laduläs und knüpft dar-
an eine Schildemng der RuKsenkriege, die zu der Königskrönung
Birgers 1301 hinüberleitet. Von hier ab, v. 1832 ff., tritt
durchweg der zweite Bruder des Königs, Herzog Erich, in den ,
Vordergrund. Er wird der Held des Gedichts und nimmt von
seiner Brauttahrt nach Norwegen 1301 bis zu seinem Hunger-
tode 1318 die Aufmerksamkeit des Verfassers allein in An-
spruch. Alles was aus diesen Jahren berichtet wird, steht in
Beziehung zu Erich und den Kämpfen, die er in Gemeinschaft
mit seinem jüngeren Bruder Waldemar, mit König Birger.
mit Dänemark und Norwegen zu bestehen bat. Wir erhalten
eine im wesentlichen treue aber durchweg parteiisch gefärbte
Darstellung des Bruderzwistes. Der dramatische Absehluss wird
erreicht durch die Vertreibung des Brudermörders BIi^ct aus
dem Reiche, der Enthauptung seines Sohnes und der KönigswaM
von Magnus ,des dreijährigen Kindes des „milden Herzog" Erich,
') Gedruckt Klemmiog 1 S. 1 — 160; HandacJirifteiibescbreibang 3
243— 21Ü. Drei Hbb. enthalten die EricbBchromk als selbBt ständiges Werk, J
Nachwort 3 S. 283—288.
i
I
I
Die Chronik veiräth ein nicht alltägliches Dichtertalent,
Vena auch die Einleitung zum Erichsgedicht für ein Kunst-
produkt zu lang gerathen ist. Die Jahre 1229—1298 bean-
spruchen rund 1400, die folgenden 20 Jahre bis 1318 rund
3200 Verse. Die Persönlichkeit des Verfassers ist unbekannt,
doch haben wir ihn am Hofe Erichs zu suchen. Die Ereig-
niflse seit mindestens 1302 hat er miterlebt und sein Werk
1320 vollendet. Er selbst erwähnt freilieh seiner eigenen
Persönlichkeit so selten, dass aus den vereinzelten Stellen nur
wenig zu entnehmen ist. 1307 hält Herzog Erich zu Kong-
häU Hof, dem der für gute Speise und Trank sehr eingenom-
mene Verfasser beiwohnt.
„viin ok miöd, öll ok most
var ther yffrit til reet
mik thotte, at jak halfuer ey seet
en vänare kost an ther war"
heisst es v. 2691 — 94. Ebenso schildert er aus eigener An-
schauung den prächtigen Saal, den Erich nach seiner Ver-
mählung 1312 zur Aufnahme seiner Gäste in Lödöse erbauen
liess
„swa wiit jak haffuer om landen farit
jak saa an aldrigh annan slik,"
vornehmlich die Vorbereitungen zum Mahl finden seine unge-
theilte Bewunderung „ädlare kost haffuer jak ey seet" v. 3533,
34; 52. Von anderen Stellen, in welchen sich der Dichter
selbst einfuhrt — v. 1007 (1278) liffwa nw nokre raen thet
mwna, ähnlich v. 1455 (1298); v. 2713 f. (1307) u. a. —
sehen wir ab, da dergleichen Wendungen bei Reimchronisten
noch keine untrüglichen Schlüsse auf die Berichterstattung
eines Augenzeugen an den Verfasser zulassen '). Dagegen be-
findet sich dieser überaus häufig im Gefolge Erichs, ohne dass
er es direkt ausspricht. Wollte man alle diese Stellen auf-
\
') Klemming a. a. 0. 3 S. 284 stellt gerade dieee Stellen als die wicb-
tigsten Torao , and ebenso citjrt Geet« Stadier rärsiude Sveriges Toman-
tiska medeltids diktning 1 Eufemia - visoroa Ups 1875 S. 4 Anm. r. 1007
als hauptsächlichen Anhaltspunlct tUr die Alterabestimmnng der Ericha-
chionik.
so erhielten wir ein fast vollständiges Itiaerar
Herzogs, im folgenden sind daher nur einige aus Anfang,
Aütte und Schluss der Laufbahn Erichs herausgehoben.
Das nahe Verhältniss des Dichters zum Herzoge tritt zum
ersten mal bei der Vermählung König Birgere heiTOr. Der
Verfasser kennt die Umgebung Erichs, der bei dieser Gelegen-
heit zum Ritter gesehlagen wurde, er weiss was in seiner Her-
berge am Morgen nach der Hochzeit vorgeht und versteigt
sich nach einer glänzenden Charakterschilderung seines in der
der Geschichte ränkevoll und verschlagen erscheinenden Hel-
den zum Vergleich „hertugh Erik wäre thz eii engel aflf hym-
merik" u. s, w., v. 1428 ft'., während er des Herzog Walde-
mar, des Marschall Thyrgil u. a. hervorragender Pei-sÖnlich-
keitefl, die beim Fest zugegen waren, mit keinem Worte ge-
denkt. Als dann 1302 Erich nach Norwegen zieht, um seine
Verlobung mit der Tochter König Hakons zu feiern, folgt der
Verfasser ihm nach. Ohne irgend welchen Grund werden eine
Reihe von Persönlichkeiten am norwegischen Hofe aufgeführt,
die mit Herzog Erich durchaus nichts, geschweige denn mit
Schweden, zu schatfen haben, deren Namensnennung sich nur
aus ihrer persönlichen Bekanntschaft mit dem Verfasser er-
klärt. So erwähnt er z. B. v. 1894 — 1901 vollkommen episo-
denhaft ohne jeden weiteren Zusatz den Tod des ,,herra Vinz-
leff,"' in dem wir "VVizlaf H von Rügen zu erkennen haben,
von dem weder vorher noch nachher die Rede ist.
„Til varfrw kirkio the han baro
the ädlo herra som ther waro
L ok lägdou fore högha altare nid
I som an er i margom landom sidh
H thz man pläghar herra wel begaa"
H lautet es dann, und hier zwingen sowohl Ortsangabe wie die
I Bemerkung über den Begräbnissgebrauch dazu, den Verfasser
I unter den Leidtragenden zu suchen. Dem entspricht die tief
■ ins Detail gehende Schildei-ung des ehrenden Empfangs, wel-
■ eher dem Herzoge Erich am norwegischen Hofe zu Theil wurde
H und ebenso des herzhchen Abschiedes, als dieser vier Tage
■ nach dem Leicheub^ängniss des Wizlaf nach Schweden zurück-
■ kehrte. Endlich am Schluss der Laufbahn Erichs gehört der
L . j
I
I
I
I
- 123 —
Dichter zu den Begleitern seines Herrn, die nftch der Gefangen-
nahme der beiden Herzöge ausgeplündert und dann zum Theil
gegen Leistung des Versprechens nichts gegen den König zu
unternehmen, entlassen wurden. Die Einzelheiten werden so
genau erzählt, der Dichter ist mit allen selbst den unterge-
ordnetsten Persönlichkeiten, welche in irgend einer Weise bei
den schmählichen Vorgängen betheiligt waren, so vertraut —
z. B. V. 3871
„en tyzsk heet Walram Skytta
han lagda boyor at thera been"
V. -3893 if., der Tod des Kitter Arvid, v. 3914 ff., das Be-
nehmen K. Birgers a. s. w. — dass er, der sich unmittelbar
darauf, v. 4061, für den Tod Erichs ausdrücklich auf Bericht-
erstatter beruft, sich unter den ihrer ,,wämpter ok hosin" be-
raubten befunden haben niuss.
Werden diese Stellen genügen, um die engen Beziehungen
des Verfassers zu Herzog Erich von dessen erstem Auftreten
bis zu seinem Tode darzulegen, so ist daneben die besondere
Kücksichtsnahme auf die im ganzen Gedicht nie bei Namen
genannte Königin Eufemia von Norwegen hervorzuheben. Sie
begrUsst herzlicher als alle andern Herzog Erich, als er auf
seiner Brautreise nach Oslo kommt, v. 1887 ff., dem entspricht
der Grad ihrer Trauer bei seiner Abreise, v. 1916 ff,; sie
legt für Erich ein gutes Wort ein, als die beiden Bi-üder vor
Birger nach Norwegen fliehen, v. 2232 ff. ; gegen ihren Willen
wird die Erich verhiessene Tochter von Hakon dem Sohne
Birgers verlobt, v. 3102 ff-, die Heirath kommt aber nicht zu
Stande und zu ilirer Freude erhält Erich nun doch die Hand
der norwegischen Erbin, v. 3570 ff. Enfemia war deutscheu
Ursprungs, eine Tochter Günthers von Arnstein, Grafen von
Ruppin. Sie hatte die ihrem Hause eigenthümliche Vorliebe
für Dichter und Sagen mit au den norwegischen Hof hinüber-
genommen und veranlasste nach der Verlobung Erichs mit
ihrer Tochter in den Jahren 1302, 1308 und 1312 die soge-
nannten Eufemiavisor , d. h. sie Hess die bereits in nordische
Prosa übersetzten Sagas Iwan och Gawian und Flores och
Blanzeffor versificiren und den hertig Fredrik af Normaudie
I
i
r
. dem deulschen ins schwedische übertragen'). In
schönen in allen ritterlichen Künsten geübten , dabei ein-
nehmenden und staatsklugen Herzog Erich erblickte sie „einen
Ritter so heiTÜch wie Tristan, Iwein oder irgend ein anderer
aus der Tafelrunde" *) , den rechten Mann für ihre Tochter
Ingeborg, welche dem Vater auf dem norwegischen Throne
folgen sollte'). Halten wir hiermit die Thatsache zusammen,
dass die Schilderungen unsers Verfassers von Tumieren, v.
1094—1125, Hoffestlichkeiten {Vermählung Birgers und Ritter-
schlag Erichs V. 1386 ff., Krönung v. 1806 flf., Hochzeiten
Erichs und Waidemars v. 3488 ff., Hofhaltung Erichs v. 3559
ff. u. a.) und Kämpfen (z. B. Zweikampf des Mats Ketilmundsson
im Russenkriege v. 1574 ff.) voll von Anklängen an Erzäh-
lungen des ritterlichen Treibens und Lebens im Iwein und
anderen Heldensagen sind'), dass er in der Literatur der
') Die Streitfrage, ob Eufemia die nach ihr benannten Epen zaent in |
norwegiBche Verae habe übertragen lassen, die dann erat viel später in i
schwedische (und d^ische) umgesetzt worden seien, oder ob sie, beein-
fluast durch ihr nahes Verwandte chaftsverhältniBS zu Herzog Erich, einen
BchwediEchen Dichter mit der Uebersetzung betraut habe, hat eine eigene
Literatur hervorgerufen und gerade in jüngster Zeit verschiedene Streit-
schriften veranlasst. Die beiden neuesten Arbeiten, welche auch die Titel
der frfiberen mittheilen, sind ein Aufsatz von Storm in der Nordisk tidskr.
f. filologie och paedagogik, ny raekke 1 8. 23—43, welcher sich für das
erstece und die oben S. 121 Anui. 1 citirte Abhandlung von Geete, weicher ,
sich Sa das zweite entscheidet. Geete hat bei seiner Arbeit einen hsl. |
Ao&atz von Klemming, der die Frage in der Einleitung zu seiner Ana- '
gäbe von Flores och Blanzeflor (Sanil. af S. Fornskr. Sällak 1 (1844) S.
Tll ff.) gieichiallB gründlich behandelt hat, gegen Storni benutzen können.
Der Streit, auf den wir hier nicht näher eingehen können, scheint zu
Gunsten der Schweden entschieden werden zu müssen, vgl. besonders Geete
S. 28 S., wenn auch eine unzweifelhafte Gewissheit bei dem ]
Stande der bsL Ueberlieferung und des Qoellenmaterials nicht ecrrichtl
werden kann.
*) Worte Munchs, Noreke folks bist. 4, 2 S. 893.
'] Ingeborg war 1301 geboren, mithin zur Zeit der Verlobung zwei 1
Jahr aSt, Munch a. a. 0. S. 391. unser Verfasser dagegen — das
einzige grobe Schnitzer, den ich ihm nachweisen kann — sagt \
Jak tror at hon e; äldre waar, bn tha wpa sith tämpta aar.
*) Direkte Entlehnungen habe ich bisher nicht gefunden. Der lit&- 1
arische Zug, der die europäische Welt am Ausgang des 13. und am An~ J
- 125 —
Ritterromane gut bewandert ist, v. 1395 wäre ther Gawion och
Persefal, v. 20 Didrik fan Berner ') : so liegt der Schluss, dass
wir in ihm einen mit dem Diuhterkreise am norwegischen
Hofe wohlbekaonten Mann zu erblicken haben, sehr nahe.
Alsdann erklärt sich niclit nur seine Zuneigung zur Königin
Eufemia, sondern nun gewinnt auch die angezogene Notiz über
Wizlafs Tod an Interesse und bestärkt andererseits wiederum
jene Folgerung, Wizlaf II. war Grossvater der Eufemia, an
seinem Hofe war sie erzogen worden, sein Sohn aber "Wizlaf lU.
zeichnete sich als Minne und Spnichdichter aus und somit
nahm unser Dichter an dem Schicksal seines Vaters zwie-
fachen Äntheil.
In Bezug auf den Stand des Verfassers geht aus dem Ge-
dicht nur so viel hervor, dass er kein Geistlicher war, jeden-
falls kein Angehöriger eines Ordens. V. 532 ff. weist er das
in der schwedischen Geschiclite häufig genannte Kloster Warn-
hem den Dominikanern zu, wähi'eud es von Cisterciensern be-
setzt war ") , ein Versehen , dessen sich ein Geistlicher kaum
schuldig ^gemacht hätte. Das Wirken der Geistlichkeit, die
in diesen Wirren ihren Einfluss nach Kräften geltend machte,
wird vollständig mit Stillschweigen übergangen. Ein einziges
mal wird in der Einleitung Bischof Kol von Strengnäs als
Friedensvermittler namhaft gemacht, v. 252 if., im ganzen
übrigen Gedicht kein PrHlat auch nur genannt. Ebensowenig
werden Heilige oder Maria angerufen ; Gud i hymmerike liaffwe
henna siäl ist der stehende Wunsch, der jedem Hingeschie-
denen nachgesandt wird. Der Bericht über die vielen Kloster-
gründungen des König Magnus, den man dagegen geltend
fang des 14. Jahrh. durchzog, verdient es wohl, einmal im ZuBammenbang
behandelt zu werden.
') T. 3916 heisst es von Birger: er benahm eich „rat Bom hau were
en arablodhe." Fant, 8s. rer. Suec. 1 , 2 S. 46 Anm. h erklärt amblodhe
nach Ihre nur aus dem ZusammenliaBg durch fatuus, während Geijer,
Schwed, OcBch, 1 8. 78 Anm. 1 ea in Amblethus korrigireu will und aus
diessr Stelle ersieht „wie allgemein in Schweden die Sage von jenem
dänischen Prinzen ijlamlet) bekannt war." Die Richtigkeit dieser meines
\
i
I
(
I
LWiBsenB nie beachteten Konjektur voraus gesetzt, erweist dies Citat die ^M
Bekanntschaft nnsera Dichters anch mit dem dänischen Sagenkreise. ^M
') Vgl. Styffe Skand. under Unionst S. 12.^. fl
— 120 —
machen könnte, findet seine Erklärang' in der üebenr*be der
Sdiwester Herzog Erichs, Richissa, an das Clarenkloster zu
Stockholm und noch mehr in den an die Eibauunfi des Stifts
sich anschliessenden Festlichkeiten. Man vergleiche nur die
Schilderung der Ertheilung des Ritterschlags an Birger, Her-
zog Albrecht von Braunschweig, (en stolt herra och ho»elik)>
und 40 andere, und des sich daran anschliessenden Tanzes,
V. 1146 ff., mit der des Baues der Klosterkirche, v. 1170 (F.,
und man wird leicht ersehen, wohin die Neigung des Ver-
fassers geht, wahrlich nicht zum Kloster. Diesem vereinzelten
Falle entspricht die allerorten hervortretende Lust an Spiel
und Kampf, am frohen Mahl im Kreise der WafFengenossen,
überhaupt an dem in den Heldengedichten geschilderten ritter-
lichen Thim und Lassen. Fromme Werke, Bussübungen und
dgl. sind in diesem Gedicht nicht zu suchen. Es gehört
jener Gruppe von Reim Chroniken, welche, von Laien geschrie-
ben, sich durch frische Natürlichkeit und lebendige Darstel-
lung vor den von Geistlichen hei-stammenden meist vortheil-
haft auszeichnen.
Die Abfussungszeit des Gedichts lässt sich mit ziemlicher*
Sicherheit auf 1320-1321 feststellen. V. 1596 f. zum Jahr
1298 lauten
„drotzet Matius var tlia sweii
han war then som stappade en vid en.''
Mats Ketilmundsson wurde aber erst 1318, wie der Chronist
selbst V. 4252 ff, berichtet, zum Drost gewählt, gab das Amt
1322 an Knut Jonsson ab und starb 1326. Demnach fällt
die Niederschrift dieser Verse in die Jahre 1318^22 oder
spätestens 1326 ^). Die zeitlich letzten Ereignisse, welche uns
berichtet werden, sind die Wahlen des dreijährigen Ma^us
Erichsson zum Könige in Schweden und Norwegen 1319 und
die Enthauptung des Magnus Birgersson 1320, dagegen ist dem
Verfasser der Tod des König Birger in Dänemark 1321, welcher
einen weit dramatischeren Abschluss gewährt hätte, noch unbe-
kannt; den Fluch, den Birger durch die freveliiafte Ermordung
■) Vgl Chroiiol. XII (und daraus XXIII) Fant Ss. rer. Si
S. 28 (imd 95).
I
I
I
- 127 —
der beiden Herzoge auf sich herabzog, Itann er nur an der
Hinrichtung des unschuldigen Sohnes nachweisen, der Frevler
selbst lebt noch, wenn auch ausser Landes.
Steht damit das Jahr 1320—21 für den Abschluss des
tiedichts fest, so folgt doch noch nicht daraus, dass es in
einem Zuge niedergeschrieben ist. Vielmehr scheint es ur-
sprünglich von dem ei-sten Auftreten Erichs und seiner Braut-
fahrt nach Norwegen bis zum Vollzug der Vermählung mit
Ingeborg, v. 1832— 3ö23, gereicht zu haben. Aus den Jahren
1313 -1317 weiss nänalich der Verfasser nichts zu berichten,
zwischen v. 3623 und 3624 liegen vier Jahre, und unwillkürlich
drängt sich die VermutUung auf, dass er erst nach dem Wie-
derauBbrucb des Bruderzwistes abermals zur Feder g^riffen
habe, um den Ausgang seines Helden zu schildern. Ist diese
Annahme richtig, so beweist v. 1596 f., dass die Einleitung ').
deren letzter Theil, die Russenkriege, wesentlich den 1310 ff.
Schweden beherrschenden Mats Ketilmundsson feiert, erst
1320 dem Kern voi^esetzt oder mindestens um die Thaten des
Mats bereichert worden ist Lilsst sich for diese Hypothese
auch nichts beweisendes beibringen, so entspricht ihr doch
der Umstand, dass erst nach v. 1832 genaue Datenangabeu
vorkommen*) (v, ISÖ-S fämpte dagh jwla. v. 1902 nyonda dagh
jwla, V. 2540 varfrwdagh; v. 2608 Mikeismesso u. s. w.j und
der Verfasser über selbsterlebtes berichtet. Ist aber die
Chronik wirklich derartig enttitaoden, so zeigt sich das Ver-
hältniss des Dichters zum norwegischen Hofe in anderem
Liebte, wir haben es uns in dem FaJle noch enger und ioatger
zu denken, als es oben auegeqirocbeo itt, tind nlkafea in 6em
Chronisten möglicher Weise den Uebersetzer der Enfeniisvisor
erblicken. Ueber die Wahrscheinlichkeit oder UnwafandMüi-
Ikhkdt Aitsei Vennalhang wage ich nicbt za eatieh ei tei.
T I ^, . i M,. e— aai Uäramagta kräMrW (Ißditm m Gtbtt, ttiUa mi kr-
atmT - --
*) Dm emngß nr w. Uta i
145^ MM itm Jabe 12K Wort« lid Mf 4« Bawariaiig. m i
lUi ■■■ifiilmr Ale aadsn ii te ,lwgifcr vm F^ rick I
OMca m4 iMcfpairt (*gL mtm n c).
— 128 -
jedenfalls wäre es eine lohnende Aufgabe für einen Philologen,
den Sprachgebraucli unsers Dichters darauf hin zu unter-
suchen ^).
b. Karlschronik^). In den älteren Ausgaben ist an
die Erichschronik unmittelbar eine „Continuatio I ab a,
1319—1452 a Laurentio Arosiensi" angeschlossen, Fant a. a,
0. 1 S.2, 53 ; Hadoiph Rimkröniltor 1 S.150. Diese Bezeichnung
ist in jeder Beziehung unrichtig. Der durch seine Fabeleien
genugsam bekannte Job. Magnus beschreibt in seiner Historia
Gothorum Sveorumque 1. XXIll c. 5 (1554) den Zug Karl
Knutssons nach Schonen 1452 und erwähnt dabei „hoc loeo
Laureneius Arosiensis historicus affirmat, Carolum numerasse
decies centena millia ex Gothis, Suecis et Finnis ad bellum
cum opus esset, idonea," eine Stelle, die meines Wissens zuerst
den Laurentius nennt und viele weitere Irrthilmer veranlasst
hat. Messenius, 1581 — 1637, Prof, der Rechte zu Upsala,
wollte hieaiit eine nicht minder übertriebene Angabe der Karls-
chronik, welche Karl 60000 Mann unterstellt, v. 8624, in Ver-
bindung bringen und erklärte in der aus seinem Nachlass voq
Peringskiold 1700 ff. herausgegebenen Scondia ülustrata*) den
Laurentius für den Verfasser der gesammten reimchronikalischea
Masse 1319 — 1496, während er 1615*) in der Vorrede zu
seiner Ausgabe der Erichschronik noch auf Erich Olai als
') Das HauptlimderuiBB einer siilcbeii Arbeit ist, daBs die besten Hsb,
sowohl der EricbBcbronik wie der Eufemiavisor hundert und mehr Jahre
jünger sind als die Äbfassungszeit der Chronik und Sagae.
') Text Kleraming 2 S. 1 - 384, HandBchriftenbeBchreibung 3 S. 254 ff.,
Nachwort 3 S. 294— 29B.
') Vgl. seine Verweise t. 12 S. 221, 224, 23-5; t. 13 S. 34, 67 und vor
allem die Vorrede zu t. 15, in welcher er dem Laurentius Ärosiensia
qui rTtbmis biBtoriam ipsiuB [Earoli] Suecicis elabaravit, ewigen Ruhm ver-
heisst. Er wnsste von ihm, wie aus seinen Citaten hervorgeht, nichts mehr
alE was J. Magaus angieht. T. 13 S. 8i tbeilt er eine Liste der mittel-
alterlichen Historiograpben mit, die er benutzt habe, davon sind mehr als
«wei Drittel tbeils seine, tbeils des Magnus Erfindungen. Der 30. und
letzte ist „Laurentius Arosiensis circa 1461." Erich Olai fehlt. Von den
ältesten mögen nur Jorunderus, EarderEonius, Baulvercherus genannt Bein,
deren Namen schon genug besagen.
') Die jedem Theile der Scondia vorgesetzten Vorreden des Messeniua
datiren 1620—1632.
I
dUBj^^l
I
I
muthmasslichen Autor hinwies. Schlimmer war es,~(la88 er
auf dem Vorsetzblatt einer jetzt auf der kgl. Bibliothek zu
Stockholm befindlichen Handschrift, Klemming Nr. 10, 3 S.
263, gleich Fant Nr. 3, S. 2, bemerkte: Quidam Laurentios
Arosiensis hunc scripsit libiiira anno 1481 , ut liquet ex pag
492; ex isto conpilavit lihello Ericas Upsalensis suum chronicon
postca '). Diese Inskription , die erst Klemming als von der
Hand des Messenius herrührend erkannt und bezeichnet hat,
wurde von den späteren Benutzem der Handschrift auf Treu
und Glauben angenommen, obgleich die ganze Handschrift und
speciell pag. 492 auch nicht einen einzigen Anhaltspunkt für
die Versicherung enthält, vielmehr nach Klemming aus dem
Beginn des 16. Jahrhunderts stammt. Bis in die neuere Zeit
wurde nun Laurentius für den Verfasser gehalten , obgleich
der Nachsatz : ex isto-postea genügt, um die Fragwürdigkeit der
Angabe zu erkennen. Nachweislich hat Erich Olai mit der
Ausarbeitung seiner Chronik mindestens 1464 begonnen, kann
daher den 1481 schreibenden Laurentius nicht benutzt haben,
während dieser wiederum ebenfalls nach Messenius die Er-
eignisse bis 1496 vorausschauend geschildert haben mUsste.
Um die Verwirrung noch zu steigern, hat man, da im ganzen
an Urkunden wahrlich nicht armen 15. Jahrhundert ein Lau-
rentius Arosiensis nicht nachzuweisen ist, einen angeblich 1500
nach anderen 1505 gestorbenen Kanoniker Lorenz Ragvaldi
aus Westerils für den \'erfaBser der letzten Theile der kleinen
Reimehronik ausgegeben ') und gemeint, daher sei der Irrthum
entstanden; jedoch beruht diese Hypotliese gleichfalls auf
Missverständniss und Verkennung der Redaktion von 1520.
Erst wenn die dem Joh. Magnus zu Gebote stehenden Hülfs-
mlttel und Handschriften vollständig ermittelt sein werden^)»
*) Fant liest pag. 412 und lässt wohlweislich den Nachsatz ex isto
bis postea weg-
') Benzel, Monum. ecc). Sveogothicae S. 231. Nach Klemming 3 S.
293 Aun. 1 haben die mir nicht zugänglichen Wicander and Stieroman
diese Ansicht schon vor Benzel ansgeap rochen.
"} Er selbst führt a, a. 0. c. Vlll 3. IT als seine Quellen auf Felsen
eingegrabene Gesänge (Runeninschriften), sehr alte zu Upsala aufbewahrte
(er schrieb in ßoin) Gotbico aermaue et charactere geschriebene Bücher,
I
J
— 130 -
kann die Frage, ob er den Laurentius wie so manchen ancIereT
frei erfunden hat oder selbst bereits Opfer einer Fälschung ist,
zum Austrage kommen. Für uns ist der Name des Verfassers
schon aus dem Grunde unbekannt, weil die „Continuatio ab
a. 1319 ad a. 1452" weder ein zusammenhängendes ganzes ist
noch von einem Verfasser herrührt.
Sehen wir zunächst von dem weiter unten zu behandeln-
den Gedichte , welches die Erichs- und Karlschronik mitein-
ander verbindet, ganz ab und fassen den Inhalt der letzteren
ins Äuge. Sie beginnt mit dem Versprechen an den Leser,
manche Wunder zu erzählen, und geht sodann ohne weitere
Umschweife auf die Stiftung der kalmarischen Union über.
Die Schweden lassen sich durch eine „danske qwinna", Mar-
garetha , übei-tölpeln (ey wäre kloke) , welche , sobald sie die
drei nordischen Reiche vereinigt hat, ihre schwedischen Unter-
thanen liberall zurücksetzt. Mit schwedischem, durch ausser-
ordentliche Steuern aufgebrachtem Gelde kauft sie Gothland
zurück anstatt die Insel zu erkämpfen, verschafft darauf ihrem
gegen Schweden in noch höherem Grade eingenommenen Neffen
Erich die Nachfolge und fSngt mit Holstein einen Krieg an,
den nach ihrem Tode Erich fortsetzt. Dieser lässt nun seinem
Hass gegen Schweden fi-ei die Zügel schiessen, bricht seinen
Throneid in jeder Hinsicht und strebt immer offener nach
Vernichtung aller Rechte und Freiheiten Schwedens, welches
Pommern einverleibt werden soll. Ausländer erhalten alle
Lehen, der schwere Druck der Kriegslasten wird vom Könige,
besondei-s nach der Kriegserklärung der Hanse, welche von
Erich kein Recht erhaltL'n kann, stets verschärft statt ge-
mildert, Bischöfe und Lagmänner werden nicht mehr frei ge-
wählt, sondern vom Hofe ernannt, die Klagen des Volkes über
das unerträgliche gesetzwidrige Gebahren der Vögte bleiben
unberücksichtigt. Endlich ermannen sich die Dalekarler, ent-
I
I
I
Erich Olai, Sajto u. a. bis auf Krantz hinunter auf, ohne des Laurentins
mi erwähnen. Seine Haupiquelle war jedenfalls sein Geliim. Die löbliche
Gewohnheit, die schwedischen ESnige von Magog herzuleiten, die sich im
BChwedisch-pommersclicn Staatskalender his 1803 erhalten hat, vgl. RüLa,
Schwed. Gesch. I S. XXU, stammt übrigens niclit, wie Rühs meint, von J.
Magnus, sondern vom Verfasser der Eeimchronik von 1S20 her. 8. unten.
— 131 —
senden Engelbrecht zum Könige und nun geräth die Erzäh-
lung in Fluss. Breit und ausführlich wird die glänzende Lauf-
bahn Engelbrechts geschildert, vor ihm treten alle anderen
schwedisclien Grossen, auch Karl Knutssou, vollständig in den
Hintei'grund, sie wie König Erich werden nur erwähnt, wenn
sie zu Engelbreeht in Beziehung treten. Das volle Licht fällt
stets auf den Volkshelden und dessen Anhänger; ans dem
Lager der anderen Parteien weiss der Verfasser nur die, sei
es feindlichen sei es freundlichen , Berühmngen mit Engel-
breeht zu berichten. Mit der detaillirten Erzählung der Er-
mordung und des Begräbnisses von Engelbrecht schliesst v.
2765 und ändert sich der ganze Charakter des Gedichts.
Von hier ab ist der aristokratische Karl Knutsson der Mittel-
punkt, der alles beherrscht, während der einzige hervorragende
Gesinnungsgenosse Engelbrechts, Erich Puke, uns jetzt als der
ränkevolle und herrschsüchtige Unruhestifter vorgeführt wird.
Als er seine „falshet" verdienter Weise am Galgen büsst, um-
reitet Karl ganz Schweden und alles gelobt ihm Treue. Doch
erwachsen ihm jet^t neue Feinde, Kämpfe mit den Anhängern
Erichs, den Bauern u. a. — die den Verfasser nicht abhalten,
daneben eingehend über die zweite Hochzeit Karls zu refe-
riren — bis endlich Erich vertrieben ist, aber auch Karl
durch das Auftreten Christophs sich um seine Errungenschaften
gebracht sieht. Dafür tröstet ihn der Verfasser durch die
Prophezeiung einer achtzigjährigen Jungfrau, dass er trotx
alledem zum König bestimmt sei. Mit unverkennbarem Miss-
behagen berichtet er über die Ankunft und Krönung Christophs,
selbst das Volk muss seine Unzufriedenheit kundthun (v.
6886 ff.). Ueber die Jahre 1441—48, die Kari in Finnland
verlebt, hilft sich der Chronist mit nicht voll 250 Versen hin-
weg, die der Schilderung des aus der Wahl Christophs füi-
Schweden entspriessenden Unglücks gewidmet sind. Nach
dessen Tode besteigt Karl den Thron und nun brechen für
das Reich neue bessere Tage an. Gothland kann freilich
wegen des Verraths von Magnus Green nicht erobert werden,
dafür erwirbt Karl die norwegische Krone und überwindet
glücklich nicht nur Christian, sondern auch die noch gefähr-
licheren inneren Feinde. Mit einer Betrachtung über den wun-
— 132 —
derbaren Schutz, den Gott ihm gegen diese gewährt, bis v.
9610, schliesst, wenn man will, ein Kapitel, von dem folgen-
den — Bericht über einen neaen Angriff des Magnus Green
1452 — ist nur der Anfang, v. 9610—9628, erhalten, das Ge-
dicht ist unvollendet.
Nach Klemming ist dieses von ihm Karlschronik getaufte
Werk einem') Verfasser zuzuschreiben, der die von ihm ge-
schilderten Ereignisse miterlebt nmi seine Arbeit 1452 voll-
endet hat-). Dieser Annahme gegenüber lässt bereits die
kurze Inhaltsübersicht erkennen, dass die Chronik verschiedene
Bestandtheile enthält, welche erst hinterdrein zu einem zu-
sammenhängenden ganzen verbunden worden sind, und bei
näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass wir in ihr ein in
drei Absätzen geschriebenes Gedicht besitzen, dessen erster
1436 vollendeter Theil einem anderen Verfasser zuzuschreiben
ist, als der zweite bis 1440 reichende Abschnitt, während
dieser wiederum mit dem Bericht über die Thronbesteigung
und die ersten Regieningsjahre Karls bis 1452 einen gemein-
samen Verfasser hat. Dieser ungenannte Dichter überarbeitete
bereits vor 1449') den ersten Theil, welchen wir das Engel-
brechtslied nennen wollen, und unterwarf ihn 1452 einer noch-
maligen eingehenden Durchsicht. Ebenso wuide der 1440 ab-
geschlossene zweite Abschnitt gründlich emendirt, bevor er die
1452 festgestellte Form erhielt. In dieser Gestalt von 1452
liegen beide im Abdruck bei Klemming vor '). Bei der Be-
schaffenheit der bis jetzt bekannt gewordenen Handschriften
veimögen wir die ursprüngliche Gestalt des Engelbrecbts-
liedes nicht mehr herzustellen, wohl aber die der ersten Re-
daktion, während beim zweiten Abschnitt die Möglichkeit einer
Rekonstruktion voihanden ist. Den Beweis für diese ßehaup-
'1 3 S. 856: författerskapet säkertigen tillbör en pereon.
') Die Redaktion, welche die Earlschronik tod 1452 nachiier bei der
HerBtetlung der Erich-Karlachronik erftihr, kommt hier nicht in Betracht
vgl. unten zu c.
') Wahrscheinlich bereits vor 1440, gleiclizeitig mit dem Beginn der
AuGartieitiuig des zweiten Abschnitts.
*) Die früheren Ausgaben von Fant, Hadorph u. s. w. gehen den Test
der Erich- Karlschronik, vgl. tmten.
— 133 -
^ügen erbringt theils die Originalhandschrift des Verfassers,
welcher die Karlschronik 1452 in die uns im Klemmingschen
Text vorliegende Form brachte, theils das Gedicht selbst.
Die aus dem Jahre 1452 stammende ') Handschrift befindet
sich auf der königlichen Bibliothek zn Stockholm und es ist
wiederum ein Verdienst Klemmings iliren Werth erkannt und
gebührend gewürdigt zu haben*). Sie besteht aus 126 BI.,
die auf 11 ungleiche Lagen vertheilt nächst einem kurzen
Königsyerzeichniss von Olaf Schosskönig bis auf Karl Knutsson
lediglich die Karlschronik in der von Klemming veröftentiichten
Gestalt enthalten. Neun Schreiber wechseln in ihr mit ein-
ander ab , während der Herausgeber in einigen von einer
zehnten Hand herrührenden Verbesserungen und Zusätzen den
Verfasser selbst erkennen will. Zahlreiche Veränderungen,
Nachträge, Zusätze, Randnoten, auf kleinen Papierblättchen
eingeheftete Einschiebsel, ebenso auch Streichungen, Tilgungen,
Radirungen u. s. w., die sich im ganzen Codex finden, ver-
leihen ihm den Charakter eines Conzepts. Jedoch war er ui-
sprünglich Reinschrift. Gleich die erste Hand, v. 1 — 1261, Lage
1, hat den Charakter einer solchen bewahrt, da sie nur wenige
Aenderungen und Bereicherungen aufweist, während die Rein-
schrift von Hand 2, v. 1262—2765, Lage 2 und erste Hälfte
von 3, durch eine Unzahl von Korrekturen und Zuthaten voll-
ständig zum Conzept geworden ist. Desgleichen ist Hand 3
V. 2766—3887, zweite Hälfte der 3. und 4. Lage, Reinschrift
geblieben, während die folgende Gnippc, v. 3888—5597, Lage
') Klemmiog sagt 3 S. 2r54: vid är 1452, soweit reicht die Chronik.
Jedenfalls muas die Hs, vor 1457, der ersten Vertreibung Karls, geschrieben
sein und Bind demnach 1452 and 1457 die Zeitgrenzen. Der Kürze wegen
ist im folgenden stets von der Redaktion von 1452, statt 1432 — 57,
die Bede.
*) Hadorph bat sie nicht gekannt, während Fant sie a. a. 0. S. 2 als
Cod. 4 anfüihrt, ohne sie dem Anschein nach angesehen zu haben,
bezachnet sie fiUschlich als den von Hadorpli benutzten und seitdem ver-
schollenec Cod. Rälambianus, welcher nach Hadorph minderen Wcrthes
war, und lieas sich vermuthlioh durch den Katalog des AntiquitatsarcbivB,
in dem sie als Rälambianus verzeichnet ist, verführen. Aus der eingehen-
den und sorgfiJtigen Beschreibung der Hs. von Klemming 3 S, 24.5 — 2-57
ist hier nur das tur uns nothwendige herausgehoben worden.
- 134 —
5 und 6, in der sich Hand 4—6 abwechseln'), durch eine
Ueberfülle von Emendationen und Nachtrügen ausgezeichnet
ist. Von hier ab bis zum Schluss lösen die Hände 6—9 ein-
ander ab , enthalten jedoch keine Tilgungen oder Zusätze
sondeiTi nur unbedeutende Nachbesserungen.
Von all den Aenderungen ist nur ein geringer Bruchtheil
in dem zweiten Theile der Handschrift von den betreffenden
Schreibern selbst gleich bei der Niederschrift eingetragen, die
bei weitem grössere Hälfte ist kurz nachher von verschiedenen
Händen hinzugefügt und sie gewährt uns vollen Aufscbluss
nicht nur über Tendenz und Wesen der Redaktion von 1452,
sondern auch über die Zusammensetzung unserer Chronik.
Das von Hand 1 und 2 geschriebene, v. 1—2765, reicht
bis zum Begräbniss Engelbrechts , v. 2766 beginnt mit einem
gänzlich überraschenden und überdies der Wahrheit nicht
entsprechenden Lobgesang auf die Freigebigkeit Karls*).
Schon der neueste Herausgeber hat trotz seiner Anschauung
von der Einheitlichkeit des Gedichts die tiefe Kluft zwischen
V. 2765 und 2766 empfiinden, er lässt (2 S. 95) nach v. 2765
einen grösseren Absatz eintreten. Und in der That haben
wii- in V. 1 — 2765 die Reste des Engelbrechtsgedichts zu er-
blicken.
Dieser erste Abschnitt nntei-scheidet sich von dem folgen-
den trotz der gründlichen Ueberarbeitung in jeder Beziehung
so scharf, dass ein auftnerksamer Leser den weiten Abstand
sofort fühlen muss. Der Verfasser des ersten Gedichts steht
mit seiner politischen Ueberzeugung, mit seinem ganzen Denken
und Dichten so sehr auf Seiten Engelbrechts und des A^olks,
dass er das Verhalten der schwedischen Grossen keines Wortes
würdigt, sie nur erwflhnt, sofern sie sich seinem Helden an-
n oder ihm entgegentreten. Mit seinem aristokratischen
I
I
') Von Hand i sind v. 3888— «'J3, 4518—5096, 6273- 5597; tob Hand
5 y. «64-^517; Ton Hand 6 v. 5097-5272 geschrieben. Das von HoEd
6 geachriebene ist Eeinsclirift uod an die Stelle der nrsprtlnglichen Blätter,
S. 135—138 eingeheftet.
) Die Schills Bverse 2764, 2765 „Swa munde bans regiment sich endo,
nw wil jak begjTina ther jak wenda" sind selbetverstikndlicli vom Terfasaer
der Karlsgedichte hinzugefügt.
— 135 -
oder besser karlistischen Genossen und Fortsetzer hat er nur
den Hass gegen alles dänische gemein, im übrigen verabscheut
letzterer die volksthümlichen Bewegungen nach dem Tode
Engelbrechts in demselben Masse, wie sein Vorgänger sie bei
Lebzeiten des Volksbelden preist und verherrlicht. Schildert
der erste die Uneigenntltziglceit Engelbrechts — dass dieser
sich z. B. 1435 mit recht beträchtlichen Lehen abfinden Hess,
erfahren wir nur aus Urkunden — den nur Hass gegen Däne-
mark und Liebe zu seinem ^'olke vorwärts treibt, so belobt
der zweite die Ehrsucht Karls, auch wenn sie ihn zum Wort-
bruch, Hinterlist und grausamer Härte verleitet Erscheint
bei jenem das Auftreten Engelbrechts, sei es nun mild oder hart,
gesetzlich oder ungesetzlich, jeder Zeit in einem Lichte, wel-
ches auch nicht den leisesten Schatten auf den Führer der
Dalekarler zurückfallen lässt, so ergreift sein Fortsetzer aller-
orten lebhaft Partei für Karl , dessen Gegner und vor aUem
der Nachfolger Engelbrechts in der Volksgunst, Erich Puke,
ihm unrechtmässiger Weise den Zugang zum Throne versperren
oder wie Christoph ihn wider Ehr und Gewissen Oberlisten.
Und so Hesse sich noch eine Reihe von Punkten auffübren,
welche die tief innerliche Verschiedenheit der beiden Verfasser
darthun könnten. Beide wollen eben einander politisch diame-
tral entgegenstehende Persönlichkeiten zu Heroen stempeln,
der eine, uach dem Loblied auf Karls Freigebigkeit zu srhliessen,
gegen, der andere äusserem Anschein nach ohne Entgelt.
Wollte man beide wirklich zu einer Persönlichkeit verschmelzen,
90 erhielten wir einen feilen Dichterling, der sich nicht scheute,
um des Erwerbs willen mit seiner ganzen Vergangenheit zu
brechen, denn den Verfasser des Engelbrechtsgedichts, über
den wir sonst nichts wissen , haben wir ebenso sicher in der
nächsten Umgebung seines Helden zu suchen wie seinen Fort-
setzer am Hofe Karls. Nur ein Autor, der während der
kurzen aber thatenreichen Laufbahn Engelbrechts in stetem
Verkehr mit diesem stand, konnte sie mit einer soldien kaum
glaublichen Genauigkeit in den Einzelheiten schildern, wie sie
das Engelbrechtsgedicht darbietet. Die Fülle von kleinen
dem Gedächtniss leicht entschwindenden Zügen, die lange
Reihe von Namen, Ortsangaben und Tagesdaten, von Reden
und Gegenreden, die augenecheinlieh mehr als dichterischer
Schmuck sind, zwingt den Schluss , dass zwischen den Ereig-
nissen und der ersten Niederschrift kein grosser Zeitraum lag,
geradezu auf.
Selbst wenn wir aber von alle dem absehen und ups nur
an die Originalhandschrift der Redaktion von 1452 halten, so
erweist sich die ursprüngliche Selbstständigkeit des Engel-
brechtsgedichts. Es war in einer anderen Versart geschneben
als die eigentliche Karlschronik und wurde von dem Verfasser
der letzteren bei der ersten Koirektur geradezu umgedichtet
oder umgestellt, um der Fortsetzung in Beziehung auf das
Metrum angepasst zu werden. Hauptsächheh kommen hier
zwei Stellen in Betracht, von welchen die eine die Verschie-
denheit der Versform, die andere das Vorhandensein einer
ersten Redaktion vor der von 1452 nachweist, beide legen
daneben Zeugnias ab für die Tendenz der Ueberarbeitung
von 1452.
Nach v. 1971 sind 51 Verse, welche den Zwist Engel-
brechts mit dem Vater seines späteren Mörders behandeln,
von der Redaktion von 1452 gestrichen worden, weil Karl den
Sohn später in Schutz nahm und ihn straflos ausgehen Hess.
In diesen 51 Versen wird im Gegensatz zu den kunstlosen
einfachen Reimpaaren der gesammten Karlschronik jedes zweite
Reimpaar durch zwei zwischengeschobene Verse getrennt, eine
so auffallende Erscheinung, dass Klemmiug die Fragen auf-
wirft, ob es der Verfasser aus langer Weile über die Ein-
förmigkeit seiner gewöhnlichen Beime gethan habe, ob das
Stück von einem zufälligen Mitarbeiter herstamme oder ob es
eingeäochtenes Lehngut sei. Allerdings ist es Lehngut, nur
nicht in dem Sinne von Klemming. Es ist der Rest der ur-
sprünglichen Gestalt des Engelbreehtsliedes , welches bei der
ersten Bearbeitung seine kunstvollere Form zu Gunsten der
einfach gereimten Prosa der Karlschronik eingebüsst hat.
Dem Verfasser des Karlsgedichts, dessen Servilität nach
der Thronbesteigung seines Herrn in hohem Grade wuchs, er-
schien die Stelle bei der ersten Umgestaltung der Arbeit seines
Vorgängers noch zweifelhaft, da sie nur indirekt gegen Karl
gerichtet ist, er liess sie zunächst auf sich beruhen und
I
f
— 137 —
merzte sie erst, nachdem Karl sein Ziel erreicht hatte, end-
giUtig aus. Diese erste Bearbeitung aber vor der Redaktion
von 1452 ergeben die v. 1250 — 1261. Sie bilden die Schluss-
verse der ersten Hand und ei-sten Lage, sind aber im Con-
zept nochmals zu Lage 2 eingeheftet, sodass wir diese Verse
sowohl in der Reinschrift von Hand 1 wie im Conzept der
ersten Umarbeitung besitzen. Sie schildern das allerei-ste
Auftreten Karls in der Chronik und erweisen ferner, dass die
erste Umdichtung , wie man sie wohl bezeichnen kann , vor
1449 stattgefunden hat. Zwei im Conzept und in der Rein-
schrift von Hand 1 hinter v. 1253 befindHche Verse
„hanom kom til hielpa Magnus Green
han steegh in til hanom oc war ey seen"
sind nämlich, weil Magnus 1449 von Karl abfiel und zu den
Dänen überging, vom Verfasser 1452 in der Reinschrift von
Hand 1 gestrichen worden. Hieraus folgt von selbst, dass
wir mit Rückeinstellung aller Streichungen und Entfernung
aller Einschiebsel von 1452 das Engelbrechtslied in seiner
ei-sten Bearbeitung wiederherzustellen vermögen. Dies ist in-
sofern von Bedeutung, als bei den meisten Korrekturen, seien
es nun Zusätze oder Streichungen, die Absicht, alles für Karl
auch nur im entferntesten anstössige zu entfernen und ihn
nach Möglichkeit in den Vordergrund zu stellen, so unzwei-
deutig hervortritt, dass man bei den übrigen, wo wir sie
nicht zu erkennen vermögen , das gleiche voraussetzen kann.
In den von der ersten Hand geschriebenen v. 1 — 1261 findet
sich nur ein grösseres gegen König Erich gerichtetes Ein-
schiebsel , v. 478 85, Bericht über dessen Concubine Ceeilie,
daneben sind jedoch einige anscheinend geringfügige Abände-
rungen recht bezeichnend. Die ei-ste Erwähnung Karls im
Gedichte lautete ursprünglich
„ther kum her Bo Stensson
Karl Knutzson och Bo Knutsson" v. 1230 f.,
daraus machte der Bearbeiter 1453
„ther kum Karl Knutsson aif Foglewike
hei- Bo Stensson och flere slike."
In ähnlicher Absicht werden v. 1245 „Karl Knutzson och Bo
tycket wara got" die Worte och Bo gestrichen. Bedeutender
- J38 -
sind die Tilgungen in dem von der zweiten Hand geschrie-
beaeo Theile, welcher die bewegten Jahre 1434 — 36 behandelt.
Wir müssen hier die von der Redaktion ausgemerzten Per-
sönlichkeiten, deren Verbältniss zu Eail unbekannt ist, ge-
radezu auf der gegnerischen Seite suchen. Nach v. 1304 wird
die Charakterisirung Engelbrechts „tben ädla wiisa köna man"
gestrichen; der Bericht aber die Eroberung Rönos durch den
alten Widersacher Karls, Bischof Knut von Linköping, v. 1479
1 — 24, muss w^allen und dasselbe Schicksal trifft die Namen
der zwölf Schiedsrichter, welche 1434 den Streit zwischen
Schweden und Erich beilegen sollen, v, 1595 1 — 14; die Er-
zählung, dass Engelbrecht 1435 die Hauptleute der einzelnen
Landschaften, darunter auch Karl, ernannte, mrd getilgt; drei
nichtssagende Verse müssen die Üuterdrückung der Nachricht,
dass 1435 drei Abgeordnete, darunter wiedenim Karl, Erich
entgegengesandt wurden, um ihn nach Stockholm einzuladen,
verdecken, v. 17C5 1—37 u. s. w. '),
Wollte man von diesen Verbesserungen auf die der ersten'
Bearbeitung zurückäcbliesseo , so könnten wir uns kaum eine
Vorstellung von dem Engelbrechtsgedtcht in seiner ursprüng-
lichen Gestalt machen, allein zu diesem Schluss sind wir
keineswegs berechtigt. Wir berührten bereits den üblen Einfiussi
welchen die Thronbesteigung Karls auf die Gesinnung seines
Hofdichters hatte, und sind durch liie aus dem Jahre 1452
stammeuden Emendationen in dem zweiten Abschnitt i&
Kai'lschronik in den Stand gesetzt, sein Verfahren bei der Um-
dichtung des Engelbrechtshedes einigermassen zu beurtheilen.
Im wesentlichen hat er es, schon weil er seinem Vorgänger
an Gaben entschieden nachstand, ohne absichtliche Aende-
rungen des Sinnes in seine Doppelreime gebracht, wie viel er
freilich weggelassen, wie viel zugesetzt, das muss dahingestellt
bleiben. Da Karl erst in der zweiten Hälfte des Gedichts
seine politische Rolle zu spielen anfängt, den Wettkampf mit
Engelbrecht um die Reichshauptmannschaft siegreich besteht.
I
I
1 24t
L
') Die übrigen wesentUrfi«i Stteichnngen v. 223e 1—14, 2239 1—9,1
2462 1—56, 2572 1—29 u. a. Gind ganz gleichen Charakters, ebenso eise 1
groEse Anxahl von kleineD Enienilalioiien.
— 139 —
.wenn er auch dem Gegner einen Antheil am Regiment ein-
räumen muss, im ganzen und groBsen aber wenig hervortritt ').
Bo war der Bearbeiter nicht gezwungen, wesentliche Verände-
rungen vorzunehmen. Erst 1452, als es galt die Vergangen-
heit des Königs von jedem Flecken zu reinigen, wurde sorg-
fältig nachgeprüft, hier zugesetzt und dort noch mehr ge-
strichen, ohne doch das Engelbrechtslied seines ihm eigen-
thümlichen Charakters thatsächlich zu berauben. Trotz der
systematisch erfolgten Einfügung in ein grösseres ganzes trägt
es, Dank der Pietät oder Unfähigkeit seines Bearbeitei-s, sein
eigenes Gepräge, ist noch heute ein in sich abgeschlossenes
Gedieht, welches, unbeschadet seines inneren Werthes, von
der eigentlichen Karlachronik losgelöst werden kann, und ver-
dient nicht nur als Lebensbeschreibung eines mittelalterlichen
Volkshelden sondern auch als eins der hervorragensten bio-
graphischen Denkmale der älteren schwedischen Literatur hocii
in Ehren gehalten zu werden.
Der zweite Abschnitt des Karlsgedichts behandelt die Zeit
des Ringens von Karl um den Besitz der schwedischen Krone, die
Jahre 1436 — 40, und kann, Dank der Originalhandschrift, in
seiner ersten Fassung vollständig wiederhergestellt werden.
Nichtsdestoweniger vermögen wir seinen Schlussvei'S nur mit
einiger Wahrscheinlichkeit zu bestimmen, da die Gemeinsamkeit
des Verfassers die Grenzen zwischen dem zweiten und dritten Ab-
schnitt verwischt hat. Als sicher ist nachzuweisen, daes der Autor
1440, als Christophs Aussichten auf den Thron von Tage zu Tage
stiegen, die Feder miasmuthig für einige Jahre niederlegte, um
ßie erst nach der Krönung Karls 1448 wieder aufzunehmen. Die
V. 6702 ff. berichten über eine Karl im Sommer 1440 zu Theil
werdende Prophezeiung, dass er zum König bestimmt sei; will
man diese nicht für haare Münze nehmen, so können jene Verse
erst nach 1448 niedergeschrieben sein, um 1452 durch die
V. 6742 — 51 — ein Mädchen sieht in Wadstena eine Krone
') Karls Name findet akh im EngelbrechUgedjcbt, v. 1— 2T6d, an 10
J Stellen, abgesehen von den Radirungen, vrätirend er v. 2766—9610 in jedem
|- sehnten Veree, es iet eher zu wenig gesagt, genannt wird.
— 140 —
auf Karls Haupte — bereichert zu werden '). Doch haben
wir den Schluss des zweiten Abschnitts um etwa 100 — 150
Verse zurückzuverlegen auf v. 6543 oder 6630. Mit v. 6543
endet der Bericht über die Vertreibung der erichschen An-
hänger vom schwedischen Festlande, mit v. 6631 beginnen die
Verhandlungen wegen Uebernahme der Krone durch Christoph.
Die letzteren, wesentlich eine Aufzählung der von Christoph
an Karl für Ueberlassung der Krone geleisteten Versprechen,
stehen im Zusammenhang mit der späteren Schilderung, wie
hinterlistig der König den Marschall betrog. Die dazwischen-
liegenden V. 6544 — 6630 betretfen Karls Auftreten gegen
Magnus Green und melden den Tod von Hans Kröpelin, doch
deutet die eingestreute wunderbare Anekdote vom Büchsen-
meister Rodenhorg, v. 6564—6587, welche selbstverständlich
Karls Charakter zu ehren bestimmt ist, eher auf eine Ab-
fassung nach 1448 als 1440. Für v. 6543 als Schluss d<
zweiten Abschnitts spricht auch die Handschrift. Die
2766—6543 beanspruchen die Lagen 3 — 7, mit v. 6544
ginnt eine neue Lage und eine neue Hand ^).
Von dieser ersten HiÜfte der eigentlichen Karlschronik
gilt dasselbe wie vom Engelbrecbtsgedieht. Sie macht durch-
aus den Eindruck der Gleichzeitigkeit und ist sicher nicht erst
1452 aus der Erinnerung niedergeschrieben. Ganz unbedeu-
tende Dinge wie v. 3136 ff. das Auftreten der Schwester von
Karl bei dem Gastmahl, welches Erich Puke Karl gab, v,
3196 auf dem Schlosse zu Stockholm begrub man 133 Dänen,
V. 3686 Karl lässt 120 Mann in Westeräs u. s. w,, daneben
die Genauigkeit in den Zeitbestimmungen, die aus Urkunden
leicht zu controlirende Zuverlässigkeit bei Anführung von
Namen ^) bezeugen die Thatsache hinlänglich, vorzüglich wenn
*) Der Papieratreifen, auf welcliem die v. 6712—31 nacbgetragen ain^|
ist überscbrieben ; Scriua nw mjn kftre sos. "^
') Ebenso ist ftir v. 65^ als Abschluss anzuführen, dasa sich von y.
6452—6543, Bericht über den Untergang des Nils Stensson, neben der
Reinschrift wiederum das Conzept der ersten Bearbeitung erhalten hat Klem-
ming bat das Conzept 2 S. 85^ ff. treu wiedergegeben, weit es in der Tbat
einen guten Einblick in die Arbeits Werkstatt des VerEssBers gewährt.
') Selbst die Verseben in v. 3016 ff. wo von den städtiachen Sende-
— Ul —
wir damit (ien folgenden Abschnitt vergleichen. Hier hört der
Reichthum der Daten völlig auf, v. 6858 ff. findet sich sogar
ein chronologischer Fehler^), den der Verfasser nur in der
Erinnerung begehen konnte, und im übrigen werden aus den
Jahren 1441 — 48, der Zeit des Stiillebens für Karl, nur Dinge
berichtet, die jedes Kind in der skandinavischen Welt kannte:
Hochzeit Christophs, seine zweite Fahrt nach Schweden und
sein Tod. Ueberdies weist die wiederholte jetzt zu 1446 er-
zählte Weissagung, dass Karl zum König bestimmt sei, durch
den Zusatz, dass dies Ereigniss binnen drei Jahren eintreten
werde, v, 7278, ebenso wie oben auf eine Abfassungszeit nach
1448 hin. Von diesem Jahre ab lenkt die Erzählung voll-
ständig wieder ins alte Geleise zurück und ist für den Zeit-
raum 1448—52 von derselben Zuverlässigkeit und Treue wie
für 1436—40. Von der früheren untei-scheidet sie sich nur
durch die grössere Dienstbeflissenheit und Hingabe des Ver-
fassers an den König, unter welcher dann wie die erste Be-
arbeitung des Engelbrechtsgedichts so auch die erste Hälfte
der eigentlichen Karlschronik zu leiden hat. Doch war Karl
hier ja bereits Held des Gedichts, so dass der Autor nichts
diesem widriges zu streichen sondern blos das frühere Auf-
treten des jetzigen Herrschers in ein günstigeres Licht zu stellen
brauchte. Dem entspricht es vollkommen, dass die von der
Kon'ßktur am stärkst-en l)etroffeEe Versgruppe 3888—5597 die
Darlegung der Kämpfe Karls mit den inneren Feinden ent-
hält, zunächst den Streit mit Erich Puke und der engel-
brechtschen Volkspartei und dann den mit Christiern Nilsson
und dessen Anhang schildert. Vorzüglich aus Rücksicht auf
die adligen Genossen des Drosten wurden Härten gemildert
und Einzelheiten nachgetragen, welche Karls Handlungsweise
weniger schroff erscheinen Hessen. Hierher gehören nächst
boten der eine Wadewerk Btntt H&dewerk geniuint, der andere Wilde als
Hamburger statt Wismarer bezeichnet wird, zeigen den Verfasser genau
unterrii btet, wenn er aucli die betreffende Urkunde nickt eingeeeken haben
kann, vgl. S. 40.
') Die Ankunft Christophs in Schweden wird auf SepL 8 (nativitaa),
statt Aug. 16 (assumptio Marie) angesetzt, die Krönung aber richtig m
Sept. 13 berichtet, vgl. S. 110.
— U2 -
einigen auf die BauernaufstüDde bezüglicbra Streicbunges ^
V. 5317 1—23, welche die so grosses Aeigerniss venirBacheo-
den Lehnsvergabungen nach der Wahl Karls zum Reichsvor-
steher behandeln, v. 5062 1—18, Streit um den Besitz von
Kalmar u. s. w., während andere unverhüllt einen apologetischeD
Charakter tragen, wie v. 5066 1—16 Karls Brautsuche, v.
5193-5200 (Nachtrag) Alter Karls und Datum seiner Hoch-
zeit, verglichen besonders mit Zusutzen wie v. 5039 — ü Ent-
föhmng des Reichsschatzes durch Erich, v. 5097—5109 Auf-
treten der teiger Tagfahrt gegen Erich: veninglimpl'eu die
letzteren den alten Konig, so preisen .jene den neuen. Auch
von kleineren Aenderungen könnten viele aufgezählt werden,
welche in ähnlicher Weise die Absicht deutlich erkennen
lassen. Insgesammt dienen sie zui' Verherrlichung Karls,
Dasselbe gilt von dem dritten Theile, welcher nur Zuthaten
aufweist. Verse, wie die bereits erwähnten 6742 — 51, v.
7044 — 19 Einwilligung Karls in die Vertauschung Abos mit
Wiborg, 7516 — 25 der Erzbiscliof schwört Karl nach der Wahl
Treue und so weiter bis auf den letzten Nachtrag v. 9603— Ü,
Betrachtung über die Karl sichtlich zu Theil werdende Gnade
Gottes, kennzeichnen die Stellung des Verfassers zur Genüge.
Was wir von dem Autor wissen, ist bald gesagt. Nui'
ein einziges Mal bei der Beschreibung des Schiffbruches, den
König Erich 1436 erlitt, beruft er sich auf di^ Mittheilungen
eines Gewährsmannes „mik swor en at han sant wiste thz
konungen tha 200 miste" v, 3312 f., augenscheinlich traute
er selbst der übertriebenen Zahl nicht recht. Sonst enthüll
das ganze Gedicht auch nicht den geringsten Hinweis auf seine
persönlichen Verhältnisse, Jedenfalls befand er sicli in der
Umgebung Karls, begleitete ihn nach Finnland und kehiie
1448 frohlockend nach Schweden zurück. Ein plötzlicher Tod
scheint ihn mitten in der Arbeit Überrascht zu liaben, die
Verse 9611—28 leiten die Erziihlung neuer Kämpfe ein, deren
Ausgang dem Verfasser unbekannt ist. Er hätte sonst kaum
■) Z. h. V. 4372 1— S Karl läs&i gegen 100 Bauern spiessen, ähnlich
i 1 — 11; ihnen entspricht der Zuaatz v. 4540 — 4555, welcher seio
Idea ÄnitreCen gegen die Bauern schildert.
I
h
— 143 -
T'iea unmittelbar vorhergehenden Versen den himmlischen
Schutz, welcher die Unternehmungen des Königs begleite, so
überlaut gepriesen. Endet doch der Kampf mit der Flucht
Karls nach Danzig.
Als Muster hat dem Vei-fasser die Erichschronik vorge-
schwebt, doch hat er mit jener nur den Zug, seinen Helden
nach Kräften zu preisen, gemeinsam. Die iudividualisirende
Kraft der Darstellung, die epische Fülle und frische Auschau-
lichkeit, die unleugbare dichterische Begabung des Biographen
von Heraog Erich, geht dem von Karl gänzlich ab. Seine
Erzählung ist so nüchtera, so bar allen auch nur des geringsten
Schwunges selbst bei den dankbarsten Stoffen, dass sie sich
von der Prosa nur durch den zufälligen Umstand unterscheidet,
dass der Autor sie in Verse gebracht hat. Bei Benutzung
seiuK Werkes aber und ebenso des Eogelbrechtsgedichts ist
der von Anfang bis zum Ende sich kundgebende Hasa gegen
alles was dänisch heisst uud ist, neben der Parteilichkeit füi-
die beiden Helden stets im Auge zu behalten.
e. Erich-Karlschronik')- Nach Beendigung der
Redaktion von 1452, wie es scheint nach dem unvermutheten
Hinscheiden des Verfassers der Karlachronik , wurde auf Ge-
heiss des Königs zum Zweck der Zusainmenschmelzung der
Erich- und der Karlschronik zu einem einheitlichen Werke
die erstere mit einer neuen Einleitung, 74 Verse, vei'sehen
und durch ein Gedicht von 632 Versen mit der letzteren ver-
bimden. Beide bisher getrennten Chroniken hatten dabei eine
Censur zu überstehen, welche nicht allzu streng war. Die auf
diese Weise noch vor der Flucht des Königs nach Danzig 1457
hergestellte zusammenhängende Reimcbronik von 1229 — 1452
wurde herausgegeben^} und verhinderte bis auf die neueste
\
') Klemming 1 S. 163— 192 Text der Einleitung zur Erichschtonik und
des Verbindiingagedichts; 3 S. 257 — 61 Handschriftanbeactreibung ; S. 288 f.
Nachwort. Er spricht Bich über die Quellen des VerfasBers, wie in allen
imdercn Fällen eo auch hier nicht aus. Den Namen Erich- Korlsuhronik
habe ich als kürzesten !□ Ermangelung eines treffenderen gewählt.
*) Vier HsB. enthalten nur die Erich- und Karlschronik in dieser neuen
Form, acht 'weitere ausserdem die noch zu besprechenden Fortsetzungen
die Sturechroniken. Der von Hadorph benutzte Rnlambianus, vgl. S. 133
Anm. 2, gebärt gleichfalls in diese Handschriftenklasse.
— 144 —
Zeit das bekanntwerden der Karischronik in der uisprfl
liehen Gestalt 1).
Die Einleitung hat hauptsächlich den Zweck, die Abs
mung Karl Enntssons von Erich dem Heiligen oaehzuwraseiufl
Sie fälscht zu dem Behuf zu den zwei Schwestern, welch»!
Erich Läspe hatte, noch zwei hinzu und verheirathet diese £
glücklich, dass Karl zu ihrem direkten Nachkommen gemai
wird, V. 60—74 vgl. Klemming 3 S. 288. Der Stofif füi- die i
hergehenden Veree ist der Einleitung zur schwedischen I
Chronik von 1449, Fant 1, 1 S, 240 ff., entnommen, man vgL '
nur z. B. v. 15 — 22 mit den (aus Adam von Bremen entlehnten)
Worten des Chronisten, S. 240. Von dem originalen Prologe
zur Erichschronik mussten die ersten 30 Verse ganz wegfallei
und die folgenden bis v. 75 einige Umstellungen erdulden,
damit die Ahnen Karls passend untergebracht wurden.
An der Erichschronik selbst wurde wenig geändert»). Erat
gegen Schluss sind v. 4396—4439, Bericht Ober die Enthaup-
tung von Magnus zwischen v. 4375 und 4376 eingeschoba
und an v. 4376-4395, Flucht Birgers nach Dänemark, einigl
Verse angehängt, welche auf das Verbindungsgedicbt, daseid!
an V. 4543 unmittelbar anschliesst , hinweisen *). Im übiig^
beschränkte sich der Redakteur auf die Einfügung von filiri
Daten, von welchen die beiden ersten, nach v. 156 125(
kyndelraessa und nach v. 1246 1290, dem Chron. pros. S. 246(
die anderen drei, nach v. 1335 1293, 4071 1317 und 442?
') Elbenso ist der völlige Unlei^ang des Engelbrechtsliedes e
wobt auch hierauf zurückzuiUhren. Bezeichnend ist hieiilr, dasa 143'^
zu derselben Zeit als die Erich-Karlschronik bekannt gemacht wurde,
Gemahlin eines Karl feindlichen Grossen, Frau Marthn, die ErichBchroQJJk
in ihrer ursprünglichen Gestalt abschreiben lieSE, vgl. unten z
Drucke von Hadorph und Fant geben den Text der Erich- Earlscbronik
wieder und verwischen dadurch die Urformen.
*) Klemming stellt die Abweichungen 1 S. 166—170 zusammen, i
Theil sind es lediglich andere Lesarten, welche den Sclireibem zur I
fallen.
") Erwähn enswerth ist auch noch das auf Warberg und Nordhallaad
bezügliche Eins cbiebsel v. 4541, da es direkt mit t. 17 ff desYerbindui
gedichts zusammeuhttugt und ebenfalls den Zweck hat, den Leser über d
Charakter der Fortsetzung xa Uuachen.
- 145 —
.320 Symonis et Jude, seiner zweiten gleich zu besprecheDden"
Quelle entnommen sind').
Das Verbindungsgedicht giebt einen kurzen Ueberblick
Ober die Geschichte der Jahre 1320—96, Mr welche dem
Verfasser neben dem mehrfach erwähnten Chron. pros. ein-
zelne Urkunden und eine dem Diarium fratrum minorum Wis-
byensium nahe verwandte Quelle zu Gebote standen. Dem
dürftigen Chron. pros. verdankt er zwei Tagesdaten, v. 424
und 440 , — ein drittes entstammt einer Urkunde — beide
hat er wörtlich herübergenommen, dann noch ein Bericht über
den Tod des König Magnus, v. 471 — 76, den er ebenfalls
sklavisch abgeschrieben hat.
Die V. 17 — 88 berichten über die Einlösung der von
Dänemark au Holstein vei-pfändeten Landschaften Schonen
und Halland durch König Magnus. Lässt schon die Genauig-
keit in der Bezifferung der Geldsummen, in der Aufzählung
der einzelnen Harden, Inseln, Landschaften, in den Namen
tind Tagesangaben keinen Zweifel daran aufkommen, dass hier
Urkunden zu Grunde liegen, so beruft sich obendrein der
Verfasser selbst v, 131 auf den „kosteligh breff" und erzählt
»T. 77 „i samma breff och scriffuet är", dass alle Stände der
betreffenden Gebiete Schweden Treue gelobten. Ihm stand
Zeugen reiche Urkunde K. Waidemars von 1343 Nov.
ii8 zu Gebote^), deren Inhalt v. 49 — 88 wiedergeben. Für
äie vorhergehenden v. 17 — 48 muss ihm mindestens noch
eine Urkunde vorgelegen haben, welche wir heute nicht mehr
■besitzen^); die hier berichteten Pfandschaften werden in der
') Ea Bind dies alle im Abdruck bei Fant sich findende Daten, vgl,
■S. 127, Änm. 2.
'} Dipl. Suecan. ed, Hildehrand 5 S. 200 lat S. 207 Bchwed. Teit.
Iiag dem Verfasser, wie wahrschemlich, der letztere vor, so ist man ferner
aar Annahme berechtigt, daEB er bei seiner fiearbeitang der Erichschronik
das archetypon der von Klemming seiner Ausgabe zu Gmnde gelegten
Eandscbrift benutzte. Die schwedische üebersetzung der Urkunde bt
D&mlich nur durch diese Handschrift, Spegelbergsboli, bei Hadorph und
IFut Cod. Reg. I, auf uns gekommen. J
') Wenigstens habe ich sie in den mir zugänglichen tJüIfsmittelu nicht ^M
gefimden. ^|
:■■■•• 1
- 146 —
Urkunde Waldemars nur suramaiisch angeführt, während der
Chronist detailliil Entstehung, Umfang und Preis mittheilt.
Mit V. 89 beginnt die Benutzung der dritten , dem Diar.
Wisb. nahe verwandten Quelle. Das Gedicht enthält keine
Nachricht, welche wir im Diarium nicht um einige Züge be-
reichert oder in gleicher Ausführlichkeit oder mindestens an-
gedeutet finden, darunter solche, welclie nur von diesen beiden
Quellen berichtet werden. Eine direkte Benutzung der einen
durch die andere wird durch die Thatsache ausgeschlossen,
dass bald der eine bald der andere bei der Erzählung ein
und derselben Begebenheit im Detail ein nur ihm eigenthüm-
liches mehr hat, von dem keine sonstige schwedische oder
auswärtige Quelle, deren Bekanntschaft angenommen werden
könnte, etwas mitzutheilen weiss. Die Annahme einer gemein-
samen Quelle erscheint unter diesen Umständen als die ein-
fachste Lösung aller Schwierigkeit und wird ausserdem dadurch
unterstützt, dass das Diarium für die zweite Hälfte des 14. Jahr-
hunderts, abweichend von der Natur seines früheren und spä-
teren Inhalts, eine Reihe von zusammenhängenden umfang-
reicheren Berichten enthält, welchen wir in der angegebenen
Weise im Verbindungsgedicht wiederbegegnen. Da wörtliche
Uebereinstimmungen durch die Verschiedenheit der Natm- und
Sprache beider Quellen ausgeschlossen sind, könnte nur ein
Paralleldruck beider das Verhilltniss völlig klar veranschau-
lichen , so müssen wir uns mit dem Hinweis auf einige Bei-
spiele begnügen.
Vergleichen wir das im Diar, Wisb. z. J. 1340 erzählte,
Fant Ss. rer. Suee. 1, 1 S. 44, mit v. 123 — 206 des Ver-
bindungsgediclits, so stimmen beide in Bezug auf den Kriegs-
zug des Magnus nach Russland und die Erhebung eines Günst-
lings überein. Hier hat die Reimchronik mehr die Abmahnung
der im Diar. nur beiläufig erwähnten Brigitta, die Betheiligung
der Holsteiner, den Steuerdruck und Kirchenbann, das Diar.
dagegen die Namen der russischen Feste und des GUnsÜings
Benedict, Aebnlich verhält es sich mit dem folgenden Ab-
schnitt des Diar. Wisb. z, J. 1361. Keine der schwedischen
Quellen ausser diesen beiden weiss etwas von dem vereitelten
Projekt einer Heirath Hakons von Norwegen mit Elisaheth
I
— 147 -
von Holstein, von der Verbannung schwedischer Grossen^)
durch Magnus und der dadurch bewirkten Herbeirufung Al-
brechts von Meklenburg , keine ausser dem Verbindungs-
gedicht von der uns auch durch das Zeugniss Detmars,
Grautoff, Liib. Chr. 1 S, 284'), beglaubigten Brautfahrt der
Schweden^ nach Holstein und ihrer Gefangennahme durcfi
Waldemar^). Dasselbe Verhältniss tritt hei der Geschichte
Albrechts und seinen Kämpfen mit Margaretha zu Tage, stets
im ganzen Gedicht finden wir dieselben Elemente, meist in
derselben die Chronologie nicht immer beachtenden Reihen-
folge wie im Diarium, bald um einige Details vermehrt, bald
weniger genau erzilhlt. An einer einzigen Stelle ist der Ver-
fasser des Verbindungsgedichts über seine Vorlage hinausge-
gangen, auch sie aber erweist schlagend die Verwandtschaft
seiner Quelle mit dem Diarium. Zum Schluss des Jahres 1361
fuhrt dieses die Nachkommenschaft der nach Meklenburg
verheiratheten Schwester des Königs Magnus auf und schliesst
mit König Erich. Genau dieselben genealogischen Angaben
kehren im Veibindungsgedicht v. 89 — 98 fast Wort für
Wort wieder , nur fügt der Reimchronist v. 93 - 96 selbst-
Btändig hinzu, dass die nach Holstein vermählte Ingeborg des
zur Zeit Schweden feindlichen Christiern Urgrossmutter sei,
ein Zusatz, der sich selbst erklärt und mit der Abfassungszeit
1452—57 Hbereinstiramt. Näheres über die Besehatfeuheit
seiner Vorlage wird sich erst beibringen lassen, wenn die Her-
leitung der Nachrichten des Diarium gelungen sein wird, jeden-
falls dart' man dem Verbindungsgedicht allen historischen W'erth
nicht so bestimmt absprechen, wie es Kleniming 3 S. 289 thut.
In Bezug auf die Karlschronik endlich beschränkte sich
der Redakteur lediglich auf Streichungen meist geringeren
Umfangs. Die Gesammtzahl der davon betrofTenen Verse
') Das Diarium fiUirt 7 NaineD et qu&m plores alii auf, daa Verbin-
duDgsgediclit nennt nur 3 von den 7 und lässt im Ganzen 24 verliannt
werden. Aehnliche Züge sind häuög.
') Abgeseben natürlich von den urkundliclien Zeugnissen, vgL Hanse-
recesse 1 S. 185 ff.
') Umgekehrt hat das Diar. hier mehr die GefaDgennahme des
Magnus durch Ilakon.
10-
— 148 -
1 etwa 4 — 500 betragen'), nur an Ö Orten sind sie d
andere unbedeutende Zeilen ersetzt worden^). Im Ei
brechtsgedicht sind abgesehen von der Einleitung, v. 1 -
an wesentlicheren Stellen ausgemerzt die Intmsion Torlaks 1434 "
und die Bedrückung der Kaufleute durch die Vögte Erichs,
V. 592^639, die zweite Klage der Bauern vor Erich, v. 688
1 is 715, die Hinkunft Karls noch Stegeholm zur Unterstützung
Engelbrechts, v. 1228 — 33, seine Tlifttigkeit bei der Belage-
ning des Schlosses, v. 1236 — 65 und der Kauf Örebros durch
Engelbrecht, v. 1305 — 15. Im Karlsgedicht der Verrath und
Tod eines Dienere, v. 3756 — 63; 3948 — 55; 4034,5; 4402 bis
Ul; und iihnliches meist unbedeutendes Detail. Im grossen
und ganzen muss man zugestehen, dass die Ausmusterung
dem Gedichte nicht zum Schaden gereicht, mitunter trifft sie
geradezu unschöne Stellen oder Ge-schmacklosigkeiten wie v.
6448 — 55. Eine bestimmte Absicht tritt höchstens in der
Entfernung von v. 1228 - 33 und 1236 - 65 hervor, da Karl
hier den von Engelbrecht befehligten Bauern erfolglosen Bei-
st4ind leistet. Ü
l'eber den Redakteur ist nichts bebannt, gegen sein^
Identitiit mit deju Verfasser der Karlschronik spricht nnrj
den'u fvitgnientarischer Schhiss. welcher kaum eine andere
Krkliirung xulässl. ak dass der Autor durch den Tod an der
N'ollcuduttg seiner Arbeit behindert wurde. Dagegen lässt
äich fUr die EiiiheillicbkeJt seiner Person mit dem Verfasser
der kimen ReimchrLmik t^s. a.l di« geoaue Bekanntschaft beider
mit dt>ni gleirhfiiüts am IMe Karls entstandenen oder dm
Karl vvranlas&leu Chron. pros. soec. anfahren. Weitere J
halls|Hmktt> fehlen fUr das eine wie fär das andei-e.
d> Sturecfaronik l*). NadiHersteSangderGesainia
n>int<:hro»ik bis 14Sa UBteritIteb jede Fovtsetmig, da
'^ KlMMMi«! Krih si« S S. j»6 1
MMhi wm4 tMtridMM V. 14«,T:
*1 bi t« M W » ijk4 wtr IT V<n« »«« )
IWtMM, 1,4^ SmM. & NafAfthM, m»A v. l«iä; e
•< KWmmm« :|! & ) f^, W1 'SO. SB;
— 149 —
bald darauf hereinbrechende Missgeschick Karl alle Lust be-
nahm, seine Thaten noch ferner aufzeichnen zu lassen. Erst
■kurz vor seinem Tode entstand 1470 ein Gedicht, welches
»ich an die Erich -Karlschionik unmittelbar anschloss und die
Jahre 1452 — 1470 behandelte. Doch setzt es keineswegs
dort ein, wo die Karlschronik aufhört. Es beginnt mit einer
gedrängten Darstellung der kurzen Heldenlaufbahn des 1455
meuchlings ermordeten Stietbrudei-s von Karl , Thord Bonde,
schildert die Hochzeit von Kils Sture 1457 und den bei dieser
Feier ausbrechenden Streit des Königs mit dem Erzbisehof
Jens , der mit der Vertreibung Karls und der Berufung
Chilstierns endet, Hberapringt dann die folgenden Jahre bis
1463, um gleich auf den Aufstand Bischof Ketils überzugehen,
Karl wird zurückgerufen imi abermals dem Erabischof zu
weichen, da überwirft sich der letztere mit Nils Sture, welcher,
von Erich Axelsson, dessen Brüdern und Sten Sture unterstützt,
die Dänen vertreibt. Karl zurückruft und dessen Thron, vor-
nehmlich mit Hülfe von Sten Sture, befestigt. Der Sieg Stens
bei Oersten ist das letzte Ereigniss, über welches eingehend
berichtet wird, die Zerstörung Axevalls (1469 Jun. 30, Diar.
"Wadsten. FantSs. r. Suec. 1, 1, 190) und verschiedene kleinere
Eftmpfe will der Verfasser nicht beschreiben
„för thy the maane manga i Swerige liffua
som thetta hiatha scriffua
thy will jak aather wända
och göra her oppa een ända"
V. 1845 — 48, damit schliesst er. Hienach lässt sich die Ab-
fassungszeit des Gedichts mit ziemUcher Sicherheit in den
Anfang des Jahres 1470 verlegen, den am 15. Mai 1470 er-
folgten Tod des Königs kennt der Dichter nicht, im Gegen-
theil nach der Flucht des Erich Karlsson (Wasa) nach Däne-
KorlBchromk nn, nur die lückenhaft erhaltene Hs. Klemmiog Nr. 9 schliesst
mit T. 148 der ersten Stureohronik. Hierher gehört auch die Hs., in welche
HesseDius seine Bemerkimg über Laurencius Arosiensis eiogetragen hat.
Sie euüiält alle drei Sturechrociken bis 1496 und ist ton einer Hand ge-
Bchiieben. Klemraing zählt die Verse der drei Sturechroniken, der Reim-
Chronik von 1520 und des Gedichts auf ChristiaD 11. fortlaufend durch.
I
— 150 —
mark ruft er aus: „nw war konungh Karl wäl tiil niodhe",
V. 1803.
Der Verfasser steht auf Seiten Karls, ohne gei'ade flit
ihn eingenommen zu sein. Sein Gedicht ist ein sprechendes
Zeichen für die Gesinnung der königlichen Partei, die den
König weniger um seiner Person willen zurückrief, als um
die dänische Herrschaft abzuschütteln und die Uebermacht
der Oxenstiemas und Wasaa zu brechen. Von rein persön-
lichen Motiven getrieben benutzte sie die Herstellung des
einheimischen Königthums als Aushängeschild. Karl tritt
daher nirgends bedeutend hervor, ganz unbekümmert berichtet
der Dichter bei der zweiten Thronentsetzung v. 1246:
^konungh Karll motte pa sin knäa falla
och bedhas nadh thz han motte siith liiff beehalla".
Die Lieblinge des Verfassei-s sind die kühnen kampfe»-
muthigen Gestalten des Thord Bonde, der Stures, vornehmlich
Sten, Erich Axelsson n. a., doch lässt er auch der Tapferkeit
der Gegner, besonders des Erich Karlsson, alle Gerechtigkeit
widerfahren. Im Kampf und ritterlichen Leben fühlt er sich
zu Hause. Es weht im Gedicht eine frische Luft, die merk-
lich von der Hofatraosphäre der Karischronik abstiebt. Der
Dichter geht fi-eier, offener aus sich heraus als sein ängstlich
die Worte abwägender Vorgänger. Sprüehwörter, v. 1697 bis
1700, V, 1789 f., scherzhafte und launige Redewendungen sind
nicht selten, der Gegner wird wohl verspottet aber nicht ver-
letzt') und ei-sichtlich schrieb der Verfasser aus freiem An-
triebe, wenigstens gewiss nicht allein um der Bezahlung willen.
Wir haben ihn im Anhang der Stures zu suchen, wenn er
auch seine eigene Persönlichkeit nii^ends hervortreten lässt*).
Auf der anderen Seite geht dem Werke der fast tagebuch-
artipe Charakter der Karlschronik vollständig ab, Urkunden
') Mail vgl. z. B. V. 1779 ff. mit dem „kerlekj" Briefe von Ericli
KaxlsBon an seine Frau v. 1675 tf. König Christieni werden in der Schlacht
gegen Ketil die Worte in den Mund gelegt; „do my liir djn yascrin hotbi
Gotes wamiel aee ekedi my all doth", v. 1065 f. u. a.
') Mitunter beruft er sich auf Gewährsmänner und mOndliche Mit-
theilungen, namentlich in dem erGteii Theile seines Gedichts, welches die
funfeiger Jahre behandelt, vgl. v. 156, 212, 308, 342, 1585, daneben ist er
auch selbst gut unterrichtet, vgl. v. 371, 465, 475 u. s. w.
I
I
I
- 151
und Akten standen dem Autor nicht zur Verfügung und über
Verhandlungen berichtet er nur selten und dann meist nach
Hörensagen. Der historische Werth seines Gedichts steht
ntithin weit hinter der reichhaltigen Arbeit seines Vorgängers
zurück.
e. Sturechronik 2'). Der gleichfalls ungenannte Ver-
fasser, welcher die erste Sturechronik bis 1487 fortsetzte, hat
eich in noch geringerem Masse als sein unmittelbarer Vor-
gänger die Aufgabe gestellt, eine ausführliche Geschichte der
■von ihm behandelten Jahre zu liefern. Seine Arbeit, eine in
keiner Hinsicht hervorragende Leistung, zerfällt in zwei lose
Terbundene Gedichte, von welchen das erste die Brunkeberg-
schlacht, V. 1849 — 2467, das zweite die Streitigkeiten Sten
Stures mit den Gebrüdern Äxelsson (Thott) v. 2468 — 3381,
zum Gegenstande hat. Dem ersten ist als Einleitung ein
Bericht über die Wahl Stens zum Reichsvorsteher vorausge-
Bandt — der Tod des in Vergessenheit gerathenen Karl ist
erst hinterdrein nachgetragen — und dem schliesst sich so-
gleich die Schilderung des Kampfes mit Christiern 1471 an.
Es endet mit einem kurzen Lobspruch auf Sten, der für den
Ausfall jeder Nachricht aus den Jahren 1472 — 81 entschädigen
soll. Anknüpfend an den Thronwechsel in Dänemark 1481
wird sodann der Tod Erich Axelssons gemeldet, welcher den
Zwist seiner Brüder mit Steu um Finland und Gothland her-
voiTief. Er endete 1487 mit der Uebergabe Gothlands an
Dänemark, welche den Verfasser zu einer an seine Landsleute
gerichteten moralisirenden Schlussbetrachtung veranlasst.
Trotz des klaffenden Spaltes zwischen v. 24t37 und 2468
ist das Gediqht einem Verfasser zuzuweisen, wenn auch die
Beschreibung der Bruokebergschlaeht wahrscheinlich früher
gedichtet und erst später, um die einleitenden Verse und das
Loblied auf Sten bereichert, der zweiten Hälfte vorgesetzt ist.
Gleich zu Anfang nämlich, v, 1931, verweist der Verfasser
auf Ereignisse, die nach dem Tode von Erich Äxelsson 1481
eintraten, und ebenso iin Loblied auf Sten, am Schluss der
ersten Hälfte auf das Jahr 1487, v. 2437 fl.*). Nimmt man
g 3 S. 64-116.
') Die Vermothtmg Klemmings 3 S. 301, dass L
- 152 —
diese beiden jüngeren Bestandtheile weg, s" bleibt in v. 1953
bis 2417 eine so genaue Darstellung des Kampfes von 1471
übrig, dass der Verfasser entweder ein ausgezeichnetes Ge-
dächtniss besessen oder diese Scliilderung früher aufgezeichnet
haben niuss. Er befand sich 1471 in Stockholm, scheint aber
dem Kampfe blos zugeschaut (v. 2100, 2157, 2290, 2298) und
nie zum Gefolge Stens gehört zu haben (Tgl. v. 2502, 2509,
2985). Vielmehr gewinnen wir den Eindruck, dass er Stock-
holmer Bürger war^) und den politisch massgebenden Kreisen
fernstand. Sehr häufig bekennt er seine Unwissenheit, be-
sonders bei Reichsrathsverhandlungen, beruft sich auf Mit-
theilungen anderer*), und übergeht selbst Ereignisse, wie den
kalmarer Vertrag von 1483, weil er offenbar keine Kenntniss ,
davon hatte. Er war wie alle Stockholmer ein eifriger .
bänger Stens, ohne ihn über Gebühr zu erheben, und ist in i^
dem, was er aus eigener Anschauung berichtet, glaubwürdig..:
f. Sturechronik 3'). Sie umfasst die Jahre 1488 bis \
96, schildert aber eingehend nur den Russenkrieg von 1495, £
Die vorhergehenden Jahre werden mit einigen Zeilen abge-
than*), und das eigentliche Thema durch die Nachricht ein- j
mansdöme wardher nw i aar som jämpneetli XT aar" der Schreiber eini
hinter X auEgelaesen, ist sicher richtig, wiv erhielten sonst 1482 statt 1437 ^
als AbfaBsuDgszeit dieses Stückes.
') Auaeer der Thatsache, dase er sich 1471 in Stockholm befand,. |
sprechen hiefür v. 2810ff,, Beleidigung von Stens Frau auf dem atock-
holmer Markte, und seine Vertrautheit mit allen Begebenheiten, sobald
Stockholm ihr Schauplatz ist oder die Interessen seiner Bewohner anf
dem Spiele stehen, vgl. v. 27S0 if., die Schilderung der Seer&ubereien des
Iwar Axelsson, sie schliesat: „opta pläga Hollendher thetta klagha"; v.
2870 tr. unterbrechen den Gang der Erzählung, um zu berichten, dass ein
MQnzmeister gefänglich eingezogen wird, weshalb weiss' der Verfesser
nicht u. a. Er k Qnnte nach den eingestreuten langen politischen Betracli' ^
tongen zu scbliesseu , fast ein Schulmeister gewesen sein, vgL auch r.Jj
2691—4, 3192f. ^
') Vgl. V, 2149, 2157, 2502, 2566, 2B75, 2985, 3064 n. a. w. 1
') Klemming 8 S. 117—144,
') Der Anfang lautet: Tha man scriffiier 80 och otta, stodh i Swerige
likes tili nnotts, tha man scrifluer 80 och 9 ther tiil, tha skeer thz som
jak nw säjia will, folgt die Heiligsprechung der Katharina. Im gai
beanspruchen die Jahre 1488—92 25 Verse, davon gehen noch vier
die Jahreszahlen ab.
W — 153 -
■geleitet, dass König Hans 1493 sich mit Russland verbunden
habe, um Finnland den Schweden zu entreissen. Dies veran-
lasst zunächst einen Ausfall gegen den König, der 1495 der ver-
abredeten Tagfahrt zu Kalmar aus dem Wege geht , und be-
reitet den Leser auf den Einfall der Russen in Finnland vor,
mit dem das Zeichen zu einem Kampfe gegeben ist. der zur
^_2eit der Niederschrift des Gedichtes, Anfang 1497'), noch
^nicht beendet war.
H Der Verfasser machte den Krieg im Gefolge Stens mit,
^og 1495 mit ihm von Stockholm aus (v. 3663, 3706), befand
ßich 1496 in seiner Umgebung zu Abo, v. 3957, Wieb aber
in Finnland, als Sten nach Stockholm zuiückkehrte , v. 4028,
£9, 44, 47. Weiterhin erfahren wir nichts von seinen Schick-
iilen, doch lassen die genauen Angaben über die neu aufge-
legte Russensteuer am Schluss des Gedichtes die Annahme zu,
er den Winter 1496/97 in Schweden zubrachte. Klem-
Boing wirft (3 S. 299) die Vermuthung auf, dass die zweite
md dritte Sturechronik einen gemeinsamen Verfasser haben
ifinnten, allein dem widerepreehen nicht nur die angeführten
Lebensumstände der beiden Dichter ^), nach welchen der eine
durchweg als in friedlichen bürgerlichen Verhitltnissen lebend,
der andere als Benifssoldat erscheint, sondern auch, durch
diese verschiedenen Lebensstellungen bedingt, die ungleiche
Behandlung übereinstimmender Stofte, Der Verfasser der
zweiten Sturechronik begnügt sich z. B. durchweg mit der
Angabe, daas das Schiff oder das Heer wohl ausgerüstet war*).
sein militairisch gebildeter Fortsetzer geht stets ins Detail
ein, sieht bei jeder Gelegenheit auf die „glätfuiar, piil,
byssar och andra wärya", achtet genau auf das Pulver und
namentlich auf die Anzahl der „skärpentyner" (v. 3492, 3499.
3763, 3966 u. a.), ein Wort das in der ganzen Reimchronik
allein bei ihm vorkommt. Umgekehrt stellt der erste öfters
längere ziemlich werthlose politische Betrachtungen an, auf
') VgL V. 4161 ff.; V. 41Ö6 erwähnt der jula tiidh des Jahres 1496.
*) Elemming berührt sie gar nicht.
*) Nor 2 Stellen scheinen dagegen zu sprechen, einmal giebt er an,
B das grösBte Geschütz der Dänen Moj'ses liies, v. 2004, und dann er-
dass in Stäkehorg sich sehr viel Pulver vorfand, v. 322S.
— 164 -
die der zweite sich nie einlässt. Gemeinsam haben beide nur '
das miteinander, dass sie Episoden aus den von ihnen behan-
delten Jahren herausgreifen , nicht die Geschichte der Jahre
selbst gehen.
Die dritte Sturechronik bezeichnet das Ende der durch
das ganze Jahrhundert sich hindurchziehenden reimchronika-
lischen Thätigkeit in Schweden, mit ihr ist die sog. grosse
Reimchronik abgeschlossen. Zerlegen wir ihr GefOge in die
einzelneh Eestandtheile, so entsprechen den drei grossen Hel-
dengedichten ebensoviel Gesänge auf einzelne hervorragende
Begebenheiten, die Uebergänge aber vermitteln zwei Dichter-
werke ungleicher Art. Das eine schildert im Rückblick 75
Jahre schwedischer Geschichte lediglich zum Zweck der Ver- '
herrlichung des durch Karl Knutsson neu errichteten Thi-ones.
Die Darstellung der Ereignisse, welche den Wiedereintritt
Schwedens in die Reihe der selbstständigen Staaten herbei-
führt, wird verbunden mit der Geschichte des älteren, keiner
Fremdherrschaft unterworfenen Reiches, das neue Königshaus
durch die Verwandtschaft mit dem vorletzten, welches einen
Heiligen zu seinen Mitgliedern zählt, legitimirt ; die Zwischen-
herrschaft der Folkunger wie der Dänen ist zu Ende, es be-
ginnt eine neue Epoche für Schweden. Das andere dagegen
nimmt den zerrissenen Faden wieder auf, um die Fortsetzung
des steten Kampfes um die Selbstständigkeit zu schildern,
ohne irgend welche andere Absicht als die Begebenheiten der
Nachwelt zu überliefern. Frei von jeder Tendenz kommt es
der Aufgabe eine Reichsgeschichte zu liefern noch am nächsten.
Ungleich wie die Uebergänge sind auch die Heldengedichte.
Das erste schildert den Hader feindlicher Brüder um die
Krone, das zweite die Abschiittelung des Jochs der F^-emd-
hen-schaft durch das Volk, das dritte das Ringen eines Ein-
zelnen nach dem Throne des ohne sein Zuthun freigewordenen
Reiches. Die drei letzten Gesänge endlich behandeln nach
einander den Kampf um die Erhaltung staatlicher Selbst^
ständigkeit, inneren Zwist und Krieg mit den Heiden um
Wahrung der Gränzen. Diese durchgehende Verschiedenartig-
keit der einzelnen Werke bedingt naturgemäss erhebliche
Werthunterachiede , und nach diesem und den früheren Aus-
I
I
- 155 —
fUhrungen ist leicht zu emiessen, wie wenig zutreffend die
bisher übliche Behandlung des gesammten Stoffes als einer
grossen Reinichronik , wie leicht iireführend die Zusammen-
fessung unter einem Namen war.
' g. Kleine Reimchronik"). Um die Mitte des 15. Jahr-
liunderts, in denselben Jahren als die Erich- Karlschronik
hergestellt wurde, entstand gleichfalls in der Umgebung Karls
ein literarisches Produkt, welches nur dadurch Interesse ge-
winnt, dass es ein weiteres Zeugniss ablegt für die am KÖnigs-
tofe herrschende rege schriftstellerische Thätigkeit auf dem
©ebiete der heimischen Geschichte. Als historische Quelle
■Trie als poetisches Erzeugniss ist es gleich werthlos. Der
Verfasser behandelt die ganze schwedische Geschichte vom
ersten Gotheokönig Erich — er lebte nach ihm gleichzeitig
mit dem Grossvater Abrahams, Sanigh — bis auf den Tod
Christophs in 451 Versen, indem er jeden König selbstredend
einluhrt und ihn seine eigene Geschichte erzählen lässt. Den
Inhalt entlehnt der Verfasser mit alleiniger Ausnahme der
Reime dem oben erwähnten Chron. pros. von 1449, welches er
um einige aus der Diedrik af Bern Saga herübergenommene
Könige bereichert. Diese Saga wurde eben weiteren Kreisen
in Schweden zugänglich gemacht *) und da säumte unser
lichter nicht, daraus vier Könige seinem Verzeichniss in der-
ilben Weise einzuverleiben, wie er das Chron. pros. versi-
ciite. Es sind die Herrscher Nordian — Hernit, v. 35—62,
luch der vorhergehende Philmer hat einige Züge aus der
iaga erhalten, v. 28 — 33 (v. 24 — 27 beruhen auf dem Chron.
iros.). Mit König Frode, v. 64, kehrt der Verfasser zum
Ihron. pros. zurück und bleibt diesem nun bis zum Schlüsse
ftreu'). Seine Ausnutzung des Chron. geht so weit, dass wir
') Klemmiiig 1 S. 215—231.
') Karl brachte 1448 die heute älteste Haiidfichriil der nordiecbeu
'Heldensage aus Norwegen nach Schweden, vgl. Hjlten Cavallius, Einl. zu
Diedrich af Berns Saga {Sv. Fomskr. Sällsk. 5) S. Ilf^ Unger, Didrik af
Berns Saga S Xlllff. ; ihre Üebertragung üib achwediscbe fällt in die
_ Jahre 1449—76, Hylt^n a. a. 0. S. XSXVI.
') Auch der in der Reimchronik an einen anderen Platz geratheiie
■ lAiniind Slemma verdankt gleichwohl dem Cbron. pros. sein Dasein. Erich
EOlai, der auch dem Chron. pros. folgt, begeht an derselben Stelle den
J
- ir.6 -
im Stande sind, aus ihm den Abdruck seiner Quelle bei Fant
zu emendiren; v. 113 z. B. liest Klereming richtig Ceres statt
Theraes bei Fant 1, 1 S. 243; v. 340 Klemming 2'/» Fant
S. 246 3; v. 349 Klemming 1220 Fant 1222 u. a. Im ganzen
Gedicht ist nur ein Vers , für den wir keine Vorlage nach-
weisen können ; er giebt an , dass Erich der Pommer
neun Jahre zählte, v. 426, eine Altersbestimmung, die volli
kommen in der Luft schwebt.
Die älteste von Klemming seiner Ausgabe zu Grunde gi
legte Handschrift von 1457, das sogenannte Fni MSretas bot
schliesst mit Christoph '), während andere Codices noch eine
Besprechung Karls hinzufügen, welche der Herausgeber 1 S. 232
mit Unrecht als Beilage 1 bezeichnet und als jüngeren Zusatz
aufgefasst hat. Vergleicht man sie mit dem Chron. pros., so
ergiebt sich genau dieselbe wörtliche Uebereinstimmung wie
in dem fi-ilheren Theile. Betrachten wir aber die Handschrift,
so stellt es sich heraus, dass die Eigenthünierin Frau Martha
sehr wahrscheinlich die Gemahhn eines Oxenstierna ist*),
deren und der Wasas Todfeindschaft gegen Karl Knutsson
Bonde und die Stures sich durch die ganze schwedische Ge-
schichte von der Krönung Karls bis zur endgültigen Zer-
trümmerung der Union im 16. Jahrhundert hinzieht. Alsdann
erklärt sich nicht nur die "Weglassung des Karl preisenden
Abschnitts, sondern auch der Umstand, dass die Handschrift
nach dem erfolgten Abschluss der Erich - Karlsehronik doch
nur die Erichschronik in ihrer ursprünglichen Gestalt enthält.
Die Form der kleinen Reimchronik forderte zur Fort-
setzung auf und vornehmlich das wechselvolle Geschick Karl
reizte dazu an. Klemming hat 1 S. 232 — 253 7 derai
1
gleichen Fehler und musa demnach denselben oder einen ähnlichen Code
wie der Eeimchronist bcmiUt haben. Die Redaktion von 1520 versetd
den Amund wieder an seinen richdgen Platz.
') Tgl. Kleinming 3 S. 246^ ebenso das Fru Elins bok aus dem Jal
1476, a. B. 0. S. 250.
*) Vgl. Klemming S Ü, 248 Aam. unter a. Die unter b und d ftnf
gefiihrten Frauen gehören gleichfalls Karl feindlichen Geachleclitera i
Dagegen ist mir die Stellung des Jana laga-Pusa Ic) unbekannt, die Frao]
ent8ta:umt in diesem Falle aber auch deu Hause der tre rosor.
I
I
^oAi
- 157 -
Anhängsel mitgetheilt; am hemerkenswerthesten ist darunter
Nr. 2 durch den bitteren Hass gegen Karl. Nr. 5 stimmt in
Bezug auf diesen mit dem ürtiieil Erichs Olai überein und
ist 1464 in der Zeit zwischen dem Siege Bischof Ketils über
Christiem und der Rückbemfung Karls aufgezeichnet. Chri-
atiem führt hier bereits den Beinamen: „mit der bodenlosen
Tasche". Im 16. Jahrhundert wurden noch zwei Fortsetzungen,
Nr. 6, 7, bis auf Gustav Wasa hinunter verfasst, die historisch
ebenso werthloa sind, wie die ganze kleine Reimchronik.
h. Reimchronik von 1 520 *}. Im zweiten Jahrzehnt
16. Jahrhunderts verschmolz ein dem Kloster Wadstena
angehöriger Mönch die kleine Reimchronik mit der Erich-
Karlschronik zu einer einzigen und versah sie mit einer Fort-
setzung bis 1520. Die Einleitung zur Erichschronik von 1452
erhielt nun noch ein Vorwort, welches wiederum dem Chron.
pros. von 1449 entnommen ist und einen Auszug aus der Vor-
rede desselben darbietet *). Die Könige bis Erich Läspe
wurden hierauf der kleinen Reim chronik entlehnt^) und daran
eine Verarbeitung — Bearbeitung wäre zu viel gesagt — der
Erich -Karlschronik bis 1452 angeschlossen. Abgesehen von
den Umänderungen, welche die der kleinen Reirachronik nach-
geahmte Einführung der Herrscher als in erster Person Über
ihre Geschicke berichtend erforderte, besteht die eigene Arbeit
des Klosterbruders hauptsächlich in Streichungen grösseren
er geringeren Umiangs. Nur selten hat er sie durch andere
i
I) Bei Klemming leider zerstückelt 1 S. 193 — 204, 254—88; 3 S. 145
bJE 312. An dieser jüngsten aller Reimcbroniken hat Fant sich am ärgsten
vei^aogen. Er bat mit ihr offenbar lüdits anzufangen gewusst und sie als
abweichende Lesarten über seine grosse und kleine Reimchr. vertheilt.
Man vgl. z. B. 1, 9 S. 160 ff., die Zerreis^ung des Cod. 5 (Bureanus).
') Eigene Zuthaten des Verfassers sind v. 27 dass Japbets Soba
Magog hiesB und Stammvater der Gothen wurde und v. 87 — 5G, Anzahlung
aller schwedischen Heiligen.
') Man darf sich nnr nicht durch die Verschiedenheit in den Königs-
namen irre machen lassen. Der Mönch gewährt ein gutes Beispiel, wie
ile erfunden werden. Er zählt bis auf Erich Läepe einen Känig, Blodz-
«wän (44.), mehr als die kleine Reimchr. und hat ihn gleich einigen Zn-
■«fttzen zu Stenhil (37), Olaf (41), Erich (.50) u. a. den Yitae der heiligen
^Siegfried, Olaf, Erich u. s.
I
— 158 -
Verse ersetzt, welche dann zum Theil der kleinen Reimchronik
entlehnt sind, z. B. bei Magnus LadulaS [Klemming 1 S. 200),
oder den in der Vorlage breit ausgeführten Inhalt stark ver-
kürzt wiedergeben. Mit vollem Recht hat desshalb Klemming
die meist gänzlich weithlosen Aendeningen nur bis v. 2000
der Erichschronik vollständig abdmeken lassen und im übrigen
blos die eigenen Zuthaten und Glossen des Redakteure ange-
merkt. Sie genügen hinlänglich um sein Unterfangen als
Reimspielerei zu kennueichnen. Das Werk gewinnt nur durch
die an die Karlschronik angeschlossene Fortsetzung bis 1520
einen Werth. Sie benutzt in der älteren Zeit die Sturechroniken
und schildert recht eingehend die fortwährenden Kämpfe mit
Dänemark seit 1497, Aber auch aus der vorhergehenden Zei
enthält sie einzelne brauchbare Notizen.
Eine Glosse zum v. 476 des Verbindungsgedichts dl
Erich -Karlschronik ergiebt, dass der Autor in Wadstena lebte.
ihr entspricht eine andere zum v, 8401 der Karlschronik,
Klemming 1 S. 202, Dasselbe bezeugen die stete Rücksicht-
nahme auf die Geschicke des Klosters und seiner Umgehung'),
die sorgßUtige Angabe aller Heiligenerhebungen ^), die lobende
Erwähnung jeder den Klöstern gespendeten Gabe *), Er war
ein Geistlicher, dem die centrale Lage seines in der schwe-
dischen Geschichte so häufig genannten Aufenthaltsoites die
Möglichkeit gewährte, sich von allen Seiten Auskunft über
die Vorkomnmisse auch der früheren Jahre zu verschaffen.
Der innere Zusammenhang der einzelnen von ihm mitgetheiUen
Begebenheiten ist ihm freilich häufig nicht bekannt. Das Ge-
dicht schliesst mit dem Tode Sten Stures d. ,T. 1520 (Febr. 3)
und muss bald nachher abgeschlossen sein, der Verfasser
scheint nicht einmal das Stockholmer Blutbad von 1520 Nov,
zu kennen.
In der ältesten nach Klemming noch in das zweite Jal
zehnt des 16. Jahrhunderts gehörigen Handschiift diesi
1
') Vgl. T. 45Ö2ff., Klemming 8 S. 157, Kar! beschenkt das KlostO
mit einem Zinndach; t, 4947 Brand im KloBter u. a,
») 1489 Katharina, v. 4051 ft, 1507 Ingeborg v. 56^3 tL, 1520 1
T. 5853 ff.
'; Vgl. besonders v. 5521 ff.
I
I
- 15f) -
JUDgfiten aller Eeimchroniken ist ihr ein Gedicht auf Chri-
Btiem II. angehängt, welches sich durch einen geradezu blinden
HaBS gegen den König auszeichnet. Der Verfasser beginnt
gleich mit dem Wunsche:
„Gud giffwe hoiium hwarken lyka eller roligit liiff
men ewig fegdh eck dageligit kiiff"
V. 6155 f.
Es ist noch bei Lebzeiten des Königs niedergeschrieben
(v. 6425), rührt von einem eifrigen Katholiken her (v. 6361
■wirft Christiern vor, dass er brukade Luthei-ss dicth), und
verdient nur Beachtung als Ausdruck der in Schweden gegen
Christiern herrschenden Gesinnung. Dem Inlialt nach ist es
unbedeutend. Es existiren davon drei Redaktionen, von
welchen zwei nur in sprachlicher Hinsicht kleine Abweichungen
zeigen, während die dritte bedeutend jünger ist. Sie führt
die Schildei"ungen des ursprünglichen Gedichts breiter und
weitläufiger aus, ohne ihm dadurch einen höheren Werth ver-
leihen zu können.
Vergegenwärtigen wir uns zum Schluss die im vorher-
gehenden gewonnenen Resultate, so erhalten wir für die reim-
ehronikalische Thätigkeit Schwedens im Mittelalter das nach-
folgende Schema, welches zugleicii das Verhältniss aller Ge-
dichte zu und untereinander und ihre Zusammensetzung
veranschaulicht ') :
1. Erichschronik 1229 - 1319.
„ „ , , ., ( a. Engelbrechtsciironik 1389 — 1436.
2. Karlsciironik , ,r , , ■, , , .„„ ...^
•\<^Qq_tAKo{ ^- Karlschronik I 1436—1440.
\ c. Karlschronik II 1440 — 1452.
3. Herstellung der Erich - Karlschronik (1452 — 1457):
Neue Einleitung zu 1, Verbindung von 1 und 2.
4. Sturechronik I 1452-70 im Anschluss an 3.
e II T*7A Q„ ( a-BrunkebergBchlachtU71.
5. , II 1470-87 [ ^^ ^^^^^^ 2wist 1480-87,
*) Ganz abseits steht das Gedicht auf Eönig Albrecht, welches Klem-
ming 1 S. 207 — 2U mitgetheüt hat. Es hat mir Werth als politiacbe
Allegorie und entbehrt allen hlBtorischen Inhalts, Der Verfasser, ei
hecht an sich nicht abgeneigter Schwede, schrieb bald nach der Ent-
setzung des Königs.
— 160 —
6. SturechrOQiklll 1488-96, Kampf mit Russland 1495/96.
7. Kleine Reimchronilt von 1450. a) Ausgabe ohne Karl ;
b) Ausgabe mit Karl (Klemming, Beilage Nr. 1);
c) Anhang an 7 a bald nach 1457 (Beil. 2.); d) desgl.
1464 (Beü. 5); e) desgl. vor 1470 (Beil. 4); f) desgl.
nach 1470 (Beil. 3); g) desgl. Mitte des 16. Jahrh.
(Beil. G); h) desgl. geschrieben 1584 (Beil. 7).
8. Reimchronik von 1520: Verbindung von 7 mit 3 — 6
und Fortsetzung bis 1520.
9. Gedicht auf Christiem II. im Anschluss an 8.
2. Vetus chronicon Sueciae prosaieum. In engem
Zusammenhang mit den durch Karl veranlassten reimchroni-
kalischen Arbeiten steht die im vorhergehenden öftei'S genannte
kurze schwedische Prosachronik , welche uns von fast allen
Handschriften der Erich - Karlschronik und kleinen Reim-
chi'onik mit überliefert wird^). Fant hat sie in den Ss. rer.
Suecic. 1, 1 S. 239—251 angeblich aus dem Autograph von
1449 abgedruckt*) welches einer Handschrift des Westgothen-
recbts vorgesetzt ist. Der aus dem Stockholmer Minoriten-
kloster stammende Verfasser hetheuert , dass er sieh die
hervorragendsten älteren Geschichtsschreiber zum Muster
genommen habe und nach fleissiger Durchforschung der „gambla
foreldma krbnokar" eine zuverlässige Geschichte seines Landes
hinterlassen wolle. Die Ausfühmng des Plans lässt indess viel
zu wünschen übrig, wir erbalten ein dürftiges Verzeichniss der
schwedischen Könige bis auf die Erhebung Karl Knutssons
auf den norwegischen Thron, an welches sich eine TJebersicht
der ältesten dänischen Geschichte anschliesst. Nichtsdesto-
weniger ist der Verfasser von seiner Arbeit höchst befriedigt
und nimmt die unbedingte Glaubwürdigkeit für sich in An-
spruch, S. 242 versichert er, nur die von ihm aufgeführten
') Faat erwähnt dies nicht, vgl. Kleimning 3 S. 219, 253, 260, 268,
263, 268, 275.
*) Ich citire sie der Kürze wegen als Chron. pros. ; über den Unwolfa j
der früheren Ausgaben von MesaeninB und Meurer 1615 and 1645 v|
Fant a. a. 0. S. 239. Ueber die Hb. Tgl. Corp. jur. Sueo-Gothoniin e
Collin u. Schlyter 1 S. XXXIIL
I
I
- Ii31 -
£ötiige hatten wiiklirh regiert, fände man aucli in manchen
Chroniken atidere genannt, so sei jenen Angaben doch kein
Vertrauen zu schenken. Die Ursache dieses Ausspruches tritt
äffen zu Tage, sobald wir dem Autor auf seine Quellen nach-
l^ehen. Er seihst citirt „Adam von Bremen, Jordania, Roderich -
ron Toledo , den weisen Astronomen Dionys" und manche
^göta" und „danske" Chroniken. Adam hat er in der That
jehr umfassend benutzt, fast der gesammte auf Schweden
sezügliche Theil der descriptio insularum aquilonis (Gest.
[ammab. eccl.pont. 1.4) ist in unsere Chronik Obergegangen').
kus Jordanis dagegen sind die Namen der ältesten Könige
rieh, Godeiich und Philimer, sowie die Uegiemngsgeschichte
3c8 letzten, S. 240 - 241, entlehnt*) und hieran schlosa der
Verfasser einige Auszüge aus Roderich*), welche den Ruhm
der aus Schweden ausgewanderten Gothen preisen. Denselben
Sweck verfolgt die angeblich von dem „Astronomen Dionys"
iberlieferte Nachricht, dass der Kriegsgott Mars der Sage
lach aus gothischem Stamme entsprossen sei. Hier hat der
(Verfasser offenbar nur mit seiner umfassenden Quellenkenntniss
K prunken gedacht. Die Notiz geht gleichfalls auf Jordanis
, 4 zurück (ed. Closs S, 31). Dieser citirt für das Ansehen,
m dem die Geten bei den Griechen standen, den Dio und
Jfehrt dann fort: Adeo ergo fuere laudati Getae, ut dudum
Martern, quem poetai-um fallacia deuni belli pronunciat, apud
fuisse dicant exortum". Unserra Verfasser, der als
Hönch die Ostertafel (les Dionysius Exiguus kennen musste,
irar der Grieche Dio jedenfalls nicht einmal dem Namen nach
') 8. 240 zweiter Abschnitt aus Adam 1. 4 c. 21 , iS. 241 —242 den
anzen ÄbBclmitt über den Götterkult zu Upsala, Adam 1. 4 c. 26, 27;
'ant hat dies merkwürdiger Weise übersehen, die antiquarisclien Bemer-
nugen gehören daher gar nicht hierher; S. 244 — 245 GeBchichte K. Sten-
meiBt wörtlich aus Adam 1. 4 c. 28, 29, 24, Tgl. l. 3 c. 14, 15.
*) Jordanig de reb. Get. c. 4 ed. CloBS S. 20 ff.; die Namensformen
fierig, Gandericus, Filmer sind im Chron. pros. modemisirt worden und
den Umstand, dass Jordanis Filmer als den .5. König bezeichnet, hat unser
ChroniBt weiter nicht beachtet.
*) S. 241 auB Roderici Toi. de reb. Hisp. 1. 1 c. 9, niap. illuatr. 2
32 f.
Y. d. Kopp. Zur GeMhiclite. 11
— lG-2 —
bekannt und er dalier rasch bereit, ileiii redlichen Mouclie *
des 6. Jahrhunderts zur Autorschaft einer Chronik zu ver-
helfen^). Auch die vielen dänischen und gothischen Clironiken
reduciren sich bei genauerem Hinsehen auf zwei Haupt(iuelle]i.H
Die eine ist der zur Zeit des König Magnus Eridisson,
es scheint gleiehzeltiK mit der Redaktion der I-andesges
in der Mitte des 14. Jahrhunderts aufgezeichnete König)
katalog von Ingo bis auf Magnus'), Fant 1, 1 S. 2 — 5, di^
andere die Ann. Luudens. in ihrem die heidnische Zeit be«
handehiden Theile. Langebek 1 S. 223 — 227. Von der :
Kataloge festgestellten Königsreilie weicht unser Verfasser
drei*) äusserst bezeichnenden Stellen ab, welche seinen ei^
wähnten Anspruch auf Glaubwürdigkeit erklären. Dem dritten!
Könige Froe des Katalogs giebt unser Autor die aus den Annfl
Lundens. entlehnten Könige Urban lYpper) und Osten
Nachfolgern, um die Abstammung der dänischen und norwe^
gischen Könige von dem schwedischen Herrscherhause !
weisen, S. 242 wörtlich aus A. Lund. S. 223, und kehrt dani^
mit Saelingh (I'iolm) wieder zum Katalog zurück. Gleichfalls"
den Ann. Lund. S. 225 entstammt ferner der 9. König Attila
(Athisl), welcher den Katalogskönig Domar ersetzt und ganz
Nordeuropa Schweden unterwirft- Endlich heisst der Vate
Olaf Schosskönigs nach Adam v. Bremen , 1. 4 c. 28,2
Chron. pros., S. 244 — 245, Stenkil anstatt Erich, doch erli"^
er den Beinamen Arsale aus dem Katalog, so dass die Uebei
einstimmung in dieser Beziehung gewahrt bleibt. Mit dei
Eintritt der christlichen Könige verschmelzt der Vei-fassei^
') Fant bemerkt S. 241 o, ; heic Dionysiuni Bxiguum conflmdit cum Dio- 'i
nysio tuBtorico, de quo ad Erii:um Olai conimeiitiibiniiir. Schlägt n
rer. Saec, 2, 1 S. 19 aaf, so xSMt Erich ala seine Quellen den Gothen
Ablaviuä und den Griechen Diooya auf, wozu Fant ohoe welchen Zasaix
bemerkt ; Dionysius Alexandrinus ! Erich, der unserer Cbiomk trenlicb folgt,
hat sich hier wie unser Autor mit fremden Federn geschmückt, um sein
ausgebreitetes Wissen ku bezeugen.
*) Er geht in der Handacbrift dem Landrecht des K. Magnus vorauf;:
über seine nahe Terwandtschaft mit dem Katalog des Registr. üp&a
Fant 1, 1 S, 14 — 16 vgl. unten.
') Die vierte ist eher als ein Tersehen zu bezeichnen. Fioe heiset is
Chron, pros. ein Sohn Neoicbs, im Katalog ein Bruder desselben.
— lt}3 —
seinen ersten Katalog mit ilen Nacliiichten, welciie ihm die
io das Westgothenrecht aufgenomuiene Königsreihe^) darbot,
aber derartig, dass der Katalog stets die Grundlage bildet.
Dasselbe Verhültniss zeigt sich bei den Ann. Lund. Neben
dein bereits erwähnten haben sie das Material für den ersten
Konig Erich geliefert, S. 240 aus Ann. Lund. S. 223, und vor
allem ist die gesammte iiltere dänische Geschichte, S. 247 — 250,
wörtlich aus ihnen, S, 223 — 227, Übersetzt. Hur die Schluss-
beinerkungen, S. 250 , über die Grenzscbeidung zwischen
Schweden und Dänemark durch Aeniund und Sven finden sich
gleichfalls wortlich im Westgothenrecht"). Streichen wir alles
aus diesen Quellen entlehnte aus, so bleiben nur die Notiz
über die sagenberühmte Bravallaschlacht , S. 243, und die
wenigen chronologischen Daten , S. 245 — 247 , übrig. Für
die erste beruft sich der Verfasser auf die ausführliche Er-
zählung iu einer dänischen Chronik, unter welcher das sog.
Compendium des Thomas Geysmer, Langebek 2 S. 330, zu
verstehen ist. Den von Geysmer nicht genannten Sehlachtort
fand der Verfasser, falls er ihm nicht bereits aus der Volks-
sage her bekannt war, in dem von ihm übersetzten Theile
der Ann. Lunfi. *). Die wenigen Jahres- und Tagesangaben
dagegen erbringen den Beweis für unsere oben ausgesprochene
Behauptung, dass der Verfasser in dem Minoritenkloster zu
Stockholm, dessen enge Beziehungen zu Karl Knutsson liin-
länglich bekannt sind, zu Hause war. So gering die Zahl
dieser chronologischen Nachrichten ist, so weisen sie doch eine
beträchtliche Menge von Fehlern auf, welche nicht nur Erich
Olai viel Arbeit und Mühe, sondern auch noch neueren
') Sie ist gedruclit Fant, 1, 1 S. 7 — 13, coirekter und mit der Fort-
Belzung bis auf Erich den Pommeni vereelieD in Cod. jur. Sueco-Gotti. 1
S. 298- 304.
») A. a. 0. 1 S. 67.
') A. ». 0. S. 327. Velachow will freilich io den Not. über, ma
2 S. 229 die Benutzung Saxos, und damit auch Geysmers, an dieser Stelle
EurQckweisen, aJtein mit Unrecht. Geysmer» Compendium muss rasch ver-
breitet worden sein, Erich Olai benutzt ihn, wie wir Beben werden,
ausgiebigster Weise. Die Bemerkung Velsdiows über die kleine Reim-
Chronik a. a. 0. fallt in üich selbst zusammen: die betreffende Stelle i
reine Versifieirung des im Chron. pros. gesagten.
11'
I
»
— llU —
Schwierigkeiten bereitet haben. Sie beginnen mit dem fal-
schen Datum, rfass Olaf 1108 Febr. 15 Retdiift worden sei
und laufen his zur Krönung Karls in Drontheim 1449 Noy. 20
hinunter'). Schon die ungewöhnlich genaue und dabei ver-
kehrte Angabe über die Taufe Olafe, welche sonst durchgängig
ins Jahr 1028 veilegt wird, schliesst die Benutzung eines
schwedischen oder danischen Annalenwerkes aus, üherdies
stimmen auch die übrigen Daten mit keinem von diesen über-
ein. Vom König Magnus I.aduUs bemerkt der Verfasser, er
liege in Stockholm bei den grauen Brüdern begraben „som
franidelis i hokena sigs," Unter dem Buche ist ohne Zweifel
die Erichschronik zu verstehen, welche hierüber v. 1244 - 1271
berichtet, während andrerseits diese Hervorhebung des Miiio-
ritenklosters unwillkürlich unsem Blick auf das mit historischen
Notizen mannigfacher Art augeflillte Kalendarium der Minder-
hrüder zu Stockholm werfen lässt'). Leider ist dasselbe nicht
Yollstilndig erhalten, nui' die Monate Januar bis Juli, genauei'
Jan. 1 bis Aug. ä. sind auf uns gekommen. Hier finden wir
in der That alle Daten, welche in die erste Ilfilfte des Jahres
fallen, wieder, so vor allem die Taufe Olafs durch Siegfried
zum 15. Febr. 1108, Diar. Stockh. S. 71, ferner den Tod
Erichs 1250 Febr. 2., Diar. S. 71, die Schlacht bei Eneköping
1303 Mürz 3, Diar. S. 72,73, Krönung Eiichs 13iiÖ Jul. 25.,
Diar, S. 82. Das meiste Unheil hat die Herübernahme der
Nachricht, dass die Schlacht Alhrechts von Meklenburg gegen
Margaretha 1388 statt 1389 stattgefunden hahe, angerichtet.
Das Diar. Stockh. S. 72 setzt den Schlachttag richtig auf
Febr. 24(Mathie} an, unser Chronist verlegt ihn durch einen
Schreibfehler in den Sept. (Mathei) und ihm folgen unbesorgt
die kleine Reimchr,, Klemming 1 S. 230, und das Verbin-
dungsgedicht der Erich-Karlschronik v. 624 (oni hosten). Erich
Olai dagegen nahm das Jahr 1388 aus dem Chron. pros. und
das Datum Mathie (Febr. 24) aus seiner dem Diar. Wisb.
verwandten Quelle, so dass nun lauter Angaben vorlagen, die
') Es Bind 14 Daten me den Jahren 1108 — 1412 und 4 anf Chmtopli
nnd Karl 1441 — 1449 bezügliche.
') Gedruckt unter dem leicht irreführenden Titel Diarium fratnim
1 Stockholmerfiinm Fant 1, 1 S. 67—82. S. unten.
- 165 —
aJle falsch sind und Geijer in seiner Gesch. Schwedens ver-
führt iiaben noch ein drittes falsches Datum sicli zu con-
strniren, niiniüch 1389 Sept. 2P). Die in die zweite Hälfte
des Jahres fallenden Daten des Chron. pros., 1412 Okt. 27
Tod der Margaretha, 13ö3 Nov. BO Huldigung Albrechts in
Stoekkolm, können bei der lieutigen Beschaffenheit des Kalen-
ders nicht verglichen werden und ebenso auch die der Tages-
bestininiungen entbehrenden Kachrichten über den Tod Karls
1168, in den Chronologien durchgängig zu 11(37 gemeldet, den
Tod Johannes 1222, sonst nirgends überliefert, die Wahl
Waldenmrs 1251 und den Tod und die Begräbnissatätte Erichs
1160, die letztere ist auch nur aus dem Chron. pros. bekannt,
doch wird nach den obigen Beispielen die Vermuthung wohl
nicht zu gewagt erscheinen, dass unser Autor sie ebenfalls aus
den genannten Aufzeichnungen seines Klosters entnommen hat.
Der Werth des Chron. pros. ist mehr negativ darin zu.
suchen, dass es den reimchrunikalischen Arbeiten am Hofe
Karls als kurzer Leitfaden der vaterländischen Geschichte
diente^ , als solcher hat es schon uni seiner Sprache willen
rasch Verbreitung gefunden und ist vielfach benutzt wordeu.
Nach dem Bekanntwerden der Dietrichssaga in Schweden be-
reicherte wohl der Verfasser der kleinen Reinichronik das
Chron. pros. um die von ihm aus dieser Saga in seine Königs-
liste aufgenommenen Herrscher Osantrix und Hernidh und
einen Theil von Philmer und in dieser Gestalt ist die Chronik
gleichfalls vervielfältigt worden, ohne doch die ältere Form
gänzlicli verdrängen zu können^). Dagegen theilt das Chron.
pros. mit der kleinen Reinichronik andrerseits das Geschick,
seines Berichtes über Karl Knutsson in den oben S. 156 er-
l
'l Oeijer Gcscli. Schwedens 1 S. 194. Seine Anni. 1 leistet an Naivetät
erstaunlicheB : „Gewöhnlicli wird der 24. Febr. (Matheus) angegeben, allein
die Relmclirottilc nennt den Mathiastag im Herbste den 21. Sept.; sie hat
übrigens die unrichtige JahreszaM 1388"! Die Reimchr. d, h. das Verbin-
dungBgedicht sagt nur „om büBten".
') Für keine einzige seiner Nachrichten ist die Torlage uiclit nadizu-
weJBen. Die paar zuletzt genaunteti Daten verdanken ihre iusnabmeatel-
lung nur dem leidigen Zufall, der die zweite Hälfte des stuckbolmer
Kalenders zerstört bat.
') Vgl. Fant 1, 1 S. 250.
I
I
— 166 -
wähnten Handschriften beraubt zu werden'), der Qraiid ist |
hier Hei-selbe wie dort, nur fand sich hier leider kein Fort-
setzer, der das Gegenbiid entworfen hStte.
3, Erich Olai. Kein schwedischer Chronist des Mittel-
alters erfreut sich eines grösseren Ansehens als Erich Olai. ]
Seine Chronica regni Gothorum*) trug ihm den Namen des
Vaters der schwedischen Geschichtsschreibung ein und blind- 1
lings ohne nach seinen Quellen zu fi-agen schenkten ihm alle
Forscher ohne Ausnahme ein Vertrauen, welches sie verleitete,
die ülteren Erzeugnisse der schwedischen Geschichtsliteratur
dieser Chronik gegenüber zuiUckzusetzen. Die nachfolgenden
Zeilen haben die Aufgabe, darzulegen, dass Erich, unbeschadet
aller seiner Verdienste als Verfasser der ersten pragmatischen
Geschichte seines Vaterlandes, durchweg sich mit fremden
Federn geschmückt hat und nur dort als Quelle gelten kann^
wo seine Vorlagen nicht auf uns gekommen sind. Dies ist
glücklicher Weise nur selten der Fall.
Ueber sein Leben liegen wenige Daten vor''). Wie sein
einfacher Leichenstein in der Domkirche zu üpsala bezeugt, ■
entstammte er keinem vornehmen Geschlechte, studirte längere |
Zeit im Auslände*), erwarb sich die Magisterwilrde und kehrte 1
in die Heimath zurück, um ein Kanonikat an der schwedischen {
Metropolitankirche zu übernehmen. Für das Ansehen , in j
welchem er staud, spricht eine Eintragung in das Registrum J
Upsaliense zum Jahre 1464, welche berichtet, dass der Erzbischof ]
ihm allein gestattet habe, sein des Optionsreehts entbehrendes I
Kanonikat mit einem besser dotirten zu vertauschen*). Als ]
Sten Sture 1476 von Sixtus IV, die Erlaubniss zur Gründung I
einer Akademie in Upsala erhielt, übernahm Erich die Pro- ]
fessur der Theologie und behielt diese Stellung auch bei.
') Fant erwähnt dieser II33. nicht, vgl, Klemming il 8. 349, as3.
') Gedruckt bei Fant Ss. rer. Suecicar. 2, 1 S. 1—165.
') 0. Celsius stellte 1751 in einer upsalaer akademiaehen Schrift „de 1
Erico Olai historico" die Daten zusanunea, daraus zum grQssten Tfaeil j
wiederholt Fant a. a. 0. 2, 1 S. 1.
*) Celsius läsBt ihn ohne i^end welchen Auhaltspunkt nach Rom
>) Scbeffer, Chroo. de archiep. Upsal. S. 230, wiederholt Fant a. a.
- 167 —
er 1479 zum Domdekaii erwählt wurde. Einzelne seiner ^
lesungen ttber das Evangelium Mathüi u. a. haben sich haiid-
sehriftlich auf der dortigen Univei-sitätsbibliothek erlialttu.
Er starb am 24. Dec. 1486.
Die Chronica regni Gothorum reidit von den Uranfängen
der schwedischen Geschichte bis auf den Tod des Erzhischots
Johann Bengtsson (1468 Dec. 15) und muss kurz vor dein
Hinscheiden Karl Knutssons (1470 Mai 15) abgeschlossen sein.
Der letzte Satz erwähnt der Feindseligkeiten Christierns und
seiner Anhänger nach dem Hingange Johanns und schliesst
mit den Worten „sed in vanum laboraverunt quotquot ad hanc
iniquitatem extenderunt manus suas."
Die Änr^ung zur Abfassung des Werkes ging von Karl
Knutsson aus, welcher Erich zu dem Behuf eine Pension aus-
setzte, die in einer jährlichen Getreidelieferung bestand ^J.-
Es versteht sich von selbst, dass ihm damit die umfassende
Benutzung der am Hofe Karls entstandenen Gesehichts werke
gewiasermassen zur Pflicht gemacht wurde. Die Erich-Karlsj-
chronik, die kleine Reimehronik und das Chron. pros, suec
wui-den demnach seine Hauptquellen, doch uiusste er für die
älteren Zeiten reiclieren Stoff zusammentragen als das letzt-
genannte Werk enthält, und hier zeigt er in der That eine
recht umfassende Belesenheit.
Die Chronik ist ziemlich wiilkuhrlich in 6 Bücher von zeitlich
und räumlich sehr vei-sehiedenem Umfang eingetheilt. Voraus-
geht eine weitschweifige Einleitung, welche, abgesehen von
Bibelsprüchen, Citaten aus lürchenvatern und längeren inoraü-
sirenden Betraibtungen , zunächst das Chron. i)ros. *) aus-
') Fant a. a. 0. nach der mir Dicht zugänglichen Abhandlung von
Stienunan, Tal om lärda vetenskaps tillstnod i Sveaiike ander pnfredom
(1759). Stiernman beruft sich auf einen Brief des Erzb. Jakob ültsson
(1469—1521); vgl. Warmholtz Bibl Sveogoth. Nr. 9013.
') S. 5. 6 Beschreibung des Tempels zu Upsala wörtlich aas Chr. pr.
12; S. 12 geographische Schilderung Chr. pr. S. 240, niCT der für
Lfibecks Ansehen bezeichnende Satz: Credittir enim, quod civitas Lubtcensis
hie navigare und die GrcoKangabeo sind selbstsUkadige Zuthaten Fant ver-
; in seinen Aum. irrig auf den gleichfalls dem Chr. pr. eDtnnmmeDen
Prolog der Erich- Karlschronik.
— 168 —
schreibt, dami aber aucli Jordanis') uDd ValeriuB Maximus')
benutzt. Das erste Buch behandelt die Geschichte der heid-
nischeu Herrsclier Schwedens mit Zugrundelegung der Köuigs-
reihe des Chron. pros., welche aus der kleinen Reimdironik
durch Nordin (7, König) und Hernit (8.) und aus dem sog.
Compendiuni des Thomas Gejsmer*) durch Ilaldan, Siward
und Kar] (2. 5. 6.) bereichert wird. Von Ingo (9.) ab lagen
Erich daneben zwei einander sehr nahe verwandte Königs-
kataloge vor (Fant l, 1 Nr. II und VI), von welchen ihm dei"
eine (Nr. VIj durch das Registrum Upsaliense {s, unten) an
die Hand gegeben war ^). Die Dürftigkeit dieser einheimischen
Quellen zwang Erich die ihm durch Geysmer vermittelten
schwedischen Nachrichten des Saxo Grammaticus, soweit sie
sich mit seiner Köuigsreihe irgend vereinigen liessen,. aufzu-
neJimcn, wollte er sieh nicht mit einer dürren nackten Nameu-
reihe begnügen. Ei'st am Schluss des Buches gewiihi-te die
') S. 13 über Messageten und Gotheu, Jordanis d. r. GoU c. lOj Erich
knüpft daran die vielfach wiederholte Etymologie : Zwerike = duo rcgna =
Thuregum ^= Zwrifc, für die er sich auf eine mir unbekannte Vorluge beruft.
Cm Beine Belesenheit zu zeigen, nennt er S. 19 die Quellen fUr die
ihm nicht zu behandelnde (>S. 10) Geschichte der aus der Heimath aus-
gewanderten Gothen, darunter Ablavius und Dionys (Gothice scribentc AI-
banio Graece Dionysiu), beide stauimen natürlich aus Jordanis.
*) S. 9, 10 für die Namen der röniiachen Kaiser,
^) Daas Erich den Geysmer und nicht den Saxo benutzt, erhellt uiuht
nur daraus, daes wir alles von l'anl auf Saxo zurückgeführte auch bei
Geysmer finden, sondern auch die wörtlichen Entlehnungen aus dem spä-
teren Theile des Compendlum nach SchluGS der angeblichen Auszüge aus
Saxo. Man vgl. z. B. den Bericht über die Gefangennahme Waldemars U.,
Erich S. 51 mit Geysmer, Sa. rer. Dan. 2 S. SSG. Die auf eine direkt« Be-
nulzimg Saxoa scheinbar hinweisenden Stellen, wie Erich S. 40 Z. 8 t. u,
der Zusatz Carolum nomine (Saxo ed. Müller -Yelschow S. 5Ü2, fehlt bei
Geysmer am entsprechenden Orte S. 3dO), lassen sich alle auf die dem
Diar. Wisb. verwandte annalistische Vorlage Erichs zurückfllhren , vgl. BO
zu diesem Namen Dior. Wisb. Ss. rer. Dan. 1 S. 253.
I) Die Benutzung des andern fast durchweg wörtlich mit dem upsalaer
übereinstimmenden Katalogs erweist S. 23, 24 der Zusatz zum König Iwar
„dicti Vidfarin," welchen Beinamen ihm mu Katal. U giebt, Fant 1,
S. 3; Vithfadhin, an einer von beiden Stellen hat sich Fant, wie nicht
selteu, verlesen.
I
I
ihm als Geistliehen wohlbekannte V. S. Eskilli ') einige Äaa^
beute, während bis dahin sänimtlicbe in den erwähnten schwe-
dischen Vorlapen nicht berichteten Thatsachen im Geysmer
nachweisbar sind. Ausnahmen hiervon bilden nur die aus
OrosiuB unter Namensnennung entlehnte Abhandlung über den
Egypterkönig Vesoses (S. 18. 19,1 und die Jahreszahl 816
^S. 26), auf die wir iui Zusammenhang mit anderen zuriick-
kümmen. Im übrigen ist es mir im ersten Buch einzig und
allein für den Nachsat/ „quae Bera nomen habebat", S. 21 zu
.Nr. 25, nicht gelungen die Quelle aufzufinden. Ganz ähn-
lichen Charakters ist das /weite, und der Anfang des dritten
Buches bis auf Erich Lut>pe mit dem der Auschluss an die
Erich -Karlschronik erieicht wird. Auch hier sind Geysmer
und das Chrou. pros. Führer, neben welchen die Vitae S. Olavi ^)
und Erici ^) in grösserem , die S. Sigfridi *) und Ansgarü ^) in .
geringerem Umfang herangezogen werden. Nachrichten über
Deutschland und Päpste sind wörtlich aus Martin von Troppau
entlehnt und stehen zu Schweden in gar keiner Beziehung*}.
Dagegen treten nunmehr annalistisclie Angaben in immer
reicherer Fülle auf und ziehen sich durch die ganze Chronik
bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts hin. Können wir einen
Tlieil davon auf die Chronol()gie von 82Ö— 1415, Fant 1, 1
S. 50 ff., Nr. XVI, zurückführen, so weisen andere auf die
Benutzung eines dem Diar. Wisli,') nahe verwandten Werkes
>) a. 26 auB T. Eskilli bei Faut 2, 1 Ü. 393.
') 8. 29-36 untermiacht mit Geysmer, Tgl. besoniiers Kap. 11, 2G, 27,
141 der bist regia Olavi aancti (Scripta bist. Island. 4. 5, lat.; Fornmaona
SOgtiT. 4. 5 isländ. Text).
') S 44—47 zum Thei! verbotenus aus der Vita. Fant 2, 1 S. 272 ff.
'} S. 29 aus der ViU, Fant 3, 1 S. 344.
') 8. 43.
•) S, 3ö, •Oa liesonders aua Martin, Mon. hiat. Germ. Ss. 22 S. 46ö,
46C. Darunter betiiitlet aicli auch die Fabel von der Entstebung des Eur-
filrBtenkoltegs. Die übrigen Stelleu geringeren ümtiiDga in den folgenden
Büchern sind leicht erkenntlich; es sind alle Nachrichten, welche sich auf
Papste, deutsche Kaiser, Mnhammeduner u. s. w. beziehen. Erich citirt
ihm öfters als Chronica iriiperatorura.
') Ich verweise im folgenden stets auf die reichhaltigere Auagabe von
Langebek, Ss. rer. Dan. 1 S. 251 ff., da eine nicht unbeträchtUche Anzahl
von Nachrichten Erichs sich hier finden, während sie in der Ausgabe von
I unter):
H hterbe
L
aem wir wohl dieselben Aufzeichnungen zu erblicken
haben, welchen wir oben beim Verbindungsgedicht der Erich-
Karlschronik beRCgnet sind. Ob Erkh femer neben diesen
noch weitere uns nicht erhaltene Ännalen benutzt hat odei^]
ob alle ihm eigenthümliche Nachrichten auf jene verloreni
Quelle zurückzuführen sind, muss dahingestellt bleiben '),
Die grösste Mdhe vemi-sachte Erich die Chronologie.
Heftig tadelt er bei jeder Gelegenheit, wenn er dem Chrou.
proB, oder der kleinen Reimchr. nachweisen zu können glaubt,
dass sie sich geirrt oder gar falsche Jahre angegeben haben *).
Nach Einführung des Christenthums in Schweden wird ihm
die Feststellung der Zeitfolge dei' Begebenheiten besonders
wichtig, weil nun die häufig von einander abweichenden An-
gaben des Chron. pros. und Geysmers niit den der Heiligen-
leben zu vereinen sind. Schon um deswillen verwerthet er
jedes ihm zugängliche Datum mit peinlicher Sorgfalt und
lechnet von diesem ausgehend vorwilils und rückwärts *). Die
ihm vorliegenden Annalenwerke enthielten jedoch bis zur Mitte
des 12. Jahrhunderts nur vereinzelte Daten, mit deren Hülfe
er die Geschichte des chiistlichen Schwedens von Olaf Schoss-
könig bis auf Eiich den Heiligen in Ordnung zu bringen ver-
suchte. Von da ab wurden sie reicher, so dass die Jahre
1150 —1223 keine sonderlichen Schwierigkeiten bereiteten.
Mit 1223 dagegen, Erich Läspes Regierungsantritt, beginnt die
Benutzung der Erich -Karlschronik, welche so viel chroni
logischen Halt und Sicherheit gewährte, dass er seine annj
listischen Notizen ohne weitere Rechnungen anstellen zu müssei
einreihen konnte.
Fant 1 , 1 S. 39 ff. felilen. Auf da* Vcrhältniss dieser Ausgaben !
ander und ihren Werth oder Unwerth kommt es hier zunächst Di<
') Die Ann. Lundens., Byens. und ihre dänischen Abreitungen
er nur durch das Medium seiner einheirolEcheo Quellen.
*) S. IS Fhiliuers Zug gegen YeBOGeB, besonders stark S. 32: Undep&tel
lalsum esse, quod in quibusdam chromeis sive escerptis aut fictis, diciturj^
8. 43 n. a,
') Vgl, z. B. S. 32-33, 44, 48, -50 n. a. Dass dabei Schnitaer d
unterlaufen, ist nicht zu verwundern. S, 32 z. B. läast er S. Olaf 109
hterben, S. 3& dagegen Kaiser Otto UT. gleichzeitig mit Hakon Rodhe i
Tode Olafs leben,
1
— 171 —
Schon in den wenigen Daten bis zur Mitte <les 12. Jahr-
hunderts hat Erich manches eigenthümliche. Die Taufe Haralds
B15 (S, 26) entspricht der Angabe des Diar. Wisb. (Ss. rer.
1 S. 252), während die Chronologie bis 1415 (S. 50)
äe zu 826 berichtet. Dagegen setzt Erich S. 29 Änsgar gleicli
ier Chrono], zu 845 an^), fügt aber selbstständig hinzu, dass
■ „856 vel circiter" König Erich bekehrt habe. Das Todes-
»hr Olafs 1028, S. 32, haben alle drei Obereinstimmend, da-
gegen fehlen dem Diar. Wisb. die Ermordung Knuts 1088,
Chrono!. S. 51, der Chronol. der Tod des ErzbiBchofs
Iscer und die Nachfolge Eskils 1137, Ereignisse, welche das
Diar. Wisb. in das Jahr 1138 verlegt. Zu 1147 endlich er-
zählt Erich S. 43: Ericus Lamb' obiit inonachus, das Diar,
"Wisb. (Ss, rer. Dan. 1 S. 252): Ericus rex o. in., die Chronol,:
. Ericus rex Dacie in Othonia monaclius factus, beide letz-
teren kennen den Beinamen*) nicht. Ueberschreiten wir die
Mitte des 13. Jahrhunderts, so mehren sich nicht nur die Ent-
lehnungen ans der Chronol. bis auf das Jahr 1412 den Tod
Uargarethas hinunter*), sondern auch die auf eine Benutzung
i dem Diar. Wisb. verwandten Werkes hinweisenden Nach-
richten. Dabei stellt es sich heraus, das« I'>icti dem letzteren
m der Regel den Voraug giebt vor der Chronol,, wenn es
Bich um abweichende Angaben beider handelt. Ein einziges
Mal führt er ihre Daten nebeneinander auf. ohne sich fUr das
Mne oder das andere entscheiden zu wollen, S. 67 be-
richtet er zuerst in wörtlicher Uebereinstiminung mit dem
ir. Wish. (Ss. rer. Dan, 1. 256). die Ermordung Erichs zu
J287 und dann dasselbe Ereigniss zu 1286 gleichfalls wörtlich
Bach der Chronol.*), Die Benutzung dieses zweiten Werkes
') Das Diar. Wisb hat 834, Sb. rer. Dan. 1 S. 252.
*) Er «eist auf die Beoutzniig Geysniers hin, Saso {l S. 665) SBgt
•: cni ei patientia cognomen obvenit
') 6. 48: lli>4 Magier in Köln, Heiligsprechung der Helene, Gründung
: Kloster Saba, Sora, TuUvallJS 1161, 1160, Tod des Thomas 1171;
49 PasBio Margarethae 117-5 u. s. w., S, .50, .51, 63, 67, 72, 78, 90, 91,
181 und 133. Die auf upsaiaer Erzbischöfe bezüglichen Nachrichten finden
tbeilweise übereinsümmend in der Chronol. and im Chron. de archiep.
tJpsal., 8. unten.
In den übrigen Fällen, no er mehrere Quellen dtirt, stehen stets
I
I
I
— 172 —
reicht bis zum Schluss des 14. Jahrhunderts, die zeitlich
letzte Nachriclit, die Krich S. 121 daraus entnimmt, ist die
Besetzung von zwei wisbyschen Stadtthürmen durch Erich,
den Sohn König Albrechts, welche das Diar. Wish. (S. 2621
zu 1397 berichtet. Gleich hier hat Erich den Zwischensatz
„nioriens in khnta Gothlandiae in Castro Landslcrona quod
ipse aedifieavit" mehr als das Diar. Wisb. und derartige Zu-
sätze finden sich noch öfters, Sie scliliesseü eine direkte Be-
nutzung des Diar. Wisb. geradezu aus und lassen nur die An-
nahme einer diesem verwandten Quelle zu. So fügt z. E.
Erich S. 44 zu der einfachen Notiz des Diar. Wisb. „1187
Waldwnarus primus obiit die Worte rexit 27 annos" liinzu,
ähnlich zur Schlacht bei GöstUreen 1210, S. 50, Diar. Wisb.
S. 254, die Nachricht, dass Erich nach Norwegen floh „unde
Uplandenses contra eum gravi livore succensi sunt" u, s. w.;
die Beispiele liessen sich leicht vermehren, während umgekehrt
eine grosse Anzahl schwedischer Nachrichten des Diar. Wisb.
Erich fehlen ^). Neben diesen Stellen, in welchen die Ver-
wandtschaft mit dem Diar. Wisb. sofort in die Augen springt,
finden sich bereits im 12. und noch mehr im 13. Jahrhundert
Nachrichten, welche Erich eigenthüraJieh sind. Man kauu aie^
bei dem heutigen Stande unserer Kenntniss von den schw>
dischen Geschichtsquellen jener Zeilen sowohl auf dieses de|
Diar. Wisb. uaJiesteliende wie auf ein zweites verlorenes i
nalenwerk zurückführen, wird jedoch nie im Stande sein,
eine von beiden Hypothesen Gewissheit zu erlang
nicht neues Material uns hiezu verhilft ='). Die auf das l^l
I z;
^L beme
die Angäben seiner annalistisuhen Totlagen Bulchen seiner Hauptft
Chron. pros, und Ericli-Karlschron, , gegenüber, so z. B. S. 61 Pnt»
quidem u s. w., Chrouol. gegen Erich-Karlschronik.
') Dem Diar. Wisb. verwandte mitunter würtlich gleichlautende Ste
sind ferner S. 50, 67, 71 (die Namen der von Magnus Vertrieben
getilgt iu die Erzählung des Verbind ungsgedichts , welches hier ai
selben Quelle schöpft, vgl. S. 147).
'} Man darf eich durch die Anmerkungen von Fant nicht irref&lij
latiscn, auch wenn sie sich als Quellennachweise auEgeben.
abgeleitetes vom ursprünglichen und verweist häuSg umgekehrt i
ursprünglichen auf abgeleitetes. Zu den Erich eigenthüui liehen Stej
bemerkt er meist nichts — uut einmal, S, 43 Anm. x., gesteht er i
■ — 173 —
Jahrhundert bezüglichen Daten, welche sich auf keine der
vorhandenen Quellen zurückführen lassen, beginnen milder
Ermordung Suerkei-s 1151 und der Wahl Karls durch die
Ostgothen 1152 (S. 43), es folgen die Gründung des Klosters
Wreta 1162 (S. 48), die Notiz hujus (Kanuti) anno regni 9
facta est cum eo emptio in Ekool (S. 48. 49) und 1196 Colo
episcopus Lincopensis et dux Finlandiae obiit (S. 49. 50) ^).
Auch die Sonnenfinsterniss von 1177 (S, 49) ist hierher zu
rechnen, obgleich wir ihr zum Jahre 1178 in den Ann. Ryens.
(Ss. rer. Dan. 1 S. 163) und einigen Ableitungen derselben be-
gegnen, da Erich diese direkt nicht benutzt hat. Im 13. Jahr-
hundert häufen sie sich. Der Tod des Bischofs und des Her-
zogs Karl, der Königinnen Rikissa 1220 und Berengaria 1221,
S. 51, der doniina Ingriilis riicta Ylva 1250'), und eine ganze
Reihe anderer Todesfälle aus den Jahren 1240, 1248 (S. 53),
besonders aber 1291 (S. 70) u. a. deuten fast auf ein Memo-
rienbuch der upsalaer Kirche hin, wilhrend andere Angaben,
wie 1266 Guido cardinalis venit Kalmamiam (S. 55), 1268
Tod Erichs {S. 57) , Krönung und Hochzeitstag des König
ignus (S. 59, alles andere entstammt an dieser Stelle der
hrichschronik) , Absetzung Waldeniars 1276 (S. 61) u. s. w.,
70, 86, 91, 125 und 129 (Steuerverhftltnisse) voU-
mmen den aus dem 12. Jahrhundert angeführten entsprechen
Pd eine annalistische Vorlage erheischen.
e nicht, woher die Nachricht stamme — oder aber er verweist auf
m, die gar nicht in Betracht kommen können, weil Erich theile ge-
B, theils ganz ahwcichende Diiten enthält, so ist das z. B. bei allen
a der Fall, wo Fant auf die Ann. Hyens. (Chron. Erioi regia) ver-
Daa unglaublichste ist wohl die Behauptung S. 112 Anm. m, dass
s ich dem Chron. Petri Olai „ad verbum fere" gefolgt sei. Peter starb
■^wischen 1560 und 15701
I) Zwei schwedische Chronologien, Fant 1, 1 S. 24 wid 84 berichten
QbereinBtimmend zu 1195 o. Col. episcopus Lincopensis, allein keine be-
zeichnet ihn als dux Finlandiae.
') Fant verweist S. 63 Anm. t für Ingridis auf das Memorienbnch der
Btockholraer Minderbrüder, welches Erich gewiss nicht zur Hand war und
überdies den Tod dieser Frau zu 13.^ berichtet, den Beinamen Ylva da-
gegen gar nicht kennt, vgl. Fant 1, 1 S. Tl. Das Chron. pros. S. 246
nennt wohl Ingrid Ylffwa als Gemahlin Biz^ers , verschweigt aber ihr
Todesjahr.
't J'
— 174 —
Die zuletzt aufgeführten selbstständigen Nachrichten Erichs
S, 125 und 129 über den schweren Steuerdruck unter Eixli
dem Pominern werden aufniündlicheUeberlieferung oder eigene
Erinnerungen Erichs zurückzuführen sein und nicht auf die
annalistische Vorlage, beruft er sich doch selbst auf das Ge-
rede des Volkes (sie enim vulgariter dicebatur S, 125) '■),
Wir erhalten sodann für das Annalenwerk die Jahre 81
1307 als Anfangs- und Endjahre, ohne jedoch sicher v(
bürgen zu können, dass es nicht weiter hinunter gereicht hal
Neben diesem und der Chronol. entnahm Erich einige
annalistische Angaben dem Chron. de archiep. Upsal. (Svenskt
Diplomat. 5, 1 S. 298 ff. vollständiger als Ss. rer. Suec. 3, 2
S. 99), doch bot ihm dieses nur die Todesjahre und die Folge
der Erzbischöfe von Stephanus an und ist das daraus entlehnte
hienach leicht kenntlich. Ferner übersetzte er vollständig
einen uns im schwedischen Original noch aufbewahrten Bericht
Über die Eroberung Stockholms durch die Deutschen 1389^
S. 117—120 (schwedisch Fant 1, 2 S. 212 f.), und nahm end^
lieh einige Urkunden theils im Wortlaut theils im Regest,
seine Chronik auf. Sie datiren, mit einer Ausnahme, aus
Jahren 1275— 1314 und beziehen sich durchweg auf dieStreil
keiten unter den Augehörigen des Königshauses. Berücksich-
tigen wir, dass die Herausgeber des Diplomatarium Sueca-
num für diese Dokumente keine anderweitige handschriftliche
Ueberlieferung kennen, als die Chronik Erichs, so liegt die
Vermuthung nahe, dass dem 1340 angelegten Registrum Upsa-
liense, welches neben annalistiachen Aufzeichnungen im wesent-
lichen ein Copialbneh der upsalaer Kirche enthält, eine
liehe Sammlung von Staatsurkunden entsprochen hat, weh
Erich die Urkunden entnahm. Da er weder vorher noch
her Urkunden citirt oder niittheilt, so scheinen diese in der
That die einzigen gewesen zu sein, die ihm zur Verfügung
standen. Die erwähnte Ausnahme von dem gesagten mac
eine papstliche Bulle vom Jahre 1448, S. 154, welche
upsalaer Kanoniker Erich bekannt sein musste, da sie a«f 1
1
sent-
') Auiih Volkslieder citirt er öfters, vgl. z. B. S. 05 „de quo cj
solenne frerjiientatur.
- 175 -
Ei'theilun^ des Falliutns an seinen Erzbischof Johann, mit
dessen Tode er seine Chronik schliesst, BezuR nimmt und den
ärgerlichen Handel eines Mitkanonikers aufdeckt.
Mehr Stoff als sännntliche bisher aufgeführten Hulfsmittel
zusamniengenommen bot die Erich -Karlschronik, mit deren
Eintritt, S. 52 Erich Läspe, sich der ganze Charakter der
Arbeit des upsalaer Dekans verändert. Reichlich zwei Drittel
i Werkes, S. 52—159, hat er aus ihr entlehnt und den-
noch sie gegen seine frühere Gewohnheit nie genauer bezeichnet
Die Erzählung gewinnt an Uuhe und Breite, die kurzen, lose
ftneinaodergereihten Notizen, welche vor allein zu Anfang des
dritten Buches vorherrschen, weichen einer flüssigen anschan-
Uchen Darstellung, welche immer seltener durch annalislische
Daten unterbrochen wird. Im übrigen beobachtet Erich der
Retmchronik gegenüber das gleiche Verfahren wie frllher bei
Geysmer und den Heiligenleben: er Usst den Wortschwall weg
und kürzt die Schilderungen ab. Nur tritt es hier weniger
EU Tage. Erich brauchte keine fernliegenden dänischen oder
norwegischen Begebenheiten auszuscheiden , und hat überdies
[n der älteren Zeit bis zum 15. Jahrhundert nur äusserst
selten geiingfügige Einzelheiten übersprungen. Nachher, bei
Benutzung der Karlschronik , sah er sich in Folge der unge-
heuren Zunahme des Stnifes allerdings zu umfangreicheren
Kürzungen veranlasst, auch dann aber übergeht er nur un-
Lvesentliches und bekundet in der Auswahl einen richtigen
SCakt. Dabei weicht er von dem liange der Erzählung in der
leimchronik so wenig ab, dass es ein leichtes ist, ihm im
Uteren Theile fast Vers um Vers nachzugehen und die Art
fand Weise seines Verfahrens Satz um Satz zu beobachten.
Siw lag die Erich-Karlschronik und nicht deren ursprüngliche
^standtheile vor, wie sogleich der Eingang S. 52 ausweist:
Sie beiden gefälschten Schwestern Erich Läspes hat er treulich
[rerwerthet*). Unumstöaslich bezeugt dasselbe dann das Ver-
') Wie aklaviscli ilas AbbäDgigkeitgverhältmss ErichB von seiner Vor-
■lage bis ?,am Amgange des H. -lulirh. iet, l^at sieb, daraus entDebmen,
s selbst die geringfügigen Einscbiebeel der Redaktion der Erich-Karia-
hronik in die Ericbscbronik sich bei ibm wiederfinden, zunücliet alle Jabres-
§nhlen wie S. 71 129.1, S. Ü2 V.m n. a., dann aber nuuh Angaben, wie der
Mndungsgeiiicht, dessen Inhalt seinem vollen Umfange
in die Chronik Erichs übei^eßangen ist. Vertheilt man die
Erich - Karlschronik auf die einzelnen BUcher Krichs Olai, so
entfallen auf das 3. v. 29 — 2607 der Erirhschronik, auf das
4. die Schlussverse bis v. 4543 und das VcrbindunRsgedichti
auf das 5. v, 21 — 7389 der Karischronik und auf das 6. endlich
die V. 7390 — 9536. Vollkommen selhstständig ist nur der,
jetzte Theil der Chronik, S. 159 Z. 6 v. u. bis S. 165, um
hier tritt der vermittelnde vorsichtige Charakter Erichs deut-
lich hervor. Er behandelt die bewegten Jahre 1452
sumniftrisch ohne sich ins Detail einzulassen, der Zwiespalt
seines Erzbischofs mit seinem Auftraggeber Kail ist ihm durch-
aus zuwider, doch mag er auf keiner Seite austossen und ver-
theilt deshalb Lob und Tadel gleiclimässig auf beide Theile.
I>en bitteren Vorwürfen, welche Karls Vögten und Beamten
gemacht werden, stehen die heftigen Ausfälle gegen die Dänen,
die niindesgenosaen des Erzbischofs, an Schärfe und Bitterkeit
nicht nach, sorgsam wird die Unschuld des upsalaer Dom-
kapitels an der Herbeirufung Christiems gewahrt, der Ober-
liirte jedoch durch die Feindseligkeiten Karls gegen dessen
Anverwandte entschuldigt, kurz, nicht die Unparteilichkeit
sondern die Besorgniss vor den Nachstellungen der sich ziem-
lich die Waage haltenden beiden gi-ossen Parteien in Schweden
zwingt Erich über diese Zeit des Kampfes flüchtig hinwegzu-
gehen. Der Tod seines Erzbischofs erlöst ihn aus dem pein-
lichen Dilemma und sichtlich erleichtert legte er die Feder
nieder, als nun die Herrschaft Karls gesichert schien. Der
Schlusstheil zeigt in jeder Hinsicht, dass Erich ohne eine Vor-
lage wie die Erich-Karlschronik nicht im Stande gewesen wäre,
eine zusammenhängende Geschichte Schwedens zu liefern, die
erbitterten Parteikämpfe der vei-schiedenen Geschlechter im
15. Jahrhundert erheischten entweder den Muth, die Wahr-
heit frei heraus zu sagen ohne Rücksicht auf etwaige Nach-
stellungen, oder genau vorgezeichnete Verhaltungsmassregeln.
Erich hatte letztere erhalten und wich von der ihm ange-
1 Gothland \
r Flucht mich Ditnemark
S. 99^M
I
- 177 -
wiesenen Bahn nicht ah. Büsst er hiedurch den hervorragen-
den Rang als Historiker ein, den ihm nicht nur seine Laiids-
leute bisher zuerkannten, so vermindert sich nach dem früher
ausgeführten auch der Werth seiner Chronik als Geschichts-
quelle um ein beträchtliches. Sie ist durchweg abgeleitete
nicht ursprüngliche Quelle und darf nur für den Theil An-
spruch auf Beachtung erheben, für den uns die Vorlagen nicht
mehr erbalten sind.
Von dem öfters angezogenen Registruni Upsa-
iliense kommt für uns nur ein geringer Bruchtheil in Be-
itracht, da es in seiner gi'össeren Hälfte, wie sclion der Name
andeutet, ein Copialbuch der Donikirche zu Upsala enthält.
Im Jahre 1344 liess Erzbischof Heinming eine Urkundensamni-
Inng anlegen, welche zunächst eine Uebei-sicht über die Güter
und Einkünfte seines Stifts gewahren sollte und wie alle die
unzähhgen verwandten Copiarien von Kirchen und Klöstern
zum praktischen Gebrauch eingerichtet ist. Den Urkunden-
abschriften sind hier historische Aufzeichnungen theils vor-
ausgesandt , theils angehängt , welche unsere Aufmerksam-
keit beanspruchen. Die ersten Blätter der Handschrift ent-
halten einen Kalender, welcher nur ein einziges geschicht-
liches Datum, die Translokation des Stifts vom alten nach dem
neuen Upsala 1273 Jul. 4, aufweist^). An ihn schliessen sich
Verzeichnisse der Erzhischöfe und anderer Würdenträger des
Erzbisthums an, welche von verschiedenen meist gleichzeitigen
Händen von 1344 bis zum Schluss des 15., bezüglich Anfang
des 16. Jahrhunderts fortgeführt sind und sehr schätzenswerthe
Nachrichten überliefern. Fast alles z. B. was wir übei' Erich
Olais Lebensumstände wissen, erfahren wir aus diesen Auf-
zeichnungen, welche ihm wiederum, wie oben erwähnt, als zu-
verlässige Quelle für die Geschichte seines Stifts dienten. Sie
sind zuerst von J. Scheffer 1673 unter dem Titel Chron. de
■ archiepiscopis et sacerdotibus caeteris ecclesiae Upsaliensis
K. herausgegeben, dann von Benzel in seinen Monum. eccl. Sveogoth.
t
') Gedruckt STenskt Diplom. 2 S. XI— XXII. Die einzelnen Bestand-
tlieile dei Registrum sind sehr zerstreut veröffentticlit worden. Die beste
Beachreibung der Ha. giebt das Sv. Dipl. 5 S 3i9.
— 178 —
S. 37-62 und iui Svenskt Diplom. 5 S. 298~32i3 wiederholt
worden. Dagegen haben sicli die Herausgeber des neuesten
Bandes der Ss. rer. Siier. 3, 2 S. 99—102 (1871) mit dem Ab-
druck des Verzeichnisses der Erzhischöfe begnügt, so riass
die Nachrichten über den Vater der schwedischen Geschichts-
schreibung aus dein Sammelwerke der schwedischen Ge-
sehichtsquellen ausgeschlossen sind '). Auf die Listen der
Geistlichen folgt ein Königskatalog , welcher ursprünglich nur
die christlichen Könige bis 1344 (f. 27 v. bis 28) umfasste.
Zwei jüngere Hände haben dann gegen Schluss der Hand-
schiift (f. 163) die heidnischen Herrscher nachgetragen *), wo-
rauf Fant, nach dem Vorgange freilich von Benzei, aus bei-
den Verzeichnissen ein einheitliches Werk gebildet hat, Ss.
rer. Suec. 1, 1 S. 14 - IG, ohne darüber ein Wort zu verlieren.
Der Katalog ist ebenfalls gleichzeitig bis auf Erich den Pom-
mern 1396 fortgesetzt und wie das Chron. de archiep. Ups.
von Erich Olai vielfach als Vorlage benutzt worden. In seinem
älteren Theife bis 1344 stimmt er fast durchgängig mit der
vor dem Westgothenrecht befindlichen Königsreihe, vgl, S. 163,
ilberein und ist als eine hin und wieder, wenn auch selten
verkürzte Abschrift jener zu betrachten. Aus dem sonstigen
Inhalt der Handschrift: Urkunden über Giiterschenkungen,
Testamente, Konfirmationen, Synodalstatuten, Taxen, ein mo-
dus compendiosus ordinandi tabulam paschalem (gedr. Sv.
Dipl. 2, 2 S. H — V), Annivei'sai-ien und unterschiedliehe im
15. Jahrhundert nachgetragene Dokumente^, ist noch die
') Die erste Hälfte des o. Baudeti ist nach bucliliändleriBclier Mtti
luDg aus Stockholm noch eicht so hald zu erwarten. Die nicht genanntit
Herren Herausgeher, welche das gewiss sehr verdienstliche Werk der Foi
setzong Übernommen haben, seien hiermit ersacht, sich in der ansstetiaq
den ersten Hälfte nicht wie leider in der zweiten ein Seispiel an Faiit d
nehmen, sondern etwas mehr Gewicht auf die Beschreibung der Ka. j
legen. In der erschienenen zweiten Hälfte ist sie mitunter s
dass nichts damit anzufangen ist. Der Ausgabe des Johannes 1
z. B,, 3, 2 S. 5, ist kein einziges einleitendes Wort vorgesetzt.
') "Vgl. Bvenskt Dipl. ,» S. 350 Anm. 2.
^1 Vgl. Sv. Dipl. 5 8. ;U9-362.
Historia S. Sigfridi ') hervorzuheben, welche Krich gleichfalls
hieraus benutJft liat.
5. Diarium Wadsteiiense. 1344 — 1545=). Diese
früher richtiger über nieinorialis oder tilnkiebok genannte
Klosterchronik enthält neben dem der Masse nach weit über-
wiegenden rein lokalen Stoffe manche auf die politische Ge-
schichte Schwedens bezügliche Eintragungen. Zu Anfang
selten eingestreut, mehren sie sich seit dem Beginn des lö.
Jahrhunderts, beheri-schen vollständig die Jahre 1463 — 70, um
dann iu dem letzten Theile dermassen zu versiegen, dass man
geradezu ei-staunt, wenn 1497 die Königskrönung Johanns er-
wähnt wird. Vermag docli nicht einmal das Stockholmer
Blutbad von 1520 dem , Klosterannalisten ein Wort zu ent-
locken. Dem hindurch bedingten sehr verschiedenen histo-
rischen Werthe der einzelnen Abschnitte entspricht der an-
scheinend häufige Wechsel der Schreiber, welche meist gleich-
zeitig den erzählten Ereignissen einander abgelöst haben.
I Nordin, der die Abschrift und Collation für Fant besorgte, hat
vei-schmäht, den Eintritt neuer Hände in der Original-
■jiandscbrift ^) anzuzeigen, so dass es unmöglich ist, den ein-
E-zelnen Verfaaseiii ihr geistiges Eigenthum genau zuzuweisen.
r Dem Inhalt ist nur wenig zu entnehmen *) , mit Sicherheit
<
') Gedr. Fant Ss. rer. Suec. 2, 2 S. 305—370.
^ Fant a. a. 0. 1, 1 S. 99-223. Die Aiiggabe von Benze! 1721 ist
mir nicht zugängUch,
>) Fant giebt nach seiner gewOlinlicheQ Weise niclits genaueres über
den Codex an, doch ergeben die Worte „in conlerendis cnm originahbns
mtographia S. 100, und Stellen wie S. 188 Ann. m u. a., dass die be-
nutzte Handschrift das Original ist. Ein einziges mal ist augegeben, dass
ein Naclisata lon jüngerer Hand herrührt, S. 171 Anm, a.
•) Der erste Schreiber scheint in den achziger Jahren des H, Jahrh.
lonnen zu haben und bald abgelöst worden zu sein, die Art und Weise
: Erwähnung der Katharina Vaemunadoter 1387 und 1391 deutet aiii
j verschiedene Münche hin. 1403 beginnt mit Item priori anno an-
Ktcheinend ein neuer Forlsetzer, in welchem dann der Mönch Ttioricus
lAndreae zu erblicken ist, der 1405 Sept. 1.1 (qni huc usque predicta con-
■icripserat) nach Florenz, 1414 nach Konstanz gesandt wird und 141ä
ESept. 9 stirbt. 1417 beruft sich der Schreiber flir die Erzählung der Be-
llagerung Gottorps auf Berichte einiger vom Kriegsschauplatz heimgekehrten,
12'
L
— 180 —
lässt sich hlos hehaupteu, cfass die Jahre 1463 - 69 von einem
Verfasser hen-üliren. In ihnen herrscht ein frisclier sich über
die bisherigen Schranken der Hauschronik hinwegsetzender
Geist. Das politische Element tritt in den Vordergrund, ver-
liilltnissmässip; eingehend wird der Kampf Karl Knutssons mit
dem Erzbischofe und seine Folgen geschildert, viel genauer
als von Erich Olai. Der Mönch steht durchaus auf Seiten des
einheimischen Königs und diese offen zu Tage tretende anti-
bischöfliche Gesinnung hat wohl die Vernichtung des einen
Blattes veranlasst, welches das Jahr 1466 und den Anfang
von 1467, Vertreibung des Erzbischofs und Rückkehr Karls,
enthielt. Von 1470 ab dagegen sinken die Annalen zu
einem öden Verzeichnisse der neuaufgenommenen resp, hin-
geschiedenen Klostermitglieder hinab", kaum dass der Blick
des Schreibers selbst in geistlichen Dingen die Mauern seiner
Zelle zu überspringen wagt. Der Kontrast ist so gross , dass
man sich schwer des Gedankens entschlagen kann, jener An-
hänger Karls habe für die Vernaehläesigung der Klosterge-
schichte gegenüber der politischen die gebührende Strafe
empfangen. So hoch aber auch die rein historischen Ein-
iiiid verweist UI9 (de hac materia habetur iufra) auf 1421. Die Schiusa-
notiz Ton 1422 ist gleichzeitig niedergeBchrieben , während 1427 für die
Belagerung Flensburga ahennals auf spätere Mittheilimgea aufnierkfiani ge-
macht wird, ohne dass diese nachher eingetragen sind. Die ErzSJilung von dem
Auftreten Engelbrei^ta 1434, <^ui tribus annis regnavit, ist bald nach seiaer
Ermordung HiiG aufgezeichnet, vielleicht von deniGelben, der 1442 seinem
Nachfolger ein GeheimnisB anvertraut, item frater nota attente. Zu 144>^
wird ein Ereigniss aus dem Jahre 1447 erzählt; mit dem Schluss des
Jahres 1454, von Nota quod ah, tritt wiederum ein Wechsel ein, während
der Teriasser 1458 über die Versammlung zu Skara voUkomnien gleich-
zeitig berichtet u. s. w. Ueber die Jahre 1468 — 69 siehe oben. Zu diesen
Abschnitten in dem Werbe lie^sen sich leicht eine Unzahl von Stellen an-
fuhren, die das Gepräge der vollkammenen Gleichzeitigkeit zwischen dem
erzMilten und der Niederschrift an ^ich tragen, hier mag es genUgen znr
Erläuterung eine Note von Fant S. 122 Anm. a anKulÜhren: Ad finem
tarnen cujuscnnque anni spatium in codice datuin, in quo aliae manus passim
sna notata, quae monastoil bistoriam tangerent, intersperserunt
') Auch sonst Bind hin und wieder Zeilen ausradirt; eine grössere
Stelle sonst nur zn 1457, welche über ilie Absetzung einer Äebtissin be-
richtete.
4
- 181 -
lungen im wadstenaer Denkelbuch zu schätzen sind, der
eigenthüniliche Werth des Werkes beruht doch vornehmlich
auf der Fülle von Nachrichten über Sitten und Gebräuche,
über das fest- und alltägliche Leben und Treiben im Kloster,
welche, häufig durch eine gewisse Naivetät anziehend vorge-
tragen, das Diarium zu einer Quelle ersten Ranges lilr Kultur-
geschichte erheben ').
Im Anscliluss an diese dem räumlichen Umfange nach
l)edeutendste schwedische Klosterchronik mag gleich die Chrti-
^ologia rerum Suecicarum 1389 — 1443') des wadstenaer
Mönches Karl Andreiie angeführt werden: ein werthloser kurzer
Auszug aus dem Diarium, dem der Klosterbruder zum Schluss
selbetgefällig allerlei Notizen über seine eigene werthe Person
angehängt hat. Er trat 1442 in den Orden und starb 1451
April 5, vgl. Diar. Wadst. S. 160. 167.
Noch geringhaltiger ist eine gleichfalls nach Wadstena
gehörige kleine Aufzeichnung, welche Fant Ss. rer. Suec, 1, 1
S. 88 unter dem Titel : Incerti autoris chronologia brevis rerum
Suedcaruni mitgetheilt bat. Vorher war sie bereits von Benzel
a. a. 0. S. 100 herausgegeben worden, von dem sie Langebek
Sa. r. Dan. 2 S. 552 entnommen hat. Fant und Benzel sträuben
sich, ohne einen Grund anzuiuhren. dagegen, dass der wad-
stenaer Mönch Erich Jobannis, der zum Schluss über seine
Priesterweihe berichtet, Verfasser der Notizen sein könne.
Möglicher Weise gieht die aus Wadstena stammende Han(!-
Bchrift "} eine Erklärung für ihre Behauptung, andernfalls hat
Langebek, der trotz Benzel Erich als Verfasser bezeichnet,
zweifellos Recht.
6. Diarium f rat rum minorum S tockbolmensium
1002—1502. Unter diesem ungehörigen Titel hat Fant Ss.
') Erwähnt sei nur die Besclireibung des Brajides der Bucbdruckerei
1495; 1491 entsandte das Kloster zwei Brüder nach Lübeck, um dort die
Berdationes Brigittae drucken üii lassen, 16 Exemplare wurden auf Perga-
ment abgexogen.
>) Fant a. a. 0. 1, 1 S. 230 f.
') Nähere Auskunft Über ihre Beschaffenheit erhalten wir weder lon
Benzel noch von Fant.
— 182 -
rer. Suec. 1, 1 S. 67—82, das Bruchstück eines aus
Franziskanerkloster zu Stockholm staniinenden Kalendariums
edirt, dem wir bereits oben S. 164 begegnet sind. Ueber das
Alter der Handschnft und der verschiedenen Hände erfahren
wir nichts, doch datirt die älteste Eintragung nach Fant aus
den Jahren 1335 oder 1336. Der Kalender enthält besonders
aus den letzten Jahren des 15. und den ersten drei des 16,
Jahrhunderts ausführlichere Aufzeichnungen, doch sind auch
die kürzeren Notizen aus der früheren Zeit recht werthvoll.
Sie beschränken sich nicht wie die meisten derartigen Kalender .
auf die Namensnennung der Wohltbäter des Klosters und die
Aufführung ihrer Todesdaten, sondern verzeichnen daneben
auch allerlei politische Ereignisse, selbst wenn sie keine direkte
Beziehung zum Kloster haben. Das bewegtere Leben der
Hauptstadt liess die Mönche manches der Nachwelt überliefern,
was sie in ländlicher Abgeschiedenheit nicht beachtet oder
nicht vernommen hätten. Einmal ist sogar eine Urkunde
eingetragen worden, Juni 7 S, 78. Der Verlust der Monate
August bis Dezember ist unter diesen Umstanden um so mehr
zu bedauern ')■
7. Das Diarium fratrum minorumWisbyensium
und die schwedischen Chronologien des 15. Jahr-
hunderts. Ich fasse hier alle diejenigen schwedischen
historischen Aufzeichnungen des 15. Jahrhunderts zusammen,
welche Schäfer in seiner S. 117 erwähnten Schrift bereits be-
sprochen hat. Er hat überzeugend dargethan, dass dänische
Quellen und besondei's die Ann. Lundenses allen hier in Be-
tracht kommenden Jahrbüchern zu Grunde liegen, letztere
aber unter und zu einander sich derartig verhalten, dass
scheinbar ,jede einzelne Aufzeichnung alle anderen benutzt
hat und von allen benutzt worden ist und doch Jede ;noch eine
Anzahl eigenthünilicher Nachrichten hat" (S. 101). So schwierig
auch nach diesem vollkommen zutreffenden Ausspruch das Ver-
') Erwähnt tiei im Anachlues hieran des Calcndariums des Eitters
Arvid Trolle, welchüB 1476 geBchriebcn, einige brauchbare Nachrichten
aus dem 15. Jahrh. enthält Die wenigen lateinischen Eintragungen Btaminen
von einer jüngeren Usnd. Werthloa sind die Annotata chronologica des-
Belben Ritters Beides gedr. Fant Ss. rer. Suec. 1, 1 S, 232—237.
tältniss jener annalistischen Conipilationen zu einander zu1
stimmen ist, das Haupthinderniss liegt gleichwohl nicht im
Inhalt sondern in der Mangelhaftigkeit der bisherigen Aus-
gaben, welche so gut wie gar kein Gewicht auf die hand-
schriftliche Ueberlieferung legen. Erst auf Grund einei" neuen
Vergleichiing der Handschriften, vornehmlich des Diar. Wisb,
kann ein klarer Einblick in die Genealogie dieser Annalen
gewonnen werden. Wir bescheiden uns deshalb dahin unter
Voraussetzung der von Schäfer angestellten Untersuchungen
einzelnes über Abfassungszeit und Herkunft der Chronologien
nachzutragen, soweit es ohne handschriftliche Hülfsmittel
möglich ist.
Von den fünf hier in Betracht kommenden Quellen ver-
siegen drei schon im Beginn unsers Jahrhunderts: die Chronol.
826—1415, Fant Ss. rer. Suec. 1, 1 S. 50, Nr. XVI'), die
von 266 — 1430, eigentlich nur bis 1412, denn der Tod Phi-
lippas ist mit Ueberapringung von 18 Jahren nachgetragen,
a. a. 0. S. 22 Nr. XII, und endlich die von 880—1430,
a. a. 0. S. 61 Nr. XVII*), welche ebenfalls nach 1412 nur
2 Daten (Kapitel der Minoriten zu Stockholm 1425 und Tod
der Philippa 1430) enthält. Dagegen reicht die vierte Chronol.,
a. a. 0. S. 92, Nr. XXIII, von 1298—1473, während die Auf-
zeichnungen der Franziskaner zu Wishy') das 15. Jahrhundert
sogar überschreiten und bis 1525 hinuntergehen.
Am annäherndsten lüsst sich die Entstehungszeit der
Chronol, XVI bestimmen. Schon Benzel und Langebek und
mit ihnen Schäfer haben den Abschluss des Werkes in die
erste Hälfte des 15, Jahrhunderts, vielleicht noch vor 1430
angesetzt. Zu den von ihnen geltend gemachten Gründen ist
hinzuzufügen, dasa der Verfasser zu 1412 rühmend erwähnt,
') Auch bei Langebek Se. rer. Dan. 1 S. 387 und Benzel Mon eccl.
Sveogoth. S. 81. Der Vereinfachung wegen citire ich die Clironol. nach
ihrer Ordnungsnummer bei Fsnt.
') Sehr fehlerhaft gedruckt; korrekter in Nya handlingar rar. Skand.
Mst. 7 8. S (1832). Die Ansgabe von Fant wird seltsamer Weise am
letzteren Ort gar nicht erwähnt
') Gedruckt bei Langebek a. a. 0. 1 S. 251 — 266, Fant a. a. 0, I,
1 S. 32-47 und Ludewig ReUq. manuscr 9 Ü. 175-197.
— 184 —
wie Koni;; Erich nath liem Tode der bitter getadelten Mar-
garetJia Ostgothland von zwei tyrannkchea Vö^-ten befreite
am Schluss der zwanziger Jalire des 15. Jahrhunderts erscholl
in ganz Schweden noch lauter als zu Mar^arethens Zeit die
Klage über das Gebahren der königlichen Beamten und
Ostgothland nicht weniger als in Upland und Dalekarlien.
Näheres wird sich kaum ermitteln lassen, da alle Abdrücke
nach der nicht sehr soi^fältigen Abschrift des Stepbanius
veranstaltet sind, der die Annalen in einer nach Langebek
1728 verbrannten kopenhagener Handschrift fand. Der Ver-
fasser scheint einem Kloster Ostgothlands vielleicht in Süder-
kOping angehölt zu haben, wenigstens tritt diese Provinz und
in ihr diese Stadt häufiger hei^vor'). Die uns von ihm über-
liefeiten schwedischen Nachrichten sind selbstständiger als di
aller übrigen Annalen ; in der älteren Zeit ist nur ein kleiner
Bruchtbeii derselben uns übereinstimmend durch die schwe-
dische Chronik bis 1320, Fant a. a. 0. 1. 1 S. 83, überliefert,
in der späteren überwiegt die Verwandtschaft mit den anderen
Chronologien.
Zeitlich am nüchsten steht ihr die Chrono]. XVQ. weit
uns in einer Handsclirift aufbewahrt ist, die noch aus draa
vierten Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts datirt und nur wenig
jünger ist als das Endjahr der Annalen*). Uelier die Hing»'
hörigkeit des Werkes giebt der düne und knappe, dabei an
Versehen und Fehlem nicht arme Inhalt keine genügende
Auskunft. Unzweifelhaft ist das Werk ein in Eile angefertigter
Auszug aus vei-schiedenen Vorlagen, von welchen jedenfalls
eine auch in der Chrono!. XII benutzt ist. Beide stimmen
mitunter wörtlich überein, gehen aber noch häufiger so weit
auseinander, dass an eine direkte Benutzung der einen durtih
Ü
e-
rt,
en
Icb^l
') Vgl. beBonders k. J. 1400, 1412.
') Kgl. BibL z. Stockholm D 4, eine Abschrift daTon in D 29 b.
die BeBcbreibung von Stephens in der Einleituog zum Ivan LqoQriddapeafl
(Saml. af S. Fornskr. Sällsk. 2, 2) S. LXXIlff. besondera LXXXH i
LXXXIV. Zum Glück giebt Fant in aeineo Prolegomenis wenigf
Signatur der Hee. an, mit deren Hülfe man sich die Bescbreibongen k
gammensnchen kann.
I
— 185 —
die andere nicht gedacht werden kann*). Dagegen beruht die
anscheinend erst nach der Mitte des 15. Jahrhunderts*) ent-
standene Chronol. XII in ihrer zweiten Hälfte fast vollständig
auf der Chronol. XVI, welche sie theüs wörtlich theils aus-
züglieh aufgenommen hat. Schäfer hat den ihr von Nordin
verliehenen Namen Ann. Sigtunenses beibehalten, welcher
durch die vielfachen Lokalnotizen über das dortige Kloster^
sowie auch durch die Hervorhebung Uplands an verschiedenen
Stellen in der That gerechtfertigt wird*), Fant erhob dagegen
EinspiTJch und wies auf die gleichfalls vorkommenden ostgo-
thischen Nachrichten hin : er übersah, dass sie sämmtHch aus
der Chronol. XVI entlehnt sind.
Zu diesen drei Annalenwerken treten als gewichtigste und
inhaltreichste Quelle die im wisbyschen Franziskanerkloster
entstandenen Jahrbücher. Dank der Beschaffenheit der voi--
liegenden Ausgaben wissen wif von ihnen nicht viel mehr,
als dass sie von verschiedenen Händen aus den Jahren 1340
etwa bis 1525 herrühren. Wie viel Hände einander abwechseln,
wann die eine authört, die andere einsetzt, bemerkt keiner der
Herausgeber. Ludewig und Langebek waren freilich auf Ab-
schriften angewiesen, während Fant die Originalhandschrift
benutzt hat, dafür haben aber jene in anderer Beziehung
nicht minder unverantwortlich gehandelt. In der Handschrift
laufen zwei Reihen von historischen Notizen nebeneinander
her, die eine schliesslich rein lokalgeschichtlicher, die andere
mehr reichsgeschiehtlieher Natur, Beide vermögen wir jetzt
nicht mit Sicherheit von einander zu sondern. Fant und noch
mehr Langebek haben die ohne Beobachtung der Zeitfolge
'j ^o berichten sie z. B. gleichlautend zu 1300 and 1301 über Lauds-
krona, während aber die Ann. Siglan. zu 1302 melden: doniicellns ElricuB
de carcere liberatuE est und dieEen 1313 verheiratheo, gedenkt die Chrun.
XII seiner Haft mit keinem Worte, Bondem lässt ihn xvmi mal 1302 (gleich
der Chronol XVI) und 1313 die Tochter des Königs von Noi-wegen ehe-
lichen,
') Den einzigen ÄnhaltBimnkt fiir die Datirung gewährt die Hb. Bibl.
z. Stockh. B. 17 ; sie ist beschrieben in Cod. jur. Sveogoth. 4 S. XIX -XXI
und in die zweit« Hälfte des 15. Jahrh. gesetzt.
'J Tg!, zu 12.55, 1336, 1350. 1351 u a.; fast alle s
Nachrichten lietreffen das Erzstift Üpsala.
12"
- im -
von verschieden eil Händen eingetragenen Notizen in clirono-,
logische Ordnung gebracht, während Ludewig die getrennten
Theile des Codex vermengt hat'), .Jede Spur des Ursprungs
der Nachrichten ist dadurch so gut wie vei^wischt, jede Ein^
sieht in das Gefilge der Conipilation vei-ttehrt.
Diese leidige That?ache erstreckt aber ihre Wirkung)
noch weiter und verhindert gleichzeitig die Beurtheilung d^
Verhältnisses der Chronologien zum Diarium und zu einander-
Ob dieChronoI. XVI das Diarium oder umgekehrt das Diarium
die Chrono], benutzt hat, ob beiden eine gemeinsame Quelle
vorlag, alle diese Fragen müssen bis zur Einsicht in die Hand-
schrift offen bleiben. Damit hängt noch anderes zusammen.
Wie die oben angeführte Aeusserung Schäfers zeigt, enthalten
alle die angeführten Werke Berichte, deren Verwandtschaft
unverkennbar ist, ohne dass sie sich aus einander ableiten
lassen, Schäfer findet daher am Schluss seiner Untei-suchungen
über die Chronologien die „Annahme einer verlorenen um-
fassenden Aufzeichnung schwedischer Nachrichten" wenigstens
ffir die Zeit bis in den Anfang des 14. Jahrhunderts „als dli
beste Lösung aller Schwierigkeiten". Erinnern wir uns hi(
jener von Erich Olai und dem Verbindungsgedicht der EridJ
Karlschronik benutzten verlorenen Quelle, deren Verwandt-
schaft mit dem Diar. Wisb. zweifellos ist, so werden wir uns
der Hypothese Schäfers nur anschliessen können und lediglicb
den Endpunkt der untergegangenen Aufzeichnung nicht in
den Anfang sondern in die neunziger Jahre des 14. Jahrhun-
derts verlegen müssen'). Eine theilweise Restitution dieses
verlorenen Werkes dürfte nicht zu schwer fallen, sobald das
Sammelwerk der Franziskaner zu Wisby in einer allen An-
sprüchen der Kritik genügenden Ausgabe vorliegt; bis dahin
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') Das VerfaliTED von allen dreien bat .Scliäfer a. a. 0. S. 102—
treffend charaktensirt.
') Der von Schäfer iUr die ältere Zeit bis zum 14. Jabrh. erbracht^
Nachweis für das Wechsel- und Abbängigkeitsverbältniss der Quellet
nntereinander läast sich auch für das 14. Jahrh. führen. K
nnr ein beiiebiges Dutzend Jahre aus der Mitte herauszugreifen und d
Text« der Chrono!., des Diar. und Erich Olai nebeneiiianderaugtellen.
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wäre es ein zeitverschwenderisches und müssiges Beginnen,
diese Fragen erschöpfend behandeln zu wollen.
Zum Schluss erübrigt noch der vierten Chronol. XXIII,
1298 — 1473, zu gedenken, Sie untei'scheidet sich von den
andern dadurch, dass ihre Quellen offen zu Tage liegen'). Bis
zum Jahre 1392 hat sie die Chronol, XVII meist wörtlich*)
abgeschrieben, den Abschnitt 1392 — 1430 dagegen aus der
Chronol. Xn entlehnt. Doch ist die letztere auch früher
schon hin und wieder benutzt, so z. J. 1310 und 1316. Die
Jahre 1434 — 73 rühren von einem Zeitgenossen her, welcher
zu Upsala lebte und wohl Mitglied des Domkapitels war.
Vorfälle aus der Umgebung von Upsala, Todesfälle von Dom-
kanonikern und Wohlthätern der Kathedrale werden sorg-
föltig verzeichnet, mit dem Inneren des Doms ist der
Verfasser vertraut und mit der topographisch eingehenden
Schilderung der grossen Feuersbrunst, welche 1473 die Stadt
verheerte, schliesst das Werk.
') Nur zwei gaiu vereinüclte Nacliricbten finden sich, abgesehen von
einigen Todes daten, sonst nirgends; 1807 der Tod des Bischof Lorenz von
Linliöping und die Nachfolge Karls , und 1313 die Verhrennung zweier
') Die Uebereinstimmung geht bo weit, dass sich die Lesefehler von
Fant (oder Nordin) in der einen aus der anderen korrigiren lassen. So
liest die Chronol. XXUl z. J. 1306 capeUiun statt capitnlum und z. J. 1309
lal a nominatis statt a Noricis. Daaselbe zeigt sich bei der Chronol XII.
Zu 1403 hat P'ant S. 30 Z. v. u. eine Lücke, die aus S. 95 Z. 9 v. u.
durch velut auszuflillen ist.
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